Thoraxchirurgie 23 (1975) 444-447 © Georg Thieme Verlag Stuttgart Ventrikelseptumdefekt mit fibröser subvalvulärer Aortenstenose: Probleme der Diagnostik und der chirurgischen Behandlung Ventricular Septal Defect Associated with Fibrous Subvalvular Aortic Stenosis: Problems in the Diagnosis and in the Surgical Management S. Manouguian, P.G. Kirchhoff, J. Koncz, D. Corovic, D. Dähn Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie Göttingen (Direktor: Prof. Dr.med. J . Koncz), Abteilung für pädiatrische Kardiologie der Universitätskinderklinik Göttingen (Direktor: Prof. Dr.med. A . Beuren)

Zusammenfassung

Summary

In unserem Krankengut von über 900 operierten Ventrikelseptumdefekten fand sich nur in 9 Fällen diese seltene Kombination.

Only 9 of more than 900 operated patients with ventricular septal defects suffered from this rare combination.

Die Probleme der Diagnostik werden erörtert; nur in einem Fall konnte die Diagnose präoperativ, in 6 Fällen intraoperativ und in 2 Fällen postoperativ gestellt werden. Bei den letzteren wurde eine Reoperation notwendig.

The problems of the diagnosis are discussed. Only in one case this diagnosis was made praeoperatively, in 6 cases intraoperatively and in two cases only postoperatively. In the last two cases a reoperation was necessary.

Die angewandten Operationstechniken werden geschildert und die Ergebnisse der Operation mitgeteilt.

The surgical methods are described and the results of surgery are communicated.

Es handelt sich um eine seltene Kombination. Im Krankengut der Göttinger Klinik für Thorax- und Herz-Gefäßchirurgie waren von über 900 operierten Ventrikelseptumdefekten nur 9 mit einer fibrösen subvalvulären

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Ventrikelseptumdefekt mit fibröser subvalvulärer Aortenstenose

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Tabelle 1. Ventrikelseptumdefekt mit fibröser subvalvulärer Aortenstenose 9 Patienten 6 weibl. 3 männl. VSD mit p.H. 3 Fälle

PDA 1

+ fibr.subvalv.Ao.Steno se

PDA + Istha 1

VSD + 2 Fälle

Ao.Insuffizienz + fibr.subvalv.Ao.Stenose

VSD + 4 Fälle

Hypertrophie Crista supraventricularis + fibr.subvalv.Ao.Stenose

Es werden zunächst die Probleme der Diagnostik der fibrösen subvalvulären Aortenstenose erörtert (Tab. 2). In der Tat konnte nur in einem Fall diese Diagnose präoperativ gestellt werden. In 5 Fällen ergaben die Palpations- und Auskultationsbefunde ebenso wie die EKG-Veränderungen nur Hinweise auf das Vorliegen eines Ventrikelseptumdefektes mit pulmonaler Hypertonie bzw. eines Ventrikelseptumdefektes mit hypertrophierter Crista supraventricularis. In diesen Fällen wurde nur die Diagnostik des rechten Herzens vorgenommen. In einem Fall wurde präoperativ die Diagnose des Ursprungs beider großen Gefäße aus dem re. Ventrikel mit Stenose des re. Ausflußtraktes und einem kleinen drucktrennenden Ventrikelseptumdefekt gestellt. In den letzten zwei Fällen wurde klinisch die Kombination eines Ventrikelseptumdefektes mit einer Aorteninsuffizienz bzw. mit einem Aortenvitium angenommen. Die spezielle Herzdiagnostik (re. und li. Herzkatheteruntersuchung mit selektivem Angiokardiogramm) bestätigte diese Diagnose und ergab keinen Anhalt für das Vorliegen eines fibrösen Diaphragmas.

Abb. 1. Altersverteilung In diesen beiden Fällen konnte auch intraoperativ kein signifikanter Druckgradient gemessen werden. Der Befund der fibrösen subvalvulären Aortenstenose wurde erst bei der routinemäßigen Inspektion des Ausflußtraktes des li. Ventrikels erhoben. In 4 Fällen wurde intraoperativ ein Druckgradient von über 40 mmHg zwischen dem linken Ventrikel und der Aorta ascendens gemessen. Ein guter Schluß der Aortenklappe legte den Verdacht auf eine subvalvuläre Aortenstenose nahe. In 2 Fällen wurde diese Diagnose erst postoperativ gestellt. Die Tabelle 3 faßt das operative Vorgehen zusammen: Der Ventrikelseptumdefekt wurde nach Ventrikulotomie in 8 Fällen direkt und in einem Fall mit Patch verschlossen. Das fibröse subvalvuläre Diaphragma wurde in 7 Fällen durch eine Aortotomie und in 2 Fällen via Ventrikelseptumdefekt ohne Aortotomie dargestellt und reseziert. In einem Fall mußte aufgrund der erheblichen Aorteninsuffizienz die Aortenklappe durch eine Starr-Edwards-Prothese (Modell 1260) ersetzt werden. In 4 Fällen wurde eine Resektion der Ausflußbahnhypertrophie des re. Ventrikels durchgeführt. Der postoperative Verlauf (Tabelle 4) gestaltete sich in 5 Fällen komplikationslos. Bei einem Kind machte ein iatrogener totaler AV-Block die Implantation eines thorako-abdominalen Schrittmachers notwendig. Bei dem 27jährigen Patienten wirkte sich die präoperativ nicht erkannte Aortenisthmusstenose in Verbindung mit der extrakorporalen Zirkulation (Kanulierung der re. A. iliaca externa zum arteriellen Schenkel der Herz-Lungen-Maschine) verhängnisvoll aus. Der Patient starb am 3. postoperativen Tag an zentralem Atem- und Kreislaufversagen bei Hirnhypoxie. Zwei Kinder, bei denen die Diagnose der fibrösen subvalvulären Aortenstenose erst postoperativ gestellt wurde, unterzogen sich einem zweiten Eingriff. Es handelt sich hier gewiß um eine seltene Kombination, die Kardiologen wie auch Herzchirurgen Probleme

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Aortenstenose vergesellschaftet. Wie aus Tabelle 1 zu ersehen ist, fand sich zusätzlich in 2 Fällen eine Aorteninsuffizienz durch einen Prolaps der re. Tasche und in 4 Fällen eine Hypertrophie der Crista supraventricularis. Die Altersverteilung zum Zeitpunkt der Operation (Abb. 1) zeigt deutlich, daß beim überwiegenden Anteil der Eingriff im Kindesalter vorgenommen wurde.

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S. Manouguian, P.G. Kirchhoff, J. Koncz, D. Corovic, D. Dähn

Tabelle 2. Fibröse subvalvuläre Aortenstenose = F.S.A.St.) Praeop. Diagnose

Operat.Diagnose

Op-Datum Operatives Vorgehen

Burck.,R. geb.Apr.50

VSD mit pH + F.S.A.St.

VSD II mit pH + F.S.A.St.

Direkter Verschluß

Dud.,S. geb. Mai 64

VSD mit pH + PDA

Reim.,M. geb.Juli 69

Boh.,H. geb.Aug.59

re. HK li.HK

Resektion

Okt.

61

Verlauf

Tot.AV-Block

VSD II mit pH + F.S.A.St. (Aortaler Druckgradient)

Direkter Verschluß Nov.70 Resektion

unauffällig

VSD mit pH re.HK + (Angio) PDA + Istha (Durchtrennung Resektion Banding A.puLOkt. 70)

VSD II mit pH + F.S.A.St. (Aortaler Druckgradient)

Direkter Verschluß Aug.74 Resektion

unauffällig

Azyanotische FT re.HK

VSD II + Infundib.Stenose + F.S.A.St. (Aortaler Druckgradient)

Direkter Verschluß Sept.63 Ausschneidung

unauffällig

re. HK

Resektion via VSD

Sieb.,B. geb. Jan.65

Azyanotische FT re.HK

VSD II + Infundib.Stenose

Direkter Verschluß Okt.70 Ausschneidung

Zweiteingriff Juli 73 Resektion F.S.A.St.

Kuhl.,J. geb.Juni 67

Azyanotische FT re.HK (Aigio)

VSD II + Infundib.Stenose

Direkter Verschluß Apr.71 Ausschneidung

Zweiteingriff Juli 73 Resektion F.S.A.St.

Stad.,M. geb.Aug.65

D.O.R.V.mit Infundibulumstenose re. Ventrikel re.HK (Angio) li.HK (Angio)

VSD II + Infundib.Stenose + F.S.A.St. (Aorter Druckgradient)

Verschluß mit Patch Mai 72 Ausschneidung

unauffällig

VSD I + Ao.Insuffizienz (prolabierte re.Tasche) + F.S.A.St. (operativer Befund) VSD II + Ao.Insuffizienz (prolabierte Taschen) + F.S.A.St. (operativer Befund)

Direkter Verschluß

Been.,G. geb.Okt.63

Dauber.,K. geb.Mai 45

VSD re.HK + (Angio) Ao.Insuffizienz h.HK (Angio)

VSD + Ao.Vitium

re.HK li.HK (Angio)

Resektion via VSD

Dez.73

unauffällig

Resektion Direkter Verschluß Klappenersatz 72 (Starr-Edwards)März r Resektion

Exitus letaüs

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Name

Verschluß von Vorhofseptumdefekten bei Erwachsenen

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Tabelle 3. Operatives Vorgehen Ventrikelseptumdefekt 9 5 Unauffällig Typ II 8 Iatrogener totaler A.V.-Block 1 Typ I 1 Exitus letalis 1 Direkter Verschluß 8 Reoperation 2 Verschluß mit Patch 1 Fibröse subvalvuläre Aortenstenose 9 aufgibt. Wenn die Symptomatik einer Stenose des Resektion durch Aortotomie 7 Ausflußtraktes des linken Ventrikels im Vordergrund Resektion via Ventrikelseptumsteht, ist beim selektiven Angiokardiogramm des lindefekt 2 ken Ventrikels die Diagnose des kombinierten VenAortenklappenersatz 1 trikelseptumdefektes nicht zu übersehen (1, 2, 3). Wenn dagegen die Symptomatik eines VentrikelResektion Ausflußbahnhypertrophie re.Ventrikel 4 septumdefektes im Vordergrund steht, wird im allgemeinen nur eine Diagnostik des rechten Herzens vorgenommen, und eine kombinierte Stenose des Ausflußtraktes des linken Ventrikels entgeht der Diagnostik. Aus diesem Grunde ist im Hinblick auf die Diagnostik die Kombination eines Ventrikelseptumdefektes mit einer fibrösen subvalvulären Aortenstenose nicht der Kombination einer fibrösen subvalvulären Aortenstenose mit einem Ventrikelseptumdefekt gleichzusetzen. Eine zusätzliche Aorteninsuffizienz kann die Diagnose dieses Krankheitsbildes erschweren. Eine kritische Beurteilung des intraoperativ gemessenen aortalen Druckgradienten könnte Zweiteingriffe vermeiden. Literatur 1 Zuberbuhler, J.R., S.R. Bauersfeld, H.T. Bahnson: Ventricular septal defect associated with combined subvalvular aortic and pulmonic stenosis. J.thorac.cardiovasc.Surg. 50 (1965) 721 2 Lillehei, C.W., R.C. Bonnabeau Jr., R.D. Sellers: Subaortic stenosis, diagnostic criteria, sur-

gical approach and late follow-up in 25 patients. J.thorac. cardiovasc.Surg. 55 (1968) 94 3 Bernhard, W.F., J.F. Keane, K.E. Fellows, S.B. Litwin, R.E. Gross: Progress and problems in the surgical management of congenital aortic stenosis. J.thorac.cardiovasc.Surg. 66 (1973) 404

Dr.med. S. Manouguian, Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Universität, 34 Göttingen, Goßlerstr. 10

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Tabelle 4. Verlauf

[Ventricular septal defect associated with fibrous subvalvular aortic stenosis: problems in the diagnosis and in the surgical management (author's transl)].

Only 9 of more than 900 operated patients with ventricular septal defects suffered from this rare combination. The problems of the diagnosis are discu...
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