Klin. Pädiatr. 203 (1991)

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Sekretorisches Immunglobulin A im Urin bei Harnwegsinfektionen im Kindesalter W. Kunze, M. Seyfarth

Zusammenfassung

Die Pathogenese von Harnwegsinfektionen ist trotz großer Fortschritte auf diesem Gebiet noch nicht befriedigend geklärt. In zunehmendem Maße wird eine besondere Disposition für Infektionen im Bereich der Nieren und ableitenden Harnwege nicht mehr nur als anatomisches und/oder urodynamisches, sondern auch als immunologisches Problem aufgefaßt. Als eine meßbare Größe für die Funktion des lokalen Immunsystems der Schleimhäute des Urogenitalsystems wird das sekretorische Immunglobulin A (S-IgA) im Urin als Gegenstand für die vorliegende Untersuchung gewählt. Bei 87 Kindern mit unterschiedlichen Formen und Aktivitätsstadien einer Harnwegsinfektion und 59 gesunden Kindern wurden Konzentration, Tagesausscheidung von SIgA bzw. Exkretion (mg S-IgA/g Kreatinin) gemessen. Die Bestimmung des S-IgA erfolgte mittels Enzymimmunoassay. Wir fanden, daß Konzentration, Exkretion und Tagesausscheidung von S-IgA bei allen Formen der Pyelonephritis im akuten Stadium im Vergleich zu gesunden Probanden erhöht sind. Während einer Antibiotika-Therapie kommt es zu einem nicht-signifikanten Abfall dieser Werte. Wesentlich ist, daß bei Patienten mit chronischer Pyelonephritis im symptomfreien Intervall die Werte im Vergleich zu gesunden Probanden signifikant erniedrigt sind (p < 0,05). Unsere Ergebnisse erlauben unter Berücksichtigung der Literatur die Aussage, daß Nierenfunktion, Entzündung und lokale Immunität in enger Wechselbeziehung stehen.

Einleitung

Bei einer Häufigkeit von Harnwegsinfektionen im Säuglings- und Kindesalter von über 5070 bei Mädchen und 0,5% bei Knaben wird die medizinische und soziale Komponente deutlich (11). 31 % von 623 Kindern mit chronischer Niereninsuffizienz hatten eine Pyelonephritis zur Ursache (12). Die Pathogenese von Harnwegsinfektionen ist trotz großer diagnostischer Fortschritte, insbesondere bei rezidivierenden bzw. chronischen Verläufen noch nicht befriedigend geklärt (2, 3, 7, 10, 15, 16).

Klin. Pädiatr. 203 (1991) 93-96 © 1991 F. Enke Verlag Stuttgart

Urinary secretory immunoglobulin A in urinary tract infection in childhood

The pathogenesis of urinary tract infections is not yet sufficiently explained despite of large progressions in this field. A special disposition for infections of the kidneys and the urinary tract more and more be seen not only as an anatomie and/or urodynamic but also as an immunologie problem. The secretory immunoglobulin A (S-IgA) in the urine is a measurable parameter for the function of the local immuno system of the mucous membranes in the urogenital system being subject of the present investigations. 87 children with different forms and stages of activity of the urinary tract infeetion and 59 healthy children have been chosen in order to measure the concentration and the excretion of SIgA (mg S-IgA/g creatinine). The S-IgA is estimated by an enzyme immunoassay. We have found that the concentration, the excretion and the daily excretion of S-IgA are higher in all forms of pyelonephritis in an acute stage compared with healthy volunteers. There is a non-significant decrease of these values during an antibiotic therapy. Ir is evident that the values of patients with chronic pyelonephritis have been significantly diminished during the symptom-free interval compared with healthy volunteers (p < 0.05). Considering the literature our results show that the function of the kidneys as weil as inflammation and local immunity are in a dose correlation.

Zahlreiche Untersucher wiesen mittels Urogramm und Miktionszystourethrographie gesicherte anatomische Fehlbildungen und/oder funktionelle Störungen bei diesen Patienten nach und betrachteten diese Veränderungen als Ursache für die hohe Reinfektionsquote. Nach einer Untersuchung von Me Kerrow et al. (9) zeigten jedoch 48% von 572 Kindern im Alter zwischen 0 und 13 Jahren keine derartigen Veränderungen. In zunehmendem Maße wird eine erhöhte Disposition für Harnwegsinfektionen nicht mehr nur als anatomisches und/oder urodynamisches, sondern auch als immunologisches Problem aufgefaßt (13, 15, 16). Eine Reihe infektionsimmunologischer Mechanismen, wie z. B. die Bakterienadhärenz durch P-Fimbrien, Lipid A-Antikörper und die Phagozytoserate spielen bei der Pyelonephritis und insbeondere bei der Neigung zur Reinfektion eine wesentliche Rolle (3, 10, 15).

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Kinderabteilung Kreiskrankenhaus Zwenkau/Leipzig Institut für Immunologie Universität Rostock

W. Kunze, M. Seyfarth

Klin. Pädiatr. 203 (1991) Als eine meßbare Größe der lokalen Immunität wurde das sekretorische Immunglobulin A (SIgA) im Urin als Gegenstand für die vorliegende Untersuchung gewählt. Ziel der Untersuchungen war es, die Funktion und den Stellenwert des S-IgA in der Abwehr von Harnwegsinfektionen im Kindesalter unter verschiedenen Gesichtspunkten zu untersuchen und praxisrelevante Schlußfolgerungen zu ziehen.

Patienten, Probanden und Untersuchungsmethoden Patienten bzw. gesunde Probanden im Alter von 0-14 Jahren wurden in 7 Gruppen untergliedert (Tab. I). Bei den gesunden Kindern sowie denjenigen mit unterschiedlichen Formen einer Harnwegsinfektion bzw. im symptomfreien Intervall nach oder zwischen zwei Harnwegsinfektionen erfolgten insgesamt 146 Untersuchungen. Das S-IgA bestimmten wir mittels eines hierfür entwickelten Enzymimmunoassays (EIA). An Mikroliterplatten wurde ein monoklonaler Antikörper (BL-HSC/3) als Festphase gebunden. Als zweiter Antikörper diente ein Anti-Human-IgA (Sevac, Prag/CSFR), welcher mit Peroxidase markiert war. Die gebundene Enzymmenge ist mittels Subtratreduktion in eine Farblösung überführt und fotometrisch ausgewertet worden. Die Konzentration an S-IgA konnte durch Vergleich an einem Standard ermittelt werden (6, 17). In allen Urinproben wurde die Kreatinin-Konzentration nach AB-2 (DDR) mit einer Mikromethode bestimmt. Dies diente der Quotientenbildung mit S-lgA als Zähler, um außer der Konzentration in mg/I auch die Exkretion (mg S-IgA/g Kreatinin) ermitteln zu können. Dieser Quotient gilt als ein Parameter für die Funktion der lokalen Immunität im Bereich der Nieren und ableitenden Harnwege (4, 8, 13). Von Probanden und Patienten wurden 24Stunden-Sammelurin-Proben filtriert und zentrifugiert, zur Vermeidung bakterieller Kontaminationen mit Natriumacid (0, 1070) versetzt und anschließend bei - 20°C eingefroren. Durch Multiplikation mit der Tagesurinmenge (in I) wurde die Ausscheidung/Tag errechnet.

Zur Berechnung statistischer Signifikanzen wurde der t-Test nach Student eingesetzt.

Ergebnisse Die S-IgA-Medianwerte im Urin bei Patienten mit akuter Pyelonephritis sind gegenüber den Ergebnissen bei gesunden Probanden erhöht; Signifikanz ist bei den Konzentrationen gegeben (Tab. 2). Der Medianwert im symptom freien Intervall bei Patienten mit chronischer Pyelonephritis erwies sich als niedriger als bei gesunden Probanden (Tab. 2, 0,30 vs 0,36). Diese zunächst nicht signifikante Erniedrigung wird bei der Quotientenbildung bezogen auf Kreatinin zu einer eindeutigen Aussage hinsichtlich der Erniedrigung von S-IgA als Ausdruck einer veränderten Immunitätslage (Tab. 3,0,45 vs 0,64; p6 Lebensmonatl

Signifikanz zwischen Patienten-Gruppen und gesunden Probanden: 6 vs 1 p

[Urinary secretory immunoglobulin A in urinary tract infections in childhood].

The pathogenesis of urinary tract infections is not yet sufficiently explained despite of large progressions in this field. A special disposition for ...
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