Leitthema Hautarzt 2014 · 65:889–894 DOI 10.1007/s00105-014-2802-7 Online publiziert: 25. September 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

K. Hayani1 · A. Dandashli2 · E. Weisshaar1 1 Abteilung Klinische Sozialmedizin, Schwerpunkt: Berufs- und Umweltdermatologie,

Universitätsklinikum, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 2 Saudi German Hospital, Dubai

Außergewöhnliche klinische Manifestationen der kutanen Leishmaniasis Schon vor vielen Jahrhunderten wurde im Nahen Osten von praktizierenden Ärzten eine Läsion beschrieben, die 1 Jahr lang besteht und als die „One-year-sore“ bezeichnet wurde [1]. Allerdings wurde erst 1756 ein Kapitel in dem Buch des britischen Arztes Alexander Russell „The Natural History of Aleppo“ über die Aleppobeule unter verschiedenen Namen, z. B. Il Mal d’Aleppo, Aleppo Boil und Aleppo Evil, geschrieben. Interessanterweise wurde damals diese Erkrankung mit dem Kontakt zu Wasser in Zusammenhang gebracht [2]. Während der Zeit, in der Syrien unter französischem Mandat stand, erregte die kutane Leishmaniasis (CL) unter dem Namen „bouton d’Alep“ auch ein besonderes Interesse bei vielen französischen und syrischen Ärzten [3].

Endemiegebiete und Prävalenz der kutanen Leishmaniasis in Syrien Aufzeichnungen zur Häufigkeit des Vorkommens der CL vor 1950 bestehen nicht. Im Jahr 1950 reduzierten die Maßnahmen zur Bekämpfung der Malaria mit Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT)-Suspension („indoor residual spraying“, IRS) die Prävalenz und Inzidenz der CL in den folgenden Jahren erheblich. Danach stiegen die Zahlen der CL ab den 1980er-Jahren erneut stark an [4, 5, 6]. Die Endemiegebiete waren bis Mitte des vorigen Jahrhunderts hauptsächlich Aleppo und seine Umge-

bung sowie die Ufer des Flusses Euphrat. Heute werden Fälle aus verschiedenen Regionen Syriens berichtet (Berichte des Ministeriums für Gesundheit in Syrien 1983 und 1987). Laut Bericht der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) von 2010 gehört Syrien zu den am stärksten betroffenen Ländern der Welt mit mehr als 25.000 Fällen pro Jahr [7]. Alleine in Aleppo wurden 2010 mehr als 18.000 Fälle von CL berichtet. Zu dieser Zeit und vor Beginn des Krieges wurden Fälle von CL an das LeishmaniasisZentrum Aleppo gemeldet. Das Leishmaniasis Control Team der WHO publizierte 2012 einen Bericht über die Inzidenz der Leishmaniasis. Hier wird Syrien laut der Berichte von 2004 bis 2008 mit einer konstanten jährlichen Inzidenz von ca. 23.000 Fällen/Jahr benannt, allerdings wurde vermutet, dass diese Zahl unvollständig erfasst worden war. Es wird eine 3- bis 5-fach höhere Zahl von CL-Fällen angenommen [8]. Aktuell wird wegen des Krieges in Syrien und der fehlenden Bekämpfungsmaßnahmen ein Ausbruch mit zahlreichen Fällen, insbesondere in den belagerten und medizinisch unzureichend versorgten Gebieten, beobachtet. Neue Berichte des Ministeriums für Gesundheit stellten erschreckende Zahlen dar. Im Jahr 2012 wurde von einer Inzidenz von 53.000 Fällen, in den ersten 2 Quartalen 2013 von mehr als 41.000 Fällen jährlich, ausgegangen (Berichte des Ministeriums für Gesundheit, Syrien 2012 und 2013). Laut einem Telefonat mit dem Chefarzt des Leishmaniasis-

Zentrum Aleppo wurden im Jahr 2013 allein in Aleppo 22.365 Fälle gemeldet. Nur wenige Fälle von viszeraler Leishmaniasis (VL) werden jährlich gemeldet. VL stellte in Syrien nie eine Bedrohung dar, wobei in bestimmten Regionen eine Seropositivität von bis zu 23% nachgewiesen werden konnte – ohne entsprechendes klinisches Bild [9].

Erreger und Übertragung der kutanen Leishmaniasis in Syrien Die CL wurde in Old World CL (OWCL) und New World CL (NWCL) unterteilt. Im Norden von Syrien, in Aleppo und Umgebung, ist die OWCL auf Leishmania (L.) tropica ZMON-76 [10], in der Hauptstadt Damaskus auf L. major ZMON-26 zurückzuführen [11]. Überdies wurde auch von L. infantum als Erreger an der syrischen Mittelmeerküste berichtet [12, 13]. Zu den Reservoirwirten gehören die fette Sandratte (Psammomys obesus), Wüstenrennmäuse (Rhombomys opimus), Hunde, Nagetiere, aber auch infizierte Menschen [4]. Als Vektoren wird in Syrien die L. tropica durch die weiblichen Sandmücken Phlebotomus (P.) sergenti und die L. major durch die P. papatasi übertragen [4, 14, 15]. Es wurde vor langer Zeit über den Nachweis von Phlebotomus chinensis in 1% der untersuchten

K. Hayani und A. Dandashli waren ehemals Mitarbeiter der Hautklinik Aleppo, Syrien. Der Hautarzt 10 · 2014 

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Leitthema

Abb. 1 9 Erysipelartige Variante einer kutanen Leishmaniasis. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

Angst- und Depressionswerte, eine geringe Zufriedenheit mit dem Bild des eigenen Körpers und einen verminderten Lebensqualitätindex aufweisen [19]. Allerdings treten gelegentlich auch außergewöhnliche klinische Bilder auf, in denen die CL vielen anderen Erkrankungen ähneln kann. Genau wie bei Lupus, Syphilis oder Sarkoidose verwendet man gerne auch hier den englischen Begriff „the great imitator“. Daher werden im Folgenden einige außergewöhnliche klinische Manifestationen der CL präsentiert.

Erysipelartige kutane Leishmaniasis (. Abb. 1)

Abb. 2 8 Außergewöhnliche klinische Präsentation einer psoriasiformen kutanen Leishmaniasis mit einer einzelnen Plaque an der Körperhaut. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

Sandmücken aus Aleppo berichtet, der vermutlich Überträger der VL war [16].

»

In den meisten Fällen genügen Abstriche zur Diagnostik Zur Diagnostik der CL gehören „slit skin smear“ mit Giemsa-Färbung, Hautbiopsie, Kultur und Polymerasekettenreaktion (PCR; eher selten). In den meisten Fällen können Abstriche die Durchführung von Hautbiopsien und den Einsatz anderer Diagnostika überflüssig machen.

Klinik der kutanen Leishmaniasis in Syrien Die klinische Verlaufsform der CL hängt von der Spezies und dem genetischen, immunologischen und kulturellen Hintergrund des Patienten ab [17]. Es gibt keine strenge Korrelation zwischen der klinischen Form und der Parasitenspezies,

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Abb. 3 8 Beeindruckende Variante einer kutanen Leishmaniasis, die inspektorisch ein Plattenepithelkarzinom imitierte. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

da eine einzelne Leishmania-Zymodem, so der Fall in Aleppo (ZMON-76), klinisch unterschiedliche Manifestationen an der Haut verursachen kann [18]. Üblicherweise wird von einer Inkubationszeit von 2 Wochen bis zu mehreren Monaten ausgegangen. D Zunächst tritt typischerweise eine

kleine rot-bräunliche Papel, meist auf unbekleideten Hautarealen, auf. Darüber hinaus können Knoten oder Plaques entstehen. Ulzerationen sind häufig. Die CL heilt in der Regel binnen 12 bis 18 Monaten ohne Behandlung von selbst aus, hinterlässt jedoch Narben. In einer einzigartigen Studie wurde die psychische Belastung der CL in einer Aleppo benachbarten türkischen Stadt untersucht. Hier konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einer CL (einer aktiven CL bzw. einer mehr als 1 Jahr dauernden oder einer mit Narben verheilten CL) höhere

Es handelte sich um eine 44-jährige Frau, die über eine seit 1 Monat auf der Nasenspitze lokalisierte Hautläsion berichtete. Diese dehnte sich in kurzer Zeit zentrifugal im Gesicht aus. Die Nase und die Wangen waren glänzend, erythematös und ödematös geschwollen bei nur geringer Schmerzhaftigkeit. Da zunächst differenzialdiagnostisch in erster Linie an ein Erysipel gedacht wurde, erfolgte empirisch eine orale antibiotische Therapie, die jedoch keine Besserung des Hautbefundes erbrachte. Das Fehlen von Schmerzen und die kleinen, auf den Wangen lokalisierten Papeln erregten den klinischen Verdacht auf eine CL. Ein Abstrich von der Nasenspitze mit Giemsa-Färbung zeigte Donovan-Körperchen. Die Patientin sprach sehr gut auf eine systemische Therapie mit Meglumin-Antimonat (Standarddosis, s. unten) an.

Psoriasiforme kutane Leishmaniasis (. Abb. 2) Ein 39-jähriger Patient berichtete über eine seit 3 Monaten bestehende Hautveränderung auf der Streckseite seines rechten Ellbogens. Es zeigte sich eine erhabene, scharf begrenzte, rötliche Plaque der Haut mit silbrigen Schuppungen und zentral lokalisierten, fest haftenden Krusten. Das weitere Integument war frei von pathologischen Effloreszenzen. Die Familienanamnese bezüglich Psoriasis vulgaris war negativ. Der Patient hatte bereits mit verschiedenen Salben, auch kortisonhaltigen, erfolglos therapiert. Es wurde eine Hautbiopsie entnommen, die nicht verkä-

Zusammenfassung · Abstract sende Granulome mit Amastigoten zeigte. Eine Behandlung mit Meglumin-Antimonat intraläsional erfolgte und führte zur Abheilung.

Spinaliom-ähnliche kutane Leishmaniasis (. Abb. 3) Ein 47-jähriger Mann litt seit 2 Monaten an einer hypertrophen, schmerzhaften Ulzeration mit derbem Randwall des linken Vorfußes einschließlich der proximalen Streckseiten der Zehen. Differenzialdiagnostisch wurde als Erstes an ein Plattenepithelkarzinom der Haut gedacht. Eine Probebiopsie zeigte nicht verkäsende Granulome mit Donovan-Körperchen und erbrachte keinerlei Anhalt für ein Plattenepithelkarzinom der Haut.

Familiäre kutane Leishmaniasis (. Abb. 4) Das Auftreten familiärer CL in einem Endemiegebiet wie der Region von Aleppo kann erwartet werden. Es handelte sich um 2 3- und 4-jährige Mädchen mit multiplen, disseminiert angeordneten, krustig belegten Plaques und Papeln, die nur im Gesicht bestanden und vor 4 Wochen erstmalig aufgefallen waren. Mittels Abstrichen und Giemsa-Färbung konnten die Leishmania-Amastigoten nachgewiesen werden.

Morbus-Kimura-ähnliche kutane Leishmaniasis (. Abb. 5) Es handelte sich um einen 43-jährigen Patienten, der seit ca. 2 Monaten an einer schmerzlosen Rötung der rechten Ohrmuschel litt und zunehmend ödematöse Plaques sowie gelb-bräunliche Krusten an der Helix entwickelte. Der Patient hatte keine Lymphadenopathie. Aufgrund von Lokalisation und Lebensalter kam die Vermutung eines Morbus Kimura auf. Die Hautbiopsie zeigte nicht verkäsende Granulome mit Donovan-Körperchen.

„Traumatisierte“ kutane Leishmaniasis (. Abb. 6) Eine 31-jährige Patientin stellte sich mit einer seit 1 Jahr bestehenden unregelmäßigen, stark lichenifizierten und indurier-

Hautarzt 2014 · 65:889–894  DOI 10.1007/s00105-014-2802-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 K. Hayani · A. Dandashli · E. Weisshaar

Außergewöhnliche klinische Manifestationen der kutanen Leishmaniasis Zusammenfassung Die kutane Leishmaniasis ist eine der häufigsten Tropendermatosen. Einen ihrer Ursprünge hat diese Erkrankung in der heute syrischen Stadt Aleppo, nach der sie auch häufig benannt wurde („Aleppobeule“). Insbesondere aus dieser Region stammen Falldokumentationen von vor über 100 Jahren. Auch bis heute ist Syrien eines der am stärksten von dieser Erkrankung betroffenen Länder der Welt. Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien im Jahr 2012 wurde diese Erkrankung gut dokumentiert, was auch die Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2012 belegen. Dabei war bis dahin tatsächlich die Region um Aleppo die am häufigsten betroffene Region in Syrien. Seit 2012 ist diesbezüglich keine Krankheitserfassung

mehr möglich. Außerdem wird aktuell wegen des Krieges in Syrien und der fehlenden Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Sandfliegen ein Ausbruch mit zahlreichen Fällen, insbesondere in den belagerten und daher medizinisch unzureichend versorgten Gebieten, beobachtet. Im folgenden Beitrag werden ein kurzer Überblick über die epidemiologische Situation in Syrien gegeben und insbesondere herausragende und außergewöhnliche klinische Verläufe der kutanen Leishmaniasis aus Aleppo präsentiert. Schlüsselwörter Aleppobeule · Megluminantimonat · Tropendermatologie · Sandfliegen · Epidemiologie

Uncommon clinical manifestations of cutaneous leishmaniasis Abstract Cutaneous leishmaniasis is one of the most common dermatoses of the tropics. A major focus of this disease is the Syrian city of Aleppo, after which it was named in many textbooks (“Aleppo boil”). The first cases of cutaneous leishmaniasis were reported from Aleppo particularly more than 100 years ago. Syria is one of the most affected countries worldwide. This disease used to be well documented until the onset of the war in Syria in 2012, which is also supported by the numbers of the World Health Organisation (WHO), and Aleppo used to be the most affected Syrian city. Since 2012, the documentation of

ten Plaque des Fußrückens vor, die zentral eine längs-ovale Ulzeration zeigte. Differenzialdiagnostisch kam ein allergisches oder irritatives Kontaktekzem des Fußes durch das Riemchen des Schuhs infrage. Allerdings sprach das fehlende Ansprechen auf die schon lange durchgeführte kortisonhaltige Lokaltherapie eher dagegen. Eine Biopsie der Haut wurde entnommen und zeigte eine CL, die sehr gut auf Meglumin-Antimonat ansprach.

Verruziforme kutane Leishmaniasis (. Abb. 7)

cutaneous leishmaniasis in Syria is no longer possible. An outbreak of cutaneous leishmaniasis has been detected especially in the besieged regions due to missing prevention measures against the sandflies and a lack of medical care. A short summary of the epidemiologic situation in Syria as well as outstanding and uncommon clinical manifestations of cutaneous leishmaniasis in Aleppo are presented. Keywords Aleppo boil · Meglumine antimonite · Tropical dermatology · Sandflies · Epidemiology

Hama (Syrien) vor. Es zeigten sich warzige, hyperkeratotische, auf der Nasenspitze und beiden Wangen lokalisierte Plaques mit perläsionalem Erythem, die jahrelang von paramedizinischem Personal fälschlicherweise als Warzen behandelt worden waren. Als erste Differenzialdiagnose stellten wir ebenfalls zunächst den Verdacht auf Verrucae vulgares. Die Hautbiopsie zeigte nicht verkäsende Granulome mit Donovan-Körperchen und keinen Anhalt für eine Verrucae vulgares. Die Patientin sprach sehr gut auf eine systemische Therapie mit Meglumin-Antimonat an.

Eine 66-jährige Patientin aus dem syrischen Hinterland stellte sich in der Hautklinik Der Hautarzt 10 · 2014 

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Abb. 4 9 Familiäre Variante einer kutanen Leishmaniasis bei 2 Geschwistern. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

von Bailey et al. [25] vorgeschlagenen Kriterien übernommen, bis auf die Zahl der Läsionen. In Syrien wird eine Erkrankung mit 5 und mehr Läsionen als komplizierte Verlaufsform einer CL betrachtet. Alle oben beschriebenen Fälle sprachen auf Meglumin-Antimonat an, entweder lokal oder systemisch. Trotz der dokumentierten Resistenz [26] der 5-wertigen Antimon-Präparate ergaben sie beste Heilungsraten in der Hautklinik der Universitätsklinik Aleppo. Meglumin-Antimonat wird für die intramuskuläre (i.m.) und Natrium Stibgluconate (SSG) für die intravenöse (i.v.) Verabreichung bevorzugt. Es wird die Standarddosis von den 5-wertigen Antinomen (SbV) von 85 SbV/ml (1–2 ml) intraläsional (i.l.) für 6 Wochen oder 20 mg Sb/kg i.v oder i.m für 20 Tage verwendet [27]. Die Technik der intraläsionalen Behandlung ist zuvor beschrieben worden [28]. In der Regel wird eine 1 ml-Spritze mit 25 G Dicke verwendet. Die CL-Läsion sollte so lange infiltriert werden, bis sie verblasst. D Eine wöchentliche Behandlung

Abb. 5 8 Morbus-Kimura-ähnliche Variante einer kutanen Leishmaniasis des Ohres. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

Abb. 6 8 Sogenannte „traumatisierte“ kutane Leishmaniasis am Fuß. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

Ein 11-jähriger Junge litt seit 1 Monat an einer stark geschwollenen, aufgetriebenen Oberlippe, die teilweise von krustig belegten Ulzerationen gekennzeichnet war. Die Untersuchung der weiteren Mundschleimhaut und des übrigen Integuments war unauffällig. Es bestanden keine gastrointestinalen Beschwerden, die in diesem Fall mit z. B. Morbus Crohn assoziiert hätten aufgetreten sein können [20, 21]. Ein im oberen Lippenbereich bestehendes kleines Knötchen wurde biopsiert und ergab den Befund einer CL.

als „one-year-sore“, hervorgerufen durch Insektenstiche und nahmen an, sie sei nicht ansteckend. Sie gingen von einer Vermeidbarkeit der Erkrankung durch die Verwendung von Moskitonetzen und Insektiziden aus und kannten den Behandlungsmodus [22]. Dennoch wird eine internationale Kollaboration unter Aufsicht der Weltgesundheitsorganisation zwecks Prävention und Behandlung der CL-Fälle als wünschenswert und erforderlich angesehen. Bei der anthroponotischen CL, wie es der Fall in Syrien ist, ist die Chance, einen positiven Einfluss auf Mortalität, Morbidität und Übertragung zu nehmen, hoch [23].

Prävention

Therapie

In einer neuen Studie, die CL-Patienten aus Aleppo zu ihrem Wissen, den Einstellungen und dem Umgang bezüglich ihrer Krankheit befragte, bezeichneten die meisten der Befragten die Krankheit

Zur Therapie der CL steht in Syrien ein ähnliches Schema wie in Deutschland [24] zur Verfügung. Die unkomplizierten Verlaufsformen der CL werden lokal therapiert. Als „komplex“ wurden die

Cheilitis-granulomatosa-ähnliche kutane Leishmaniasis (. Abb. 8)

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mit Meglumin-Antimonat intraläsional für 6 Wochen wird für die einfachen kutanen Leishmaniose-Läsionen bevorzugt. In einer Studie aus Pakistan wurde über eine 14-tägige intraläsionale Therapie mit Meglumin-Antimonat mit ähnlicher Heilungsrate wie die wöchentliche Behandlung berichtet [29]. Darüber hinaus zeigte sich eine 10-tägige Behandlung mit i.v. SSG wirksam und vergleichbar mit der 20-tägigen Behandlung der NWCL bei Auftreten von weniger Nebenwirkungen. Es wäre daher einen Versuch wert, dieses Regime für die komplexen Läsionen der OWCL anzuwenden [30]. Eine Behandlung mit topischer Imiquimod-Creme wurde bereits in Damaskus versucht, erwies sich jedoch als erfolglos [31]. Die topisch aufgetragene, über die internationale Apotheke erhältliche Paromomycin-Creme erbrachte bei einem Patient in Aleppo erstmalig eine Abheilung [32], aber verschiedene Ärzte in Aleppo äußerten sich, so wird berichtet, kontrovers über diese Therapie. In der Hautklinik Aleppo machten wir die Erfahrung, dass Paromomycin im Allgemeinen nicht zu empfehlen ist. Weder Hexadecaphos-

Abb. 7 8 Chronische und besonders beeindruckende Präsentation einer verruziformen Variante einer kutanen Leishmaniasis. (Mit freundl. Genehmigung Dr. Thaer Douri)

phocholin (Miltefosin) noch liposomales Amphotricin sind in Syrien erhältlich. Verschiedene andere Therapien wurden bereits versucht, u. a. eine orale Therapie mit Ketoconazol, Itraconazol und Fluconazol, ebenso auch physikalische Therapien (Kryotherapie), diese zeigten sich jedoch den Antimonen unterlegen.

Fazit für die Praxis F Die kutane Leishmaniose stellt bis heute eine dermatologische Herausforderung in Syrien dar und scheint aufgrund des Krieges wieder gehäuft aufzutreten, wobei die diesbezügliche Dokumentation zum größten Teil nicht mehr existiert. F Die kutane Leishmaniose stellt ein großes Gesundheitsproblem für das gesamte Gebiet des Nahen Ostens dar [33]. F Aufgrund der aktuellen traurigen und schwierigen Situation in Syrien wurden die Präventionsmaßnahmen vernachlässigt, was zur Verbreitung der CL in neuen, zuvor nicht betroffenen Gebieten im Land führte. F Durch die Flüchtlinge in den benachbarten Ländern (Libanon, Irak, Jordanien und Türkei) und in Europa ist zu befürchten, dass diese Erkrankung auch in neuen, bislang nicht betroffenen Regionen auftreten wird. Es ist daher auch für die im deutschsprachigen Raum praktizierenden Dermatologen

Abb. 8 8 Cheilitis-granulomatosa-ähnliche Manifestation einer kutanen Leishmaniasis bei einem Kind. (Mit freundl. Genehmigung K. Hayani und A. Dandashli)

wichtig und erforderlich, sich die verschiedenen klinischen Varianten der CL zu vergegenwärtigen, da dieses „Chamäleon“ als Reisedermatose oder bei Migranten auftreten kann [19, 28].

Korrespondenzadresse K. Hayani Abteilung Klinische Sozialmedizin, Schwerpunkt: Berufs- und Umweltdermatologie, Universitätsklinikum, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Thibautstr. 3, 69115 Heidelberg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  K. Hayani, A. Dandashli und E. Weisshaar geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.

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Früherkennung von Hautkrebs als betriebsärztliche Aufgabe Die Zahl der Hautkrebsfälle in Deutschland hat sich nach Angaben der Deutschen Krebshilfe in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt. Derzeit erkranken allein etwa 234.000 Menschen pro Jahr neu an einem Tumor der Haut. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund lädt die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) nun erstmals in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) zu der ärztlichen Fortbildung „Früherkennung von Hautkrebs als betriebsärztliche Aufgabe“ ein. Untersuchung der Haut zur Früherkennung von Hautkrebs gehören schon heute zum festen Bestandteil der arbeitsmedizinischen Pflichtvorsorge, wie diese in der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) festgeschrieben ist. Mit dieser Pflichtvorsorge ist primär ein Facharzt für Arbeitsmedizin oder ein Arzt mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin zu beauftragen. Verfügt der Arbeitsmediziner nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse, so hat er Ärzte hinzuzuziehen, die die Anforderungen der ArbMedVV erfüllen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hatte zur Sicherung eines flächendeckenden, bevölkerungsbezogenen Hautkrebs-Screenings für die Durchführung sowohl Hausärzte und Dermatologen berücksichtigt als auch darüber hinaus in der im April 2014 erschienenen S3-Leitlinie „Prävention von Hautkrebs“ ein zweistufiges Hautkrebs-Screening definiert. Demnach soll ein Hautkrebs-Screening nur von approbierten Ärzten durchgeführt werden, die eine mehrstündige, anerkannte Fortbildung zur Durchführung eines Hautkrebs-Screenings erfolgreich absolvieren. Zu dieser qualifizierten Ärztegruppe können auch Fachärzte für Arbeitsmedizin und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Betriebsärzte gehören, wenn sie sich im Rahmen einer entsprechenden Fortbildung für die evidenzbasierte Durchführung eines Hautkrebsscreening qualifiziert haben. Die DGAUM bietet als wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft nun erstmals eine solche Fortbildung an und unterstützt auf diese Weise nachhaltig die Präventionsbemühungen zur Vermeidung von Hautkrebs.

Darüber hinaus weist die DGAUM darauf hin, dass bereits im August 2013 im gemeinsamen Ministerialblatt die wissenschaftliche Begründung „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ veröffentlicht wurde. Daher sei zu erwarten, dass diese Berufskrankheit in den nächsten Monaten in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen werde. Auch vor diesem Hintergrund sieht die Fachgesellschaft einen besonderen Fortbildungsbedarf im Bereich der Arbeitsmedizin, wenn es um die Früherkennung von Hautkrebs geht. Tagungszeit und -ort Mittwoch, 3. Dezember 2014, 10 bis 18:00 Uhr Institut für Lehrergesundheit am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Universitätsmedizin Mainz, Kupferbergterrasse 17-19, 55116 Mainz Verbindliche Anmeldung Sonja Hillebrand Geschäftsstelle DGAUM, Schwanthaler Str. 73 b, 80336 München Tel.: 089/330 396-0; Fax: 089/330 396-13 [email protected]; Weitere Informationen www.dgaum.de Quelle: DGAUM, www.dgaum.de

[Uncommon clinical manifestations of cutaneous leishmaniasis].

Cutaneous leishmaniasis is one of the most common dermatoses of the tropics. A major focus of this disease is the Syrian city of Aleppo, after which i...
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