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Fortschr. Rontgetr. 130, 3 (1979) 69-370
Ultraschalldiagnostik bei ,,akutem Nierenversagen" Uber einen Fall von einseitigem posttraumatischen akuten Nierenversagen Von H. P. Gockel und F. K. Kempf
Das akute Nierenversagen st ein hcdrohliches Krankheitsbild, das zu unverzüglichen therapeutischen Maßnahmen zwingt. Dciii Reflex: ,,Sofortige Dialyse" sollte jedoch auch dann cinc diagnostische Phase vorangehen, wenn der Ablauf scheinbar eindeutig ist. Welche differentialdiagnostischen Möglichkeiten bestehen, bzw. welche Fehler vorkommen, ist nachzulesen (V. Heinze(. Beispiele sind: Annahme typisches posttraumatisches akutes Nierenversagcn", statt dessen Verletzung der Ureteren oder Tamponade durch Blutkoagel;
oder: Schockniere nach gynäkotugischer Operation", statt dessen Ligatur beider Ureteren. Es wäre also wichtig, einen direkten Nachweis der Nierenparenchymschädigung zu haben. Diesen kann dic Ultraschalldiagnostik bieten.
Abb. 1 Abb. 1
Kasuistik Ein 22jährigcr Patient wurde am 30.6.78 als Beifahrer auf dem Rücksiti hei einem Frontalaufprall nach vorne geschleudert. Er wurde bewußtlos in leichtem Schock eingeliefert. Die Beobachtung während
der Nacht ergab weiteren Blutdruckabfall, Absinken des HB und Ztinahme des 1.eibumfangs. Bei der Operation am nachsten Morgen fand sich eine mehrfache Milzruptur sowie ein leichtes retroperitoneales Härnatom. Der Patient erholte sich gut, doch fiel ein verzogerter Anstieg des HB auf. Am 12.7. zeigte ein Urogramm eine stumme Niere links. Eine retrograde Darstellung des Ureters fand diesen durchgangig hei unauffälligem Nierenbecken.
Linke Niere im Längsschnitt. Deutlich verbreiterter Parenchymsaum. Zum Vergleich gesunde rechte Niere. Linke Niere im Längsschnitt. Deutlich verbreiterter Parenchymsaum. Zum Vergleich gesunde rechte Niere.
Abb. 2 Querschnitt durch beide Nieren. Links deutlich breiteres Parenchym als rechts.
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Abb. 3 Vier Wochen später hat sich der Parenchymsaum links auf normale Breite zurückgebildet.
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3 Abbildungen
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Die Ultraschalluntersuchung am 3.8. zeigte eine ni Vergleich zur normalen rechten Niere vergrößerte linke Niere, bei der besonders eine
erhebliche Verbreiterung des Parenchymsaums hei etwa normalem Kelchecho auffiel (Abb. I u. 2).
Eine Kontrolluntersuchung am 1.9.78 zeigte Jetzt die linke Niere deurlich kleiner mit eher etwas schmälerem Parenehymsaum als rechts (Abb. 3).
Ein inzwischen angefertigtes Kontrollurogramm zeigte noch keine Ausscheidung links.
Diskussion Die Feststellung cines einseitigen akuten Nierenvcrsagens hatte ni diesem Falle keine therapeutischen Konsequenzen. Sie bietet aber gerade wegen der Vergleichsmöglichkeit zur nachweislich gesunden rechten Niere gute Gelegenheit zur Demonstration der Wertigkeit der Ultraschallmethode. Deren Anwcndungsinöglichkeit ist zwar bereits in der letzten Auflage des Srandardwerks von H. Sarre erwähnt, in der Ultraschall-Literatur wird ihre Bedeutung auf diesem Gebiet jedoch nicht entsprechend gewürdigt. E. Berg und Fischer haben vor kurzem auf ihre Bedeutung zur Differentialdiagnostik der Niereninsuffizienz hingewiesen, zitieren jedoch im wesentlichen chronische Erkrankungen. Da es sich hei Patienten mit akutem Nierenversagen fast immer uni Schwerkranke handelt, besteht höchstes Interesse an möglichst schonender rascher Diagnostik. Insbesondere zusätzliche Belastungen durch Kontrastmittel, Infusioncn usw. sollten vermieden werden. In etwa 80% wird eine zirkulatorisch-ischamische Schadigung angenonimen. In etwa 15% eine toxische Schädigung. In den selteneren ubrigen
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Fällen entweder akutes Versagen hei einer entzündlichen oder vaskulären Nephropathie oder ein sogenanntes postrenales Geschehen durch intrarenale Ahflußhehinderung (Myclom oder Hyperurikamie), Ute-
terversch] uß und Schädigung oder Abflußbehinderung der unteren Harnwege. Das Ultraschallverfahren gibt eine ideale Moglichkeit, sich in kurzester Zeit und ohne Gefährdung oder Belästigung des Patienten einen Über. blick sowohl über den Zustand des Nierenparenchyms wie des Nierenbeckens und die Füllung der Harnblase zu verschaffen. Es werden vor allem die oben andeutungsweise erwähnten differentialdiagnostischen Fehlermöglichkeiten ausgeschlossen und damit eine eventuell lebensgefährliche Fehlhehandlung vermieden. Auch der Ablauf des Geschehens kann verfolgt werden. Die Kenntnis dieser Zusammenhange verdient weitere Verbreitung, da sie eine harmlose, billige und rasche Möglichkeit zur Verbesserung drr Versorgung von schwerkranken Patienten bietet. Linke Niere inzwischen entfernt. Diagnose: Anämische Infarzierung
hei Zustand nach Intimaeinriß der Arteria renalis. Literatur Berg. E., R. Fischer: Die Bedeutung
der Sunographie in der DifferentialdiaNiereninsuffizienz. der gnostik
Dr. H. P. Gockel Röntgenf ach arzt
Kaiserstr. 82 6500 Mainz
Georg Thieme Publishers
Münch. med. Wschr. 1023 Heinze, V.: In Sarre
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(1978)
Sarre, H.: Nierenkrankheitcn, Stuttgart 1976
Prof. Dr. F. K. Kempf Alice-Krankenhaus Auf der Steig 14 6500 Mainz
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