Kurzkasuistik

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Zwei Fallbeispiele aus der Klinik Two clinical example cases

Anamnese: Anfang 2013 wurde der 54-jährige Patient mit einer sturzbedingten medialen Schenkelhalsfraktur (q Abb. 1) notfallmäßig in unsere Klinik eingewiesen. Anamnestisch war eine durch Alkoholabusus bedingte Leberfunktionsstörung bekannt, die ebenso wie eine Blutgerinnungsstörung laborchemisch gesichert wurde. Therapie: Die Fraktur wurde umgehend unter präoperativer Einmalgabe von Cefuroxim (1,5 g i. v.) durch Implantation einer zementierten Duokopfprothese versorgt. Allerdings traten perioperativ diffuse Blutungen auf, sodass dem Patienten im Verlauf des 2,5-stündigen Eingriffs zehn Erythrozytenkonzentrate sowie gefrorenes Frischplasma und Gerinnungsfaktoren transfundiert wurden. Verlauf: Der Patient wurde nach der Operation zunächst in den Aufwachraum und noch am gleichen Tag weiter auf die Normalstation verlegt. Dort fiel in den nächsten Tagen ein ausgeprägtes Weichteilhämatom jedoch ohne Hb-relevante Nachblutung auf. Deshalb wurde die präoperativ initiierte Cefuroxim-Therapie weitergeführt (3 × täglich 1,5 g). Am 5. postoperativen Tag wurde der Patient im Zuge seiner Alkoholanamnese delirant, worauf er auf die internistische Überwachungsstation verlegt wurde.

Am 8. postoperativen Tag wurde wegen des weiterhin ausgeprägten Weichteilhämatoms die Indikation zu einer Revisionsoperation gestellt. Dabei erfolgte im Zuge der operativen Sanierung mit Ausräumung des Hämatoms ein ausgiebiges Débridement mit Entnahme von Wundabstrichen und Einlage von Gentamicin-Ketten. Die Antibiotikatherapie wurde unverändert mit Cefuroxim (3 × täglich 1,5 g) weitergeführt. In den Wundabstrichen wurden am 10. postoperativen Tag MRSA nachgewiesen. Am 15. postoperativen Tag wurde der delirante und trotz Sedierung agitierte, aber hämodynamisch und respiratorisch stabile Patient auf die operative Intensivstation verlegt. Laborchemisch wurden bei Aufnahme erhöhte Entzündungsparameter gemessen, sodass aufgrund des bekannten MRSA-Nachweises eine Umstellung der Antibiotikatherapie auf Ceftarolin in einer Dosis von 600 mg 2 × täglich i. v. vorgenommen wurde. Innerhalb der nächsten vier Tage konnte ein deutlicher Abfall des CRP-Wertes und der Leukozytenzahl auf normnahe Werte erreicht werden. Gleichzeitig konnte während des fünftägigen Intensivaufenthaltes eine deutliche Besserung der neurologischen Problematik und eine Stabilisierung der Infektsituation erreicht werden, sodass der Patient auf die Normalstation rückverlegt wurde. Die geplante Sequenztherapie mit Umsetzen auf ein MRSA-wirksames orales Antibiotikum (Linezolid) wurde auf der Normalstation nicht umgesetzt.

Abb. 1 Röntgenaufnahme: Mediale Schenkelhalsfraktur mit Dislokation.

S. Klösel G Albuszies Infektiologie Kurzkasuistik

Schlüsselwörter Schenkelhalsfraktur Weichteilhämatom Cefuroxim MRSA Ceftarolin

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Keywords femoral neck fracture hematoma of the soft tissue cefuroxim MRSA ceftaroline

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Institut Klinik für Anästhesiologie, GPR Klinikum Rüsselsheim eingereicht 18.12.2013 akzeptiert 16.01.2014 Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1369873 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 139: S95–S96 · © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Dr. med. Stephan Klösel Klinik für Anästhesiologie, anästhesiologische Intensivmedizin und perioperative Schmerztherapie, GPR Klinikum Rüsselsheim August-Bebel-Str. 59 65428 Rüsselsheim Tel. 06142/88-1001 Fax 06142/88-4135 eMail Kloesel@ GP-Ruesselsheim.de

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Fall 1 ▼

Kurzkasuistik

te. Die Antibiotikatherapie wurde über insgesamt 14 Tage in gleicher Dosierung fortgesetzt und führte zu einer weiteren Besserung der Entzündung. Anschließend waren noch mehrere chirurgische Eingriffe mit Anlage und Wechsel von Vakuumverbänden erforderlich. Dennoch konnte 16 Tage nach Aufnahme nicht auf eine Unterschenkelamputation verzichtet werden. Der weitere Verlauf war komplikationslos, sodass der Patient nach insgesamt 28 Tagen in sein häusliches Umfeld entlassen werden konnte.

Abb. 2 Aufnahmebefund: Weichgewebeinfektion des rechten Fußes.

Im weiteren Verlauf waren insgesamt sieben Revisionsoperationen sowie schließlich ein endoprothetischer Wiederaufbau mit zementfreier Revisionsprothese erforderlich. Dabei wurden mehrfach intraoperativ Abstriche genommen, die eine sehr deutliche Reduktion der MRSA-Keimlast belegten. Ein intensivmedizinischer Aufenthalt war nicht mehr notwendig. Anfang April 2013 konnte der Patient in eine orthopädische Rehabilitationseinrichtung verlegt werden. Diskussion: Die Therapie mit Ceftarolin führte bei diesem Patienten zu einer schnellen und vielversprechenden Besserung sowohl der Entzündungsparameter als auch der Vigilanz. Allerdings unterstreicht dieser Fall die Notwendigkeit eines stationsübergreifenden und interdisziplinären Antibiotikaschemas.

Fall 2 ▼ Aufnahmebefund: Der 72-jährige Patient stellte sich im Sommer 2013 wegen seines „offenen Fußes“ in der Ambulanz vor. Er war wegen einer arteriellen Verschlusskrankheit (AVK) bei gleichzeitiger koronarer Herzkrankheit und arteriellem Hypertonus bereits mehrfach stationär behandelt worden. Laborchemisch

wurden eingangs deutlich erhöhte Entzündungsparameter (CRP und Leukozyten) gemessen. Diagnose: Bei der Aufnahme wurde eine Weichgewebeinfektion im rechten Fuß diagnostiziert (q Abb. 2) und die Indikation zu einer zeitnahen operativen Sanierung gestellt. Therapie: Auch ohne Keimnachweis wurde noch in der Notaufnahme nach hausinternen Verfahrensabläufen eine sofortige Antibiotikatherapie mit Ceftarolin (2 × täglich 600 mg i. v.) eingeleitet, da es sich bei diesem Patienten um einen sogenannten Indexpatienten mit AVK und mehrfachen Krankenhausaufenthalten in der Vorgeschichte handelte und eine frühzeitige Antibiotikatherapie bei einer anstehenden Fokussanierung leitlinienkonform ist. In den nächsten Stunden erfolgte rechts eine transmetatarsale Amputation von D1 und D2 zusammen mit einem ausgedehnten Wunddébridement. Der Patient wurde postoperativ auf der Intensivstation unter Weiterführung der initiierten Antibiotikatherapie überwacht.

Aufgrund eines Sturzes auf den Amputationsstumpf, der eine komplette Insuffizienz des Stumpfes zur Folge hatte, wurde der Patient 3 Wochen später erneut in die Klinik aufgenommen. Hier fiel zusätzlich eine Weichteilinfektion am linken Fuß mit gangränöser Wundinfektion im Bereich von D2 auf. Zeitnah erfolgten sowohl die operative Versorgung und Nachresektion des rechten Stumpfes als auch eine Exartikulation von D2 links. Wiederum wurde eine Therapie mit Ceftarolin (2 × täglich 600 mg i. v.) über insgesamt 8 Tage eingeleitet, die zu einem Abfall des nur leicht erhöhten CRP-Wertes und der Leukozytenzahl führte. Nach insgesamt 18 Tagen wurde der Patient ohne Auftreten weiterer Komplikationen in sein häusliches Umfeld entlassen. Diskussion: Auf Basis unserer aktuellen Erfahrungen halten wir Ceftarolin für geeignet, um frühzeitig eine effektive Antibiotikatherapie zu etablieren. Autorenerklärung: SD erklärt, im Rahmen von Vortragstätigkeiten für AstraZeneca Referentenhonorare erhalten zu haben. GS erklärt, dass er keine finanziellen Verbindungen mit einer Firma hat, deren Produkt in dem Artikel eine wichtige Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

Unter der Ceftarolin-Therapie kam es rasch zu einer Normalisierung der Entzündungsparameter mit deutlichem Abfall des CRP-Wertes und der Leukozytenzahl, sodass der Patient 2 Tage später auf die Normalstation verlegt werden konnDtsch Med Wochenschr 2014; 139: S95–S96 · S. Klösel, Zwei Fallbeispiele aus …

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