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Tropheryma whipplei: Erreger verschiedener Infektionen und Pathogen des Morbus Whipple Thomas Schneider, Verena Moos

Nach seiner späten Entdeckung galt Tropheryma whipplei lange nur als Erreger des sehr seltenen Morbus Whipple. Neueste Nachweismethoden belegen jedoch eine weitaus größere Verbreitung des Keims: Man findet ihn nicht nur bei Endokarditis, sondern auch bei verschiedenen selbstlimitierten Infektionen des Gastrointestinal- und Bronchialtraktes – und ebenso bei asymptomatischen Ausscheidern. Seine Rolle als potenzielles Pathogen oder sogar als „harmloser“ Kommensale muss also neu definiert werden.

Tab.  1  Häufigste Symptome und Laborveränderungen beim klassischen M. Whipple.

Klassischer Morbus Whipple | Der klassische Morbus Whipple (M. Whipple) ist eine systemische, chronische Infektion mit dem Bakterium Tropheryma whipplei. Das Wort Tropheryma leitet sich aus zwei griechischen Wörtern ab: trophe = Ernährung und eryma = Barriere und deutet auf die beim M. Whipple häufig anzutreffende Malabsorption hin. Die Symptome betreffen hauptsächlich ▶▶ den Gastrointestinaltrakt, ▶▶ die Gelenke und ▶▶ das zentrale Nervensystem (ZNS) [1–3] (▶ Tab. 1)

Art und Dauer der Therapie unklar | Die Therapie des M. Whipple besteht in der Gabe von Antibiotika [13, 14]. Die Art und Dauer der Therapie ist nach wie vor nicht hinreichend geklärt. Komplikationen im Verlauf der Therapie sind nicht selten. So kann ein Immunrekonstitutionssyndrom (IRIS) auftreten [15], und neurologische Symptome können trotz Therapie progredient bis hin zum Tode verlaufen [16, 17].

Erregernachweis | Zur Diagnose ist nach wie vor in den meisten Fällen die PAS-Färbung (PAS = „Periodic Acid Schiff“) einer Dünndarmbiopsie wegweisend [4] (▶ Abb. 1). Zum spezifischen Erregernachweis stehen heute die molekularbiologische Analyse mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und die spezifische Immunhistochemie zur Ver­ fügung [2, 5–8]. Gerade die PCR birgt jedoch die Gefahr einer Fehldiagnose, da es gesunde Ausscheider gibt und selbstlimitierende Infektionen mit T. whipplei auftreten können [9–12].

Fortschritte in der Diagnostik | In den letzten Jahren wurde dank neuer diagnostischer Methoden deutlich, dass sich das Vorkommen des Erregers eher selten im chronischen M. Whipple manifestiert. Vielmehr hat man entscheidende Erkenntnisse über das Bakterium ▶▶ als Erreger anderer Erkrankungen und ▶▶ sogar als Kommensale gewonnen. Bei der ersten Fallbeschreibung vermutete George Hoyt Whipple 1907 lediglich eine Infektion [18]. Sein Verdacht bestätigte sich erst sehr viel später durch erfolgreiche Therapie mit Antibiotika und die elektronenmikroskopische Darstellung des Erregers [19, 20]. Bewiesen wurde die Infektion erst durch Amplifizierung der DNA für die 16S ribosomale RNA des Bakteriums [5].

Symptom

Häufigkeit*

▶▶ gastrointestinale Symptome (Bauchschmerzen,

83 %

Blähungen, Diarrhö) ▶▶ chronische Diarrhö

76 %

▶▶ Gelenkbeschwerden

68 %

▶▶ Lymphadenopathie

36 %

▶▶ Fieber

26 %

▶▶ neurologische Symptome

24 %

Labor ▶▶ erhöhte Thrombozyten

56 %

▶▶ erhöhte Leukozyten

48 %

▶▶ hypochrome, mikrozytäre Anämie

81 %

▶▶ CRP-Erhöhung

69 %

*eigene Daten der Autoren von 190 Patienten mit klassischem M. Whipple (­Patienten mit isolierter T. whipplei-induzierter Endokarditis sind ausgeschlossen)

Schneider T, Moos V. Tropheryma whipplei...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432

Mehr als nur Morbus Whipple

Anzucht und Kultur | Anzüchten konnte man T. whipplei zunächst nur in nicht permanenten Kulturen von mit IL-4 und IL-10 deaktivierten ­Makrophagen [21]. Die erste stabile Kultivierung erfolgte aus infizierten Herzklappen und ermöglichte die Analyse von Antibiotikaresistenzen [22, 23] und die Charakterisierung zahlreicher Stämme von T. whipplei. Erste Untersuchungen ergaben jedoch keinen Hinweis darauf, dass der Genotyp des Erregers die Manifestation der Infektion beeinflusst [24]. Ein Parasit? | Mit einer Generationszeit von 18 Tagen ist T. whipplei eines der am langsamsten wachsenden humanpathogenen Bakterien [22].

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Übersicht

T. whipplei ist ein schwer zu kultivierendes Bakterium mit reduziertem Genom, das auf parasitäre Lebensweise angewiesen scheint. Es zeichnet sich aus durch hohe Tenazität, langsame Replikationszeit und ubiquitäres Vorkommen in der Umwelt.

Asymptomatische Trägerschaft | T. whippleiDNA ist ubiquitär in Kläranlagen nachweisbar [10] und wurde in Abwässern landwirtschaftlicher Betriebe detektiert. Dieser Umstand eröffnet Spekulationen über eine Infektionsquelle [10]. Eine Infektion von Tieren wurde bisher jedoch nicht belegt, da T. whipplei zwar unter bestimmten Umständen in Mäuse eingebracht werden kann, der Erreger sich jedoch nicht vermehrt. Eine replikative Infektion mit T. whipplei konnte nur beim Menschen nachgewiesen werden. Asymptomatische Trägerschaft von T. whipplei wurde vor allem bei Klärwerksarbeitern nachgewiesen [10, 12] und tritt gehäuft auf in Familien von Patienten mit M. Whipple [27]. Daher wurde eine Menschzu-Mensch-Übertragung postuliert [28], die ­unter schlechten hygienischen Bedingungen verstärkt scheint. ▶▶ In ländlichen Regionen des Senegal scheiden im Schnitt 31 % der gesunden Untersuchten von 0–99 Jahren T. whipplei mit dem Stuhl aus, ▶▶ wobei Kinder zwischen 0 und 4 Jahren mit 75 % die höchste Rate an Ausscheidern aufwiesen [28]. ▶▶ Dagegen fand sich in gesunden Kontrollen aus Frankreich T. whipplei-DNA nur in seltenen Fällen in Stuhlproben, Zahnplaque und Speichel [12].

T. whipplei und der Gastroenteritis noch nicht erbracht. In bronchio-alveolären Lavagen von Patienten mit Lungenentzündung wurde in 3 % ebenfalls T. whipplei-DNA nachgewiesen: 5 der insgesamt 6 Patienten wiesen allerdings zusätzlich zu T. whipplei auch andere Erreger auf [29]. Bei HIVinfizierten Patienten lag mit 13 % eine deutlich ­höhere Prävalenz vor [30]. Bei afrikanischen Patienten mit Fieber wurde in 6 % eine Bakteriämie mit T. whipplei nachgewiesen, die mit Husten ­assoziiert zu sein schien [11]. T. whipplei und Endokarditis | In einer systematischen molekularbiologischen Untersuchung in Deutschland waren bei 6 % der Endokarditiden T. whipplei nachweisbar – ohne weitere Anzeichen eines klassischen M. Whipple. ▶▶ Das Bakterium war damit insgesamt der vierthäufigste Erreger und ▶▶ der häufigste unter den schwer kultivierbaren [31]. Diese Form der Klappenentzündung verläuft langsam progressiv, ähnlich der Coxiella burnetii oder auch der Bartonellen-induzierten Endokarditis. Da der Erreger nicht aus Blut kultivierbar ist und die T. whipplei-induzierte Endokarditis daher nur selten zu positiven Duke-Kriterien führt [31], kann die Diagnose zurzeit nur an explantierten Herzklappen gestellt werden (▶ Abb. 2). Auch im Rahmen des klassischen M. Whipple kann ein Klappenbefall vorkommen.

Immunpathogenese der Infektionen | Akute Infektionen mit T. whipplei sind sehr viel häufiger als der klassische M. Whipple, der offensichtlich erst durch eine Prädisposition der Betroffenen entsteht. Der Kontakt mit dem Erreger scheint im frühen Kindesalter stattzufinden [9, 28] und führt in den meisten Fällen zu einer protektiven zellulären und humoralen Immunabwehr, die die chronische Infektion zu verhindern scheint [28,

Abb.  1  Nachweis PAS-positiver Makrophagen in der Lamina propria des Dünndarms von einem Patienten mit klassischem Morbus Whipple.

T. whipplei wird vermutlich von Mensch zu Mensch durch Sekrete des Verdauungstraktes übertragen.

Selbstlimitierte Infektionen | Neben asymptomatischer Trägerschaft wurden selbstlimitierte Infektionen mit T. whipplei beschrieben. So wies eine französische Studie den Erreger bei 15 % der teilnehmenden Kleinkinder mit Gastroenteritis nach [9]. Beim größten Teil der Betroffenen wurde T. whipplei als einziges potenzielles Pathogen gefunden [9]. Trotzdem ist ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen dem Nachweis von ­ Schneider T, Moos V. Tropheryma whipplei...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432

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Folgende Eigenschaften deuten auf eine parasi­ täre Lebensweise hin: ▶▶ Es besitzt ein reduziertes Genom, ▶▶ entscheidende Biosynthesewege für Aminosäuren fehlen, und ▶▶ das Proteom ähnelt dem anderer intrazellulär lebender Bakterien [25]. Das Überleben von T. whipplei außerhalb des menschlichen Körpers wird jedoch durch seine Resistenz gegenüber Umweltfaktoren gefördert. Einzigartig ist seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Glutaraldehyd [26].

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Übersicht 32, 33]. Verschiedene immunologische Defizite der Betroffenen, wie z. B. ▶▶ verminderte Interferon-γ-Expression von TZellen, ▶▶ reduzierte Sekretion von IL-12 und ▶▶ alternative Aktivierung von Makrophagen, schwächen die Antigen-spezifische Aktivierung von T-Zellen und den Angriff auf intrazelluläre Erreger und ermöglichen daher die Persistenz der Infektion [34]. Genetische Risikofaktoren | Die Rolle der Wirtsabwehr für den Verlauf der Infektion wird durch die Tatsache unterstützt, dass als genetische ­Risikofaktoren für die chronische Infektion eine MHC II / HLA-Assoziation und Polymorphismen in Zytokingenen identifiziert wurden [35, 36]. Neben der Prädisposition beeinflusst der MHC II / HLA-Haplotyp den Verlauf der Infektion [35].

Der klassische Morbus Whipple
 Epidemiologie | Bei prädisponierten Patienten entwickelt sich aus einer Besiedelung oder Infektion mit T. whipplei über Jahre hinweg der klassische M. Whipple [1–3]. Nach heutigem Kenntnisstand betrifft er hauptsächlich kaukasische Männer im Alter um die 55 zur Zeit der Diagnose­ stellung [3]. Zur Inzidenz gibt es keine systema­ tischen ­Daten; sie wird auf ca. 1 : 1 000 000 geschätzt [3]. In früheren Untersuchungen lag ein Verhältnis von Männern zu Frauen von 7–8 : 1 vor [3], inzwischen hat allerdings der Anteil an Frauen zu­genommen [14, 37], sodass das Verhältnis von Männern zu Frauen heute bei 3 : 1 liegt (eigene ­unveröffentlichte Daten). Gastrointestinale Symptome | Charakteristischen Manifestationen sind gastrointestinale Symptome und Gelenkbeschwerden [1, 2, 13, 14]. Die gängigen Symptome sind in ▶ Tab. 1 zusammengefasst. Die massive Besiedelung des Dünndarms mit dem Erreger verursacht häufig ▶▶ chronische Diarrhö und in der Folge ▶▶ Gewichtsverlust, ▶▶ Malabsorption und Abb.  2 Endoskopisches Erscheinungsbild mit erweiterten Lymphgefäßen im Duodenum bei einem Patienten mit klassischem Morbus Whipple (Abbildung mit freundlicher Genehmigung aus [1]).

▶▶ vergrößerte Lymphknoten im Bauchraum. Im weiteren Verlauf kann es zu ▶▶ Kachexie, ▶▶ Aszites (im Rahmen der Malabsorption durch die Hypalbuminämie) und ▶▶ peripheren Ödemen kommen. Vergrößerte Lymphknoten im Bauchraum verleiten zur Fehldiagnose eines Malignoms.

Endoskopie | Trotz gastroinestinaler Symptome sieht man endoskopisch nur selten makroskopische Veränderungen der Dünndarmschleimhaut, wie z.  B. eine ausgeprägte Lymphangiektasie (▶ Abb. 3). Dennoch kann die Diagnose in den ­allermeisten Fällen durch die PAS-Färbung einer Dünndarmbiopsie gestellt werden [4]. Extragastrointestinale Symptome | Die extra­ gastrointestinalen Manifestationen betreffen am häufigsten die Gelenke und können den gastrointestinalen Symptomen um Jahre vorangehen [38]. So werden Patienten nicht selten jahrelang unter der Diagnose „Rheumafaktor-negativer Rheumatoider Arthritis“ immunsuppressiv behandelt. Erst bei gastrointestinale Anzeichen wird dann der M. Whipple diagnostiziert [38]. Neurologische Beteiligung | Während neurologische Symptome relativ selten sind, gelingt der ­molekularbiologische Nachweis von T. whippleiDNA im Liquor sehr viel häufiger und zwar bei ca. 40 % aller Patienten [2, 14]. Als typisch gilt die Kombination von ▶▶ Blicklähmung, ▶▶ Nystagmus und ▶▶ Myoklonus. Jedoch können verschiedene andere unspezifische kognitive, psychiatrische, motorische und hypothalamische Beschwerden auftreten [1, 16]. Ein ZNS-Befall ist besonders problematisch, da er zu progressiven, teils irreversiblen Schäden und trotz intensiver antibiotischer Therapie zum Tod führen kann [16]. Isolierte Organmanfestationen | Nicht in allen Fällen des klassischen M. Whipple zeigt sich klinisch oder histologisch eine gastrointestinalen Beteiligung. Die häufigsten isolierten Organmanifestationen betreffen das ZNS und die Gelenke [1, 2]. An die Möglichkeit eines M. Whipple sollte man bei allen Patienten mittleren Alters denken, die sich mit ungeklärten neurologischen Symptomen oder behandlungsresistenter Rheuma-Faktornegativer Arthritis vorstellen.

Selten Fällen treten isolierte Infektionen auf von

▶▶ Auge,

▶▶ Lunge,

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Übersicht ▶▶ Niere,

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Abb.  3 Immunhistologischer Nachweis des Erregers Tropheryma whipplei auf einer infizierten Aortenklappe.

▶▶ Haut,

▶▶ Lymphknoten oder

▶▶ anderen Organen [2]. Um die Diagnose zu sichern, muss betroffenes Gewebe gewonnen und histologisch, molekularbiologisch und gegebenenfalls immunhistologisch untersucht werden [1, 2].

Die häufigsten extraintestinalen Manifestationen des klassischen Morbus Whipple, die auch isoliert auftreten können, sind Gelenkentzündungen und neurologische Symptome. Letztere können trotz adäquater Therapie voranschreiten und fatal enden.

Methoden kombinieren | Um eine sichere Diagnose zu erzielen, sollte eine Kombination von klassischen und modernen Methoden eingesetzt werden, [1] (▶ Abb. 4). Auch ohne gastrointestinale Symptome fällt die histologische Untersuchung aus dem Dünndarm meist positiv aus: Daher unbedingt Biopsien entnehmen – am besten mehrere, da die Infektion oft herdförmig ist [2].

Makrophagen in der Lamina propria, die große Mengen an Diastase-resistenten PAS-positiven Partikeln enthalten, sind pathognomonisch für den klassischen M. Whipple [4] (▶ Abb.  1). Bei ­Patienten ohne gastrointestinale Manifestation kann in seltenen Fällen die PAS-Färbung von Dünndarmbiopsien negativ ausfallen [1, 2], sodass die Diagnostik auf Proben aus klinisch ­ ­betroffenen Organen erweitert werden sollte (▶ Abb. 4). Die PAS-Färbung kann über viele Jahre hinweg trotz erfolgreicher Therapie positiv bleiben. Das Verschwinden von Makrophagen vom Typ I und das Erscheinen von Makrophagen vom Typ II–IV ist ein Maß für den Erfolg der Therapie [4].

PCR | Im Gegensatz zur PAS-Färbung ermöglicht die PCR den definitiven Erregernachweis durch die Untersuchung von verschiedenen Zielgenen und die Sequenzierung [6, 8, 31]. Sie ist zur Therapiekontrolle besser geeignet, da PAS-positive Zellen bis zu 10 Jahre nach Therapiebeginn nachweisbar sein können [4]. Die PCR hingegen wird im Verlauf der erfolgreichen Therapie sehr viel schneller negativ [14]. Da T. whipplei bei Gesunden und in der Umwelt vorkommt, sollte eine positive PCR mit der Klinik übereinstimmen und histologisch bestätigt werden.

Kultur | Die Kultivierung von T. whipplei ist bisher auf spezialisierte Forschungseinrichtungen beschränkt [22]. Sie wird momentan nicht zur Routinediagnose eingesetzt, da es aufgrund des langsamen Wachstums des Erregers mehrere Monate braucht bis ein Ergebnis vorliegt [22].

Therapie und Verlauf Antibiotikatherapie mit i. v. Induktion | Vor der Einführung der Antibiotikatherapie endete der klassische M. Whipple in der Regel tödlich [3, 19]. Inzwischen wurden zwei prospektive Behandlungsstudien publiziert. ▶▶ Die eine verglich eine 14-tägige Induktionstherapie mit entweder Meropenem oder Cef­ triaxon, gefolgt von einer oralen Erhaltungstherapie mit TMP-SMX für 12 Monate. Beide Therapien waren gleich erfolgreich [13]. ▶▶ In einer zweiten Behandlungsstudie gab es ­keinen Unterschied, ob die Erhaltungstherapie über 12 oder nur 3 Monate lief [14]. Die Strategie einer Induktionstherapie mit gut ­Liquor-gängigen Antibiotika stammt aus der Beobachtung, dass der Einsatz von Antibiotika mit schlechterer Penetration der Blut-Hirnschranke häufig neuronale Rezidive zur Folge hatte [17]. Rein orale Antibiotikatherapie | In vitro erwies sich die Kombination von Doxycyclin und Hydroxychloroquin als wirksam [23]. Es ist inzwischen auch bei der Therapie von Patienten erfolgreich [39]: Doxycyclin (2 × 100 mg / täglich) in Kombination mit Hydroxychloroquin (3 × 200 mg / täglich) ist eine vielversprechende Behandlungsalternative, bei der auf die intravenöse Induktionstherapie verzichtet werden kann. Diese rein orale Therapie wird momentan mit der Kombinationstherapie aus Ceftriaxon und TMP-SMX über 12 Monate in einer prospektiven, randomisierten Behandlungsstudie verglichen (es können noch Patienten Schneider T, Moos V. Tropheryma whipplei...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432

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Diagnostik

Immunhistochemie | Polyklonale spezifische Antikörper haben den immunhistologischen Nachweis von T. whipplei ermöglicht. Er ist sensitiv und kann die PAS-Färbungen ergänzen [7].

Übersicht

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Dr. rer. nat. Verena Moos ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Infektiologie an der Medizinischen Klinik 1 der Charité, Campus Benjamin Franklin [email protected]

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Prof. Dr. Dr. Thomas Schneider ist Leiter der Infektiologie an der Medizinischen Klinik 1 der Charité, Campus Benjamin Franklin [email protected]

Danksagung Diese Arbeit wurde durch den EU Vertrag No. QLG1CT-2002–01049 und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (KFO 104 und SFB 633) unterstützt. Interessenkonflikt Die Autoren haben finanzielle Unterstützung der Deutschen Forschungs- Gemeinschaft KFO 104 und SFB 633 erhalten.

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Abb.  4  Schema für die Diagnostik des klassischen M. Whipple.

aufgenommen werden; Studienleitung durch die Autoren).

Diese Therapie basiert allerdings auf empirischen Erfahrungen, prospektive Studien fehlen.

Die antimikrobielle Behandlung führt in der Regel zu einer raschen klinischen Besserung; viele Patienten erholen sich vollständig.

Schwere Verläufe | Infolge von irreversiblen Gewebeschäden besonders bei ZNS-Befall kann es zu ­Defektheilungen kommen. Bei manchen Patienten mit ZNS-Manifestationen verläuft die Erkrankung trotz effizienter antibiotischer Therapie und Eradikation der Erreger progredient bis hin zum Tod [16].

Komplikationen | Das inflammatorische ImmunRekonstitutionssyndrom (IRIS) ist die häufigste Komplikation – und auch Ursache einer erneuten klinischen Verschlechterung nach Einleiten der antibiotischen Therapie. Besonders gefährdet sind Patienten, die im Vorfeld lange Zeit immunsuppressiv behandelt wurden [15]. Nach zunächst erfolgreicher Behandlung manifestiert sich IRIS meist als erneutes Aufflammen entzündlicher Prozesse wie ▶▶ Fieber, ▶▶ gastrointestinale Probleme bis hin zur Darmperforation, ▶▶ Arthritis oder ▶▶ Orbitopathie sowie selten ▶▶ hypothalamisches Syndrom, ▶▶ Erythema nodosum, ▶▶ Pleuritis, ▶▶ Meningitis oder Hirnabszesse. Neben milden Verläufen kann IRIS auch lebens­ bedrohlich werden.

Konsequenz für Klinik und Praxis ▶▶ Der klassische M. Whipple ist die seltene,

▶▶

▶▶

▶▶

▶▶ ▶▶

DOI 10.1055/s-0041-100846 Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432 © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472

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Zum Zeitpunkt der Manifestation des IRIS kann meist kein replikationsfähiger Erreger mehr nachgewiesen werden [15]. Die meisten Patienten sprechen auf die zusätzliche Therapie mit Kortikosteroiden an (Prednisolon 1,5 mg / kg / Tag) [15].

Schneider T, Moos V. Tropheryma whipplei...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432

chronische Infektion mit T. whipplei. Das breite Spektrum unspezifischer Symptome erschwert seine Diagnose, die oft erst spät gestellt wird. Klassisch erfolgt die Diagnose über eine PAS-Färbung von Biopsien aus dem Duodenum. Auch Gesunde können den Erreger in sich tragen. Es gibt Manifestationen des M. Whipple, bei denen die Diagnose nicht aus dem Duodenum erfolgen kann (z. B. isolierter ZNS-Befall oder isolierte Arthritis). Neuere diagnostische Methoden erleichtern in diesen Fällen die Diagnosestellung. Die T. whipplei-spezifische PCR ist nur für sterile Körperflüssigkeiten und Gewebe zur sicheren Diagnose geeignet (z. B. Liquor, Synovialflüssigkeit, Lymphknoten). Der M. Whipple kann meistens gut mit liquorgängigen Antibiotika behandelt werden. Da die Erkrankung selten ist und die Therapie noch optimiert werden muss, sollten die Patienten in Studien eingeschlossen werden.

Vollständiges Literaturverzeichnis unter http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-100846

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Schneider T, Moos V. Tropheryma whipplei...  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 428–432

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Übersicht

[Tropheryma whipplei: pathogen of Whipple's disease and more].

Within the last years the understanding of infection with Tropheryma whipplei was significantly enhanced by improvement of molecular biology, microbio...
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