Übersicht 9

Behandlung der chronischen funktionellen Obstipation in der Schwangerschaft und Stillperiode

Autoren

K. Gharehbaghi1, D. R. Gharehbaghi2, F. Wierrani2, G. Sliutz2

Institute

1

Schlüsselwörter ▶ chronische funktionelle ● Obstipation ▶ Schwangerschaft ● ▶ Stillzeit ● ▶ Behandlung ●

Zusammenfassung

Abstract

Lösliche und unlösliche pflanzliche Fasern (Füllund Quellmittel), Docusat-Natrium, Mineralöle (Schmier- und Gleitmittel), Makrogol (Polyethylenglykol, PEG), Zucker und Zuckeralkohole (osmotische Laxantien) und Antrachinone und diphenolische Laxantien (stimulierende Laxantien) gehören zu den herkömmlich in der Schwangerschaft und Stillperiode verwendeten Abführmittel. Sie scheinen kein Risiko für Teratogenität aufzuweisen und den Säugling nicht zu gefährden. Die ­Risikoklassifikation der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) für diese Substanzen ist eher durch das Fehlen von Daten als durch eine evidenzbasierte Studienlage beeinflusst und deshalb nicht hilfreich. Alternative ­Ansätze durch das American College of Gast­ro­ enterology’s Committee on FDA related matters (ACG-FDA) und das Motherisk Program sollen die Therapieentscheidung vereinfachen. Für neue Substanzen, wie Chlorid-Kanal-Aktivatoren und Prokinetika liegen keine Daten für Schwangerschaft und Stillzeit vor. Wir empfehlen als Mittel der ersten Wahl in der Schwangerschaft Ma­ krogol und Laktulose, wobei Makrogol Vorteile, wie raschen Wirkeintritt und die wenig ausgeprägte Bildung von Flatulenzen aufweist. Erst bei Versagen dieser Therapie sollen ab dem zweiten Trimenon diphenolische Laxantien, wie Bisacodyl oder Natriumpicosulfat, verwendet werden. In der Schwangerschaft wird die Wahl des Laxans vor allem von seiner Gefahr, Tenesmen und damit Frühgeburtlichkeit auszulösen, bestimmt. Während des Stillens kann, je nach dem klischen Bild der Mutter, unter Makrogol (wegen fehlender Datenlage der Laktulose vorzuziehen), Laktulose, Bisacodyl und Natrium-picosulfat ­gewählt werden.

Natural fibres (bulk-forming agents), docusate sodium (stool-softener), mineral oils (lubricant laxatives), macrogol (polyethylene glycol, PEG), sugars and sugar alcohols (osmotic laxatives) and anthraquinones and diphenolic laxatives (stimulant laxatives) seem to be safe medicaments regarding teratogenicity and lactation. The US Food and Drug Administration (FDA) risk categories for these substances taken during pragnancy and lactation are often the result of the lack of studies than of evidence-based information. So risk categories do not help in the decison-making for the right laxative. Alternative solutions such as proposals of the American College of Gastro­ enterology’s Committee on FDA related matters, (ACG-FDA) and the Motherisk Programme try to improve decision-making. For newer compounds such as chloride-channel-activators and procinetics no data regarding safe use in pregnancy and during breast-feeding are available as yet. We suggest the use of macrogol and lactulose as the first-line therapy in treating chronic constipation during pregnancy. Macrogol shows some advantages, such as faster onset of bowel action and fewer flatulences. If this treatment does not work or starts but then stops working, we recommend in the second and third trimenon a second-line treatment with diphenolic laxatives such as bisacodyl and and sodium picosulfate. During pregnancy the decision on the applica­ tion of these laxatives is largely determined by the side-effects of tenesmus associated with preterm births. During lactation we recommend macrogol (preferable to lactulose due to the lack of data), lactulose, bisacodyl and sodium picosulfate, according to the nature of the conditions.

Key words ▶ chronic functional ● constipation ▶ pregnancy ● ▶ lactation ● ▶ treatment ●

eingereicht 20.01.2015 angenommen 29.4.2015 nach Überarbeitung Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0035-1554626 Z Geburtsh Neonatol 2016; 220: 9–15 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0948-2393 Korrespondenzadresse Prof. Franz Wierrani, Ass. Prof., MD KA Rudolfstiftung Gyn.\Obstet., Vienna A-1030 Vienna Austria Tel.:  + 43/71165/4 782 Fax:  + 43/71165/4 709 [email protected]

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 niedergelassener Facharzt, Vienna, Austria  KA Rudolfstiftung, Gyn./Obstet., Vienna, Austria





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Treatment of Chronic Functional Constipation during Pregnancy and Lactation

Einleitung



Obstipation stellt ein multifaktorielles Geschehen dar. Zumeist besteht eine chronisch funktionelle Obstipation, die durch Stress und Bewegungsmangel sowie ballaststoffarme Ernährung hervorgerufen werden kann. Unter Obstipation leiden ca. 2–27 % der Bevölkerung westlicher Länder, das klinische Bild kann vor allem während der Schwangerschaft an Intensität zunehmen [1]. Selbst bei unauffällig verlaufenden Schwangerschaften leiden ca. 11–38 % aller graviden Frauen unter chronisch funktioneller Obstipation, die oft ihre Lebensqualität während der Schwangerschaft beeinträchtigt und deshalb eine besondere therapeutische Herausforderung darstellt [2]. Aus diesen Zahlen ist, nach Abschätzung der Autoren, der Schluss zu ziehen, dass die funktionelle Obstipation während der Schwangerschaft um ca. 100 % ansteigt, respektive bei vielen Frauen erstmals als schwangerschaftsspezifisches Problem de novo auftritt. Eigenen Zahlen zufolge muss man in fast einem Drittel aller Schwangerschaften mit einem zumindest subjektiv empfundenen Auftreten von Obstipation rechnen. Die gastrointestinale Transitzeit ist während der Schwangerschaft im zweiten und dritten Trimenon üblicherweise verlängert und normalisiert sich postpartal wieder. Es wird angenommen, dass diese Veränderung auf das Uteruswachstum und auf den Einfluss von Progesteron zurückzuführen ist [3]. Die Stillzeit ist deshalb weniger häufig von Obstipationsproblemen betroffen. Fokussiert man lediglich auf die Stuhlfrequenz, werden verschiedene Aspekte der funktionellen Obstipation nicht beschrieben. Im Jahr 2006 wurden deshalb die Rome-III-Kriterien definiert. Sie setzen die funktionelle Obstipation mit verschiedenen Stuhlgangbeschwerden in Verbindung und erleichtern so die Diagnostik: Während mindestens 3 der letzten 6 Monate vor dem Untersuchungszeitpunkt sollte starkes Pressen beim Stuhlgang erforderlich gewesen sein, klumpiger oder harter Stuhl vorgeherrscht haben, oder das Gefühl der inkompletten Entleerung oder einer anorektalen Blockierung aufgetreten sein. Zusätzliche Kriterien stellen manuelle Hilfe zur Stuhlentleerung und weniger als 3 Entleerungen in einer Woche dar. Auch sollte ohne Laxantien kein weicher Stuhlgang zu erreichen gewesen sein [4, 5]. Es ist von Interesse, dass manche Patienten/innen die herkömmlichen Kriterien der Obstipation erfüllen, jedoch wenig Leidensdruck verspüren [6]. Der Umkehrschluss lässt die Aussage zu, dass die Diagnose einer funktionellen Obstipation nach Ausschluss organischer Prozesse und der Induktion durch Pharmaka immer über die Schilderung der Stärke subjektiver Beschwerden entsteht. Vor der Diagnose einer funktionellen Obstipation müssen andere Ursachen, wie das Reizdarmsyndrom [4] und organische Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes sowie Nebenwirkungen von Medikamenten ausgeschlossen werden. Verschiedenste Erkrankungen wie Karzinome, stenosierende Divertikulitis, Analfissuren, Rektumschleimhautprolaps, Rektozele, Hämorrhoiden, multiple Sklerose, Diabetes mellitus, Hypothyreose, depressive Verstimmung, u. a. m. sowie eine Reihe von Medikamenten wie Anticholinergika, Opiate, trizyklische Antidepressiva, Codein, Eisenpräparate, Colestyramin u. a. m. können mit dem Begleitbild der akuten oder chronischen Obstipation einhergehen [7]. Auch Abführmittelabusus führt über einen Wasser-, Kalium- und Natriumverlust zur konsekutiven Darmträgheit [8]. Zur Behandlung einer chronisch funktionellen Obstipation während einer Schwangerschaft und in der Stillzeit existieren zahl-

reiche Therapieoptionen. Durch den Mangel an evidenzbasierten Studien und an therapeutischen Richtlinien wird die Therapieentscheidung für den praktisch tätigen Arzt jedoch erschwert: Bei den meisten der herkömmlichen Laxantien (Füll- und Quellmittel, Gleitmittel, osmotische Laxantien und stimu­lierende Laxantien) spricht die klinische Erfahrung gegen nennenswerte teratogene oder fetotoxische Risiken. Trotzdem sind sie oft mit irreführenden Warnhinweisen versehen, die den Einsatz in der Schwangerschaft zumindest von der Entscheidung des Arztes/ Apothekers abhängig machen oder den Einsatz verbieten. Der Hinweis „in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert“ kann vor schweren kindlichen Schäden warnen und ebenso lediglich bedeuten, dass nur ein Mangel von Studien den Einsatz in Schwangerschaft- und Stillzeit verbietet. Dieses Problem findet sich auch in den Ländern des angelsächsischen Sprachraums, bspw. bei der Risiko-Klassifizierung der nordamerikanischen Food and Drug Administration (FDA) von Medikamenten, die während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit verabreicht ▶  Tab. 1– 3). werden [9–12], ( ● In dieser Überblicksarbeit wird die medikamentöse Therapie der subjektiv belastenden, funktionellen Obstipation in der Schwangerschaft und Stillzeit im Hinblick auf das Sicherheitsprofil für die werdende/stillende Mutter und des noch ungeborenen Kind bzw. Säuglings diskutiert. Das American College of Gastroenterology’s Committee on FDA related matters (ACG-FDA) hat bereits 1985 den Versuch unternommen, die Verordnung von Abführmittel in der Schwangerschaft und Stillzeit durch weitere Unterteilung der Laxantienrisikoklassifikation der FDA zu vereinfachen [13], ●  ▶  Tab. 1– 3. In weiterer Folge hat aber erst das „Motherisk Program“ Expertisen aus Primärliteratur zusammengestellt [12, 14], die es erlauben, in der täglichen Praxis brauchbare Sicherheitsprofile den Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit zuzuordnen.

Laxantien



Der Effekt von Laxantien besteht im Aufweichen eingedickter Faeces und in der Induktion der Defäkation. Prinzipiell lassen sich Laxantien in verschiedene Gruppen einteilen: Füllmittel/ Quellmittel, Gleitmittel, osmotisch aktive Substanzen und stimulierende, antiabsorptiv und sekretagog wirkende Stoffe sowie moderne Laxantien, wie Chlorid-Kanal-Aktivatoren und Pro­ kinetika.

1) Füll- und Quellmittel

Füll- und Quellmittel stellen hydrophile pflanzliche Fasern dar, die nicht resorbiert werden. Sie nehmen Wasser auf, erweichen den Stuhl und erhöhen das Stuhlgewicht. Die Darmpassage wird dadurch beschleunigt. Um Flatulenzen zu vermeiden, soll die Dosissteigerung langsam erfolgen. Bei der verlängerten gastrointestinalen Transitzeit in der Schwangerschaft darf bei funktioneller Obstipation nur mit ­einer mäßigen Erfolgsrate von ca. 20 % gerechnet werden [15, 16]. Der Wirkungseintritt erfolgt zumeist langsam (48–72 Stunden) und es besteht auch ein gewisses Risiko der mechanischen ­Obstruktion durch eine übermäßige Eindickung der Faeces. Für viele Menschen ist der Geschmack dieser Stoffe unangenehm [17]. Es sind lösliche und nicht lösliche Fasern zu unterscheiden. Zu den löslichen Fasern gehören Pektine (z. B. in Obstschalen, ­Gemüse), Agar (Polymer aus Galaktose), Alginate (Polymere aus Mannuron- und Glucuronsäuren, z. B. in Braunalgen vorkom-

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10 Übersicht

Übersicht 11

Laxantien

FDA

Füll- und Quellmittel Schmier- und Gleitmittel

C1/C2 kein Risiko C2 Hinweis auf fehlende Studienlage C2 Risikoabwägung wegen möglicher Elektrolytentgleisung

Osmotische Laxantien

Anti­ absorptiv und sekretagoge Laxantien

Rizinusöl

D

Anthrachinone

C2

Bisacodyl Natruimpicosulfat

B1 B1

ACG-FDA I. Trimenon

Risiko überwiegt den Benefit Risiko überwiegt den Benefit

ACG-FDA II u. III Trimenon kein Risiko Hinweis auf fehlende Studienlage Risikoabwägung wegen möglicher Elektrolyt­ entgleisung, PEG gilt als risikofrei Risiko überwiegt den Benefit Risiko überwiegt den Benefit

Motherisk Program

Bemerkungen

kein Risiko kein Risiko

kein Risiko kein Risiko

Elektrolytentgleisung extrem selten und nur bei salinischen Laxantien, PEG und Laktulose gelten als sicher keine Angaben

PEG und Laktulose gelten als sicher, keine salinischen Laxantien einsetzten!

Risikoabwägung Risikoabwägung

Benefit überwiegt Risiko Benefit überwiegt Risiko keine Angaben keine Angaben

Risiko überwiegt den Benefit

Risiko überwiegt den Benefit (Tenesmen, Frühgeburtlichkeit!) Risiko überwiegt den Benefit, Senna kurzfristig einsetzbar (Tenesmen, Frühgeburtlichkeit!) möglichst kurzfristiger Einsatz, (bei Versagen von PEG und Laktulose, Tenesmen, Frühgeburtlichkeit!)

Tab. 2  FDA–Risiko-Klassifikation: Einteilung von Medikamenten nach fetalen Schädigungsmöglichkeiten [9]. Klasse A Klasse B1 Klasse B2 Klasse C1 Klasse C2 Klasse D Klasse X

Studien sprechen gegen die Möglichkeit einer fetalen Schädigung Studien an Tieren zeigen kein fetales Risiko, adäquate Studien am Menschen fehlen aber Studien an Tieren zeigen ein gewisses fetales Risikopotenzial, adäquate Studien am Menschen bestätigen dies jedoch nicht Studien an Tieren zeigen ein gewisses fetales Risikopotenzial, adäquate Studien am Menschen fehlen Studien an Mensch und Tier fehlen Medikamente weisen ein fetales Risiko für den Menschen auf. Die Medikamente dürfen aber im Notfall, so weniger riskante Medikamente keine Wirkung haben, eingesetzt werden. der Einsatz dieser Medikamente ist in der Schwangerschaft wegen gesichertem fetalen teratogenen Risiko absolut kontraindiziert

Tab. 3  Die Risikobewertung für die Stillzeit beruht basal auf den Vorschlägen des ACG-FDA und des Motherriskprograms. Die „Bemerkungen“ geben die Meinung der Autoren wieder. Laxantien

Stillzeit

Bemerkungen

Füll- und Quellmittel Schmier- und Gleitmittel Osmotische Laxantien

I IV IIIB, (Ausnahme: PEG erlaubt!) IIIB IIIA, IIIB, IV I keine Angaben

kein Risiko keine Anwendung unter Stillen, Übertritt in die Muttermilch! PEG und Laktulose gelten als sicher, keine salinische Laxantien einsetzen!

Anti­absorptiv und sekretagoge Laxantien

Rizinusöl Anthrachinon Bisacodyl Natruim- picosulfat

es liegen keine Daten über den Übertritt in die Muttermilch vor. Risiko überwiegt den Benefit. keine Unterbrechung des Stillens bei Einzeldosen, aber möglichst Umstellung auf PEG oder Laktulose kein Risiko, da kein Übertritt in die Muttermilch kein Risiko, da kein Übertritt in die Muttermilch

Bezüglich Stillzeit: I = kein Übertritt in die Muttermilch, II = Übertritt in die Muttermilch, kein Einfluss auf den Säugling, III = es ist nicht bekannt, ob das Medikament in die Muttermilch übertritt, III A: es werden aber bei Übertritt keine schädlichen Auswirkungen auf den Säugling erwartet, III B: das Medikament wird aus der Muttermilch absorbiert und Stillen ist deshalb nicht empfohlen, IV = Medikament tritt in die Muttermilch über und das Stillen ist wegen potentieller Risiken für den Säugling nicht empfohlen. PEG = Polyethylenglykol

mend), Carrageen (z. B. in Rotalgen), Carubin (Johannisbrotkernmehl), Guar (Guarbohne) und Polyfructosane, z. B. Inulin (Topinambur, Artischocken, Chicorée). Zu den unlöslichen Fasern zählen Cellulose (in allen Pflanzen), unlösliche Hemicellulose (Polymer aus Hexosanen) und Lignin (phenolische Makromoleküle, z. B. in Obstkernen und Getreide). Wie Cellulose ist auch die semisynthetische Methylcellulose im menschlichen Organismus nicht verdaulich, nicht allergen und nicht giftig. Leinsamen enthält sowohl in seiner Vollkornform, als auch ­gemahlen, reichlich lösliche und unlösliche Fasern. Darüber hinaus ist er auch reich an der essentiellen Omega-3-Fettsäure ALA (Aminiolaevulinsäure) [18]. Linustatin und Neolinustatin stellen

im Leinsamen Blausäurevorstufen dar. Allerdings verhindern der geringe Wassergehalt im Leinsamen sowie der saure pHWert im Magen und humane Rhodanasen [19] die Vergiftung bei Aufnahme geringer Mengen. Im Tierversuch zeigt Leinsamen allerdings Hinweise auf die Verursachung von Frühgeburten [20]. Im deutschen und im angelsächsischen Sprachraum erlauben Packungsbeilagen von Fertigarzneimitteln mit Füll- und Quellmitteln die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit. Ausnahmen bilden Leinsamen und Leinsamenöl. Die Einnahme von Leinsamenprodukten in der Schwangerschaft und Stillzeit wird im deutschsprachigen Raum nicht empfohlen, respektive in angelsächsischen Ländern zumindest von der Ent▶  Tab. 1– 3). Cyanogene scheidung des Arztes abhängig gemacht ( ●

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Tab. 1  Empfehlungen zum Laxantiengebrauch in der Schwangerschaft, in Zusammenschau der Vorschläge der FDA-Risiko-Klassifikation [9], des American College of Gastroenterology’s Committee on FDA related matters (ACG-FDA) [13] und des Motherisk Programs [14]. Die „Bemerkungen“ geben die Meinung der Autoren wieder.

12 Übersicht

2) Schmier- und Gleitmittel

Gleitmittel lassen die Faeces durch einen stuhlaufweichenden „Schmiereffekt“ leichter absetzen. Mineralöle und Paraffinum subliquidum werden oral verabreicht und sind nur schwer resorbierbar. Bei langfristiger Anwendung können sie aber Fremdkörpergranulome hervorrufen, sie vermindern auch die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K). Glycerin ist ein Zuckeralkohol und der einfachste 3-wertige ­Alkohol, es ist in allen natürlichen Fetten als Fettsäureester (Triglycerid) vorhanden und wird als Klysma oder in Suppositorien angewendet. Docusat-Natrium (Natriumdioctylsulfosuccinat, Dioctylnatrium­ sulfosuccinat, Sulfobernsteinsäure-bis-2-ethylhexylester, Diethyl­ hexylsodiumsulfosuccinat) ist eine grenzflächenaktive Substanz. Docusat ist, im Gegensatz zur Schweiz und zu Österreich, in Deutschland nur als Klysma verfügbar. Die Wirksamkeit von ­Docusat ist jedoch nicht nachvollziehbar [25–27]. In der FDA-Klassifikation und für das ACG-FDA, überwiegt bei Gleitmitteln aus Mangel an kontrollierten Studien das Risiko den Nutzen und sie sind deshalb in Schwangerschaft nicht zu empfehlen [9, 13]. Im deutschen Sprachraum erlauben den Präparaten beigefügte Medikamenten-Informationen die Anwendung in der Schwangerschaft, oft aber mit der Einschränkung der eindeutigen Notwendigkeit zum Einsatz des jeweiligen Präparates. Im Motherisk Program werden Mineralöle als sehr schlecht ­resorbierbar [14] und ohne schädliche Nebenwirkungen dargestellt [28]. Die verminderte Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen ist vernachlässigbar [29]. Nach verschiedenen prospektiven Anwendungsbeobachtungsstudien darf auch Docusat-Natrium sehr wohl während der ▶  Tab. 1,  2), [14, 24, 30]. Schwangerschaft angewendet werden ( ● Lediglich einmal wird bei chronischem Gebrauch während der Schwangerschaft von einer symptomatischen Hypomagnäsiämie des Neugeborenen berichtet [31]. Gleitmittel treten in die Muttermilch über und deshalb wird ihre ▶  Tab. 3). Anwendung während des Stillens allgemein abgelehnt ( ●

3) Osmotische Laxantien

Osmotisch aktive Substanzen sind in salinische Abführmittel, schlecht resorbierbare Zucker (Laktulose, Lactitol) und Zuckeralkohole (Sorbit, Mannitol) einteilbar. Bei der sehr gut laxativ wirksamen Laktulose wurde zwar im Tierversuch kein teratogenes Risiko nachgewiesen, weil aber unbekannt ist, ob sie die ­Placentaschranke passiert, wird sie im nordamerikanischen Raum von der FDA und dem ACG-FDA nicht empfohlen [9, 13] ▶  Tab. 1,  2). Im Gegensatz hierzu wird im deutschsprachigen ( ● Raum Laktulose traditionell häufig als Laxans erster Wahl während der Schwangerschaft angewendet. Die systemische Bioverfügbarkeit von Laktulose ist gering. In einer Versuchsreihe mit 6 Probanden betrug sie nur einmal 2,8 %, sonst lag sie unter 1 % [32]. Bei salinischen Abführmitteln (Glaubersalz = Natriumsulfat, Bittersalz = Magnesiumsulfat, Natriumhydrogenphosphat) halten die Sulfatanionen respektive Phosphationen eine osmotisch adäquate Flüssigkeitsmenge im Darm zurück und verhindern so das Eindicken der Faeces. Glaubersalz und Bittersalz werden im Darm nur im geringen Umfang resorbiert, wobei aber Bittersalz (Magnesiumsalz der Schwefelsäure) bei zu hoher Dosierung und/oder eingeschränkter Nierenfunktion zur Hypermagnesiämie führen kann (Magnesiumnarkose). Salinische Abführmittel können über diesen Mechanismus auch zu Elektrolytstörungen (Hypernatriämie, Hyperphosphatämie, Hypokaliämie) mit Hypervolämie führen und bei nieren- und herzkranken Patienten ist deshalb Vorsicht geboten. Studien an Mensch und Tier fehlen, sie können deshalb nicht zur Therapie der Obstipation in ▶  Tab. 1,  2). der Schwangerschaft empfohlen werden [9, 14, 17], ( ● Der Nachteil von schlecht resorbierbaren Zucker (Laktulose, Lactitol) und Zuckeralkoholen (Sorbit, Mannitol) sind starke Flatulenzen, die bei der neueren Substanzgruppe der Polyethylenglykole (PEG) nicht mehr auftreten [15]. Osmotische Laxantien auf PEG-Basis stellen auch deshalb brauchbare Abführmittel in der Schwangerschaft dar, weil ihre Wirkung innerhalb Stunden eintritt, über Tage anhält und sich unabhängig von der mikrobiellen Flora des Dickdarms entfaltet. PEG gilt als sicher bezüglich Teratogenität. Die Absorption ist vernachlässigbar [33] und PEG wird nicht metabolisiert. Die tägliche Tagesdosis kann mit einer Mahlzeit eingenommen werden und sie stellt keinerlei zusätzliche Kalorienbelastung dar. Ein Nachteil ist lediglich die salzige Geschmackskomponente von PEG–Präparaten, die zusätzlich Elektrolytmischungen enthalten [17]. Es wird angenommen, dass PEG keine Auswirkungen auf das gestillte Kind hat, weil die systemische Exposition der stillenden Frau gegenüber PEG vernachlässigbar ist, Daten darüber ▶  Tab. 3). liegen jedoch nicht vor ( ● PEG ist darüber hinaus in seiner laxativen Wirkung der Laktulose überlegen [34, 35]. Auch im Motherisk Program werden PEG und sekundär Laktulose als Laxantien während der Schwangerschaft empfohlen [14]. Es liegen keine Daten über den Übertritt von osmotischen Laxantien in die Muttermilch vor und deshalb ist lediglich PEG als Therapie, unter der ohne Einschränkungen ­gestillt werden kann, zu empfehlen.

4) Stimulierende Laxantien: antiabsorptiv und sekretagog wirkende Laxantien

Unter antiabsorptiv und sekretagog wirkenden Laxantien versteht man Stoffe, die die Flüssigkeits- und Elektrolytresorption nicht nur hemmen (antiabsorptive Wirkung), sondern darüber hinaus noch Flüssigkeit und Elektrolyte in das Darmlumen hinein einströmen lassen (sekretagoge Wirkung). Aus dieser Laxan-

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Glykoside (Blausäurevorstufen) werden aber in der Muttermilch bei Leinsameneinnahme nicht erhöht [21]. Weiter soll mit Flohsamenprodukten (Psylium) vorsichtig umgegangen werden, weil bei der Einnahme solcher Präparate ­lebensbedrohliche Allergien beschrieben wurden [22, 23]. Allerdings konnte kein erhöhtes kindliches Fehlbildungsrisiko bei Flohsameneinnahme während der Schwangerschaft festgestellt werden [17, 24]. Zusammenfassend sind Füll- und Quellmittel als faserreiche Balaststoffe die Bestandteile einer ausgewogenen Mischkost (Früchte, Gemüse und Getreide) [15]. Werden aber Füll- und Quellmittel über dieses Maß hinaus in der Schwangerschaft in Form von Nahrungsergänzungsmittel oder sogar in Fertigarzneimitteln als Laxantien verwendet, so zählen sie nach der amerikanischen Food and Drug Administration, (FDA) in der Einteilung von Substanzen nach fetalen Schädigungsmöglichkeiten zu ▶  Tab. 1) und sind deshalb in den FDA-Risiko-Klassen C1 und C2 ( ● der Schwangerschaft nicht als erste Wahl der Medikation zu empfehlen [9]. Nach den Empfehlungen für die Verordnung von Laxantien in Schwangerschaft und Stillperiode des ACG-FDA überwiegt in der Schwangerschaft aber stets der Nutzen das ­potentielle Risiko und in der Stillperiode sind sie ohne Bedenken einsetzbar, weil sie nicht in die Muttermilch gelangen [13]. Das Motherisk Program schließt sich im vollen Umfang dieser Aussage ▶  Tab. 1– 3). an [14], ( ●

Übersicht 13 Laut Motherisk Program sollten alle stimulierenden Laxantien nur gelegentlich und kurzfristig angewendet werden, weil sie bei Überdosierung zur Dehydratisierung und Elektrolytverschiebungen führen können [14]. Während des Stillens gelten unter den antiabsorptiv und sekretagog wirkende Laxantien Bisacodyl und Natriumpicosulfat als brauchbare Abführmittel, weil sie keinen Übertritt in die Mut▶  Abb. 1). Allerdings gibt es weder vonseitermilch zeigen [47] ( ● ten des ACG-FDA noch vom Motheriskprogram definitiven ▶  Tab. 3). Aussagen hierzu ( ●

5) Chlorid-Kanal-Aktivatoren und Prokinetika

Neue Substanzen wie der prosekretorische Chlorid-Kanal-Aktivator Lubiproston, der die Flüssigkeitssekretion in den Darm steigert und somit den Stuhl aufweicht [48] oder der prokinetische, die Darmbewegung fördernde, 5-HT-Agonist Prucaloprid (Serotonin auch 5-Hydroxytryptamin, 5-HT) [49] stellen neue Therapieoptionen dar. Das Peptid Linaclotid induziert intra- und extrazellulär die Produktion von cGMP (cyclisches Guanosinmonophosphat). Damit führt es über eine Aktivierung des CFTR (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulators) zu einer verstärkten Sekretion von Chlorid und Bikarbonat in das Darmlumen. Die Darmpassage wird so beschleunigt [50]. Als neue, noch unzureichend untersuchte Medikamente, sind sie in Schwangerschaft und Stillzeit zu meiden.

Schlussfolgerung



Die Grundzüge der Behandlung der funktionellen Obstipation während der Schwangerschaft und in der Stillzeit beruhen auf den Ergebnissen eines internationalen Expertenmeetings von 2003 [17] und den Empfehlungen der American Gastroenterological Association aus dem Jahr 2006 [4, 5] sowie des modernen Motherisk Programs von 2012 [14]. Einige Autoren haben in Buchbeiträgen dieses Thema bearbeitet und Empfehlungen für ausgewogene Therapien erarbeitet [51, 52]. Die Entwicklung eines Algorithmus kann Therapieentscheidungen vereinfachen ▶  Abb. 1). ( ● Zusammenfassend gilt aber, trotz der bezüglich forensischer Aspekten der Behandlung sehr vorsichtigen Aussagen im Schrifttum, dass alle herkömmlichen Abführmittel, bis auf salinische Laxantien, in den üblichen, therapeutischen Dosen keine maßgeblichen Elektrolytverschiebungen bewirken. Teratogene Effekte am Menschen sind vernachlässigbar, da bei chronischem Laxantiengebrauch in der Schwangerschaft in keiner einzigen Publikation das Hintergrundrisiko von 3 % an Fehlbildungen erhöht wurde. Auch gibt es bislang noch keine Berichte über schädigende Einflüsse auf Säuglinge bei der Anwendung während des ­Stillens. Über die Anwendung von Chlorid-Kanal-Aktivatoren und moderne Prokinetika in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine Daten vor und sie dürfen deshalb nicht verwendet werden. Die Datenlage für Allgemeinempfehlungen, wie Steigerung der täglichen Flüssigkeitszufuhr und der körperlichen Aktivität zur Behandlung der funktionellen Obstipation ist sehr dürftig, für eine Normalisierung der Darmfunktion wird zusammen mit adäquater Flüssigkeitszufuhr eine ausgewogene Mischkost empfohlen. Es sollen so täglich 20–35 g Ballaststoffe in Form von Fasern aus Früchten, Gemüse und Getreide zugeführt werden. Ein Übermaß an Ballaststoffen birgt allerdings auch die Gefahren

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tiengruppe weisen Diphenylmethane als auch Anthrachinone zusätzlich eine direkte prokinetische Wirkung (dualer Wirk­ mechanismus) auf [36–38]. Die pflanzliche Substanz Rizinusöl besteht aus verschiedenen Triglyceriden. Für die Wirkung wird die freie Ricinolsäure verantwortlich gemacht, die durch Lipasen der Bauchspeicheldrüse im Dünndarm freigesetzt wird. Die cholagoge Wirkung der Ricinolsäure bewirkt zudem eine verstärkte Dünndarmperistaltik. Rizinusöl wird auch in der Geburtshilfe verabreicht, um Wehen zu induzieren und es wird ihm deshalb ein sehr hohes Risikopotenzial in der Schwangerschaft zugesprochen (FDA-Risikoklasse D, Medikamente dieser Klasse weisen ein fetales Risiko für den ▶  Tab. 1,  2) Eine Resorption findet aber nur Menschen auf) [39], ( ● im geringen Umfang statt [40]. Anthrachinonderivate sind ebenfalls Wirkstoffe pflanzlicher Abführmittel (Rhabarberwurzel, Faulbaumrinde, Kap-Aloe, Sennesblätter, und Kreuzdornbeeren) und werden resorbiert. In den Pflanzen liegen sie als Glykoside vor, die im Darm gespalten werden. Die Aglykone (Emodine) werden dann im Dickdarm mikrobiell zu den eigentlich wirksamen Stoffen (Anthranolen und Anthrone) reduziert. Von manchen Anthrachinonpräparaten wird abgeraten, weil sie mit fetalen Fehlbildungen in Zusammenhang gebracht werden. Sennesblätterpräparate sind im deutschen Sprachraum davon ausgenommen. Im Gegensatz dazu raten im angelsächsischen Sprachraum die FDA, das ACG-FDA und das Motherisk Program, wegen möglicher Tenesmen, die zur Frühgeburtlichkeit führen können, zur Vorsicht [9, 13, 14]. Senna scheint aber keine Fehlbildungen hervorzurufen [41] und weist eine geringe systemische Bioverfügbarkeit von unter 5 % auf [42]. Vom Stillen wird laut ACG-FDA und Motherisk-Program abgeraten, weil Senna aus der Muttermilch aufgenommen wird [9, 13]. Allerdings werden Sennoside in realiter nur in geringsten Spuren in der Muttermilch gefunden [43]. Rhein, ein laxativ aktiver Metabolit der Sennosoide, konnte bei üblicher Laxansdosierung in der Muttermilch lediglich in einer Menge von weniger als 1em ‰ der oral aufgenommenen Dosis wiedergefunden werden und die Stuhlkonsistenz der Säuglinge zeigte sich stets als ­unauffällig [44]. Unter dem Begriff „Diphenolische Laxantien“ werden die beiden chemischen Substanzen Bisacodyl und Natriumpicosulfat zusammengefasst. Sie stellen mit Aromaten substituierte Methanverbindungen dar, wobei die Aromate phenolische OH-Gruppen tragen. Laxativ wirksam sind die freien Diphenole. Bisacodyl ist als Tablettenform nur dragiert im Handel, es wird deshalb im Dünndarm nicht resorbiert und ein enterohepatischen Kreislauf wird so verhindert. Natriumpicosulfat wird nur in geringen Mengen resorbiert und gelangt damit unter Umgehung des entero­hepatischen Kreislauf in den Dickdarm. Bisacodyl und Natriumpicosulfat haben bei gelegentlichen Gebrauch im II. Trimenon keine schädliche Wirkung gezeigt, obwohl Studien beim Menschen fehlen, weisen Ergebnisse von Studien an Tieren auf fehlende Teratogenität hin [9, 13, 14] ▶  Tab. 1). ( ● Über das gebräuchliche Bisacodyl liegen pharmakokinetische Studien vor. Die systemische Bioverfügbarkeit liegt unter 5 % [45, 46]. Zusammenfassend können Diphenylmethane aber starke Tenesmen verursachen und stellen deshalb in der Schwangerschaft, und dann erst ab dem II. Trimenon, eine gelegentliche und nur kurzfristig anwendbare Therapieoptionen zu den osmotischen ▶  Abb. 1). Laxantien PEG und Laktulose dar [9, 13], ( ●

14 Übersicht

Primärintervention:

Abb. 1  Obstipation in der Schwangerschaft und Stillzeit, Behandlungsalgorithmus. Während der Schwangerschaft führt die Gefahr möglicher Tenesmen und der damit verbundenen Frühgeburtlichkeit (Bisacodyl, Natriumpicosulfat) zu dem Algorithmus. In der Stillperiode ergibt lediglich das klinische Bild der Mutter die Wahl des Laxans.

(1) Ernährungsberatung: faserreiche Kost, Flüssigkeitszufuhr, (2) körperliche Bewegung

Sekundärintervention:

Laxantien als Arznei-

SCHWANGER-

STILLPERIODE:

SCHAFT: Erste Wahl: PEG, Laktulose

PEG (PEG der Laktulose vorziehen)

Zweite Wahl (erst

Laktulose ,

ab II. Trimenon!):

Bisacodyl, Natriumpicosulfat

Bisacodyl, Natriumpicosulfat bei Befundverschlechterung: gastroenterologische Abklärung!

von Tenesmen und Meteorismus in sich [15]. Bifidobacterium animalis (in probiotischen Joghurts) verkürzt die Kolontransitzeit, dieser Effekt ist bei Frauen ausgeprägter als bei Männern [15, 53]. Eine Wirksamkeit von Probiotika bei der Behandlung der Obstipation wurde allerdings nie nachgewiesen. Manche Autoren bezweifeln allerdings, dass ungenügende Flüssigkeits- und Faseraufnahme sowie Mangel an körperlicher Bewegung Gründe für die Entwicklung einer funktionellen Obstipation darstellen [54]. Darüber hinausgehend wird vielen Getränken (z. B. schwarzen Tee) und Lebensmitteln (z. B. Schokolade) eine die Obstipation begünstigende Wirkung nachgesagt. Diese Wahrnehmung wird aber offensichtlich individuell und subjektiv empfunden [55], Studien hierzu liegen in der Literatur bislang keine vor. Bei der Anwendung von Laxantien während Schwangerschaft und Stillzeit sollen osmotische Substanzen auf Polyethylenglykolbasis (PEG) bevorzugt werden. Für den derzeitig primär bevorzugten Einsatz von Laktulose vor PEG fehlt zurzeit jegliche evidenzbasierte Studie, die diese Therapie untermauern würde. In der Stillzeit soll, wegen fehlender Datenlage, PEG der Laktulose unbedingt vorgezogen werden. Erst bei Versagen der Therapie mit PEG (und in weiterer Folge Laktulose), soll ein Wechsel auf stimulierende, antiabsorptiv und sekretagog wirkende Laxantien aus der Gruppe der „Diphenolische Laxantien“ (Bisacodyl, Natriumpicosulfat) angestrebt werden. Nach den Empfehlungen von Schaefer können Bisacodyl und Natriumpicosulfat während der gesamten Schwangerschaft eingenommen werden [51] und ihre biologischen Anteile treten nicht in die Muttermilch über [47]. Das Stillen ist deshalb unter

der Therapie mit Bisacodyl und Natriumpicosulfat erlaubt ▶  Tab. 3). ( ● Das subjektive Wohlbefinden der schwangeren Frau ist Ziel der Behandlung von Obstipation und soll bis zur Symptomfreiheit fortgesetzt werden.

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Übersicht 15

[Treatment of Chronic Functional Constipation during Pregnancy and Lactation].

Natural fibres (bulk-forming agents), docusate sodium (stool-softener), mineral oils (lubricant laxatives), macrogol (polyethylene glycol, PEG), sugar...
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