Originalarbeit Gynäkol Geburtsh Rundsch 1992;32:145-150

Universitäts-Frauenklinik. Würzburg. BRD

Thyroidale Regulationswege und ihr Einfluss auf die humane Lutealfunktion

Schlüsselwörter

Zusammenfassung

Schilddrüse Lutealfunktion Gonadotropine Steroide Prolaktin TSH

Zwischen der Schilddrüsen- und der Ovarialfunktion bestehen Interferenzen, weswegen sich Funktionstörungen der Schilddrüse auf das Zyklusgeschehen auswirken können. Bislang, sind Interferenzen in drei Bereichen bekannt: bei der Sekretion von Gonadotropin-releasingllormon (GnRH) bzw. von Follikel stimulierendes Hormon (FSH) und vor allem luteinisie­ rendes Hormon (LH), des peripheren Steroidmetabolismus (Androgene. Östrogene und sexualhormonbindcndcs Globulin (SHBG)) und des Prolaktinmetabolismus. Eigene Untersu­ chungen an humanen Lutealzellen zeigen, dass daneben auch eine direkte Wirkung des thyroidalen Regelkreises auf das Zyklusgeschchcn. d.h. die Lutealphase, besteht: Thyroidca sti­ mulierendes Hormon (TSH) - nicht jedoch TSH releasing Hormon (TRH) oder Tj oderT awirkt luteotrop und erreicht etwa einen Fünftel der biologischen Aktivität von humanes Cho­ riongonadotropin (hCG). Diese Art des direkten Einflusses spielt vermutlich bei der Patho­ physiologie der Hypothyreose eine wesentliche Rolle.

Key Words

Thyroid Regulation and Its Impact on Luteal Function in Humans

Thyroid gland Luteal function Gonadotropins Steroids Prolactin TSH

There are interferences between function of the thyroid gland and the ovary. Thus, thyroid disorders may influence the ovarian cylce. Up to now interferences in three main areas are described: the secretion of GnRH, i.e. FSH and. above all, LH. the peripheral metabolism of steroids (androgens, estrogens, and SHBG). and metabolism of prolactin. By employing human luteal cells, we were able to demonstrate that there is also a direct impact of thyroid regulation on luteal function: TSH. but not TRH or Tj or T4. possesses a luteotropic activity and reaches one fifth of the biological activity of hCG. This kind or direct influence may play an important role in the pathophysiology in patients with hypothyroidism.

La régulation thyroïdienne et son importance pour la fonction tutéale Il existe une relation entre la fonction thyroïdienne et la fonction ovarienne. C’est pourquoi les dysfonctionnements thyroïdiens sont susceptibles de perturber le cycle ovarien. Trois interférences sont actuellement connues: la secrétion deGnRH. c’est-à-dire de FSH et de LH. le métabolisme stéroïdien périphérique (androgènes, œstrogènes et SHGB) et le métabolisme de la prolactine. Nos travaux sur les cellules lutéales humaines ont montré, qu’à côté de ces perturbations, la régulation thyroïdienne exerce une influence directe sur le cycle ovarien, ou plus précisément sur la phase lutéale: la TSH, mais pas la TRH. la T 3 ou la T4, a un effet lutéotrope et atteint environ un cinquième de l'activité biologique de la hCG. Cette influence directe joue sans doute un rôle majeur dans la pathophysiologie de l’hypothyréose.

Probevorlesung ais Abschluss des Habilitationsverfahrens am 16. Dezember 1991. Die experimentellen Daten sind Teil von Untersuchungen, die von Dr. rer. nat. Manfred Schleyer, ebenfalls UniversitätsFrauenklinik Würzburg, und mir durchgeführt wurden. Die Ergebnisse werden als gemeinsame Original­ arbeit in Bälde publiziert.

Eingegangen: 10. März 1992 Angenommen: 21. April 1992

PD Dr. W. Würfel Universitätsfrauenklinik und Hebammenschule Josef-Schneider-Strasse 4. D-W-8700 Würzburg (BRD)

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W. Würfel

Interferenz zwischen thyroidaler und ovarieller Regulation auf zentraler Ebene

TSH ist ein hypophysäres Glykoprotein mit einem Molekulargewicht von 28000 Dalton. Es besteht aus einer a- und einer ß-Kette. Die a-Kette ist mit derjenigen von FSH. LH und hCG identisch [2] und soll für die Aktivie­ rung der Adenylatzyklase verantwortlich sein [3]; bezüg­ lich der ß-Ketlen besteht eine relativ stark ausgeprägte Homologie. Die hypophysäre TSH-Synlhese steht über die Portal­ zirkulation vor allem unter der stimulierenden Wirkung des hypothalamischen Tripeptides TRH. Hemmende Einflüsse entfalten der Neurotransmitter Dopamin und der phsyiologische GH-Antagonist Somatostatin [4]. frei­ lich ist die inhibitorische Wirkung beider Substanzen deutlich schwächer als der Stimulationseffekt des TRH, und dies trotz seiner geringen Serumhalbwertszeit von etwa 1 min [5], Östrogene wie auch Testosteron scheinen dabei einen modulierenden Einfluss auf die hypothalamisch-hypophysäre Achse zu besitzen: Mit zunehmenden Plasmakonzentrationen nimmt die TSH-Ausschüttung auf TRH-Stimulation hin zu. TRH ist auch ein potenter Stimulator der hypophy­ sären Prolaktinsekretion [6], und zwar innerhalb seiner üblichen portalen Plasmakonzentrationen (200-500 pg/ml). Dieser Effekt wird allerdings auf hypophysärer Ebene durch Thyroxin [7] und auch durch Glukokorti­ koide [8] vermindert. Weitere Stimulatoren der Prolak­ tinsekretion sind unter anderen: vasoaktive intestinale Peptide (VIP) [9], Angiotensin-II [10], Serotonin [11], Histmain [12] und Endorphine [13]. Dennoch steht bei der Regulation der Prolaktinsekretion die Inhibition im Vordergrund: Das über das tuberoinfundibuläre Neurone sezernierte Dopamin (TIDA) ist der wesentlichste Prolaktininhibitionsfaktor(PlF) [14], Östrogene steigern sowohl Synthese als auch Freisetzung von hypophysärem Prolak­ tin [ 15], vermutlich über eine Induktion von TRH-Rezeptoren [16]; auch beschrieben ist ein antidopaminerger Effekt von Östrogenen [ 17], Thyroxin [ 18], Dopamin [ 19] und Endorphine [20] sind potente Modulatoren des hypo­ thalamischen GnRH-Pulsgebers. Da es im Falle einer Hyperprolaktinämie über positive zentrale Rückkoppe­

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lung zu einer Steigerung des Dopaminumsatzes und des Opiattonus kommt, wird deshalb nicht nur die TSHSekretion gehemmt, es kommt auch zu einer Abnahme der LH-Sekretion. und zwar Amplitude und Frequenz betreffend [21], Hauptsekretionsprodukte der Schilddrüse sind T3 und T4. Über negative Rückkoppelung hemmen sie sowohl die hypothalamische TRH-Synthese als auch die hypophy­ säre TSEl-Synthese [22], möglicherweise auch die FSHund LH-Sekretion («Hormonal-overlap»-Syndrom). Ein ähnliches Feedback von TSH auf die TRH-Sckrction ist bislang nicht nachgewiesen worden [23].

Periphere Interferenze zwischen thyroidaler und ovarieller Regulation

Obwohl T4 das Hauptsyntheseprodukt der Schilddrüse darstellt, zeichnet T 3 für den Hauptteil der metabolischen Effekte verantwortlich. Zu erklären ist dies durch meh­ rere Umstände, so z.B. durch die zytoplasmatische Kon­ version von T4 zu T3, die um etwa den Faktor 10 höhere Bindungsaffinität des nukleären Thyroidhormonrezeptors bezüglich T3 sowie - umgekehrt - die deutlich stär­ kere Bindung von T4 an die schilddrüsenhormonbin­ denden Proteine [18. 22]. Diese sind das thyroxinbin­ dende Globulin (TBG: Molekulargewicht 57000 Dalton: bindet etwa 75-80%), das thyroxinbindende Präalbumin (TBPA) und Albumin [24], Syntheseort des TBG ist die Leber. Östrogene und vor allem Thyroxin führen zu einer erhöhten Syntheserate von TBG. wie übrigens auch des SHBG (sexualhormon­ bindenden Globulins) [25], Erhöhte SHBG-Konzcntrationen führen in der Prämenopause zu einem Anstieg des Gesamtöstradiols und des freien Östradiols im Serum. Zu berücksichtigen ist dabei, dass nur etwa 40% des Östra­ diols an SHBG gebunden sind, der Rest bindet an Albu­ min (etwa 2-3% sind frei) [26], Damit hat Östradiol eine deutlich geringere Bindungsaffinität für SHBG als Testo­ steron. das dadurch aber auch eine grössere Abhängigkeit von den zirkulierenden SHBG-Konzentrationen besitzt. Hinzuweisen ist noch darauf, dass Östrogene auch aus der peripheren Konversion von Androstendion stammen können, ein Schritt, der durch Schilddrüsenhormone ge­ fördert wird [18]. Über die Gesamtheit dieser Verände­ rungen des peripheren Steroidmetabolismus ist eine Beeinflussung der Gonadotropinsekretion gut vorstell­ bar. Die dargestellten Regulationswege und endokrinen In­ terferenzen stellen die Grundlage für das derzeitige Ver­ ständnis thyroidaler Funktionsstörungen und ihres Ein­ flusses auf das Zyklusgeschchen dar.

Schilddrüse und Lutealfunktion

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Funktionsstörungen der Schilddrüse werden in der Sterilitätsprechstunde relativ häufig beobachtet: So va­ riieren die Angaben in der Literatur bezüglich der Inzi­ denz der Hypothyreose zwischen 29.7 und 12.1% [1], Eine Interferenz zwischen thyroidaler und ovarieller Re­ gulation besteht zum einen auf hypothalamischer/hypophysärer Ebene und zum anderen im peripheren Schild­ drüsenhormon- und Steroidmetabolismus. Hierauf soll zunächst eingegangen werden.

Im Erwachsenenalter beobachtet man neben einer TSH-Erhöhung oft auch erhöhte Prolaktinkonzentrationcn. die Inzidenz einer Galaktorrhö liegt etwa bei 4% [27]. Erhöhte Prolaktinkonzentrationen ziehen eine Stei­ gerung des zentralen Dopaminumsatzes und Endorphintonus nach sich, eine Störung der pulsatilen GnRH-Freisetzung ist die Folge [21]. Nicht ganz auszuschliessen ist auch, dass es im Sinne des erwähnten «Hormonal-ovcrlap»-Syndroms parallel zu der erhöhten Ausschüttung von TSH auch zu einer solchen von FSH und vor allem LH kommt. In der Peripherie kommt es zu einer Abnahme des SHBG [28]. Dies hat zur Folge, dass die metabolische Clearance-Rate (MCR) zunimmt, insbesondere die des Testosterons. Da sich die MCR des Androstendions nicht ändert, beschleunigt sich seine Konversion zu Testoste­ ron. das anschliessend vermehrt zu Östradiol umgewan­ delt wird [29. 30]. Dessen weiterer Metabolismus ist bei Hypothyreose ebenfalls verändert, und zwar zugunsten der 16-Hydroxylation mit einem Anstieg von Östriol an­ stelle der üblichen 2-Hydroxy-Östradiol-Katecholöstrogene [31]. Dieser «relative» periphere Östrogenmangel führt zusammen mit der Verminderung der Schilddrüsen­ hormone zu einer weiteren Abnahme der SHBG-Synthese [30], die begleitende Hyperandrogenämie führt unter an­ derem zu Follikelreifungsstörungen und erklärt den gele­ gentlich beobachteten Hirsutismus. Auch eine direkte Wirkung von Prolaktin auf das Ovar und den reifenden Follikel darf angenommen werden: So finden sich z.B. in kleinen Follikeln 5- bis 6mal höhere Prolaktinkonzentrationen als im Serum, in reifen Folli­ keln sind sie niedriger [32]. Unabhängig vom genauen Wirkmechanismus fördert die Hyperprolaktinämie zwei­ fellos die Follikelreifungsstörungen und die sich hieraus ergebenden Lutealphasendefekte.

Hyperthyreose

Patientinnen mit hyperthyreoten Zyklusstörungen haben häufig erhöhte Gonadotropinkonzentrationen ins­ besondere das LH ist durchgehend im Vergleich zu euthy­ reoten Frauen auf das 2- bis 3fache angestiegen [33], die mittzyklischen Gonadotropinanstiege sind flacher [22], im GnRH-Test besteht oft eine überschiessende Reaktion [34, und eigene Beobachtungen], Entscheidend ist jedoch der Anstieg der SHBG-Konzentrationen auf etwa das 2- bis 3fache im Vergleich zu Euthyreoten [35], Damit steigen das Gesamtöstradiol so­ wie das Gesamttestosteron an, die MCR beider ist ver­ mindert. Hiervon ist jedoch Testosteron aufgrund der höheren Bindungsaffinität mehr betroffen als Östradiol

[36]. Dies führt letztlich zu einer vermehrten Konversion von Testosteron zu Androstendion und weiter zu Östra­ diol und vor allem Östron [37], Hierdurch erklärt sich, das trotz des Anstiegs des Gesamtestosterons bei Patien­ tinnen mit Hyperthyreose keine Virilisierungserschei­ nungen beobachtet werden [33]. Anders als bei der Hypo­ thyreose ist die Aktivität der 2-Hydroxylase gesteigert, ein vermehrter Anfall von Katecholöstrogenen. 2-HydroxyÖstron und 2-Hydroxy-Östradiol ist die Folge [31. 38], Diese zusätzliche Zunahme von Östrogenmetaboliten lässt die SHBG-Konzentrationen weiter ansteigen: zu­ sammen mit dem Abfall der Androgene zeichnen sie für die oft beobachtete weiche Haut und das feine Haar bei hyperthyreoten Patientinnen verantwortlich [39], Generell führen die chronisch erhöhten Gesamtöstro­ genkonzentrationen zusammen mit einer oft registrierten Erniedrigung des freien Östradiols zu einer insuffizienten Feedbackregulation des Hypothalamus und des Hypo­ physenvorderlappens [33], Dies hat die eingangs er­ wähnten erhöhten Gonadotropinkonzentrationen zur Folge. Ein Anstieg vor allem des basalen LH mit einer Abflachung des mittzyklischen LH-Anstiegs führt häufig zur Ausbildung eines Syndroms polyzystischer Ovarien mit Follikelreifungsstörungen und gegebenenfalls Anovu­ lation. Fasst man diese Darstellungen zusammen, so beruhen die Störungen der humanen Follikelreifung durch thyroidale Störungen im wesentlichen auf - einer inadäquaten Sekretion der hypophysären Go­ nadotropine FSH und LH; - einer Störung des peripheren Steroidmetabolismus; - begleitenden Veränderungen des Prolaktinmetabo­ lismus. Dies bedeutet, dass Schilddrüsenfunktionsstörungen dem Follikel und dem Corpus luteum stets indirekt ver­ mittelt werden. Unter diesem Gesichtspunkt erhebt sich die Frage, ob es daneben nicht auch direkte Interaktionen gibt. Wie schon erwähnt, besitzt TSH eine sehr grosse Ähn­ lichkeit mit LH/hCG und FSH. Diese Ähnlichkeit hat unter anderem zur Folge, dass hCG eine gewisse Affinität für den thyroidalen TSH-Rezeptor besitzt [40], Obwohl 1 IE hCG nur etwa die stimulierende Wirkung von 0,1 bis 0.5 pIE TSH erreicht [41], zeichnet dieser Umstand für die physiologische Hyperthyreose in der Schwangerschaft verantwortlich [40]. Es lag deshalb nahe, der Frage nach­ zugehen, ob TSH umgekehrt auch an den LH/hCGRezeptor binden kann und somit auf direktem Weg in der Lage ist, das Zyklusgeschehen zu beeinflussen.

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Hypothyreose

Untersuchungen zum direkten Einfluss thyroidaler Hormone auf die Lutealfunktion Grundlage unserer ln-vitro-Untersuchungcn waren humane Lutcalzellen. die im Rahmen von Follikelpunktionen anficlen. Verwen­ det wurden dabei nur diejenigen Zellen, die gonadotropinstimu­ lierten Zyklen entstammten. Alle gewonnenen Lutealzellen wurden wie an anderer Stelle ausführlich beschrieben [42] - gereinigt und in Zellkultur gebracht: für den 10%igen Proteinanteil, der zum «Platen» erforderlich ist. wurde bovines Serumalbumin (BSA) verwen­ det. Am Ende der individuell verschiedenen Kulturzeiten erfolgten ein Abziehen des Überstandes und eine zweimalige Zentrifugation zur Entfernung eventueller Zellverunreinigungen. Die jeweiligen Hormonanalysen (RIA oder ELISA) erfolgten aus dem letztlichen Überstand. Das Zellpellet watrde nach der MTT(Methylthiazoltctrazoliumbromidj-Methode [43] angefärbt. Das photometrisch bestimmte dunkelblaue Formazan. das aus der Reaktion des Tcrazoliumrings mit mitochondrialen Dehydrogenasen entsteht, ist dabei ein guter Parameter für die Zahl vitaler Zellen pro Ansatz. Alle hier gemachten Angaben beziehen sich daher auf jeweils 100000 vitale Zellen, alle Ergebnisse repräsentieren den Mittelw-ert aus Triplikaten.

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In Abbildung 1 ist eine typische Titrationskurve für humanes (h) TSH wiedergegeben. Es zeigt sich, dass hTSH eine deutliche luteotrope Wirkung besitzt. Dabei stimmen die Konzentrationen, die hier als besonders wirksam ermittelt wurden, mit den bekannten Serumkon­ zentrationen bei Hypothyreose gut überein. Da in allen Versuchen BSA als Proteinanteil verwendet wurde, schei­ det ein akzidenteller Effekt, z.B. durch Gonadotropine bei der Verwendung humanen Serums, aus. Durch die Be­ stimmung der Zahl vitaler Zellen nach der MTT-Methode sind diesbezüglich Varianzen zwischen verschiedenen Ansätzen ebenfalls auszuschliessen. Vergleicht man die luteotrope Potenz von hTSH mit der von hCG, so ent­ spricht 1 IE hTSH ungefähr 0.02 IE hCG (Ergebnisse nicht dargestellt). Auf der Grundlage dieser Resultate war es nun interessant, ob für die anderen Faktoren der thyroidalen Regulation (T3, T4. TRH) ebenfalls ein direkter Einfluss auf die Lutealzellen nachzuweisen ist. Diese Ergebnisse sind in den Abbildungen 2 und 3 dargestellt. Hierbei zeigt sich, dass weder die Schilddrüsenhormone T3 und T4 noch TRH eine nennenswerte luteotrope Wir-

Schilddrüse und Lutealfunktion

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Abb. 1. Titrationskurve eines typischen Experiments. Die Kon­ zentrationen von (humanem) TSH sind logarithmisch dargestellt und betrugen 0. 0.2,0.7. 2. 8. 31. 125. 500 mIE/ml. Die Kulturdauer dieses Experiments belief sich auf 7 X 24 h. Abb. 2. Zeitverlaufskurve für ein typisches Experiment mit T? und T4. E s zeigt sich, dass die Kultur durch hCG gut stimuliert wer­ den kann, jedoch nicht durch T 3 und T4. Die Resultate bestätigen zudem die Ergebnisse anderer Autoren und auch eigene, wonach die Stimulierbarkeit der Lutealzcllen erst nach etwa 3-4 Tagen nach dem LH-Anstieg (der hCG-Gabe) beginnt und dann zunimmt. Aus diesem Grund wurden - wie in Abb. 1 - meist sehr lange Kulturzei­ ten gewählt. Abb. 3. Das Experiment entspricht dem in Abb. 2. Es zeigt, dass TRH keinen Einfluss auf die Progesteronsekretion humaner Luteal­ zellen besitzt.

kung besitzen. Diese Feststellung gilt auch für ultrahohe Dosen, die Ergebnisse der entsprechenden Versuche sind hier nicht dargestellt. Da das verwendete Zellmaterial der ln-vitro-Kulturen. also die Lutealzcllen. auch in vivo das Substrat des Cor­ pus lutcums darstellen, ist von einer schlüssigen Über­ tragbarkeit der Jn-vitro-Ergebnisse auf die Verhältnisse in vivo auszugehen. Es dürfte deshalb wenig Zweifel an der Wertigkeit der ermittelten Resultate geben. Demnach kommt den zirkulierenden TSH-Konzentrationen offenbar eine nicht unwesentliche Bedeutung in der Regulation der Lutealphase zu. nicht jedoch T3 oder T 4 , und auch nicht TRH. was aufgrund seiner Natur als Neuropeptid auch nicht zu erwarten war. Was die Ver­ hältnisse in der Follikelphase anbelangt, so lassen die Resultate nur Vermutungen zu. Es ist jedoch naheliegend, dass TSF1 auch hier ähnliche Effekte wie hCG oder LH zeigt, und das hiesse Follikelreifungsstörungen bei hohen Serumkonzentrationen. Es ist durchaus denkbar, dass sich hier ein neuer Erklärungsansatz für die häufig zu be­ obachtenden Anovulationen bei hypothyreoten Patien­ tinnen bietet. Unklar ist noch, ob TSH an den LH/hCG-Rezeptor bindet oder ob in den Lutealzcllen ein eigener TSHRezeptor existiert. Die Abklärung dieser Frage ist Gegen­ stand gegenwärtiger Untersuchungen.

Schlussbetrachtung

Berührungspunkte zwischen der Schilddrüsen- und der Ovarialfunktion existieren auf mehreren Ebenen. Hier ist zunächst die zentrale Ebene mit einer direkten Beeinflus­ sung des GnRH-Pulsgcncrators und der LH-/FSH-Frcisetzung zu nennen. In Verbindung hiermit stehen Stö­ rungen des Prolaktinmctabolismus, die ihrerseits das ovarielle Geschehen indirekt und wohl auch direkt mit­ steuern. ln der Peripherie spielen der Steroidmetabolis­ mus. und hier besonders die Balance zwischen Andro­ genen und Östrogenen, die wesentliche Rolle. Ein zen­ traler Punkt der Regulation sind hierbei die Trägerpro­ teine, vorallem das SHBG. Ihre Synthese ist sowohl von Thyroidea- als auch von Steroidhormonen abhängig, ihre absoluten Serumkonzentrationen steuern namhaft die metabolische Clearanccrate der Steroide und somit ihre Wirkung. Dies wiederum führt auch zu zentralen Rück­ koppelungsreaktionen. Von einem vierten Regulations­ weg muss aufgrund der vorliegenden experimentellen Daten bezüglich des TSH ausgegangen werden: Es ist luteotrop und wirkt somit direkt auf den ovariellen Regel­ kreis.

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Schilddrüse und Lutealfunktion

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[Thyroid regulation pathways and its effect on human luteal function].

There are interferences between function of the thyroid gland and the ovary. Thus, thyroid disorders may influence the ovarian cycle. Up to now interf...
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