Leitthema Urologe 2015 · 54:484–490 DOI 10.1007/s00120-015-3773-8 Online publiziert: 19. März 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

P.J. Olbert1 · C.H. Ohlmann2 · C. Schwentner3 1 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Prostatakarzinomzentrum im Comprehensive Cancer

Center Marburg, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg 2 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg 3 Universitätsklinik für Urologie, Eberhard Karls Universität Tübingen

Therapie des nicht-  muskelinvasiven Low-gradeHarnblasenkarzinoms

Das Harnblasenkarzinom ist der häufigste maligne Tumor der ableitenden Harnwege und liegt in Deutschland mit einer für 2014 prognostizierten Neuerkrankungsrate von 11.900 bzw. 4500 pro Jahr beim Mann an Platz 4 der Krebsstatistik und bei der Frau an Platz 14. Die altersstandardisierte Mortalitätsrate in 2010 betrug 7,8/100.000 Einwohner/Jahr, auch hierbei sind etwa drei Viertel der Betroffenen Männer. Zu beachten ist bei diesen Zahlen allerdings, dass in der entitätsübergreifenden Krebsstatistik des Robert-Koch-Instituts primär nur Tumoren gezählt werden, die mit dem ICD10-Code C67 kodiert wurden, nicht jedoch pTa- und pTis-Befunde, falls sie unter den ICD10-Codes D41.4 oder D09 erfasst wurden. Die tatsächliche Neuerkrankungsrate liegt also beträchtlich höher (. Tab. 1. [1]). Tumoren, die auf die Schleimhaut begrenzt sind (Ta + CIS) oder das submuköse Gewebe infiltrieren (T1), werden in der Gruppe der nicht-muskelinvasiven Tumoren zusammengefasst („non muscle invasive bladder cancer“, NMIBC). Aufgrund geringer Progressionsraten und langer Überlebenszeiten ist die Prävalenz von Tumoren in diesen niedrigen Stadien hoch. Durch Zunahme der Erkrankungshäufigkeit und demographische Veränderungen ergab sich von 1990 bis 2005 ein Anstieg der 1bis 5-Jahres-Prävalenzen um 40–60% [2].

484 | 

Der Urologe 4 · 2015

Im Fokus dieser Übersicht steht das hochdifferenzierte (Low-grade-)NMIBC. Nach einer kurzen Erläuterung der histopathologischen Klassifikation liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf folgenden Bereichen: F Stellenwert von Zytologie und Urinmarkern in der Primär- und Rezidivdiagnostik des Low-grade-NMIBC, F Verbesserung von Detektionsrate, rezidiv- und progressionsfreiem Überleben durch photodynamische Diagnostik (PDD) und „narrow band imaging“ (NBI) unter besonderer Berücksichtigung des Low-gradeNMIBC, F Stellenwert der Nachresektion unter Berücksichtigung des Low-gradeNMIBC, F Stellenwert der intravesikalen Rezidivprophylaxe beim Low-gradeNMIBC, F Nachsorge des Low-grade-NMIBC. Modifikationen der transurethralen Operationstechnik (bipolare Resektion, Laser, En-bloc-Resektion, Wasserstrahldissektion etc.) haben für die spezifische Therapie des Low-grade-NMIBC keine Bedeutung und sind nicht Gegenstand dieser Übersicht.

Pathologische Klassifikation Obwohl Ta, Carcinoma in situ (CIS) und T1 in der Gruppe der NMIBC zusammen-

gefasst werden, ist diese Nomenklatur nicht optimal, da Ta/T1-High-grade-Karzinome und CIS ein aggressiveres biologisches Verhalten aufweisen und mit deutlich höheren Rezidiv- und Progressionsraten vergesellschaftet sind als das Lowgrade-NMIBC. Bei der Beschreibung eines NMIBC sollte also immer die vollständige pT-Klassifikation (. Tab. 2, [3]) sowie das Grading (. Tab. 3, [4]) angegeben werden.

Stellenwert von Zytologie und Urinmarkern in der Primär- und Rezidivdiagnostik Zytologie Die Urinzytologie (Spontanurin oder Spülzytologie) hat bei Low-grade-NMIBC eine inakzeptabel schlechte, bei High-grade-Tumoren bestenfalls eine moderate Sensitivität und kann daher in der Früherkennung bzw. im Screening des Harnblasenkarzinoms aufgrund der zu hohen Rate falsch-negativer Befunde nicht empfohlen werden. Die hohe Spezifität der Zytologie prädestiniert sie insbesondere für die Nachsorge von High-grade-Tumoren. In einer Metaanalyse von 36 Studien wird der Zytologie, die ein stark untersucherabhängiges Verfahren darstellt, eine Sensitivität von 40% und eine Spezifität von >90% bescheinigt [5, 6], der positiv-prädiktive Wert liegt >90% [7]. Bei positiver Zytologie und unauffälliger Zystosko-

Leitthema Tab. 1  Epidemiologische Maßzahlen für Deutschland 2010, ICD10, C67.a (Mod. nach [1])   Neuerkrankungen (C67; n) Neuerkrankungen (D09.0, D41.4; n) Standardisierte Erkrankungsrate C67 (D09+ D41.4; %)1 Sterbefälle (C67; n) Standardisierte Sterberate (C67; %)a

Männer 11.350 21.550 18,9 (36,1) 3.631 5,9

Frauen 4.150 7.240 5,0 (9,3) 1.885 1,9

aJe 100.000 Personen, standardisiert nach Europabevölkerung.

Tab. 2  T-Klassifikation der NMIBC. (Mod. nach [3]) pTa pTis pT1

Nicht-invasives, papilläres Karzinom Carcinoma in situ, „flacher Tumor“ Tumor infiltriert das subepitheliale Bindegewebe

lävulinsäure (ALA) oder der kommerziell verfügbaren Hexaminolävulinsäure (HAL). Tumorgewebe, aber auch entzündliche Veränderungen sowie hyperplastische und metaplastische Schleimhaut emittieren unter Beleuchtung mit blauem Licht einer spezifischen Wellenlänge grell rotes Licht.

»

Die PDD verbessert die Visualisierung von Blasentumoren im Vergleich zur Weißlichtzystoskopie

Tab. 3  WHO-Grading nicht invasiver urothelialer Neoplasien von 2004. (Mod. nach [4]) Flache Läsionen

Papilläre Lasionen

Hyperplasie Reaktive Atypie Nicht näher klassifizierbare Atypie Urotheliale Dysplasie CIS (High-grade-Dysplasie) Papillom (benigne) Papilläre urotheliale Neoplasie niedrig malignen Potentials (PUNLMP) Papilläres Urothelkarzinom („low grade“) Papilläres Urothelkarzinom („high grade“)

CIS Carcinoma in situ.

Tab. 4  Sensitivitäten und Spezifitäten molekularer Urinmarker (in %). (Mod. nach [8]) Marker UroVysion™ (FISH) Mikrosatellitenanalyse ImmunoCyt/uCyt+™ NMP22® BTA stat® BTA TRAK Zytokeratine

Sensitivität gesamt 30–86 58–92 52–100 47–100 29–83 53–91 12–88

Spezifität   gesamt 63–95 73–100 63–75 55–98 56–86 28–83 73–95

pie in der Nachsorge ist eine weitere diagnostische Abklärung indiziert (Abklärung oberer Harntrakt; Mappingbiopsien und/ oder photodynamische Diagnostik der Harnblase unter Einbeziehung der prostatischen Urethra).

Andere Urinmarker Verschiedene molekulare Marker im Urin wurden auf ihr Potential getestet, die Sensitivität der Zytologie zu verbessern und damit insbesondere im Follow-up die Zystoskopie ganz oder teilweise zu ersetzen. Diese Tests können tatsächlich zu einer Verbesserung der Sensitivität (bei Highgrade-Tumoren) führen, dies geschieht jedoch auf Kosten einer schlechteren Spezi-

486 | 

Der Urologe 4 · 2015

Sensitivität bei High-gradeTumoren 66–70 90–92 62–92 75–83 62–75 74–77 33–100

fität im Vergleich zur Zytologie (. Tab. 4, [8]). Für die Detektion von Low-gradeTumoren spielen die molekularen Urinmarker bei unzureichender Sensitivität und schlechter Spezifität keine Rolle, die reproduzierbare Validierung dieser Marker in groß angelegten Studien steht noch aus.

Stellenwert von PDD und NBI beim Low-grade-NMIBC Photodynamische Diagnostik Die photodynamische Diagnostik (PDD) nutzt die verbesserte Visualisierung von metabolisch aktivem Gewebe durch dessen verstärkte Aufnahme von 5-Amino-

Die PDD kann die Visualisierung von Blasentumoren im Vergleich zur Weißlichtzystoskopie verbessern (73–96% vs. 90– 96%, [9–15]). Die Rate an übersehenen Residualtumoren bei der ersten Kontrollzystoskopie und in einigen Studien auch die Rezidivrate kann durch Anwendung der PDD gesenkt werden [16, 17, 18]. Der Vorteil von PDD scheint bei der Detektion von CIS besonders ausgeprägt zu sein (23–68% vs. 91–97% Detektionsrate). Eine prospektiv randomisierte Studie konnte eine Verbesserung des rezidivfreien Überlebens nachweisen [16]. Die Rezidivrate nach 9 Monaten betrug hier 56% für die Weißlichtzystoskopie vs. 47% für die PDD. Während die Abhängigkeit der Detektionsrate unter PDD vom Grading in den meisten Studien nicht untersucht wurde, oder keine Unterschiede aufweist [12–15], ist der Effekt von PDD auf die Rezidivrate bei Low-grade-Tumoren ausgeprägter, als bei den High-grade-Karzinomen [16, 17]. Der Nachweis eines positiven Einflusses von PDD auf die Progressionsrate oder auf das Gesamtüberleben steht noch aus.

„Narrow band imaging“ Bei der „narrow band imaging“ (NBI) wird Weißlicht auf zwei spezifische Wellenlängenbereiche gefiltert (440–460 nm: blau und 540–560 nm: grün). Licht dieser Wellenlängen wird verstärkt durch Hämoglobin absorbiert, und hypervaskularisiertes Gewebe oder auch pathologische Gefäßformationen werden kontrastreich dargestellt. Hierdurch ist eine bessere Detektion von kleinen papillären Tumoren und v. a. auch „flat lesions“ mög-

Zusammenfassung · Abstract lich ­[19–21]. Eine Verlängerung des rezidivfreien Intervalls durch NBI ist wahrscheinlich [22, 23]. In einer prospektiv randomisierten, bizentrischen Studie mit 148 Patienten wird eine Reduktion der Rezidivhäufigkeit von 51,4% unter Weißlicht auf 32,9% unter NBI nach 1 Jahr beschrieben [Odds Ratio (OR) =0,62; p=0,0141, [24]). Die Stärke von NBI scheint insbesondere in der Detektion von CIS zu liegen [23]. Daten, die sich explizit mit Detektionsrate und Rezidivverhalten von Low-grade-NMIBC nach NBI-gestützter Therapie befassen, stehen noch aus.

»

Die NBI stellt hypervaskularisiertes Gewebe und pathologische Gefäßformationen kontrastreich dar Beide Verfahren verringern durch falschpositive Darstellung v. a. entzündlicher Läsionen die Spezifität [11, 12, 14, 19, 21].

Stellenwert der Nachresektion beim Low-grade-NMIBC Aufgrund des erheblichen Risikos übersehener residualer Tumorformationen und des „understaging“ nach der ersten Resektion wird für viele Patienten eine Nachresektion aller bei der Erstresektion betroffenen Areale empfohlen. Diese Problematik betrifft v. a. T1- und Ta/T1-High-grade-Tumoren in bis zu 50%. Die EAU-Leitlinie („European Association of Urology“) empfiehlt eine Nachresektion der NMIBC bei folgenden Konstellationen: F makroskopisch inkomplette Erstresektion, F keine Muskulatur im histopathologischen Präparat nachweisbar (außer bei TaG1 und CIS), F alle T1-Befunde, F alle G3-Tumoren, außer primäres CIS. Obwohl die Leitlinie ausführlich die WHO-Klassifikation von 2004 („high grade/low grade“) bei den NMIBC beschreibt, fällt sie bei der Indikationsstellung zur Nachresektion in die alte G1–3Klassifikation zurück, ohne sich über G2Tumoren zu äußern [8]. Die ICUD-Emp-

fehlungen („International Consultation on Urological Diseases“) von 2012 beziehen sich bei der Indikationsstellung zur Nachresektion auf die aktuelle pathologische Klassifikation und empfehlen bei Ta-Low-grade-Tumoren keine Nachresektion, bei Ta-High-grade- und bei allen T1-Befunden jedoch immer [25]. Eine folgende Instillationstherapie ist nach einer Nachresektion wahrscheinlich effektiver und ein akkurates Staging insbesondere mit Ausschluss einer Muskelinvasivität bei dieser Patientengruppe von besonderer Bedeutung [26, 27]. Explizite Empfehlungen zur Nachresektion bei reinem CIS werden nicht gegeben.

Stellenwert der intravesikalen Rezidivprophylaxe Postoperative Frühinstillation Die Rationale der postoperativen Frühinstillation mit einem Zytostatikum (z. B. Mitomycin, Docorubicin oder Epirubicin) ist die Zerstörung verbliebener Tumorreste und im Blasenlumen zirkulierender Tumorzellen, es handelt sich also um eine Expositionsprophylaxe. Eine große Metaanalyse konnte eine Reduktion des Rezidivrisikos durch die postinterventionelle Frühinstillation von nahezu 40% zeigen [28]. Dieser Effekt scheint für Primärbefunde und Low-grade-Tumoren am deutlichsten zu sein; bei Ta-Rezidiven und multifokalen Befunden ist der Effekt der Frühinstillation weniger deutlich, bei T1- und High-grade-Befunden fraglich [28–30]. Die Frühinstillation sollte am Tag der transurethralen Resektion (TUR) durchgeführt werden. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine Histologie vorliegt, wird die Frühinstillation bei jedem makroskopisch verdächtigen Befund empfohlen, es sei denn, es handelt sich um ein Rezidiv bei vorbestehendem T1- oder High-grade-Tumor oder um einen makroskopisch eindeutigen Verdacht auf einen muskelinfiltrierenden, möglicherweise auch nicht in sano resezierten Befund. Eine weitere, adjuvante, intravesikale Chemotherapie bringt beim primären Ta-Low-grade-NMIBC höchstwahrscheinlich keinen Vorteil [25]. Eine adjuvante BCG-Instillationstherapie kann zwar die Rezidivrate beim

Urologe 2015 · 54:484–490 DOI 10.1007/s00120-015-3773-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 P.J. Olbert · C.H. Ohlmann · C. Schwentner

Therapie des nichtmuskelinvasiven Low-gradeHarnblasenkarzinoms

Zusammenfassung Die nicht-muskelinvasiven Karzinome der Harnblase (NMIBC) umfassen eine sehr heterogene Gruppe von Tumoren, deren biologisches Verhalten in erster Linie vom Differenzierungsgrad abhängt. Low-grade-NMIBC zeichnen sich durch ein hohes Rezidivrisiko, jedoch ein sehr geringes Progressionsrisiko aus. Ziel von Diagnostik und Therapie ist also v. a. die sichere Visualisierung und vollständige Resektion aller Herde. Zytologie und andere Urinmarker sind v. a. aufgrund der unzureichenden Sensitivität nicht hilfreich. Eine Nachresektion ist nur in Ausnahmefällen erforderlich, der Nutzen einer Erhaltungsinstillationsprophylaxe über eine einmalige Frühinstillation hinaus ist in den meisten Fällen fraglich. Auch bei den Low-grade-NIMBC ist eine Risikostratifizierung, z. B. nach den Vorgaben von EORTC oder EAU, sinnvoll. Schlüsselwörter Instillationsprophylaxe · Urinmarker · Zytologie · Detektionsrate · Biomarker

Therapy of low-grade nonmuscle-invasive bladder cancer Abstract Nonmuscle-invasive bladder cancer (NMIBC) comprises a very heterogeneous group of malignancies; the biological behavior of these tumors depends primarily on their grading. Low-grade NMIBC are characterized by a high propensity for recurrence but a very low risk for progression to muscle invasion or metastatic disease. Thus, the first line goal of diagnostic procedures and therapy is reliable visualization and complete resection of all foci. Cytology and other urine-based markers fail due to insufficient sensitivity. A second resection might be necessary only in selected intermediate risk cases; the positive effect of maintenance instillation protocols beyond a single postoperative instillation is questionable for the majority of patients. Risk stratification, e.g., according to the EORTC or EAU proposals, also makes sense in low grade NMIBC. Keywords Instillation protocol · Urine-based markers · Cytology · Neoplasm recurrence, local · Biological markers Der Urologe 4 · 2015 

| 487

Leitthema Tab. 5  Risikostratifizierung von NMIBC. (Mod. nach [8]) Risikogruppe Niedriges Risiko Mittleres Risiko Hohes Rsiko

Definition Erstbefund, Ta „low grade“, 3 cm), rezidivierende Ta-Low-grade-Tumoren (alle Eigenschaften treffen zu)

CIS Carcinoma in situ.

Low-grade-NMIBC im Vergleich zu Chemotherapie senken, stellt aber aufgrund der beträchtlichen Toxizität und der geringen Progressionsrate der Lowgrade-­Tumoren eine Übertherapie dar. Die BCG-Therapie sollte High-grade-Tumoren und Chemotherapieversagern vorbehalten bleiben. Eine ausführliche Zusammenfassung der Rolle von BCG beim NMIBC findet sich in einer Metaanalyse von Shelley et al. [31]-

»

Die BCG-Therapie sollte High-grade-Tumoren und Chemotherapieversagern vorbehalten bleiben In der EAU-Leitlinie wird ein risikoadaptiertes Vorgehen empfohlen (. Tab. 5, [8]): Allen Patienten mit einem niedrigen Rezidiv- und Progressionsrisiko wird lediglich eine postoperative Frühinstillation empfohlen. Bei Patienten mit mittlerem Risiko stellt eine Chemoerhaltungstherapie für 1 Jahr eine Option dar, die Evidenzlage hierfür ist jedoch schwach. In diese Gruppe fallen beispielsweise auch Patienten mit Ta-Low-grade-Rezidiven oder multifokalen Ta-Low-grade-Primärtumoren. Patienten mit hohem Risiko sollte eine BCG-Erhaltungstherapie für 1–3 Jahre erhalten [25].

Aspekte der Nachsorge Trotz einer beträchtlichen Rezidivneigung ist die Progressionsrate der Lowgrade-NMIBC sehr gering. Es wird daher diskutiert, das Nachsorgeprotokoll für diese­Patienten weniger aufwändig zu gestalten, um die Zahl invasiver, möglicherweise komplikationsbehafteter und auch

488 | 

Der Urologe 4 · 2015

kostenintensiver Untersuchungen zu minimieren. Urinmarker könnten bei solchen weniger intensiven Follow-up-Protokollen eine Rolle spielen. Große randomisierte Studien, die die Sicherheit eines solchen Vorgehens zweifelsfrei belegen, stehen noch aus [32]. Kleinere Beobachtungsstudien konnten zeigen, dass möglicherweise nicht jedes kleine papilläre Tumorrezidiv, das in der Nachsorge detektiert wird, einer sofortigen Resektion bedarf. Eine abwartende Strategie oder auch eine reine Elektrokoagulation der Befunde (möglicherweise ambulant in Lokalanästhesie) werden z. B. bei erheblichen Komorbiditäten für Niedrigrisikopatienten diskutiert, kontrollierte Studien zu diesem Themenkomplex liegen jedoch nicht vor [25, 33].

Fazit für die Praxis F Low-grade-NMIBC haben ein beträchtliches Rezidiv-, jedoch ein sehr geringes Progressionsrisiko. F Die Sensitivität der Urinzytologie und anderer Urinmarker ist für die Früherkennung oder ein alleine damit durchgeführtes Follow-up zu gering. F PDD/NBI können die Detektionsrate erhöhen und das Rezidivrisiko von Low-grade-NMIBC senken. F Eine Nachresektion von Low-gradeNMIBC ist bei Vorliegen eines niedrigen Rezidivrisikos (EAU/EORTC) nicht erforderlich (Ausnahmen: Multifokalität, inkomplette Resektion, sehr große Tumoren). F Eine einmalige postoperative Frühinstillation kann das Rezidivrisiko von Low-grade-NMIBC senken.

Korrespondenzadresse PD Dr. P.J. Olbert Klinik für Urologie und Kinderurologie, Prostatakarzinomzentrum im Comprehensive Cancer Center Marburg, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Marburg, Baldingerstraße, 35043 Marburg [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  P.J. Olbert, C.H. Ohlmann und C. Schwentner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur   1. Kaatsch P, Spix C, Hentschel S et al (2013) Krebs in Deutschland – Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Robert Koch Institut, Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland, Bd 9. RKI, Berlin, S 100–103   2. Bertz J, Dahm S, Haberland J et al (2010) Verbreitungen von Krebserkrankungen in Deutschland; Entwicklung der Prävalenzen zwischen 1990 und 2010– Eine Veröffentlichung des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert Koch Institut. RKI, Berlin, S 108–115   3. Eble JN, Sauter G, Epstein JI, Sesterhenn IA (2004) Pathology and genetics of tumours of the urinary system and male genital organs. 6, 91. IARC Press, Lyon   4. Eble JN, Sauter G, Epstein JI, Sesterhenn IA (2004) Pathology and genetics of tumours of the urinary system and male genital organs. 6, 90. IARC Press, Lyon   5. Mowatt G, Zhu S, Kilonzo M et al (2010) Systematic review of the clinical effectiveness and cost-effectiveness of photodynamic diagnosis and urine biomarkers (FISH, ImmunoCyt, NMP22) and cytology for the detection and follow-up of bladder cancer. Health Technol Assess 14(4):1–331   6. Bastacky S, Ibrahim S, Wilczynski SP, Murphy WM (1999) The accuracy of urinary cytology in daily practice. Cancer 87(3):118–128   7. Planz B, Jochims E, Deix T et al (2005) The role of urinary cytology for detection of bladder cancer. Eur J Surg Oncol 31(3):304–308   8. Babjuk M, Böhle A, Burger M et al (2014) EAU guideline on non muscle invasive bladder cancer. European Association of Urology, editor. EAU Guidelines, Arnheim, S 1–48   9. Denzinger S, Burger M, Walter B et al (2007) Clinically relevant reduction in risk of recurrence of superficial bladder cancer using 5-aminolevulinic acid-induced fluorescence diagnosis: 8-year results of prospective randomized study. Urology 69(4):675–679 10. Fradet Y, Grossman HB, Gomella L et al (2007) A comparison of hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy and white light cystoscopy for the detection of carcinoma in situ in patients with bladder cancer: a phase III, multicenter study. J Urol 178(1):68–73

Leitthema 11. Geavlete B, Jecu M, Multescu R et al (2010) HAL blue-light cystoscopy in high-risk nonmuscle-invasive bladder cancer – re-TURBT recurrence rates in a prospective, randomized study. Urology 76(3):664–669 12. Grossman HB, Gomella L, Fradet Y et al (2007) A phase III, multicenter comparison of hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy and white light cystoscopy for the detection of superficial papillary lesions in patients with bladder cancer. J Urol 178(1):62–67 13. Jichlinski P, Guillou L, Karlsen SJ et al (2003) Hexyl aminolevulinate fluorescence cystoscopy: new diagnostic tool for photodiagnosis of superficial bladder cancer – a multicenter study. J Urol 170(1):226–229 14. Jocham D, Witjes F, Wagner S et al (2005) Improved detection and treatment of bladder cancer using hexaminolevulinate imaging: a prospective, phase III multicenter study. J Urol 174(3):862–866 15. Schmidbauer J, Witjes F, Schmeller N et al (2004) Improved detection of urothelial carcinoma in situ with hexaminolevulinate fluorescence cystoscopy. J Urol 171(1):135–138 16. Stenzl A, Burger M, Fradet Y et al (2010) Hexaminolevulinate guided fluorescence cystoscopy reduces recurrence in patients with nonmuscle invasive bladder cancer. J Urol 184(5):1907–1913 17. Filbeck T, Pichlmeier U, Knuechel R et al (2002) Do patients profit from 5-aminolevulinic acid-induced fluorescence diagnosis in transurethral resection of bladder carcinoma? Urology 60(6):1025–1028 18. Riedl CR, Daniltchenko D, Koenig F et al (2001) Fluorescence endoscopy with 5-aminolevulinic acid reduces early recurrence rate in superficial bladder cancer. J Urol 165(4):1121–1123 19. Bryan RT, Billingham LJ, Wallace DM (2008) Narrow-band imaging flexible cystoscopy in the detection of recurrent urothelial cancer of the bladder. BJU Int 101(6):702–705 20. Cauberg EC, Kloen S, Visser M et al (2010) Narrow band imaging cystoscopy improves the detection of non-muscle-invasive bladder cancer. Urology 76(3):658–663 21. Herr HW (2010) Narrow-band imaging cystoscopy to evaluate the response to bacille Calmette-Guerin therapy: preliminary results. BJU Int 105(3):314–316 22. Herr HW, Donat SM (2011) Reduced bladder tumour recurrence rate associated with narrowband imaging surveillance cystoscopy. BJU Int 107(3):396–398 23. Herr HW, Donat SM (2008) A comparison of whitelight cystoscopy and narrow-band imaging cystoscopy to detect bladder tumour recurrences. BJU Int 102(9):1111–1114 24. Naselli A, Introini C, Timossi L et al (2012) A randomized prospective trial to assess the impact of transurethral resection in narrow band imaging modality on non-muscle-invasive bladder cancer recurrence. Eur Urol 61(5):908–913 25. Burger M, Oosterlinck W, Konety B et al (2013) ICUD-EAU International Consultation on Bladder Cancer 2012: non-muscle-invasive urothelial carcinoma of the bladder. Eur Urol 63(1):36–44 26. Herr HW (2005) Restaging transurethral resection of high risk superficial bladder cancer improves the initial response to bacillus Calmette-Guerin therapy. J Urol 174(6):2134–2137 27. Adiyat KT, Katkoori D, Soloway CT et al (2010) „Complete transurethral resection of bladder tumor“: are the guidelines being followed? Urology 75(2):365–367

490 | 

Der Urologe 4 · 2015

Fachnachrichten 28. Sylvester RJ, Oosterlinck W, Meijden AP van der (2004) A single immediate postoperative instillation of chemotherapy decreases the risk of recurrence in patients with stage Ta T1 bladder cancer: a meta-analysis of published results of randomized clinical trials. J Urol 171(6 Pt 1):2186–2190 29. De Nunzio C, Carbone A, Albisinni S et al (2011) Long-term experience with early single mitomycin C instillations in patients with low-risk nonmuscle-invasive bladder cancer: prospective, single-centre randomised trial. World J Urol 29(4):517– 521 30. Gudjonsson S, Adell L, Merdasa F et al (2009) Should all patients with non-muscle-invasive bladder cancer receive early intravesical chemotherapy after transurethral resection? The results of a prospective randomised multicentre study. Eur Urol 55(4):773–780 31. Shelley MD, Wilt TJ, Court J et al (2004) Intravesical bacillus Calmette-Guerin is superior to mitomycin C in reducing tumour recurrence in high-risk superficial bladder cancer: a meta-analysis of randomized trials. BJU Int 93(4):485–490 32. Tilki D, Burger M, Dalbagni G et al (2011) Urine markers for detection and surveillance of non-muscle-invasive bladder cancer. Eur Urol 60(3):484–492 33. Soloway MS (2006) Expectant treatment of small, recurrent, low-grade, noninvasive tumors of the urinary bladder. Urol Oncol 24(1):58–61

Nebennierenzellen aus dem Bioreaktor Wissenschaftler aus Dresden haben ein künstliches Nebennierensystem entwickelt, welches zukünftig die Transplantation von hormonproduzierenden Nebennierenzellen aus einem Spenderorgan ermöglichen soll. Die Therapie der Niereninsuffizienz sowie des 21-Hydroxylasemangels, die häufigste Form des Adrenogenitalen Syndroms, besteht derzeit im Ersatz der fehlenden Hormone. Das neue System soll zukünftig die komplexe und natürliche Ausschüttung der Hormone im Tagesverlauf imitieren. Für den Versuch am Tiermodell entnahmen die Wissenschaftler Nebennierenzellen von Rindern, bereiteten sie auf und transplantierten diese schließlich in Ratten. Dort nahmen die Zellen die regelmäßige Hormonproduktion auf. Schließlich verwendeten sie eine Alginat-Kapsel als künstliches Nebennierensystem, welche die Spenderzellen beinhaltete und sie dort zwar vor Angriffen des Immunsystems schützte, jedoch für die ausgeschütteten Hormone durchlässig war. Somit war eine Immunsuppression des Empfängerorganismus nicht notwendig. Mithilfe dieser biotechnischen Voraussetzung sind die Spenderzellen vom Empfängerorganismus getrennt und übertragen ausschließlich die für den Stoffwechsel wichtigen Hormone. Den Forschern ist damit ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum künstlichen Nebennierensystem für den Menschen gelungen. Literatur: Balyura M, Gelfgat E, EhrhartBornstein M et al (2015) Transplantation of bovine adrenocortical cells encapsulated in alginate. PNAS 112(8):2527-32 Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, http://www.uniklinikum-dresden.de/mk3

[Therapy of low-grade nonmuscle-invasive bladder cancer].

Nonmuscle-invasive bladder cancer (NMIBC) comprises a very heterogeneous group of malignancies; the biological behavior of these tumors depends primar...
330KB Sizes 2 Downloads 7 Views