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Zur Aussagefähigkeit der 3 D-KST-Rekonstruktion am Beispiel eines ausgedehnten Parotisadenoms* G. Grevers1, T. VogI2, C. Willimzig2, G. Laub3

Zusammenfassung

Die Weiterentwicklung der Diagnostik der bildgehenden Verfahren, insbesonde der Kernspintomographie, hat es ermöglicht dreidimensionale Dartcllungen von Läsionen zu erzeugen. In einer Studie wurde em 3 D-Rekonstruktionsalgorithmus entwickelt, dessen klinische Wertigkeit für Raumforderungen in KopfHalsbereich im Moment untersucht wird. Die Aussagekraft dieser Methodik, die in einer separaten Veröffentlichung vorgestelit wurde, wird am Fall eines Parotis-Adenoms aufgezeigt. Die Ergebnisse sind als em erster Schritt auf dem Weg zur bildschirmunterstützten Operationsplanung anzusehen.

3 D Reconstruction of a Huge Adenoma of the Parotid Gland

In the past few years, 3 D reconstruction has been established as a new imaging method in various medical fields, such as orthopedic surgery and neurosurgery. In a former article, the authors introduced a new 3 D imaging method for the head and neck. The present study reports the case of a 37-year-old woman with a huge adenoma of the parotid gland. The tumor grew along the skull base, protruding onto the left tonsil. The diagnostic value of the authors' reconstruction method for lesions in the head and neck is discussed. The results indicate that this technique might be of significant clinical importance for special questions arising in the head and neck region as well as for preoperative planning in the case of certain tumors.

Einleitung

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In der Diagnostik der groIen Kopfspeiche!drüsen stehen vielfaltige Verfahren (1, 4—7) zur Verfügung.

Die primäre Untersuchung ist die Inspektion und Palpation, insbesondere wegen der zuganglichen Lage der Parotis. Wàhrend die bi!dgcbenden, diagnostischen Verfahren

Auszugsweise vorgctragcn auf dem XIV. Weltkongre für Hals-Nasen-Ohrenhcilkunde, Kopf- und Halschirurgic, Madrid, 10—15. September 1989 Laryngo-Rhino-Otol. 69 (1990) 389 393 Georg Thicme Verlag Stuttgart New York

wie Computertomographie und Kernspintomographie in der weiterführenden Diagnostik in den Vordergrund gerückt sind, haben invasive Methoden, wie Sialographie, Feinnadelpunktion und Szinitgraphie in den vergangenen Jahren klinisch zunehmend an Bedeutung verloren. Es hat sich gezeigt, daI insbesondere die KST eine hohe Aussagekraft zur Beurteilung von Läsionen der Kopfspeicheldrüsen besitzt (4—7). Die angewandte Aufnahmemethode basiert auf der zweidimensiona!en Darstellung von Schnitthildcrn aus den drei Raumebenen. Zur Erleichterung der Orientierung und zur Verbesserung der Beurteilbarkeit ist jedoch präoperativ eine dreidimensionale Darstellung des Befundes von Vorteil (1). Bei unseren Bemuhungen um eine Wei-

terentwicklung der bildgebenden Diagnostik im 3 D-Bereich haben wir in den letzten Jahren Rechenmodelle entwickeln können, die entweder auf CT-Bildern oder aber auf kernspintomographischen Sequenzen basierten (2, 3). Während die 3 D-CT-Rekonstruktion aufgrund technischer Unzulanglichkeiten zur Zeit noch nicht für den klinischen Gebrauch verwendbar sind (3), zeichnete sich bei der Auswertung des an Probanden crstellten 3 D-KST-Bi!dmaterials durchaus eine Aussagefahigkeit auch für pathologische Zustandsbilder ab. Nachdem wir die Methodik in einer früheren Arbeit bereits erläutert haben (3), so11 in der vorliegenden Abhandlung am Beispiel eines ausgedehnten Parotisadenoms die aktuelle, klinische Wertigkeit der Technik diskutiert werden.

Untersuchungstechnik und Rekonstruktionsmethodik Die KST-Untersuchungen wurden an eincm 1.0 1 Kcrnspintomographen Magnetom (SIEMENS) durchgcfhhrt. Die Daten wurden mOtels ciner Kopfspule (25 cm Durchmesser) aufgenommen. Untersucht wurde primär in Spin-Echo-Technik jeweils mit einer T2-bctonten (TPJTE = 2000/90) sowie einer Ti-betonten Messung (T15/T = 500/17) bei Schichtdicken von 5mm. Diese Messungen wurden in transversaler und frontaler Schichtorientierung durchgefiihrt. Danach wurde die Gradienten-Echo-Technik (FLASH3 D) der dreidimensionalen Datensatz aufgenommen. Dcr Flipwinkel betrug 40 , T1VTF = 40/15 und die Schichtdicke 1,5 mm. Dieser Datensatz wurde anschliegend auf einer separaten Workstation weiterverarheitet und die Lbsion drcidimensional rekonstruiert dargesteilt. (AusfUhrliche Darstellung der Methodik hei Grevers und Mitarb. (3).) Zusätzlich wurdcn Mcssungen nach Applikation des paramagnetischen Kontrastmittcls Gd-DTPA durchgefuhrt. Die KMApplikation bedingt cine vcrhesserte Gewebedifferenzierung, sowie cine Beurteilung der Vaskularisation. Bei der 3 D-Rckonstruktion

wird der gesamte Kopf drcidimcnsional dargestelit, die Liision ist durch em in die Tiefe gehendes Fenster einsehbar. Die Tide und Lokalisation des Fensters, sowie der Blickpunkt des Betrachters auf den Kopf ergehen multiple MOglichkeiten, die Lasion topographisch cxakt zu beurteilen und von Umgehungsstrukturen zu diffcrcnzicrcn.

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Klinik für l-Ials-Nascn-Ohrenkranke der Universität München, Klinikum Grolihadern (Dir.: Prof. Dr. E. Kastenbauer); Radiologische Klinik der Universitär München, Klinikum Grolihadern (Dir.: Prof. Dr. J. Lissner) Abteilung für Medizintechnik, SIEMENS Erksngen

0. Grevers und Mitcirh.

390 Laryngo-R.hino-Otol. 69 (1990) Abb. 1 Sagittales KopfmodeIl" der Pa-

Abb. 2 Koronare Orientierung. Der Tumor (Pfeil) is! hier in seiner [age zur A. carotis interna (C) dargestelit. a) 2 D-Darstellung, b) 3 D-Darstellung

Abb.3 Die sagittale Onentierung zeigt den Tumor (Pfeil) sehr wed lateral. a) 2 D-Darstellung, b) 3 D-Darstellung

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tientin mit einem pleomorphen Adenom der linken Glandula parotis. Das Bud wurde aus 128 sagittalen Schnittbildern des Koptes erstelit.

Laryngo-Rhino-Otol. 69 (1990) 391 Abb.4 Sagittale Orientierung. Der Tumor (Pfeil) nimmt nach medial hn deutlich an GrdBe zu. Die Bilder zeigen die Beziehung zu den umgebenden Strukturen (P = Pterygoidmuskulatur). a) 2 D-Darstellung, b)3 D-Darstellung

Abb.5 Sagittale Orientierung. Hierwird die Lage des Tumors (Pfeil) im Vergleich zum Bulbus venae jugularis (B) deutlich. a) 2 D-Darstellung, b) 3 D-Darstellung

Abb.6 Sagittale Orientierung. Beziehung des Tumors (Pfeil) zur lateral verlagerten A. carotis (C). a) 2 D-Darstellung, b) 3 D-Darstellung

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Zur Aussagefahigkeit der 3 D-KST-Kekonstruktion

G. Grevers und Mitarb.

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Abb.7 Sagittale Orientierung. Sehr welt medial gelegene Ansicht des Tumors (Pfeil)

Abb.8 Kombinierte sagittal-koronare Darstellung des Tumors (PteiI) in der Carotisgabel

Tumors in verschiedenen Ebenen (Abb. 3—7) vorgesteilt. Abb. 8 sch1ieI1ich zeigt em Synthesebild, auf dem eine koronare und eine sagittale Schicht in das Kopfmodell projiziert wurden.

(C).

Zum besseren Verg!eich von 2D- und 3 D-Technik werden jeweils gleiche Tumoransichten in beiden Darstellungen abgebildet. Der Tumor heR sich operativ von auRen gut

entferncn. Es handelte sich um em vom tiefen Parotislappen ausgehendes pleornorphes Adenom, das entlang der Schiidelbasis bis in die Tonsillenloge vorgewachsen war (sog. Eisbergtumor). Intraoperativ zeigte sich eine Verlagerung des N. facialis sowie der A. carotis interna. Diskussion

Das pheomorphe Adenom ist die hiiufigste Neoplasie der Kopfspeicheldruse (7O_80% aiher gutartigen Parotis-Tumoren). Typischcrweise wiichst die Raumforderung Iangsam und ist nicht schmerzhaft, so daR einige Jahre Falivorstellung

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Em 37jãhrige Frau, die seit einernJahr Schluckbeschwerden klagte, wurde in der HNO-Klinik der Universität München mit einer tumorösen Vorwolbung im Bereich der linken Tonsille vorgesteilt. Eine tiefe Probeexzision aus diesem Bereich erbrachte histologisch die Diagnose eines pleomorphen Adenoms. Obwoh! damit die Diagnose und das operative Vorgehen geklärt waren, wurde zur genauen Positioriierung der Neubildung und zur Demonstration des Verfahrens cine KST mit 3 D-Sequenzen vor und nach Applikation des Kontrastmittels Gd-DTPA durchgefiihrt. Abb. I zeigt die äuIeren Begrenzungen des Kopfes der Patientin, in die verschiedene Fenster eingearbeitet wurden (Abb. 2—8), die sowohl die Ausbreitung und die Lage als auch die Nachbarschaftsbeziehung zu den GefäIgen und Muskein aufzeigen. Neben der koronaren Orientierung (Abb. 2 a, b) werden sagittale Schnittfuhrungen des

vergehen können, his der Patient den Arzt aufsucht. Die meisten pleomorphen Adenome der Parotis entwickeln sich sohitär, rundlich und sind von einer Kapsel umgeben, die sie vom umgebenden Gewebe abgrenzen.

Nach neuesten Erkenntnissen scheint die Kernspintornographie das bildgebende diagnostische Verfahren der Wahi zu scm, urn Abgrenzung, Infiltration und Ausbreitung von Parotisturnoren zu beurteilen. Da Parotistumore eine hohe Signa1intensitt der Tz-betonten Aufnahmen aufweisen, ist die exakte Beurteilung der Raumforderung in T2-betonten Bildern besser moghich, als in T1-beton-

ten, in denen die Drüse selbst und der Tumor das gleiche Signalverhaken zeigen. Zur Abgrenzung gegenüber dem be-

nachbarten Gewebe ist die T1-betonte Darstellung jedoch ausreichend und es kann die Ausbreitung und Lage der Lasion aufgezeigt werden. Die Aufnahmen der hier vorgestellten 3 D-Rekonstruktionstechnik sind Ti-gewichtet, die Abgrenzung des Adenoms zur Parotis ist nativ daher schwierig.

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in Beziehung zur A.carotis interna (C). a) 2 D-Darstellung, b) 3 D-Darstellung

Laiyngo-Rhino-Otol. 69(1990) 393

Zur Aussagefahigkeit der 3 D-KST-Rekonstruktion

tionen die Tiefe des Fensters solange vergro1ert werden muf, bis der Tumor vollstandig zur Abbildung kommt. In frontaler Schichtfuhrung lã& sich die Verdrngung der A. carotis interna, sowie die Ausbreitung des Tumors emdrucksvoll demonstrieren. Dies muf als Hinweis dafür gelten, daI auch bei diesem Verfahren moglichst mehrere Ebenen rnituntersucht werden rnüssen, urn eine optirnale Beurteilung der interessiereriden Strukturen zu gewãhrleisten.

Die Vorteile der 3 D-Technik gegenuber den isolierten 2 D-Verfahren liegen im vorliegenden Fall insbesondere in der Vermittlung der ràumlichen Tiefe, die bei den komplexen anatomischen Verhãltnissen dieser Region Zusatzinformationen liefert. Somit könnten diese Ergehnisse durchaus als em erster Schritt auf dem Weg zu einer bildschirrnorientierten Opertionspianung hetrachtet werden.

Literatur

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Priv.-Doz. Dr. G. Grevers Hals-Nasen-Ohrenklinik und Poliklinik der Univcrsitat Mi.inchen Klinikum Grolhadern Marchioninistr. 15 D-8000 München 70

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Lagebeziehungen zu den anderen Strukturen, wie A. carotis intcrna, V. jugularis, Muskein und Schãdelbasis werden jedoch aufgezeigt und ermoglichen priioperativ cinen Embuck in das Operationsfeld. Unsere Ergebnisse zeigen, daI cine Serie von sagittalen Aufnahmen die Läsion am genauesten darsteilt. Von Bedeutung ist, daf bei den Rekonstruk-

[The value of 3D proton spin tomography reconstruction as exemplified by an extensive parotid adenoma].

In the past few years, 3 D reconstruction has been established as a new imaging method in various medical fields, such as orthopedic surgery and neuro...
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