Originalarbeit - Experimentelle Untersuchung

Untersuchungen zur Verbundfestigkeit Metallplasma-beschichteter Bracketbasen V. Droese, P. Diedrich Klinik far Kieferorthop~tdie der Medizinischen Fakult~it der R W T H Aachen (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. P. Diedrich)

Vortrag auf der Wissenschafflichen Jahrestagung in Aachen Vom 22. bis 26. Mai 1991. Endgtiltige Annahme des Manuskripts: 10.3. 1992. 142

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Droese, Diedrich: Metallplasrna-beschichtete Bracketbasen Einleitung

Die Festigkeit der Bracketadhasion wird von fOnf Parametern entscheidend beeinfluBt, wobei der schw~ichste Punkt ausschlaggebend ftir die Gesamtverbundfestigkeit ist [13]: Beschaffenheit des Schmelzes -~ Adh~ision des Klebers am Schmelz - Koh~ision des Klebers - Beschaffenheit des Attachments - Adh~ision des Klebers am Attachment -

stand der Technik Durch Anatzen der Schmelzoberfl~iche mit 30 bis 50 %iger Phosphors~ure fiber 15 bis 30 Sekunden wird eine optimale Konditionierung fOr eine mikromechanische Retention des Klebers erreicht. Die dabei erzeugte Oberfl~ichenstruktur des Schmelzes erm6glicht dem Adhasiv ein tiefes Eindringen in die erzeugten Porosit~iten, Die durchschnlttliche Zapfenlange des eingedrungenen Adh~isivs liegt bei 50 pro. Einzelne Kunststoffzotten penetrieren den Schmelz tiber 200 gm tief [3-5, 7, 81. Die so erzielten Adh~isionskr~ifte des Klebers am Schmelz liegen so hoch, dab die Koh~isionskrfifte des SchmelzgefOges mit zirka 10N/ram 2 tiberschritten werden k6nnen und zum Beispiel bei der Bracketenffernung (Debonding) die M6glichkeit yon Schmelzausrissen besteht [4]. Um diese unerwtinschte Erscheinung zu vermeiden, gilt es, die Bruchgrenze m6glichst prfizise an die Grenzflache Adhasiv/13racket oder in das Adhasiv zu legen und trotzdem eine klinisch ausreichende Verbundfestigkeit zu erzielen. Beim gegenwartigen Stand der Forschung liegt die Schwachstelle des Klebeverbundes yon Zahn und Metallbracketbasis in den meisten F~illen an der Bracketbasis am Obergang zum Adhasiv [8, 11, 14, 15]. Im Gegensatz zu silanisierten keramischen Brackets oder Kunststoffbrackets lassen sich bier keine chemischen Verbindungen zwischen Adhasiv und metallischer Bracketbasis erzeugen, sondern lediglich eine mikromechanische Retention. Entscheidend hierbei ist die Vergr6Berung der Anhaftungsoberflgche, speziell der unter sich gehenden Bereiche, in denen das Adhasiv eine rheologische Reten9 Urban & Vogel Fortschr.Kieferorthop.53 (1992),]42-152 (Nr. 3)

tion findet. Nach Forschtmgen yon Diedrich [3, 7, 8] haben bisher Bracketbasen mit aufgebrachten Drahtnetzen die besten Haftungseigenschaften im Gegensatz zum gebohrten, gefrasten oder sonstigen Retentionen gezeigt, Auch Metallbrackets mit ange~itzten Kontaktfl~ichen zeigten im Test nur tmbefriedigende Haftergebnisse. Bei den Metallbrackets mit Netzauflage ist geometrisch betrachtet nur der unter sich gehende Bereich der einzelnen Metalldrahte fOr die mikromechanische Retention des Adh~isivs yon Bedeutung. Eine ausreichende Retention wird durch eine starke innere Kohasion und Zugfestigkeit des Klebers erzielt. Wenn es gelingt, tiber eine definierte Konditionierung der Bracketbasis deren Verbund zum Adhasiv entscheidend zu steigern, k6nnte die innere Kohasion des Adh~isivs so weit gesenkt werden, dab eine ausreichende Haftung an der Bracketbasis garantiert ware, und zugleich Schmelzausrisse vermieden werden. Ziel unserer Versuche war es, ein spezielles Beschichtungsverfahren fiir Metalle auf seine Anwendungsf~ihigkeit zur Konditionierung yon Bracketbasen zu testen. Material

und

Methode

Beschichtung Zur Konditionierung der Bracketbasen verwendeten wir ein Beschichtungsverfahren mit Metal!plasma. Beim Plasmaverfahren wird zwischen einer Wolframkathode und einer Kupferanode ein eingeschntirter Lichtbogen hoher Energiedichte erzeugt, welcher das eingeftihrte Gas (Argon, Helium, Wasserstoff oder Stickstoff) ionisiert. Der entstehende PlasmastrahI verlfil3t die Brennerdtise mit hoher Geschwindigkeit (200 bis 800 m/s). In die Plasmaflamme wird Metallpulver eingeblasen, aufgeschmolzen und danach auf die Substratoberflache, in diesem Fall die Bracketbasen, geschleudert [18]. Wegen der angewendeten hohen Plasmatemperaturen (bis 12 000 ~ k6nnen auch hochschmelzende Hartmetalle, wie Wolfram (Schmelzpunkt 3410 ~ aufgebracht werden. Es bildet sich danach dutch innige Verbindung mit dem Basissubstrat eine definierbare Oberfl~ichenstruktur mit beliebiger Rauheit und Schichtst/irke aus (Abb. 1). 143

Droese, Diedrich: Metallplasma-beschichtete Bracketbasen sit,it der Plasmabeschichtung genutzt, um den Osteoblasten eine vergr6Berte Anlagerungszone zu schaffen.

FragesteUung Wir versuchten die Frage zu kl~ren, ob sich diese Art der Beschichtung aueh als mikromechanische Retention far Adh~isive an der Bracketbasis eignet.

Brackets

Abb,1. REM-Aufiaahme emer mit Titanplasma beschichteten Bracketoberflfiche, Vergr~Sgerung: 1010•

In der Industrie wird dieses Beschichtungsverfahren verwendet; um beispielsweise Kfz-Auspuffkrammer gegen HeiBgaskorrosion zu schtitzen. In der Medizin dient es dazu, zum Beispiel Htiftgelenksendoprothesen mit Hydroxylapatit zu beschichten oder in der Zahnmedizin Implantate mit Titanplasma zu konditionieren [10]. In den beiden letztgenannten Ffillen steht die hervorragende Biokompatibilit~it bei der enossalen Inkorporation sowie deren gute Retention im Knochen im Vordergrund. Dabei wird die groge Oberflfichenporo-

Zu diesem Zweck wurden verschiedene Metallbrakketbasen mit und ohne Retentionsnetz im Plasmaverfahren beschichtet. Als Substrat wurden Titan und Wolframcarbid gew~ihlt. (Tab. 1). In acht Versuchsreihen wurden einheitlich Metallbrakkets fiir mittlere obere Inzisivi verwendet. (Fa. Dentaurum, Pforzheim). Die Grundfl~che (4.2 mm x 3,4 m m = 14,28 mm2) war jeweils konstant. Um eine optimale Konditionierung der Brackets in den Versuchsreihen V5 bis V8 zu gewfihrleisten, wurden diese erst nach ihrer industriellen FertigsteUung beschichtet. Bei zwei Versuchsserien (V1, V2) wurde eine Beschichtung mit Titanplasma auf sogenannten Rohlingsb~indern mit Netzbasis vorgenommen, aus denen anschliel3end die gleichen Brackets mit Netzbasis von

Name der Versuchsreihe

Basisgestaltung (V1 bis V8 Metall)

Beschichtung

Adhfisiv

Anzahl

V1

konventionelle Netzbasis (aus beschichtetem Rohlingsband gefertigt)

Titan

Concise| ohne Sealer

40

V2

konventionelle Netzbasis (aus beschichtetem Rohlingsband gefertigt)

Titan

Concise| mit Sealer

40

V3

konve ntionelle Ne~basis

unbeschiehtet

Bonabond|

40

V4

konven tionelle N etzbasis

unbeschichtet

Concise| mit Sealer

40

V5

glatte Basis ohne Netzauflage

Titan

Concise| mit Sealer

40

V6

glatte Basis ohne Netzauflage

Wolframcarbid Concise| mit Sealer

40

V7

konventionelle Netzbasis

Wolframcarbid Concise| mit Sealer

40

V8

konventionelle Netzbasis

Titan

Concise| mit Sealer

40

V9

glatte Keramikbasis

Titan

Concise| mit Sealer

40

144

Tab. 1. Verschiedene Metallbrackets.

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Droese, Diedrich: MetaUplasma-beschichteteBracketbasen der Fa. Dentaurum gefertigt wurden wie in den andeten Versuchen (V3 bis V8). Dabei soUte herausgefunden werden, ob eine 6konomisch vorteilhafte, fftthzeitige Beschichtung der Brakketbasen fertigungsbedingte EinbuBen an Oberflachenrauhigkeit eff~ihrt. Zwei Beschichtungsversuche wurden mit keramischen Brackets aus Aluminiumoxid durchgefiihrt, um zu testen, ob die Plasmabeschichtung auch ftir Keramikbrackets geeignet ist. Dabei wurde eine Bracketserie versuchsweise mit Titanplasma (V9) und eine andere mit Aluminiumoxid konditioniert. Bei letzterer Serie war bereits nach der Beschichtung zu erkennen, dab keinerlei Verbund zwischen der Beschichtung und der Bracketbasis eingetreten war, so dab auf eine Testung idieser Brackets im Zugversuch verzichtet wurde . . . .

Adhiisiv Zum Kleben der Brackets verwendeten wir zwei typische orthodontische Adh~isive: Bei der Versuchsreihe V3 wurde Bonabond | (Fa. Bonadent, Frankfurt) verwendet. Es handelt sich urn ein Pasten/Fltissigkeitsadhasiv, dessert Polimerisation durch Druck initiiert wird. Bei allen anderen Versuchsreihen (V1 bis vg) wurde das chemisch aktivierte Adh~siv Concise | Orthodontic Bonding System (Fa. 3M Medica, Borken) verwendet.

Elektronenmikroskopische Dokumentation und Analyse Es wurden jeweils vor und nach den Zugversuchen charaktefisfische Photos der Braketbasen unter dem Rasterelektronenmikroskop Philips 515 angefertigt. Als Filmmaterial diente Ilford FP4 135-36, 22 DIN.

Versuchsreihe n V1 V2 V3 V4 V5 V6 V7 V8 V9

20 20 20 20 20 20 20 20 20

Lichtmikroskopisehe Dokumentation und Analyse Entsprechende Farbphotos der Bracketbasen wurden nach den Zugversuchen unter dem Grogfeld-Lichtmikroskop Orthoplan (Fa. Leitz) in verschiedenen Vergr6gerungen angefertigt. Als Filmmaterial diente Kodak Ektachrome Professional EPY 135-36. 18 DIN.

Versuchsaufbau Zur Standardisierung des Versuchsaufbaus wurden jeweils zweiBrackets btindig aufeinandergeklebt. Die Zugkraft wurde von zwei Metallfassungen aus Edelstahl mit zangenmaulartigen Frgsungen auf die Bracketfltigel appliziert. Die Versuche wurden unter konstanten Millieubedingungen durchgeffihrt. Getestet wurden in neun Versuchsreihen jeweils 20 Pr0fk6rperpaare, die zuvor 24 Stunden bei 20 ~ und 65 % rel. Luflfeuchtigkeit ge!agert wurden. Der Testumfang erstreckte sich auf 180 Bracketpaare. Die Prtffk6rpe r wurden auf senkrecht zur Klebeflache wirkende Zugbeanspruchtmg bei einer Querhauptgeschwindigkeit yon 2 mm/min in einer Instron 1122,Zugmaschine mit automatischer Zugwertregistrierung getestet.

Auswertung Die ermittelten Zugwerte wurden in Newton ermittett und aufgezeichnet; fttr jede einzelne Testgruppe wurden der arithmetische Mittelwert und die Standardabweichung bestimmt. Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Computer-Programms SAS (Sas Institute Inc., SAS User's Guide Basics/Statistics; Version 5 Edition Cary. NC.) im Institut ffir Medizinische Statistik und Dokumentation der RWTH Aachen. Die Mittelwerte der einzelnen Testgruppen wurden mit dem REGWEM-Test (Ryan-Einot-Gabriel-Welsh Multiple F-Test for variables, SAS) auf signifikante Unterschiede beim Einhalten des multiplen Niveaus von 0,05 analysiert.

Xl [N]

$1

Min.1 Max.1

X2 [N/mm~1

$2

29,21 60,15 75,76 153,67 117,18 124,87 228,75 286,00 13,75

15,26 39,42 20,29 12,47 18,49 25,60 14,96 23,17 4,15

13,95 44,46 20,70 99,58 55,47 96,05 141,19 166,13 98,68 135,66 99,28 150,46 213,77 243,71 262,82 309,18 9,60 17,90

2,05 4,21 5,31 10,76 8,21 8,74 16,02 20,03 1,53

1,07 2,76 1,42 0,87 1,29 1,79 1,05 1,62 0,46

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Min2 Max2 0,98 1,45 3,89 9,89 6,92 6,95 14,97 18,41 1,07

3,11 6,97 6,73 11,63 9,50 10,53 17,07 21,65 2,00

Tab. 2. Ergebnisse. n = Anzahl der Versuche, ff(l = Mittelwert [absolut N/Bracketl, X2 = Mittelwert [N/ mmZ],S = Standardabweichung, Min = Mittelwert-S, Max = Mittelwert + S. 145

Droese, Diedrich: MetallpIasma-beschichtete Bracketbasen Ergebnisse Es wurden bis auf drei Ausnahmen signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Testreihen der Metallbrackets auf dem 5%-Signifikanzniveau festgestellt. Die Testreihe V2 zu V3, V5 zu V6 sowie die Testreihen V1 zu V9 weisen keine signifikanten Unterschiede zueinander auf (Tab. 2).

brackets) ist bei den Absolutwerten die geringere Crrund~ fl~iche (8,97mme) zu beracksichtigen. Daher wurden bei allen Testergebnissen die ermittelten Durchschnittswerte auf N/ram 2 umgerechnet (Xe, Sz, Mine, Max2). Diskussion und kfinische Schluflfolgerungen

Zugkriifte Netzbasenbrackets

Die eindeutig hOchsten Haftwerte erzMten die mit Metallplasma beschichteten Netzbasenbrackets der Versuchsreihen V8 und V7. Die durchschnittlichen Haftwerte betrugen 286N/Bracket ( = 20,03N/man z) far Titanplasmabeschichtung und 228,75 N/Bracket (= 16,02 N/mm z) far Wolframcarbidbeschichtung. Die Versuchsreihen V5 und V6 mit glatter Bracketbasis, jeweils mit Titan bzw. Wolframcarbid besehichtet. zeigen Zugwerte. die nur zirka 20 % unter den Zugwerten der normalen, handelsiiblichen unbeschichteten Netzbasenbrackets aus Reihe 4 mit 153,67 N/Bracket (= 10,76 N/rmn2) liegen. Die niedrigsten Zugwerte mit weniger als 4,2 N/mme erreichten die Brackets der Versuchsreihen V2 und Vl, jeweils aus titanbeschichteten Rohlingsbgndern gefertigt, sowie die keramischen Brackets der Testreihe vg. Die Ergebnisse alter Zugwertuntersuchtmgen werden in Abbildung 2 und Tabelle 2 zusammengefagt. Die Zugwerte werden als Absolutwerte in Newton angegeben (X~, $l, Mini, Max1), da alle Metallbracketbasen die gleiche Grundflfiche (14,28mm2) besaBen. Bei V9 (Keramik-

N/ram'

ERGEBNISSE

Unter den gegebenen experimentellen Bedingungen erwiesen sich die plasmabeschichteten Netzbasen (Abb. 3a, b und 4a, b) gegentiber den herk/Smmlichen Netzbasen (Abb. 5a und 5b) als weit aberlegen. Lee et all [14] beschrieben bei in vitro durchgefiihrten Verbundfestigkeitsversuehen Abzugskr~ifte bei konventionellen unbeschichteten Metallbracketbasen zwischen 45 und 70 N/Bracket. Diese GrOgenordnung der Haftzugwerte konnten wir in unseren Zugversuchen V3 und V4 tilt normale tmbeschichtete Netzbasenbrackets bestfitigen. Wit stellten jedoch eine starke Abhangigkeit vom verwendeten Kleber. fest. So erzielte der zu 42 % mit Silizinmdioxid geffillte Kleber Bonabond | mit 75,76 N/Bracket nur die Halfte der Zugwerte, die der mit 70 % SiO2 geNllte Kleber Concise | erreicht (153,67N/Bracket). Diese Werte werden in der weiteren Diskussion als Referenzdaten herangezogen. 1983 stellten Diedrich und Dickmeifl [8] lest, dab kurzes Sandstrahlen yon Metallbrackets mit Netzbasis eine Steigerung der Verbundfestigkeit yon zirka 30 % be-

Abb. 2. Graphische Darstellung der durchschnittlichen Verbundfesfigkeiten innerhalb der Testreihen. V1 =Gleiehe Basis (hier wnrde jedoch ohne Sealer verklebt) 29.21 N/ X_+s Bracket (2,02N/mmZ). V2 = Netzbasenbrak16j ket aus titanbeschichtetem Rohlingsband 60,15N/Bracket (4,21 N/ram2). V3 = Normales Netzbasenbracket, unbesehichtet 75,67 N/ Bracket (5,31 N/ram2). V4 = Nomaales Netzbasenbmcket, unbeschichtet 153.67N/Bracket (10.76 N/mmZl. VS=Glatte Bracketbasis 10~00 mit Titanbeschichttmg 117,18 N/Bracket (8,21 N/ram2). V6 = Glatte Bracketbasis mit Wolframcarbidbeschichttmg 124,87N/Brakket (8,74N/mmZ). V7 = Netzbasenbracket mit Wolframcarbidbeschichtung 228,75N/ Bracket (16,02 N/mma). V8 = Netzbasenbracket mit Titanplasmabeschichtung 286 N/ Bracket (20,03 N/ram2). V9 = Keramikbrakket, titanbeschichtet 13,75 N/ Bracket 0,00 (1,53N/ram2). Alle Mittelwerte unterscheiVl V2 V3 V4 V5 V6 . V7 VIi V9 den sich signifikant (Irrtumswahrscheinlichkeit 0,05) mit Augnahme yon V5 zu V6; V2 zu V3 und V1 zu V9, die sich nicht signifikant voneinander tmterscheiden.

20,00-

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(Zugversuche)

03

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Droese, Diedrich: Metallplasma-beschichtete B r a c k e t b a s e n .

Abb. 3a Abb. 3b Abb. 3a. Titanplasma-beschichtete Oberfl~iche eines konventionelien Netzbasenbrackets. Diese Brackets wurden in Versuchsreihe V8 verwendet. Vergr6Berung: 25,4• - Abb. 3b. Deutlich ist die stark retentive Oberfl~ichenstruktur zu erkennen. VergrOgertmg: 203 x.

Abb. 4a ~ Abb. 4b Abb. 4a. Konventionelles Netzbasenbracket, mit Wolframcarbid beschichtet. Vergrt~gerung: 25,4 x, - Abb. 4b. Auch diese Beschichtung bewirkt eine ausgepr~igte Zunahme an Oberfl~ichenrauhigkeit. Die Testung effol~ein Versuchsreihe V7. Vergr6gerung: 203 x.

Abb. 5a Abbl 5b , Abb. 5a. Konventionelles, unbeschichtetes Netzbasenbracket, wie es in den Versuchen V3 und V4 verwendet wurde. Vergr/~gerung: 25,4x. Abb. 5b. Im Gegensatz zu den plasmabeschichteten Bracketbasen ist hier die Metalloberflfiche des Retentionsnetzes v611ig glatt. Vergr6gerung: 203 x. 9 Urban & Vogel

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Droese, Diedrich: Metallplasma-beschichtete Bracketbasen wirkte. Jedoch besteht hierdurch eine erhOhte Korrosionsanffilligkeit der aufgerauhten Obex~q/achemit Freisetzung yon Oxiden. Diese k6nnen in den Schmelz diffundieren und zu unerwiinschten Verf/irbungen ft~hren [3, 19.201. In unseren Versuchsreihen wurden dutch Titanplasmabeschichtung von Metallbrackets mit Netzbasen Verbundfestigkeiten erzielt (V8, 286 N/Bracket), die 277 % grOfler (bezogen auf Bonabond| bzw. 86 % grOI3er (bezogen auf Concise| waren, als bei konventionellen unbeschiehteten Netzbasen in den oben genannten Referenzversuchen V3 und V4. Diese signifikante Steigerung der Abzugskr~fte kann auf die zusatzlieh geschaffene mikromeehanische Retention der Plasmabeschichtung zurtickgeftihrt werden. Die Zugwerte liegen mit 20,03 N/mm2 far Titan (V8) und 16,02 N/ram2 ftir Wolffamearbidbeschichtung (V7) jedoch in einem Bereich, der deutlich tiber tier durchsehnittlichen Zugfestigkeit des Schmelzgefiiges mit zirka 10N/ram2 liegt. Zwar garantiert dies eine hervorragende Klebeverbindung, kann aber zum Beispiel bei unsaehgem~iBer Bracketenffernung zu unerwanschten Schmelzausrissen ftihren [4].

Glatte Brackets ohne Retentionsnetz Die Verbundfestigkeiten von plasmabeschichteten netzf-reien (= glatten)Metallbracketbasen (Abb. 6a und 6b) liegen mit 8,74N/ram 2 (V6, Wolframcarbid) und 8,21 N/ram2 (V5, Titan) im mittleren Bereich konventioneller, handelstiblicher Netzbasenbrackets. Bei direkter Plasmabeschichtung glatter Metallbracketbasen

k6nnte auf ein aufwendig herzustellendes und zu schweiBendes Retentionsnetz verziehtet werden. Denkbar w~ire auch die Steuerung der Haftungseigenschaften tiber eine definierte Rautiefe der Beschichtung. Entsprechende Parameter bedttrften weiterer empirischer Ermittlung.

Keramikbrackets Keramikbrackets erwiesen sich aufgrund des schlechten Verbundes zur Konditionierung mit Plasma als ungeeignet. Aluminiumoxid zeigte keinerlei Verbindung zur Bracketbasis. Titan konnte zwar einen oberflgchlichen Belag auf den Keramikbrackets bilden, trennte sich aber schon bei kleinsten Abzugskr/aften (1,53 N/ran12, V9).

Adhiisive Concise| war rnit doppelter Verbundfestigkeit d e m niedriger gefallten Bonabond| deutlich t~berlegen. Bonabond | zeigte eine uneinheitliche Bruchstellenlokalisation, die teilweise an der Metalloberfl/iche, teilweise im Adh~siv selbst zu finden war. In Verbindung mit den wesentlich geringeren Haftwerten l~iBtdies auf eine insgesamt geringere Koh~ision des Klebers schlieBen. Die Bruchebene von Concise| war dagegen regelm/aBig an der unbeschichteten Netzunterlage lokalisiert (Abb. 7a und 7b), Die Versuche V1 und V2 kl~irten die Auswirkung eines Haflvermittlers (Sealers) auf die zu erzielenden Haftungseigenschaften bei gleicher Basisgestaltung. Die

Abb. 6a Abb.6b Abb. 6a. Oberfl~icheeinesTitanp]asma-beschichtetenBracketsolmeRetentionsnetz.Vergr6Berung:25,4x. - Abb.6b. DieseBracketswurdenin VersuchsreiheV5 aufihre Verbundfestigkeitiaberpraft.Vergr6gerung:203x. 148

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Droese, Diedrich: Metallplasma-beschichtete Bracketbasen

Abb. 7a Abb. 7b Abb. 7a. Konventionelles,unbeschichtetesNetzbasenbracketder VersuchsreiheV4 nach dem Zugversuch.Die Bruchgrenzeliegt tiberalldeutlich an der glatten Metalloberfl~icheim .&quator der Netzebene. Vergrtgernng: 25,4x. Abb. 7b. Zwischen Drahtoberflhehe und Adh~isivist eine Spaltbildung aufgetreten.Vergrtgerung: 203•

ohne Sealer vorbehartdelten Brackets der Versuchsreihe V1 erzielten nur die H~ilfte der Verbundfestigkeit der in V2 mit Sealer vorbehandelten Netzbasenbrakkets. Auff~llig war in diesem Zusammenhang, dab die Netzbasenbrackets, die aus titanplasmabeschichteten Rohlingsb~indern gefertigt wurden, geringere Verbundfestigkeiten erreichten als die normalen unbeschichteten Netzbasenbrackets aus V4. Bei der industriellen Weiterverarbeitung zu Brackets verlieren die beschichteten Rohlingsb~nder offensichtrich einen Teil ihrer mikromechanischen Retention. Mtglicherweise spielen hier Poliereffekte oder Verunreinigungen eine Rolle. Die entscheidende Steigerung der Verbundfestigkeit wird erst durch Beschichtung nach abgeschlossener Fertigung der Bracketbasen erreicht

Bruchstellenlokalisation Die retentive Zone der tmbeschichteten konventionellen Netzbasenbrackets (V4) beschr~inkte sich auf die unter sich gehenden Bereiche der einzelnen Netzdrghre: Diese boten dem Adh~isiv nur eine begrenzte geometrische Retention. Bei Concise | lag hier eindeutig die Bruchgrenze (Abb. 7a und 7b). Die oberhalb des Draht~quators liegenden Bereiche waren N'r die rnikromechanische Retention unwirksam und wiesen keinerlei anhaftende Kleberspuren nach den Zugversuchen auf. Diese Schwachstelle des konventionellen Klebeverbundes wurde in unseren Versu9 Urban & Vogel Fortschr. Kieferorthop.53 (1992), 142-152 (Nr. 3)

chen mit plasmabeschichteten Brackets vermehrt in die Adh~isivschicht verlagert. Besonders die mit Metallplasma beschichteten Netzbasenbrackets der Versuchsreihen V7 und V8 best~ifigen diese Befunde (Abb. 8a,b und 9a,b). Sowohl die lichtmikroskopische als auch die rasterelektronenoptische Bruchstellenanalyse zeigen deutrich. daB es zu emer innigen Verzahnung zwischen der Beschichtung und dem Adh~isiv g e k o m m t n ist. Weiterhin wurde die glatte Metalloberfl~iche der Netzretention als zus/itzliches mikromechanisches Retentionselement for den Kleber gewonnen. Der enge Verbund zwischen Adhasiv und Plasmabeschichtung konnte auch bei den beschichteten Brakketbasen ohne Netzauflage nachgewiesen werden (Abb. 10a und 10b). Die Plasmabeschichtung bietet demzutoige Iolgenae Vor- und Nachteile:

Plasmabeschichtung/Vorteile 1. Optimale retentive Oberfliichenstruktur Die Plasmabeschichtung erzeugt auf Metallbrackets eine erhebliche VergrtBerung der retentiven Oberfl~iche. Sie bietet orthodontischen Adh~isiven eine optimaIe Mtglichkeit zur mikromechanischen Haftun~.

2. Netzbasis entbehrlich Ein 6konomischer Vorteil der Plasmabeschichtung besteht darin, dab prinzipiell eine Netzbasis entbehrlich 149

Droese, Diedrich: Metallplasma-beschichtete Bracketbasen

Abb. 8a ~ Abb. 8b Abb.8a. Oberfl~iehe eines Titanplasmabeschichteten Netzbasenbrackets der Versuchsreihe V8 nach dem Zugversuch. Eine durchgehende Aufffillung der Netzzwischenr~iume mit dem Adh~isiv ist festzustellen. Vergr~SBerung: 25,4x. - Abb. 8b. Im Gegensatz zu den unbeschichteten Brackets (Abb. 7a und 7b) wurde die Bruchebene in die Adh~isivsehicht verlagert. Vergr6gerung: 203 x.

Abb. 9a Abb. 9b Abb. %, Netzbasenbracket der Versuchsreihe V7 mit Wolframcarbidbeschichtung nach dem Zugversuch. Auch hier land eine zunehmende Vet2 lagerung der Bruchebene in die Adhgsivschicht statt. Vergr6gerung: 25,4 x. - Abb. 9b. Das hohe Fliel3vermiSgen des Klebers ermOglicht ein Penetrieren in die Retentionsnischen der Beschichtungspartikel. Vergr6gerung: 1010x.

Abb. 10a Abb. 10b Abb. 10a. Oberflgche eines Titanplasma-beschichteten Brackets der Testreihe V5 ohne Retentionsnetz nach Zugversuch. Vergr0Berung: 25,4x. Abb. 10b. lnnige Kontaktbezietmng zv~ischen Adh~siv und Beschichtung. VergrN3erung: 1010 • -

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Droese, Diedrich: MetaUplasma-beschichtete Bracketbasen ~4rd; eine ausreichende Haftung des Adh~isivs am Bracket ist trotzdem gew/ihrleistet. Die Haftwerte sind vergleichbar der konventionellen Netzretention.

Schichtst~irke in Abh~ingigkeit von dem verwendeten Adh/isiv herauszufinden.

3. Verkleinerung der Bracketbasen Literatnr

Aufgrund h6herer Haftwerte kann bei Verwendung plasrnabeschichteter Netzauflagen die Basisfl~iehe verkleinert und somit die Asthetik der Metallklebebrakkets verbessert werden. Bei den Versuchsreihen 7 und 8 (Netzbasis zus/itzlich mit Metallplasma beschichtet), ergeben sich Zugwerte yon 20N/ram 2. so daB die Brakketbasen theoretisch um bis zu 75 % verkleinert werden k6nnten; trotzdem wttrde die gleiche Verbundfestigkeit wie bei handelsiiblichen Brackets (Versuchsreihe 3) erzielt. Dies stellt einen erheblichen Fortschritt in der Verbesserung der bisher ~tsthetisch relativ unbefriedigenden MetaUbrackets dar. Auch far die Herstellung von Lingualbrackets aufgrund der reduzierten Interbracketdistanz und des verkleinerten Bogenradius [6] shad diese Gesichtspunkte von Bedeutung.

4. Weitere Anwendungsgebiete Die ausgezeichneten mikromechanischen Retentionseigenschaften k6nnten zum Beispiel in der Klebebrtikkentechnik, wo eine maximale Haftung am Metall gefordert wird, ein weiteres Anwendungsgebiet er6ffnen, insofern eine breite Palette yon Beschichtungssubstrat e n mit unterschiedlichsten Materialeigenschaften, variierbaren Rautiefen und Schichtstfirken besteht.

Nachteile Keramikbrackets h a b e n sich in diesem Versuch aufo grund des schlechten Verbundes zur Plasmakonditionierung als ungeeignet erwiesen. Aluminiumoxid zeig 2 te keinerlei Verbindung zur Bracketbasis. Titan konnte zwar einen oberfl/ichlichen Belag auf den Keramikbrackets bilden, trennte sich aber schon bei kleinsten Abzugskr~iften. Grunds~itzlich zeigt die Plasmabeschichtung von Metallbrackets jedoch einen neuen W e g auf, die Retention des Adh/isivs an der Bracketbasis erheblich zu steigern. Das Ziel weiterer Grundlagenforschung ist es, das O p t i m u m an Beschichtungssubstrat, Rauhtiefe und 9 Urban & Vogel Fortschr. Kieferorthop. 53 (1992), 142-152 (Nr. 3)

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Korrespondenzanschrift: Dr. Volker Droese, Berensberger Strafle 125, D-5100 Aachen.

9 Urban & Vogel Fortschr. Kieferorthop. 53 (1992), 142-152 (Nr. 3)

[The tensile bonding strength of metal plasma-coated bracket bases].

The tensile bond strength of bracket bases coated with metal plasma were examined. The aim was to investigate, whether the conditioning of bracket bas...
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