Protoplasma 85, 109--114 (1975) 9 by Springer-Verlag 1975

Llber den Ort der M e i o s e bei A c e t a b u l a r i a

mediterranea

Kurze Mitteilung H.-U. KooP Institut fiir Pflanzenphysiologieund Zellbiologie, Freie Universit~it Berlin Mit 2 Abbildungen Eingegangen am 10. Februar 1975

Summary The Site of Meiosis in Acetabularia mediterranea Cysts, gametes, zygotes, and cells, containing secondary nuclei, of Acetabularia mediterranea were stained by the Feulgen-technique and the relativ amounts of DNA per nucleus were measured by microspectrophotometric analysis. The presented data show that meiosis occurs either before or during decomposition of the primary nucleus or very soon afterwards. That means that secondary nuclei, "white-spot" nuclei and the nuclei of the cysts are haploid.

Zusammenfassung Cysten, Gameten, Zygoten und Sekund~rkerne enthaltende Zellen yon Acetabularia mediterranea wurden mit der Feulgen-Reaktion angef~.rbt und der relative DNA-Gehalt der Zellkerne cytophotometrisch bestimmt. Die vorgelegten Befunde zeigen, dai~ die Meiose entweder vor, w~ihrend oder unmittelbar nach dem Zerfall des Prim~rkernes erfolgt. Das bedeutet, dag sowohl die Sekund~rkerne als auch die ,,weit~e Fleck"-Kerne als auch die Kerne der Cysten haploid sind.

1. Einleitung Die einzellige, einkernige marine Grtinalge Acetabularia wird bereits seit tiber 40 Jahren erfolgreich im Labor kultiviert (H/~MMERLING 1931, 1932). Seit den klassischen Experimenten mit heterologen Kern-Cytoplasma Transplantaten (H/~MMERLING 1935) hat sich Acetabularia immer wieder als aut~erordentlich fruchtbares Versuchsobjekt vor allem f~ir zellbiologische Fragestellungen erwiesen (Reviews siehe H/~MMERLING 1963, PUISEUX-DAo 1970) und z~ihlt daher zu den am besten untersuchten marinen Grtinalgen. Dennoch sind einige Fragen, die den Entwicklungszyklus betreffen, bis heute ungekl~irt. Hierzu gehtSrt die Frage nach O r t und Zeitpunkt der Meiose bei Acetabularia mediterranea.

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Versuche, durch Chromosomenz~ihlungen den Ort der Meiose zu erschliet~en, erwiesen sich vor allem wegen der geringen Gr5t~e der Cystenkerne als schwierig (SCHULZE 1939, Pmsrux-DAo 1962, 1963, 1970). SCHULZE (1939) zeigt Abbildungen, aus denen er schlief~t, daf~ eine der letzten Teilungen vor der Gametenbildung die Reduktionsteilung ist. Pmsrux-DAo best~itigt trotz einiger Zweifel (1962, 1963) diesen Befund (1970) und auch WOODCOCKund MILLEI~ (1973) finden entsprechende Hinweise bei ihren elektronenmikroskopischen Untersuchungen der Gametogenese yon Acetabularia rnediterranea. Dagegen schliet~t GREEN (1973) aus dem Befund, daf~ es nicht gelingt, Zygoten und Keimlinge aus Gameten einer einzigen Cyste zu erhalten, daf~ die Meiose schon vor der Cystenbildung erfolgen mull Nachdem es gelungen war, die Gametenbildung in den Cysten von Acetabularia mediterranea unter definierten Bedingungen zu induzieren (KooP 1975), erschien eine erneute Untersuchung der Frage nach der Lokalisation der Meiose angebracht. 2. Material und M e t h o d e n Zellen yon Acetabularia mediterranea wurden unter Standardbedingungen angezogen (H~MMERLmO 1963). Die Reifung der Cysten und die Induktion der Gametenbildung (21 ~ im Dunkeln) erfolgten wie frtiher beschrieben (KooP 1975). Die angegebenen Mei~werte entstammen Einzelversuchen. Alle Versuche wurden mindestens dreimal mit verschiedenen Cystenpopulationen durchgeftihrt. Die Fixierung des Pflanzenmaterials erfolgte bei Raumtemperatur, 30 Minuten in ~thanol/ Eisessig (3/2). Anschliei~end wurde dreimal 10 Minuten mit 70~ ~thanol gewaschen. Die Fiirbung enthielt folgende Schritte (alle bei Raumtemperatur): 0,15 n HC1 (5 Minuten), Hydrolyse in 5 n HC1 (40 Minuten), Schiff'sches Reagens (Pararosanilin, E. Merck, Darmstadt, C. I. Nr. 42500) (60 Minuten, im Dunkeln), differenzieren: Sulfit-Wasser (dreimal 3 Minuten) und Leitungswasser (dreimal 5 Minuten). Die Objekte wurden mit F,thanol und n-Butanol entwiissert, in Xylol tiberftihrt und in XAM (Diagnostisch Serologische Reagentien, 6256 Villmar-Aumenau) eingebettet. Zur Enmahme yon Gameten wurden die zur Keimung induzierten Cysten 40-42 Stunden nach. dem Versuchsansatz mit Erd-Schreiber-L5sung in ein mit einem Fenster versehenes geschw~irztes Becherglas gesptilt und die Gameten vor dem Fenster mit einer Pasteurpipette abpipettiert, auf einen Objekttr~iger gebracht und ausgestrichen. Zygoten wurden auf Objekttr~igern gesammelt, die im Dunkeln in mit Gameten beimpfte Kulturschalen eingelegt wurden. Die Fixierung erfolgte 24 Stunden nach der Beimpfung mit Gameten. Ruhende Cysten (nach der Reifung) wurden in 5--10 ml Fixiergemisch fixiert und anschlies zwischen zwei Objekttr~igern gequetscht. Die F~irbung erfolgte wie bei den Gameten und Zygoten auf dem Objekttr~iger. Zur Analyse der Sekund~irkerne wurden ganze Zellen, die aufgehellte Stiele aufwiesen aber noch keine ,,weif~en Flecke" ausgebildet hatten, fixiert und gefiirbt. Anschlief~end (Leitungswasser) wurden die Zellen mikroskopiert und alle Rhizoide, die Sekundiirkerne enthielten, gesammelt und gequetscht und auf dem Objekttr~iger entw~issert und eingebettet. Die Daten tiber den DNA-Gehalt der Sekund~irkerne sttitzen sich auf die Analyse yon insgesamt 17 verschiedenen Zellen. Die Messung mit dem Leitz-Cytophotometer ,,MPV" erfolgte bei 550 nm (Leitz-Gradslchtmonochromator). Die Berechnung des relativen DNA-Gehaltes erfolgte nach dem ,,Ein-Wellen-

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l~ingen-Ein-Fl~ichen-Verfahren". Die Met~fl~ichewurde als Galvanometerausschlag relativ zur Met~fl~iche einer konstanten Lochblende (~)2mm) bestimmt. Zur Messung dienten ausgesuchte, intakte und runde Kerne.

3. Ergebnisse und D i s k u s s i o n 3.1. Hydrolysebedingungen Die optimale Hydrolysezeit ftir die Feulgen-F~irbung wurde an Gameten, Zygoten und ruhenden Cysten bestimmt. Hierzu wurden die Mittelwerte aus den relativen DNA-Gehalten yon jeweils 10 gemessenen Kernen gegen

relat. Einheiten

oJ~

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6'0 Min

Abb. 1. Abh~ingigkeit der gemessenen Farbstoffmenge (Mittelwerte aus jeweils 10 Einzelmessungen in relativen Einheiten) Feulgen-gef~irbter Zellkerne in Zygoten (V'l F'I), Gameten (O O) und Cysten (X X) von Acetabularia mediterranea yon der Dauer der Hydrolyse in 5 n HC1 die Hydrolysedauer aufgetragen (Abb. 1). Die drei untersuchten Kernarten zeigen keine deutlichen Unterschiede im Hydrolyseverhalten: in allen F~illen ist ein breites Optimum zu beobachten, das bei 30 Minuten beginnt und mindestens bis 50 Minuten anh~ilt. Aus dem parallelen Verlauf der drei Kurven geht hervor, dat~ f/Jr die Untersuchung der Kerne aus verschiedenen Entwicklungsstadien gleiche Hydrolysebedingungen anwendbar sind. Als Standard-Hydrolysedauer fiir die folgenden Untersuchungen wurde eine Zeit yon 40 Minuten gew~ihlt. 3.2. Bestimmung des relativen DNA-Gehaltes Der DNA-Gehalt der Kerne aus 24 Stunden alten Zygoten von Acetabularia rnediterranea liegt bei 38 relativen Einheiten (Abb. 2 a), entsprechend einem Gehalt yon 2,58 Picogramm (SPRING et al. 1974). Hieraus folgt, dafg haploide Kerne einen DNA-Gehalt yon ca. 19 relativen Einheiten aufweisen miissen. Die Messung der Gametenkerne (Abb. 2 b) besditigt dies (Mittelwert aus 50 Kernen 18,81 Einheiten) und zeigt gleichzeitig, dafg die Schw~irmer yon Acetabularia mediterranea in der Tat Gameten sind und nicht diploide Zoo-

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relotive Einheiten

Abb. 2. Verteilung der gemessenen DNA-Gehalte (in relativen Einheiten) der Zellkerne von Acetabularia mediterranea. Die Ordinate gibt die Zahl der gemessenen Kerne an. a) Zygoten, Gesamtzahl der gemessenen Kerne: 50; b) Gameten, Gesamtzahl der gemessenen Kerne: 50; c) ruhende Cysten, Gesamtzahl der gemessenen Kerne: 50; d) Sekund~irkerne aus dem Rhizoid, Gesamtzahl der gemessenen Kerne: 65

sporen (PuIsEUX-DAO1962). Die Messung der Kerne ruhender (reifer) Cysten (Abb. 2c) ergibt, dab auch diese schon haploid (Mittelwert 18,05) sind. Die 2 gemessenen Kerne mit ca. doppeltem DNA-Gehalt sind m6glicherweise in der G2-Phase einer friiheren Teilung stehengeblieben. Die bei der Gametenbildung ablaufenden Kernteilungen sind demnach ausnahmslos Haplo-Mitosen und die auf den Beobachtungen von SCHULZE (1939) beruhende Annahme, wonach eine der letzten Teilungen w~ihrend der Gametenbildung die Reduktionsteilung sein soil, kann nicht aufrecht erhalten werden. Vielmehr best~itigt

12ber den Ort der Meiose bei Acetabularia mediterranea

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sich die Schlut~folgerung aus den Versuchen von GREEN (1973): Die Meiose mug vor der Cystenbildung stattfinden. Alle Zweifel hiertiber schwinden angesichts der Befunde iiber den D N A - G e h a l t der Sekund~irkerne (Abb, 2 d). Die erhaltenen Met~werte zeigen eine Verteilung zwischen 12 und 48 relativen Einheiten mit deutlichen Maxima bei 19 und 38 relativen Einheiten. Die Maxima entsprechen exakt den fiir haploide bzw. diploide Kerne gefundenen DNA-Gehalten. Da die Sekund~irkerne nach ihrer Bildung noch Teilungen durchlaufen, sind die Befunde (Abb. 2 d) folgendermaf~en zu deuten: die Sekund~irkerne weisen den haploiden Chromosomensatz auf; die Kerne im Bereich des Hauptmaximums sind Kerne der G1-Phase, die Kerne des Nebenmaximums befinden sich in der G2-Phase und die dazwischenliegenden Werte stammen yon Kernen, die sich in der S-Phase befinden. Da sich aus den angegebenen Daten nicht schlief~en l~it~t, ob die Sekund~irkerne beim Zerfall des Prim~irkerns schon als haploide Kerne entstehen oder erst in einer der ersten Teilungen im Rhizoid haploid werden, ist es nicht m/Sglich, den Zeitpunkt der Meiose einer genau definierten Teilung zuzuordnen. Dennoch kann festgestellt werden, daf~ entgegen den bisher vertretenen Auffassungen bei Acetabularia mediterranea die diploide Phase auf das vegetative Wachstum und damit auf den Prim~irkern beschr~inkt ist, w~ihrend offensichtlich alle Kerne der generativen Entwicklungsstufen haploid sind.

Danksagung Der Autor dankt Herrn Prof. Dr. H. J. KOSTERf~ir seine Hilfe bei der Einarbeitung in cytophotometrische Arbeitsweisen sowie Frau S. ARTELT, deren grot~es Engagement und exzellente technische Unterst~itzung eine grof~eHiIfe waren.

Literatur GREEN, B. R., 1973: Evidence for the occurence of meiosis before cyst formation in Acetabularia mediterranea (Chlorophyceae, Siphonales). Phycologia 12, 233--235. HXMMERLING, J., 1931: Entwicklung und FormbildungsvermiSgen yon Acetabularia mediterranea. Biol. Zbl. 51, 633--647. -- 1932: Entwicklung und Formbildungsverm6gen yon Acetabularia mediterranea. II. Das Formbildungsverm6gen kernhaltiger und kernloser Teilstiicke. Biol. Zbl. 52, 42--61. -- 1935: f.3ber Genomwirkungen und Formbildungsf~ihigkeit bei Acetabularia. Arch. Entwicklungsmechan. 132, 424--462. -- 1963: Nucleocytoplasmic interactions in Acetabularia and other cells. Ann. Rev. Plant Physiol. 14, 65--92. Koov, H.-U., 1975: Germination of cysts in Acetabularia mediterranea. Protoplasma, im Druck. PUISEux-DAo, S., 1962: Recherches biologiques et physiologiques sur quelques Dasycladacees. Rev. G~n. Bot. 819, 409--503. -- 1963: Les Ac&abulaires, mat&iel de laboratoire. L'Ann& Biol. II, 3--4, 99--154. -- 1970: Acetabularia and cell biology. Logos Press Ltd., London. Protoplasma 85/1 8

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Koov: 13ber den Ort der Meiose bei Acetabularia mediterranea

SPRING, H., M. F. TRENI)rLENBURG, U. SCHEER, W. W. FRANKE, and W. HERTH, 1974: Structural and biochemical studies of the primary nucleus of two green algal species, Acetabularia mediterranea and Acetabularia major. Cytobiologie 10, 1--65. SCHULZE, K. L., 1939: Cytologische Untersuchungen an Acetabularia mediterranea und Acetabularia wettsteinii. Arch. Protistenk. 92, 179--225. WOOl)COCK, C. L. F., and G. J. MILLER, 1973: Ultrastructural features of the life cycle of Acetabularia mediterranea. I. Gametogenesis. Protoplasma 77, 313--329. Anschrift des Verfassers: Dr. HANs-ULRICI-IKOOP, Institut fiir Pflanzenphysiologie und Zellbiologie, Freie Universit~it Berlin, K/Snigin-Luise-Strat~e12--16 a, D-1000 Berlin 33.

[The site of meiosis in Acetabularia mediterranea (author's transl)].

Protoplasma 85, 109--114 (1975) 9 by Springer-Verlag 1975 Llber den Ort der M e i o s e bei A c e t a b u l a r i a mediterranea Kurze Mitteilung H...
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