Planta (Berl.) 73, 328--332 (1967)

D I E PI%IMARWUI%ZEL V 0 N Z E A M A Y S L.

~TALTE~ KAUSCH Institut fiir Landwirtschaftliche Botanik der Universiti~t Bonn Eingegangen am 15. November 1966 THE PRIMARY ROOT OF LEA MA YS L. Suwtmary. Until now it has been presumed that the primary root of Zea mays L. dies very soon after the formation of the seedling. On the basis of this presumption maize root-system development has been used as an example for monocotyledons (z.B. TROLL, 1937; RAVH, 1950). After passing the seedling stage, monocotyledons are said to have shoot-born roots only. There are a few hints in the literature of exceptions to this principle known in the case of some palms (FALKENBI~RG,1876; FITTING, 1954; KAVSC~, unpublished). In this paper it is shown that the primary root of maize does not die off soon, but remains living during the entire vegetation period. Investigations were made within the greenhouse, where in the stage of flowering of the plants the primary root reached downwards into the soil as far as 1.60 m (see also Fig. 2). There are also some observations in the open field showing that here too the primary root remains living until the plant dies in autumn. Nevertheless Zea mays has "sekundare Homorhizie" and "heterogene Radication" (TROLL, 1949). However, there is surely a large group within the monocotyledons which is capable of keeping the primary root system along with shootborn roots. Of this group it may be said that it is of the "Mais-Wurzel-Typ."

Einleitung A m Beispiel y o n Zea mays wird h~ufig das s e k u n d ~ r homorhize W u r z e ] s y s t e m d e r Monocotylen erli~utert. D a z u wird in vielen Lehrbfiehern f i b e r e i n s t i m m e n d ausgesagt, d a b die P r i m ~ r w u r z e l ,,nur im Jugendstadium in E r s c h e i n u n g t r i t t " a n d ,,sTigter v e r l o r e n g e h t " (z. B. TROLL, 1937/43; RAUI~, 1950). W e l t e r heii3t es: ,,Die geschw~chten Teile d e r Spro8aehse gehen bald m i t s a m t d e r P r i m ~ r w u r z e l a n d den zuerst erzeugten W u r z e l n zugrunde, n u t die e r s t a r k t e n W u r z e l n bleiben e r h a l t e n a n d i i b e r n e h m e n die F u n k t i o n des verlorengegangenen Prim~rwurzels y s t e m s . " A n d e r e r s e i t s finder m a n in denselben A b h ~ n d i n n g e n die Bem e r k u n g : , W ~ h r e n d b e i m Mais die P r i m ~ r w u r z e l ldinqere Zeit p e r e n n i e r t a n d sieh auch verzweigt, ist da.s bei a n d e r e n Monokotylen n i c h t der F a l l . " Die zu diesen Aussagen AnlaB g e b e n d e n B e o b a c h t u n g e n liegen offenbar sehr la.nge zurfick. Sehon bei GOEB~L (1884) k a n n m a n einen e n t s p r e e h e n d e n Passus fiber Zea mays naehlesen. Angesiehts d e r oftenb a r unsicheren K e n n t n i s s e fiber das Sehieksal der P r i m ~ r w u r z e l b e i m Mais erseheint es zweckm~Big, ihre E n t w i c k l u n g d u r c h genauere U n t e r s u c h a n g e n zu verfolgen. Sic sind bisher im wesentliehen a n Gew~ehshausk u l t u r e n dnrchgeffihrt worden.

Die PrimKrwurzel yon Zea mays L.

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Material und Methode Nieht n~her bestimmtes Saatgut yon Zea mays wurde in leiehte Komposterde eingebracht. Als Kulturgef/iBe im Gew~ehshaus dienten einerseits G]aszylinder von 30 cm H6he und 6 cm Durehmesser, andererseits Zy]inder aus glasklarem PVC der Sorte 49 von gleichem Durehmesser und 65 bzw. 130 cm H6he. Die PVC-Folie wurde zu diesem Zweck fiber einer Rolle mit Tess-Film der LEnge nach zusammengeklebt und mit einem Ende in ein Becherglas (250 cm~, niedere Form) eingeklemmt. In jedem Zylinder wurde nur ein Keimling herangezogen. Zur Untersuehung des Wurzelsystems wurden die Pflanzen in verschieden langen Abst~nden nach der Aussaat, beginnend mi~ dem 4. Tag, aus der Erde ausgewaschen. Die ~ltesten untersuchten Pflanzen waren ~-~70 Tage alt und hatten 13 Nodien. Bei ihnen war die mi~nnliche Blfite schon yell ausgeschoben. Die Antheren st~ubten. Die erste weibliche Blfite zeigte in diesem Stadium die Narben. Die Prim~rwurzel wurde jeweils mit Hilfe von Lupe und Binokular pr~pariert und so auch die Vitalit~t der Wurzelspitze begutaehtet. Aueh in den sp~ten Wachstumsstadien, wenn der Rest des Maiskorns verlorengegangen war, war die Prim~rwurzel noch gut an den Uberbleibseln des Scutellums und an einer charakteristischen Biegung an der Stelle, we die Keimwurzel aus der Karyopse ausgetreten ist, zu erkennen (Abb. 1). Bei der PrEparation der ~lteren, l~ngeren Wurzeln kam gut zustatten, daB die PVC-Zylinder dutch Abziehen des Tesastreifens leieht der LKnge nach geSffnet und so die Erdkerne freigelegt werden konnten. Von feldm~Big angebautem Mais wurden einzelne Pflanzen als Kontro]le ausgegraben. Ergebnisse Die zeitlich gestaffelten Serienuntersuchungen e r b r a c h t e n ein Bild y o n der E n t w i c k l u n g u n d v e t o Sehicksal der Prim/~rwurzel. W i e sehon bei TI~OLL (1937, 1941/43) u n d I~AV~ (1950) beschrieben, t r e t e n gleieh in den ersten T a g e n des W a c h s t u m s der vorauseilenden Prim/~rwurzcl sproBbfirtige W u r z e l n bei. Diese helen i m Laufe weniger Tage die Primi~rwurzel im W a e h s t u m ein, ohne sic jedoch wesentlieh zu fiberfltigeln. Die Prim/irwurzel ihrerseits w/~chst k o n t i n u i e r l i c h weiter u n d verzweigt sich auch w/~hrend ihrer E n t w i c k l u n g i m m e r wieder m/~f~ig. Die Seitenwurzeln 1. Ordnung k 6 n n e n sich d a b e i wiederholt welter verzweigen, so d a b ein dichtes Wurzelgeflecht e n t s t e h t . Als Beispiel sei hier n u r die Prim/s einer Pflanze im 1 0 - B l a t t - S t a d i u m (~-~50 Tage naeh der Aussaat) wiedergegeben (Abb. 2). Man erkennt, d a b sie m i t einer L/~nge y o n 125 cm den beiden n/s sprol~bfirtigen W u r z e l n aueh in der A u s b i l d u n g n i c h t n a c h s t e h t . Die n/~chstfolgenden, bei der Pr/~paration weggeschnittenen sprol~biirtigen W u r z e l n sind gestrichelt wiedergegeben. Sie reichen, obwohl an der Basis dicker, a n die drei E r s t w u r z e l n in d e r L/inge noch n i c h t hcran. Der erste regelm/il~ige K r a n z y o n sprol~bfirtigen W u r z e l n h a t sich gerade gebildet. Der SproB ist zu diesem Z e i t p u n k t ebenfal]s etwa 125 em lang (gemessen a m 1/s Blair). P f l a n z e n in einem sp/s E n t w i e k l u n g s s t a d i u m (bis 13 Nodien), wiesen eine Primi~rwurzell/~nge von 160 cm (70 Tage n a e h d e r A u s s a a t )

330

W. KAusc~:

auf. I n d i e s e m S t a d i u m i s t a m S c h e i t e l d e r P f l a n z e d i e m / t n n l i c h e B l f i t e h e r a u s g e s c h o b e n . Die erste weibhche Blfite erscheint soeben. Bei den Untersuchungen wurden auch ab und zu Pflanzen angetroffen, deren Prim~rwurzel vorzeitig endete. Es kann als sicher gelten, da$ in diesen F/~llen !

50 Om

Abb. 1. Die beiden untersten Internodien (J) eines Mais-Sprosses mit einem Teil der sproSbfirtigen Wurzeln (Slow), dem Mesokotyl (Ms) und der Primarwurzel (Pw). Alle Organe (auSer Mesokotyl) sind beschnitten. Pflanze etwa 70 Tage alt, im ]Mfihstadium(~/4nat. GrOBe)

Abb. 2. Die beiden untersten Internodien eines Mais-Sprosses mit Primarwurzel (Pw) und einem Tell der sproSbiirtigen Wurzeln. Pflanzen e~wa 50 Tage alt (~/~0 nat. GrS$e, vereinfacht) StSrungen eingetreten waren, durch welche die Prim/~rwurzel geschKdigt wurde. An den gesch/~digten PrimKrwurzeln traten fast immer Seitenwurzeln auf, die - - ganz wie im entsprechenden Falle bei einer D i c o t y l e n - - die ausgefallene Wurzel vertreten, also auch entsprechend in die LKnge wachsen. Als ein Sch~digungsfaktor k o m m t z.B. starkes Austrocknen des Bodens in Frage, das insbesondere dann wirkt, wenn die Pflanzen noch im Keimlingsstadium sind. So war z.B. die PrimKrwurzel aller 20 Pflanzen einer unserer Versuchsserien, die zeitweise starker Trockenheit ausgesetzt war, abgestorben.

Die Prim~rwurzel von Zea mays L.

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Einzeluntersuchungen an feldmi$ig angebautem Mais zeigen bisher, da$ die Prim~rwurzel normalerweise auch unter Freiland-Bedingungen bis ins Bliih- und Fruehtalter der Pflanze hinein erhalten bleibt. Diskussion Der Irrtum, daB die Prim~rwurzel beim Mais nach kurzer Entwicklungsphase schon im Jugendstadium der Pflanze abstfirbe, ist wahrscheinlich dadurch zustande gekommen, dab unter Freilandbedingungen leicht Situationen eintreten, in denen die zarten Organe gesch~digt werden. Sie sind offenbar vor allem ira Jugendstadium besonders gef/~hrdet. Augenscheinlich schlieBt TaoLL (1943) aueh nur aus Untersuchungen yon SIDEI~IS (1925) an Allium cepa theoretiseh auf die Verh/iltnisse an Zea mays, wenn er die Prim/~rwurzel der Kfichenzwiebel erw/~hnend schreibt: ,,Sie entsprechen den schwachen Wurzelstr/~ngen der SproBbasis yon Zea mays, yon denen gleiehfalls anzunehmen ist, dab sie zusammen mit dem zugehSrigen Achsenabschnitt im Verlauf des Erstarkungswachstums auBer Funktion gesetzt werden." Es kann nun naeh den Feststellungen an Zea mays natfirlich die Frage gestellt werden, ob bei anderen Monokotylen nieht etwa/~hnliche Verh/s vorliegen. Eigene orientierende Untersuehungen an der Dattelpalme (Phoenix dactyli]era L.) zeigen in der Tat, dab auch hier die Prim/~rwurzel erhalten bleibt, ja, dab sie mindestens durch ein langes mehrj/~hriges Jugendstadium hindurch ein regulires Wurzelsystem der Dattelpalme bildet. W~hrend FICKENDEu (1929) YOn der 01palme (Elaeis guineensis) beschreibt, dab ihre Prim/~rwurzel bald zerfalle, erw/~hnt P. FALKE~B]~RG (1876) f/ir Chamaedora Sehildeana eine Pfahlwurzel i. AuBerdem ist bei FITTING (1954) angedeutet, dab die Prim/s zahlreicher Palmen nieht so wie bei den fibrigen Monocotylen fr/ihzeitig abstfirbe. Unsere Auffassung, da$ wohl bei einer ganzen Reihe von Monocotylen die Prim/~rwurzel nieht nur ein kurzes Jugendstadium lang erhalten bleibt, stimmt aueh am besten mit derjenigen von P. FALKENBEI~G (1876) fiberein, der in seiner kurzen allgemeinen Charakteristik der Monoeotylenwurzel sehreibt: ,,Aber aueh da, wo die monocotyle Pfahlwurzel i zur vollst/~ndigen Entwicklung gelangt, stellt sie ein in seiner Lebensdauer nur besehr/~nktes Glied der Pflanze dar, das bei weitem nieht die Bedeutung, wie bei den Dieotylen besitzt. I n zahlreiehen F/s stirbt sie mit dem ganzen Sprol] nach der ersten Vegetationsperiode ab, u m an den Seitensprossen des ns gahres dureh Beiwurzeln ersetzt zu werden." Dieses Zitat hat zwar negativen Charakter. Fiir unser Problem interessant, ist daraus aber deutlieh zu entnehmen, dal3 ,,in zahlreichen F/illen" den Monocotylen wenigstens fiir die erste Vegetationsperiode eine funktionsf/~hige Prim/~rwurzel zugesehrieben wird. i Gemeint ist die Primirwurzel.

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W. K~_vsc~: Die Prim~irwurzel yon Zea maya L.

Die A n g a b e n fiber das W u r z e l s y s t e m der Monocotylen miissen desh a l b wohl d a h i n g e h e n d pr/tzisiert werden, d a b m i n d e s t e n s bei m a n e h e n A r t e n die Primi~rwurzel n i c h t a b s t i r b t . Bei diesen Monocotylen ist die ,,aekundiire Homorhizie" aussehlieBlich Ms ,,heterogene Radieation" zu verstehen, d . h . primitre u n d sproBbiirtige W u r z e l n bestehen die ganze L e b e n s p e r i o d e h i n d u r e h n e b e n e i n a n d e r u n d bleiben auch physiologisch a k t i v . I m U n t e r s c h i e d zu d e n Dicotylen t r i t t Mlerdings b e i m MMs, wie offenbar auch bei den fibrigen sieh ~hnlieh e n t w i c k e l n d e n Monocotylen (s. I~ALKENBERO), d0~s P r i m / i r w u r z e l s y s t e m den sprol]b/irtigen W u r z e l n gegenfiber s t a r k zurfiek. Die Einffibrung eines eigenen ,,Maiswurzeltypa" innerhMb der Monocotylen ist vielleieht berechtigt. JedenfMls lit~t d e r Begri// der heterogenen Radication (TROLL, 1949) daffir d u r c h a u s R a u m . E i g e n e U n t e r s u c h u n g e n fiber d a s Sehieksal der P r i m ~ r w u r z e l verschiedener Monocotylen sind u n t e r d e s s e n i m Gange. Zusammenfassung

A n G e w g e h s h a u s k u l t u r e n k a n n gezeigt werden, dal3 die P r i m g r wurzel y o n Zea maya L. w g h r e n d d e r ganzen L e b e n s p e r i o d e d e r Pflanze perenniert. D a auch bei Phoenix dactyli[era L. eine solche Tendenz zu e r k e n n e n ist, ist es wahrseheinlich, d a b weitere Monocotylen diese A r t der Bewurzelung zeigen. Es lieBe sieh d a r a u s ein ,,Maiawurzeltyp" d e r heterogenen Radication bei den Monoeotylen ableiten, bei d e m p r i m g r e s u n d sprol~bfirtiges W u r z e l s y s t e m d a u e r n d n e b e n e i n a n d e r bestehen. Herrn Prof. Dr. H. ULL1~ICH, dem Direktor des Instituts ffir Landwirtschaftliehe Botanik an der Universitgt Bonn, danke ich ffir sein Interesse an der Arbeit. Literatur

FALKE~n]~RG, P.: Vergleichende Untersuchungen fiber den Bau der Vegetationsorgane der Monoeotyledonen. Stuttgart: :Ferdinand Enke 1876. FICKENDEY,E., u. H. N. BLOI~I~ENDAAL:Olpalme. In: Bangerts Ausland-Biieherei Nr. 35. Hamburg und Leipzig: Deutscher Auslandverlag 1929. FITTINO, H. : Lehrbuch der Botanik fiir Hochschulen, Abschnitt Morphologie, 26. Aufl. Stuttgart: Gustav Fischer 1954. GOEBEL, K. : Vergleichende Entwicklungsgeschichte der Pflanzenorgane. In: Handbuch der Botanik, Bd. 3. Breslau: Trewendt 1884. RAvl~, W.: Morphologie der Nutzpflanzen. Heidelberg: Quelle & Meyer ]950. SIDERIS, C~. P. : Observations on the development of the root system of Allium cepa L. Amer. J. Bot. 12, 255 (1925). TROLL, W.: Vergleichende Morphologie der h6heren Pflanzen, Bde. 1/1 u. 1/3. Berlin: Gebrfider Borntr~ger 1937 u. 1941--1943. - - t3ber die Grundbegriffe der Wurzelmorphologie. (~st. bot. Z. 96, 444--452 (1949). Dr. W. KAcsc~ Institut f/ir Landwirtschaftliche Botanik 53 Bonn, Meckenheimer Allee 176

[The primary root of Zea mays L].

Until now it has been presumed that the primary root of Zea mays L. dies very soon after the formation of the seedling. On the basis of this presumpti...
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