Archives of Orthopaedic and Traumatic Surgery
Arch Orthop Traumat Surg 93, 21-24 (1978)
© J F Bergmann Verlag 1978
Uber den Einflu B des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitait bei immobilisierten Kindern O Schmitt Orthopadische Univ und Poliklinik (Direktor: Prof Dr H Mittelmeier), D-6650 Homburg/Saar, Bundesrepublik Deutschland
The Influence of the Electromagnetic Field on the Activity of Alkaline Phosphatase in Immobilised Children Summary This paper reports the influence of a changing electromagnetic field on the alkaline phosphataseactivity in the sera of immobilised children. The enzyme activity which was considerably reduced in immobilised children, increased significantly after treatment with an electromagnetic field, whereas the acid phosphatase-activity was not changed A possible influence of the magnetic field on osteoblastic activity is discussed. Zusammenfassung Es wird fiber den Einflu13 eines elektromagnetischen Wechselfeldes auf die Enzymaktivitat der alkalischen Serumphosphatase bei immobilisierten Kindern berichtet Die im Anschlu an eine Gipsruhigstellung um die Halfte des Normalwertes reduzierte Enzymaktivitat wird nach 6stundiger Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld signifikant erh6 ht Die Behandlung hatte auf die gleichzeitig mitbestimmten Werte der sauren Phosphatase keinen wesentlichen Einflu B Es wird eine m 6 gliche Beeinflussung der Osteoblastenaktivitat durch das elektromagnetische Wechselfeld diskutiert.
Die Wirkung des elektrischen bzw elektromagnetitischen Feldes aufdas Knochenwachstum ist in letzter Zeit zunehmend Gegenstand zahlreicher Untersuchungen geworden Seit die piezoelektrischen Eigenschaften des Knochens erstmals ausfiihrlich beschrieben wurden (Fukada u Yasuda, 1957), vermutet man, da B die auf diese Weise fiber mechanische Krafteinwirkungen
entstehenden ,,bioelektrischen Felder" das Knochenwachstum beeinflussen knnten, zumal die callusf 6rdernde Wirkung hoher mechanischer Drucke bereits seit langerer Zeit bekannt ist (Kuntscher, 1941 ; Maatz, 1951 ; Yasuda, 1955, 1974). Daneben konnte in Zellkulturversuchen eine positive Wirkung des elektromagnetischen Wechselfeldes auf die DNA und Collagensynthese nachgewiesen werden (Bassett u Mitarb , 1968 ; Bassett, 1971 ; Norton u Mitarb , 1972). Aufgrund der bisher durchgeffihrten Untersuchungen gilt es als gesichert, dab3 in typischer Weise Osteoblastenaktivitdt im Bereich der negativen Elektrode bei bestimmten Stromstarken unter Gleichstrombedingungen beobachtet werden kann (Bassett et al , 1974; Friedenberg u Mitarb , 1970 ; Levy, 1971 ; Weigert u. Mitarb , 1972 ; Norton u Mitarb , 1972 ; Yasuda, 1974). Ebenso konnte im Tierversuch ein positiver Effekt sowohl des elektrischen als auch des elektromagnetischen Feldes auf die Frakturheilung bzw Inaktivitatsosteoporose nachgewiesen werden (Bassett u Mitarb , 1974 ; McElhaney u Mitarb , 1968). Friihere Untersuchungen haben gezeigt, dab3 die alkalische Serumphosphataseaktivititbei Kindern, die im Anschlu 13 an Femurosteotomien lingere Zeit im Gips ruhiggestellt sind, um fiber die Hilfte abnimmt (Schmitt, 1975) Dies wurde als eine Abnahme der Osteoblastenaktivitdt aufgrund derfehlenden mechanischen Belastung des kindlichen Skelettes gedeutet. In der folgenden Untersuchung wurde der Einflu B eines elektromagnetischen Wechselfeldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat des Kindes wfhrend der Immobilisation untersucht, um u U Hinweise auf eine Beeinflu 3barkeit der Osteoblastenaktivitat zu erhalten.
0344-8444/78/0093/0021/$ 1 00
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O Schmitt: Einflu B des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
Krankengut, Behandlungs und Untersuchungsmethodik Zunachst wurden bei 14 Kindern im Alter von 3 bis 7 Jahren die Normalwerte der alkalischen Serumphosphatase ermittelt Hierzu erfolgte die Blutentnahme ein bis sechs Tage vor der Operation Die Untersuchung erfolgte nur bei solchen Kindern, die nach Gro13 e und Gewicht innerhalb der Zwei-Sigma-Grenze des Somatogrammes lagen, so da B beziiglich des Wachstums eine normale Osteoblastentitigkeit angenommen werden konnte. AuBer der orthopadischen Fehlform, welche die Indikation zur Hiiftosteotomie abgab, lag bei keinem der Patienten eine sonstige Erkrankung vor, die Einflul auf die alkalische Phosphataseaktivitat im Serum htte haben knnen (Knochenerkrankung, Stoffwechselstorung). Bei allen Kindern erfolgte eine intertrochantireKorrekturosteotomie, die mit selbstspannenden Osteosyntheseplatten (Typ Mittelmeier), fixiert wurde Um einer versehentlichen, frihzeitigen Oberbelastung der Osteosynthese durch Aufstehen der Kinder vorzubeugen, erfolgte eine teilweise Ruhigstellung in einem Beckenbeinfufigipsverband Der Gips wurde im Beckenbereich ventral aufgeschnitten, so dab sich die Kinder aufsetzen und damit die Beugung der Hiiften durchfuhren konnten, um die immobilisationsbedingte Osteoporose mglichst gering zu halten. Zwei Wochen nach Beginn der Gipsruhigstellung erfolgte die Blutentnahme zur Bestimmung des Ausgangswertes vor Durchfiihrung der Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld. Unmittelbar nach jeweils 6stindiger Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld wurde erneut eine Blutentnahme vorgenommen, um den Enzymwert nach der Behandlung zu ermitteln Um Tagesschwankungen der Enzymwerte mit zu erfassen, wurden bei einer gleich gro Ben Zahl von nicht behandelten Kindern in jeweils 6stundigem Abstand, ebenfalls je zwei Blutentnahmen durchgefiihrt Das Blut wurde jeweils unmittelbar nach der Entnahme zentrifugiert und das so gewonnene Serum bei 8 C im Kuihlschrank aufbewahrt Die Enzymaktivitatsbestimmung erfolgte jeweils am darauffolgenden Tag. Als Labormethode wurde die Technik von Bessey u Mitarb. (1946) verwandt Als Reagenzien wurde die Biochemica-TestKombination ,,alkalische Phosphatase" der Firma Boehringer, Mannheim, benutzt.
Versuchsanordnung Zur Applikation des elektromagnetischen Wechselfeldes wurde eine eigens hierfiir entwickelte Versuchsanordnung benutzt, die es gestattete, ein Wechselfeld bestimmter Gr 13 enordnung (10 Gau, 50 Hz) auf das immobilisierte Bein einwirken zu lassen Hierzu wurde der Spulenzylinder iber das, im Gipsverband liegende Bein der operierten Seite geschoben, so dab3 Beinachse und Spulenlingsachse parallel verliefen Die Wahl der Starke bzw Frequenz des elektromagnetischen Wechselfeldes erfolgte in Anlehnung an die Angaben von Bassett (1974), der mit Feldern hnlicher Gr 6ilenordnung im Tierversuch einen positiven Effekt auf die Frakturheilung erzielen konnte.
Ergebnisse Die so erhaltenen Enzymaktivitatswerte der alkalischen Phosphatase(mU/ml) gibt die Tabelle 1 wieder.
Tabelle 1 a) Alkalische Phosphatase m U/ml
b) Saure Phosphatase mU/ml
vor Behandlung
nach Behandlung
vor Behandlung
nach Behandlung
57,2
71,2
13,1
13,9
52,0 69,4 53,0 54,0 49,2
68,0 88,8 60,0 67,2
14,6 9,9 11,5 13,0
12,1 6,06 10,0 13,3
52,0
12,2
11,4
67,4
59,0
11,1
10,1
64,2 80,0
76,4 104,0
9,9 11,1
10,7 11,3
11,6
11,0
65,0
54,0
85,0
88,0
55,0
63,0
51,0
60,0
7,3
6,1
62,0
60,4
12,6
5,45
15,0
X = 61,74 s= 10,52
x 2 = 69,42
s= 14,45
X= 11,49 s= 2,14
X= 9,74 s= 3,7
n= 14
n= 14
n= 12
n= 13
Ein Stichproben-t-Test ad a:
Quantil t14, 0,9 75 = 2,7 Priifgr 613e t = 1,99 = signifikant t=
S
Vn
Statistische Auswertung Es wurden jeweils die statistischen Mittelwerte () sowie die jeweiligen Standardabweichungen (s) errechnet. Zur berpriifung der Signifikanz wurde der t-Test durchgefufhrt (s Tabelle 1). Auf diese Weise konnte mit der Irrtumswahrscheinlichkeit alpha= 0,05 die Hypothese, da B3 der Erwartungswert nach Durchfuihrung der Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld iiber dem Ausgangswert vor der Behandlung lag, bestatigt werden. Der Schwellenwert (Quantil t) wurde einer entsprechenden Tabelle entnommen, unter der Annahme, da B Normalverteilung vorliegt. Die so erhaltenen Mittelwerte ergaben einen signifikanten Anstieg der alkalischenPhosphataseaktivitdtim Serum der Kinder nach 6stiindigerBehandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld (Abb 1) Der infolge der Gipsruhigstellung auf nahezu die Hlfte verminderte Enzymaktivitatswert (61 74 mU/ml), stieg nach der elektromagnetischen Behandlung signifikant an (69,42 m U/ml), whrend die Vergleichswerte der nichtbehandelten Kinder unverandert blieben.
O Schmitt: Einflu 3 des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
T
1
1 Normlwert lpch
50 mU/ml
1
a) alkalische Phosphatase
IiilOm U/mt
1 2 3 b) saure Phosphatase
Abb 1 Die Enzymaktivitatswerte der alkalischen Phosphatase im Serum immobilisierter Kinder vor (2) bzw nach (3) 6stiindiger Behandlung mit einem elektromagnetischen Wechselfeld im Vergleich mit den Normalwerten Man sieht im Anschlu 3 an die durchgefiihrte Behandlung einen signifikanten Anstieg der Enzymaktivitatswerte Die entsprechenden Werte der sauren Phosphatase zeigen dagegen keine wesentlichen Schwankungen
Die saure Phosphataseaktivitdt hatte wahrend der Ruhigstellung im Gipsverband sowie nach der Behandlung leicht abgenommen (Abb 1b).
Diskussion Das Knochengewebe gilt als Hauptlieferant der alkalischen Phosphatase (Hodson u Mitarb , 1962), wo es eine wesentliche Rolle bei der Mineralisation von neugebildetem Knochen ausiibt Man nimmt an, da 13 das in der Knochenmatrix vorliegende Collagen Kristallisationszentren bildet, die durch Pyrrhophosphate in ihrer Tatigkeit blockiert werden Durch die alkalische Phosphatase werden die Inhibitoren der Mineralisation abgebaut, wodurch erst die Ausfallung und das Wachsturn der Hydroxyapatitkristalle erm 6 glicht wird (Fleisch u Mitarb , 1960). Untersuchungen iber die Veranderungen des Knochens wihrend der Immobilisationsphasezeigten, da B die Zahl der anbauenden Osteone bereits nach kurzer Ruhigstellung um uiber die Halfte abnahm (Eichler, 1970 ; Kazarian u Gierke, 1969) Die hierfuir verantwortlichen Osteoblasten, die bei gesteigerter Aktivitit z B whrend der Knochenregenerationsphase vermehrte Phosphataseaktivitat aufweisen (Bourne, 1943 a,b; Majno u Rouillier, 1951), werden offen-
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sichtlich durch die mechanische Entlastung des Knochens in ihrer Aktivitat negativ beeinflu13t, so da B daraus die betrichtliche Enzymaktivitatsabnahme resultiert (Schmitt, 1975). Das angelegte elektromagnetische Wechselfeld scheint dieser Enzymaktivititsabnahme entgegenzuwirken Aufgrund der bisher bereits durchgefiihrten Untersuchungen uiber die Wirkung des elektromagnetischen Wechselfeldes auf die Frakturheilung (Bassett u. Mitarb , 1974) sowie auf die Immobilisationsosteoporose im Tierversuch (McElhaney u Mitarb , 1968), besteht m 6glicherweise eine direkte Beeinflu Bbarkeit der Osteoblastenaktivitat durch das elektromagnetische Wechselfeld. Uber den Wirkungsmechanismus k 6 nnen lediglich Vermutungen geau13ert werden (Bassett, 1968, 1971, 1972) Die durch das elektromagnetische Wechselfeld hervorgerufenen Ionenverschiebungen k 6 nnten u U. Permeabilitatsveranderungen im Bereich der Osteoblasten hervorrufen, deren Zellmembran bekanntlich besonders starke alkalische Phosphataseaktivitat zeigt.
Literatur Bassett, C A L : Biologic significance of piezoelectricity Calc. Tissue Res 1, 252-272 (1968) Bassett, C A L : Biophysical principles affecting bone structure. In: The Biochemistry and Physiology of Bone (G H Bourne, Ed.), pp 1-76 New York: Academic Press, Inc 1971 Bassett, C A L : A biophysical approach to craniofacial morphogenesis Acta Morphol neerl Scand 10, 71-86 (1972) Bassett, C A L , Herrmann, J : The effect of electrostatic fields on macromolecular synthesis by fibroblasts in vitro J Cell Biol 39, 9 a (1968)
Bassett, C A L , Pawluk, R J : Non invasive methods for stimulating osteogensis J Biomed Mat Res 9,371-374 (1975) Bassett, C A L , Pilla, A A : Acceleration of fracture repair by
electromagnetic fields A surgically non invasive method. Ann N Y Acad Sci 238, 242-261 (1974) Bourne, G H : The distribution of alcaline phosphatase in
various tissues Quart J exp Physiol 32, 1 (1943 a) Bourne, G H : Some experiments on possible relationship between Vit C and Calcification J Physiol (Lond ) 102, 319 (1943 b) Eichler, J : Inaktivitatsosteoporose Aktuelle Orthopidie, Bd. III Stuttgart: Thieme 1970 Fleisch, H , Neumann, W F : On the role of phosphatase in the Nucleation of calcium phosphate by collagen Amer Chem. Soc 82, 3783 (1960) Fukada, E , Yasuda, I : On the piezoelectric effect of bone J. Phys Soc Japan 12, 149-154 (1957) Friedenberg, Z B , Andrews, E T , Smolenski, B J , Pearl, B W, Brighton, C T : Bone reaction to varying amounts of direct current Surg Gynecol Obstet 131, 894-899 (1970) Hodson, A W , Latner, A L , Raine, L : Isoenzymes of alkaline Phosphatase Chir chim Acta 7, 255 (1962) Kazarian, L E , Gierke, H E v : Bone loss as a result of immobilisation and chelation Chir Orthop 65, 67 (1969)
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O Schmitt: Einflu
des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
Kintscher, G : Callus ohne Knochenbruch Zentr Chir 68, 857 (1941) Levy, D D : Induced osteogenesis by electrical stimulation J. Electrochem Soc 118, 438-1442 (1971) Maatz, R : Die Reaktion des Knochens auf Federdruck Arch. orthop Unfall-Chir 44, 529 (1951) Majno, G , Rouillier, C : Die alkalische Phosphatase in der Biologie des Knochengewebes Virch Arch path Anat Physiol. 321, 1 (1951) McElhaney, J , Stalnaker, R , Bullard, R : Electrical fields and bone loss of disuse J Biomech 1, 47-52 (1968) Norton, L A , Moore, R R : Bone growth in organ culture modified by an electric field J Dent Res 51, 1492-1499 (1972)
Schmitt, O : Ober das Verhalten der alkalischen Phosphataseaktivitat bei Erwachsenen und Kindern nach Osteotomien. Z Orthop 113, 1096-1100 (1975) Weigert, M : Anregung der Knochenbildung durch elektrischen Strom Hefte Unfallheilk 115 (1972) Yasuda, I : Dynamic callus and electric callus J Bone Jt Surg. 37-A, 1292 (1955) Yasuda, I : Mechanical and electrical Callus Amer N Y Acad. Sci 238, 457-464 (1974)
Eingegangen am 20 Juli 1978
Arch Orthop Traumat Surg 93, 21-24 (1978)
© J F Bergmann Verlag 1978
Uber den Einflu B des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitait bei immobilisierten Kindern O Schmitt Orthopadische Univ und Poliklinik (Direktor: Prof Dr H Mittelmeier), D-6650 Homburg/Saar, Bundesrepublik Deutschland
The Influence of the Electromagnetic Field on the Activity of Alkaline Phosphatase in Immobilised Children Summary This paper reports the influence of a changing electromagnetic field on the alkaline phosphataseactivity in the sera of immobilised children. The enzyme activity which was considerably reduced in immobilised children, increased significantly after treatment with an electromagnetic field, whereas the acid phosphatase-activity was not changed A possible influence of the magnetic field on osteoblastic activity is discussed. Zusammenfassung Es wird fiber den Einflu13 eines elektromagnetischen Wechselfeldes auf die Enzymaktivitat der alkalischen Serumphosphatase bei immobilisierten Kindern berichtet Die im Anschlu an eine Gipsruhigstellung um die Halfte des Normalwertes reduzierte Enzymaktivitat wird nach 6stundiger Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld signifikant erh6 ht Die Behandlung hatte auf die gleichzeitig mitbestimmten Werte der sauren Phosphatase keinen wesentlichen Einflu B Es wird eine m 6 gliche Beeinflussung der Osteoblastenaktivitat durch das elektromagnetische Wechselfeld diskutiert.
Die Wirkung des elektrischen bzw elektromagnetitischen Feldes aufdas Knochenwachstum ist in letzter Zeit zunehmend Gegenstand zahlreicher Untersuchungen geworden Seit die piezoelektrischen Eigenschaften des Knochens erstmals ausfiihrlich beschrieben wurden (Fukada u Yasuda, 1957), vermutet man, da B die auf diese Weise fiber mechanische Krafteinwirkungen
entstehenden ,,bioelektrischen Felder" das Knochenwachstum beeinflussen knnten, zumal die callusf 6rdernde Wirkung hoher mechanischer Drucke bereits seit langerer Zeit bekannt ist (Kuntscher, 1941 ; Maatz, 1951 ; Yasuda, 1955, 1974). Daneben konnte in Zellkulturversuchen eine positive Wirkung des elektromagnetischen Wechselfeldes auf die DNA und Collagensynthese nachgewiesen werden (Bassett u Mitarb , 1968 ; Bassett, 1971 ; Norton u Mitarb , 1972). Aufgrund der bisher durchgeffihrten Untersuchungen gilt es als gesichert, dab3 in typischer Weise Osteoblastenaktivitdt im Bereich der negativen Elektrode bei bestimmten Stromstarken unter Gleichstrombedingungen beobachtet werden kann (Bassett et al , 1974; Friedenberg u Mitarb , 1970 ; Levy, 1971 ; Weigert u. Mitarb , 1972 ; Norton u Mitarb , 1972 ; Yasuda, 1974). Ebenso konnte im Tierversuch ein positiver Effekt sowohl des elektrischen als auch des elektromagnetischen Feldes auf die Frakturheilung bzw Inaktivitatsosteoporose nachgewiesen werden (Bassett u Mitarb , 1974 ; McElhaney u Mitarb , 1968). Friihere Untersuchungen haben gezeigt, dab3 die alkalische Serumphosphataseaktivititbei Kindern, die im Anschlu 13 an Femurosteotomien lingere Zeit im Gips ruhiggestellt sind, um fiber die Hilfte abnimmt (Schmitt, 1975) Dies wurde als eine Abnahme der Osteoblastenaktivitdt aufgrund derfehlenden mechanischen Belastung des kindlichen Skelettes gedeutet. In der folgenden Untersuchung wurde der Einflu B eines elektromagnetischen Wechselfeldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat des Kindes wfhrend der Immobilisation untersucht, um u U Hinweise auf eine Beeinflu 3barkeit der Osteoblastenaktivitat zu erhalten.
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O Schmitt: Einflu B des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
Krankengut, Behandlungs und Untersuchungsmethodik Zunachst wurden bei 14 Kindern im Alter von 3 bis 7 Jahren die Normalwerte der alkalischen Serumphosphatase ermittelt Hierzu erfolgte die Blutentnahme ein bis sechs Tage vor der Operation Die Untersuchung erfolgte nur bei solchen Kindern, die nach Gro13 e und Gewicht innerhalb der Zwei-Sigma-Grenze des Somatogrammes lagen, so da B beziiglich des Wachstums eine normale Osteoblastentitigkeit angenommen werden konnte. AuBer der orthopadischen Fehlform, welche die Indikation zur Hiiftosteotomie abgab, lag bei keinem der Patienten eine sonstige Erkrankung vor, die Einflul auf die alkalische Phosphataseaktivitat im Serum htte haben knnen (Knochenerkrankung, Stoffwechselstorung). Bei allen Kindern erfolgte eine intertrochantireKorrekturosteotomie, die mit selbstspannenden Osteosyntheseplatten (Typ Mittelmeier), fixiert wurde Um einer versehentlichen, frihzeitigen Oberbelastung der Osteosynthese durch Aufstehen der Kinder vorzubeugen, erfolgte eine teilweise Ruhigstellung in einem Beckenbeinfufigipsverband Der Gips wurde im Beckenbereich ventral aufgeschnitten, so dab sich die Kinder aufsetzen und damit die Beugung der Hiiften durchfuhren konnten, um die immobilisationsbedingte Osteoporose mglichst gering zu halten. Zwei Wochen nach Beginn der Gipsruhigstellung erfolgte die Blutentnahme zur Bestimmung des Ausgangswertes vor Durchfiihrung der Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld. Unmittelbar nach jeweils 6stindiger Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld wurde erneut eine Blutentnahme vorgenommen, um den Enzymwert nach der Behandlung zu ermitteln Um Tagesschwankungen der Enzymwerte mit zu erfassen, wurden bei einer gleich gro Ben Zahl von nicht behandelten Kindern in jeweils 6stundigem Abstand, ebenfalls je zwei Blutentnahmen durchgefiihrt Das Blut wurde jeweils unmittelbar nach der Entnahme zentrifugiert und das so gewonnene Serum bei 8 C im Kuihlschrank aufbewahrt Die Enzymaktivitatsbestimmung erfolgte jeweils am darauffolgenden Tag. Als Labormethode wurde die Technik von Bessey u Mitarb. (1946) verwandt Als Reagenzien wurde die Biochemica-TestKombination ,,alkalische Phosphatase" der Firma Boehringer, Mannheim, benutzt.
Versuchsanordnung Zur Applikation des elektromagnetischen Wechselfeldes wurde eine eigens hierfiir entwickelte Versuchsanordnung benutzt, die es gestattete, ein Wechselfeld bestimmter Gr 13 enordnung (10 Gau, 50 Hz) auf das immobilisierte Bein einwirken zu lassen Hierzu wurde der Spulenzylinder iber das, im Gipsverband liegende Bein der operierten Seite geschoben, so dab3 Beinachse und Spulenlingsachse parallel verliefen Die Wahl der Starke bzw Frequenz des elektromagnetischen Wechselfeldes erfolgte in Anlehnung an die Angaben von Bassett (1974), der mit Feldern hnlicher Gr 6ilenordnung im Tierversuch einen positiven Effekt auf die Frakturheilung erzielen konnte.
Ergebnisse Die so erhaltenen Enzymaktivitatswerte der alkalischen Phosphatase(mU/ml) gibt die Tabelle 1 wieder.
Tabelle 1 a) Alkalische Phosphatase m U/ml
b) Saure Phosphatase mU/ml
vor Behandlung
nach Behandlung
vor Behandlung
nach Behandlung
57,2
71,2
13,1
13,9
52,0 69,4 53,0 54,0 49,2
68,0 88,8 60,0 67,2
14,6 9,9 11,5 13,0
12,1 6,06 10,0 13,3
52,0
12,2
11,4
67,4
59,0
11,1
10,1
64,2 80,0
76,4 104,0
9,9 11,1
10,7 11,3
11,6
11,0
65,0
54,0
85,0
88,0
55,0
63,0
51,0
60,0
7,3
6,1
62,0
60,4
12,6
5,45
15,0
X = 61,74 s= 10,52
x 2 = 69,42
s= 14,45
X= 11,49 s= 2,14
X= 9,74 s= 3,7
n= 14
n= 14
n= 12
n= 13
Ein Stichproben-t-Test ad a:
Quantil t14, 0,9 75 = 2,7 Priifgr 613e t = 1,99 = signifikant t=
S
Vn
Statistische Auswertung Es wurden jeweils die statistischen Mittelwerte () sowie die jeweiligen Standardabweichungen (s) errechnet. Zur berpriifung der Signifikanz wurde der t-Test durchgefufhrt (s Tabelle 1). Auf diese Weise konnte mit der Irrtumswahrscheinlichkeit alpha= 0,05 die Hypothese, da B3 der Erwartungswert nach Durchfuihrung der Behandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld iiber dem Ausgangswert vor der Behandlung lag, bestatigt werden. Der Schwellenwert (Quantil t) wurde einer entsprechenden Tabelle entnommen, unter der Annahme, da B Normalverteilung vorliegt. Die so erhaltenen Mittelwerte ergaben einen signifikanten Anstieg der alkalischenPhosphataseaktivitdtim Serum der Kinder nach 6stiindigerBehandlung mit dem elektromagnetischen Wechselfeld (Abb 1) Der infolge der Gipsruhigstellung auf nahezu die Hlfte verminderte Enzymaktivitatswert (61 74 mU/ml), stieg nach der elektromagnetischen Behandlung signifikant an (69,42 m U/ml), whrend die Vergleichswerte der nichtbehandelten Kinder unverandert blieben.
O Schmitt: Einflu 3 des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
T
1
1 Normlwert lpch
50 mU/ml
1
a) alkalische Phosphatase
IiilOm U/mt
1 2 3 b) saure Phosphatase
Abb 1 Die Enzymaktivitatswerte der alkalischen Phosphatase im Serum immobilisierter Kinder vor (2) bzw nach (3) 6stiindiger Behandlung mit einem elektromagnetischen Wechselfeld im Vergleich mit den Normalwerten Man sieht im Anschlu 3 an die durchgefiihrte Behandlung einen signifikanten Anstieg der Enzymaktivitatswerte Die entsprechenden Werte der sauren Phosphatase zeigen dagegen keine wesentlichen Schwankungen
Die saure Phosphataseaktivitdt hatte wahrend der Ruhigstellung im Gipsverband sowie nach der Behandlung leicht abgenommen (Abb 1b).
Diskussion Das Knochengewebe gilt als Hauptlieferant der alkalischen Phosphatase (Hodson u Mitarb , 1962), wo es eine wesentliche Rolle bei der Mineralisation von neugebildetem Knochen ausiibt Man nimmt an, da 13 das in der Knochenmatrix vorliegende Collagen Kristallisationszentren bildet, die durch Pyrrhophosphate in ihrer Tatigkeit blockiert werden Durch die alkalische Phosphatase werden die Inhibitoren der Mineralisation abgebaut, wodurch erst die Ausfallung und das Wachsturn der Hydroxyapatitkristalle erm 6 glicht wird (Fleisch u Mitarb , 1960). Untersuchungen iber die Veranderungen des Knochens wihrend der Immobilisationsphasezeigten, da B die Zahl der anbauenden Osteone bereits nach kurzer Ruhigstellung um uiber die Halfte abnahm (Eichler, 1970 ; Kazarian u Gierke, 1969) Die hierfuir verantwortlichen Osteoblasten, die bei gesteigerter Aktivitit z B whrend der Knochenregenerationsphase vermehrte Phosphataseaktivitat aufweisen (Bourne, 1943 a,b; Majno u Rouillier, 1951), werden offen-
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sichtlich durch die mechanische Entlastung des Knochens in ihrer Aktivitat negativ beeinflu13t, so da B daraus die betrichtliche Enzymaktivitatsabnahme resultiert (Schmitt, 1975). Das angelegte elektromagnetische Wechselfeld scheint dieser Enzymaktivititsabnahme entgegenzuwirken Aufgrund der bisher bereits durchgefiihrten Untersuchungen uiber die Wirkung des elektromagnetischen Wechselfeldes auf die Frakturheilung (Bassett u. Mitarb , 1974) sowie auf die Immobilisationsosteoporose im Tierversuch (McElhaney u Mitarb , 1968), besteht m 6glicherweise eine direkte Beeinflu Bbarkeit der Osteoblastenaktivitat durch das elektromagnetische Wechselfeld. Uber den Wirkungsmechanismus k 6 nnen lediglich Vermutungen geau13ert werden (Bassett, 1968, 1971, 1972) Die durch das elektromagnetische Wechselfeld hervorgerufenen Ionenverschiebungen k 6 nnten u U. Permeabilitatsveranderungen im Bereich der Osteoblasten hervorrufen, deren Zellmembran bekanntlich besonders starke alkalische Phosphataseaktivitat zeigt.
Literatur Bassett, C A L : Biologic significance of piezoelectricity Calc. Tissue Res 1, 252-272 (1968) Bassett, C A L : Biophysical principles affecting bone structure. In: The Biochemistry and Physiology of Bone (G H Bourne, Ed.), pp 1-76 New York: Academic Press, Inc 1971 Bassett, C A L : A biophysical approach to craniofacial morphogenesis Acta Morphol neerl Scand 10, 71-86 (1972) Bassett, C A L , Herrmann, J : The effect of electrostatic fields on macromolecular synthesis by fibroblasts in vitro J Cell Biol 39, 9 a (1968)
Bassett, C A L , Pawluk, R J : Non invasive methods for stimulating osteogensis J Biomed Mat Res 9,371-374 (1975) Bassett, C A L , Pilla, A A : Acceleration of fracture repair by
electromagnetic fields A surgically non invasive method. Ann N Y Acad Sci 238, 242-261 (1974) Bourne, G H : The distribution of alcaline phosphatase in
various tissues Quart J exp Physiol 32, 1 (1943 a) Bourne, G H : Some experiments on possible relationship between Vit C and Calcification J Physiol (Lond ) 102, 319 (1943 b) Eichler, J : Inaktivitatsosteoporose Aktuelle Orthopidie, Bd. III Stuttgart: Thieme 1970 Fleisch, H , Neumann, W F : On the role of phosphatase in the Nucleation of calcium phosphate by collagen Amer Chem. Soc 82, 3783 (1960) Fukada, E , Yasuda, I : On the piezoelectric effect of bone J. Phys Soc Japan 12, 149-154 (1957) Friedenberg, Z B , Andrews, E T , Smolenski, B J , Pearl, B W, Brighton, C T : Bone reaction to varying amounts of direct current Surg Gynecol Obstet 131, 894-899 (1970) Hodson, A W , Latner, A L , Raine, L : Isoenzymes of alkaline Phosphatase Chir chim Acta 7, 255 (1962) Kazarian, L E , Gierke, H E v : Bone loss as a result of immobilisation and chelation Chir Orthop 65, 67 (1969)
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O Schmitt: Einflu
des elektromagnetischen Feldes auf die alkalische Serumphosphataseaktivitat
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Eingegangen am 20 Juli 1978
