Klinische Wochenschrift

Klin. Wschr. 56, 175-185 0978)

© Springer-Verlag 1978

Der Elektrophoretisehe-Mobilit its- (EM) Test: Untersuchungsmethode zur Unterscheidung yon malignen und nicht malignen Tumoren Chr. Tautz, W. Schneider, E. Laier und G. Briigmann Universit/its-Kinderklinik,T/ibingen(Direktor: Prof. Dr. J.R. Bierich)

The Eleetrophoretic-Mobility- (EM) Test: A Method for Discrimination of Malignant and Non-Malignant Tumors Summary. After stimulation with encephalitogenic protein (EF) sensitized lymphocytes from patients with malignant tumors liberate a factor, which can be demonstrated by the Macrophage-ElectrophoreticMobility-Test (MEM) (Field and Caspary) [12]. This factor reduces the mobility of peritoneal exsudate macrophages of guinea pigs in an electric field. In a modification of this immunological test (Porzsolt et al., 1975 a) instead of macrophages tanned and salycitic acid stabilized sheep red blood cells (ETS) were used. Using these cells the procedure is essentially simplified and an easier standardisation can be achieved. In addition, interactions between lymphocytes and macrophages which may influence the outcome of the test have been omitted. This Electrophoretic-Mobitity-Test (EM) was applied to 111 patients with solid malignant tumors, 82 patients with non-malignant diseases, 66 healthy controls, 6 patients with neurological diseases and 15 patients with acute viral infections. In the group of malignant diseases 88.3% of patients showed a slowing of ETS in comparison to the control (positive result). In 11.7% of these patients the results were false negative (sensitivity 88.3%). In contrast a slowing was observed in only 7.2% of patients with non-malignant diseases (false positive results) (specificity 92.8%). As expected in patients with degenerative neurological diseases sensitized Iymphocytes to EF could be demonstrated. In patients with acute viral infections a "sensitisation" was found too, i.e. positive results were obtained, tn contrast to the results of tumor patients the slowing of ETS disappeared after at the latest three weeks. Sonderdruckanffagenan Dr. Chr. Tautz (Adresse s. n. Lit.)

The ability of the EM-test to discriminate between malignant and non-malignant diseases with a high sensitivity could not be achieved until now by any other immunological test. However, it cannot be considered absolutely specific for malignancies. Further knowledge of the basic mechanisms may lead to an increased specificity and may help to improve the laborious procedure.

Key words: Electrophoretic Mobility Test - Demonstration of mediator substances - Lymphocyte sensitization - Malignant tumors. Zusammenfassung. Der Makrophagen-Elektrophorese-Mobilit/its- (MEM) Test (Caspary u. Field) [12] weist einen Mediator nach, der durch sensibitisierte Lymphozyten von Patienten mit Malignomen nach Stimulation durch den encephalitogenen Faktor (EF) freigesetzt wird. Dieser Mediator ist in der Lage, die Wanderungsgeschwindigkeit von Makrophagen in einem elektrischen Feld zu verlangsamen. Es wird tiber die Ergebnisse mit einer methodischen Modifikation dieses immunologischen Karzinomtestes berichtet, bei der anstelle der Makrophagen aus dem Peritonealexsudat des Meerschweinchens tannierte und salicyls/iurestabilisierte Hammelerythrozyten verwendet werden (Porzsolt et al., 1975a). Mit dieser Modifikation konnte eine wesenttiche Vereinfachung und Ieichtere Standardisierbarkeit der Versuchsbedingungen erreicht sowie den Testablauf beeintrfichtigende Reaktionen zwischen Lymphozyten und Makrophagen ausgeschaltet werden. Mit dem ElektrophoreseMobilitfits- (EM) Test wurden 111 Patienten mit Malignomen, 82 Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen, 66 gesunde Kontrollpersonen sowie 6 Patienten mit degenerativen Him- und Nervenerkrankungen und 15 Patienten mit akuten Virusinfektionen untersucht. In der Gruppe der Malignom-Patienten zeigte sich in 88,3% eine Verlangsamung der Indikatorzellen

176 im Vergleich zur Kontrolle, d.h. ein positives Testergebnis, t 1,7% dagegen waren falsch negativ (Sensitivitfit 88,3%). Bei nichtmalignen Erkrankungen wurde nur in 7,2% eine Verlangsamung gemessen, d.h. falsch positive Ergebnisse beobachtet (Spezifitfit 92,8%). Wie erwartet, konnte bei Kindern mit degenerativen Hirn- und Nervenerkrankungen eine Sensibilisierung der Lymphozyten gegen EF gezeigt werden. Auch im Rahmen akuter Virusinfektionen liel3 sich eine Art ,,Sensibilisierung" nachweisen. Im Gegensatz zu Tumorpatienten normalisierten sich jedoch diese positiyen Testergebnisse nach Tagen bis Wochen. Die mit dem EM-Test m6gliche hochsensitive Differenzierung zwischen malignen und nichtmalignen Erkrankungen wird von keinem bisher bekannten, immunologischen Testverfahren erreicht. Dennoch kann der EM-Test nicht als malignom- und tumorspezifisch angesehen werden. Fortschritte zur Erh6hung der Spezifit/it und zur Verbesserung des apparativ noch zu aufwendigen Verfahrens sind durch die Aufkl/irung des Wirkungsmechanismus zu erwarten.

Schliisselwiirter: Elektrophoretischer-Mobilit/its-Test - Mediatornachweis - Lymphocytensensibilisierung - Maligne Tumoren.

1. Einleitung Die Bildung von Mediatoren bzw. Lymphokinen ist der Gruppe der zellvermittelten Immunreaktionen zuzurechnen. Unter Mediatoren ist eine Gruppe yon Substanzen zu verstehen, die yon spezifisch sensibilisierten Lymphozyten nach erneutem Antigenkontakt freigesetzt werden, so dal3 der Nachweis eines derartigen Mediators als Zeichen ffir den Ablauf einer zellvermittelten Immunantwort angesehen werden kann. Allen diesen Lymphokinen ist gemeinsam, dal3 sie nur in aul3erordentlich geringen Mengen produziert und daher nicht direkt nachzuweisen sind. Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich eines Indikatorsystems zu bedienen, um sie in indirekter Form zu demonstrieren. Ein derartiger Faktor, der ,,macrophage slowing factor" (MSF) wurde yon Caspary und Field postuliert (Field et al., 1970). Zu seinem indirekten Nachweis entwickelten die Autoren den MakrophagenElektrophorese-Mobilit~its- (MEM) Test, wobei sie als Parameter die passive Wanderungsgeschwindigkeit von Zellen in einer trfigertYeien Zellelektrophoreseapparatur, dem Zytopherometer, bestimmten. Der MSF hat die Eigenschaft, dab in seiner Anwesenheit Meerschweinchenmakrophagen, die als Indikatorzelten dienen, Iangsamer in einem elektrischen Feld wandern als unbehandelte Makrophagen. Die Bestim-

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-Mobilitfits-(EM) Test mung der Wanderungsgeschwindigkeit dieser Zellen im elektrischen Feld kann damit zum Nachweis spezifisch sensibilisierter Lymphozyten dienen. Mit dem MEM-Test untersuchten Caspary und Field zunfichst die Sensibilisierung der Lymphozyten yon Patienten mit paraneoplastischer Neuropathie gegen den encephalitogenen Faktor (EF), ein aus menschlichem Gehirn extrahiertbares (Caspary et al., 1965) und in seiner Struktur bekanntes basisches Myelinprotein (Carnegie, 1971). Sie konnten ein positives Testergebnis in fiber 90% nicht nur bei dieser Patientengruppe, sondern in einem fihntich hohen Prozentsatz auch bei Patienten mit malignen Tumoren feststellen. Wurde anstelle des EF ein nach gleichem Verfahren aus menschlichem Tumorgewebe gewonnenes basisches Protein (Cancer basic protein, Ca. B.P.) eingesetzt, war eine stfirkere Stimulation der Lymphozyten von Tumorpatienten als von Patienten mit degenerativen Nervenerkrankungen nachweisbar (Caspary et al., 1971; Field et al., 1972b; Dickinson et al., 1973; Carnegie et al., 1973a). Positive Testergebnisse fanden sich auch bei einer Reihe seltener Erkrankungen, bei denen Autoimmunprozesse fitiologisch eine Rolle spielen, wie z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Lupus erythematodes, Sarkoidose, Myasthenia gravis u.a. (Field etal., 1973a; Field etal., 1973 b). Dennoch wiesen in einer Blindstudie yon 464 Patienten mit histologisch verifiziertem Karzinom verschiedener Lokalisation und Ausbreitung 463 ein positives Testergebnis auf (Field et al., 1973 b). Die mit dem MEM-Test m6gliche Unterscheidung maligner von nichtmalignen Tumoren, wurde best/itigt von Pritchard etal. (1972), Goldstone etal. (1973), Meyer-Rienecker et al. (1974 u. t975), Porzsolt et al. (1975), Preece et at. (t974), Tognella et at. (t974), Mfiller et al. (1975) und Klausch et al. (1975). Lediglich eine Gruppe konnte in einer zweiten Serie die urspriinglich erhobenen Befunde nicht reproduzieren (Lewkonia et al., 1974). Auch Crozier et al. (1976) vermochten in einer kleinen Serie yon Patienten keine eindeutige Unterscheidung von gutartigen und b6sartigen Tumoren zu zeigen. Die von Caspary und Field als Indikatorzellen verwendeten Meerschweinchenmakrophagen bedingen als biologisch aktives System erhebliche methodische Nachteile. Die Gewinnung erfordert einen nicht unerheblichen Aufwand. Bei den durch Reizung mit Paraffin61 gewonnenen Zellen handelt es sich um inhomogene, d.h. unterschiedlich grol3e Makrophagenpopulationen, die mit einer stark wechselnden Zahl von Oltr6pfchen beladen und mit 1 5 - 20% Granulozyten und Lymphozyten vermischt sind. Da nur eine mehr oder weniger definierte Makrophagengr6ge ftir die Messung herangezogen werden solt, sind reproduzierbare Ergebnisse nur nach ausgedehnten Erfahrungen m6glich.

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-Mobilit~its- (EM) Test U m die g e n a n n t e n N a c h t e i l e d i e s e s I n d i k a t o r systems zu umgehen, entwickelten Prozsolt, Tautz und Ax (1975a) eine Modifikation des MEM-Testes, wobei anstelle von Meerschweinchenmakrophagen tannierte und salicylsS.urestabilisierte Hammelerythroz y t e n ( E T S ) als I n d i k a t o r z e l l e n v e r w e n d e t w u r d e n . Damit konnte eine erhebliche methodische Vereinfachung und bessere Standardisierung der Versuchsbed i n g u n g e n e r r e i c h t w e r d e n . I m f o l g e n d e n soll f i b e r die m i t d e m E l e k t r o p h o r e t i s c h e n - M o b i l i t S . t s - ( E M ) Test erzielten Ergebnisse berichtet sowie eine kritische Wertung vorgenommen werden.

2. Material

und

Methode

177 2.5. Testansatz (Abb. 1) 5 x I06 Lymphozyten in 1 ml Medium wurden mit 3 ml Antigen f~r 24 h bei 37 ° im CO2-Brutschrank inkubiert Nach Abzentrifugation der Lymphozyten erfolgte nach Zugabe yon 1 ml ETS zu 3 ml Uberstand eine Inkubation ffir 90 ° bei Zimmertemperatur und anschliel3end die Messung der Wanderungsgeschwindigkeit im Zytopherometer.

2.6. Nuttstandard Als Bezug ffir die Testreihe eines Tages diente ein Nullstandard (Porzsolt et al., 1975a) (s. Abb. 1).

2.7. Kontrollen 2.7.1• Inkubation ohne EF

2.1. Patientengut Untersucht wurden Lymphozyten yon 66 gesunden Personen, yon I I 1 Patienten mit malignen Erkrankungen sowie von 103 Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen. In der Gruppe maligner Erkrankungen waren atle Diagnosen histologisch gesichert. Die Proben wurden z.T. praeoperativ in Unkenntnis der Diagnose, z.T. bis mehrere Monate nach Diagnosesicherang abgenommen. Alle Patienten stammten aus dem Universitfitsklinikum Tfibingen.

2.2. Lymphozytenisolierung Aus I5 20 ml heparinisierten Blutes wurden nach Sedimentation der Erythrozyten mit Macrodexl der leukozytenreiche {)berstand auf einen Ficoll-Urovison-Gradienten (9,24 g FicolI2, 119,4 ml Aqua dest., 24 ml Urovison 3) gegeben. Nach Zentrifugation bei 250 g ffir 25 min wurden aus der Interphase die Lymphozyten isoiiert und nach dreimaligem Waschen in Hanks Blanced Salt Solution (HBSS) in RPMI-1640 Medium 4 ohne Serumzusatz auf eine Konzentration von 5 x 106/ml eingestellt. Die Reinheit der Lymphozytensuspension lag bei fiber 90%. Der Trypanblautest nach 24-stfndiger Inkubation ergab fiber 95% vitale ZelIen.

2.3. Indikatorsystem Zum indirekten, zellelektrophoretischen Nachweis des Medikators wurden tannierte und sulfosalicylsfiurestabilisierte Hammelerythrozyten (ETSS) verwendet (Becht, 1968; Kwapinski, 1972). Nach dreimaligem Waschen in HBSS wurde ftir den Testansatz eine Suspension von 5 x 107 ETS/ml HBSS anfbereitet.

5x 106 Lymphozyten in 1 ml Medium wurden mit 3 ml HBSS (ohne Antigen) analog zum Testansatz behandelt. Mit Hilfe von l0 Ans/itzen sollte die Frage der Ubereinstimmung mit dem Nullstandard gekl~irt werden.

2.7.2. Einfluf3 yon EF auf die ETS-Indikatorzellen Um die EF-Konzentration mit dem geringsten Einflut3 auf das Indikatorsystem zu bestimmen, wurde wie frfiher bereits beschrieben (Porzsolt et al., 1975a) eine Verdfinnungsreihe einer Stammlfsung (i mg EF/ml) von 1:1 bis 1:10000 hergestellt und jede Probe mit 5 x 107 ETS/ml entsprechend dem Nullstandard angesetzt.

2.8 Zellelektrophorese und MeJ3veJfahren Da Zetten im physiotogischen Milieu meist eine negative Oberschul31adung tragen, wandern sie im elektrischen Feld in einer trfigerfi'eien Zellelektrophorese zur Anode. Die Ver/inderung des OberflS.chenpotentials durch Anlagerung yon Mediatoren kann dutch Messung der Wanderungsgeschwindigkeit nachgewiesen werden. Mit dem Zytopherometer 6 wurde bei einer Stromstfirke von 6 mA (130 Volt) und einer konstanten Temperatur von 23 ° die Wanderungszeit (tl) einer Zelle fiir das Passieren einer bestimmten Strecke gemessen. Durch Umpoten des elektrischen Feldes wurde ffir die gleiche Zelle die Wanderungszeit (t2) in umgekehrter Richtung bestimmt. Ffir die mit der Umpolung kombinierte Zeitnahme diente eine von uns entwickelte elektronische MeBeinheit mit integriertem Speicher und Rechner 7 Zur Errechnung der tats/ichlichen Wanderungszeit (7) wurde das harmonische Mittel aus tl und t 2 herangezogen (Porzsolt et al., 1975a):

2.4. Anfigen Zur Stimulation der Lymphozyten wurde der nach den Angaben von Caspary und Field (1965) prS.parierte encephalitogene Faktor (EF s) verwendet. Ffir den Testansatz wurde eine L6sung yon 0,3 mg EF/ml HBSS hergestellt.

2 3 ¢ s die

KnoI1 AG, Ludwigshafen Pharmacia Fine Chemicals, Uppsala, Schweden Schering AG, Berlin Microbiological Ass., Bethesda, Maryland, USA Herrn Prof. W. Ax (Behring Inst. Marburg) danken wir dtir freundliche Oberlassung der Reagentien

2t, × t 2 T ~ - t1 + t 2 " Aus den harmonischen Mittetwerten yon 10 Doppetmessungen wurde das arithmetische MitteI (t0 errechnet und im Vergleich zum Nullstandard (to) in Prozent nach folgender Formel bestimmt: •

~!4 M1grationshemmung

6 7

l~ --

tO

............I00. to

Fa. Zeiss, Oberkochen Buchholz-Elektronik, Tfibingen

Testansatz 1 ml Lymphocyten 5, t06/ml RPMI

24h

Null-Standard

3 ml EF-LSsung 0,3 mg/ml HBSS

]

1 ml ETS 5- 107/ml HBSS

1 ml ETS 3 ml HBSS i ml RPMI

37°C

Zentrifug. 15, 250 g

Sediment

zellfi'eier Uberstand J

~ ~ 2 3

°C

j

~

Zellelektrophorese Abb. 1. Schematische Ubersicht des Testansatzes und Null-Standards fiJr den EM-Test

Tabelle 1. Ergebnisse des EM-Tests be± nichtmalignen Erkrankungen unterschiedlicher Organlokalisation. (2 = Mittelwert, s = Standardabweichung) Diagnosegruppen

Anzahl der Alter MigrationsPatienten (Jahre) hemmung (%) M = mittleres 2 _+s Alter

Magen-Darmerkrankungen Appendicitis, Ulcus, M. Crohn, Cholelith., Cholecyst, Pankreatit., Diverticulit

12

15 - 80 M=52

- 4,25 ± 08,32

13

6 --6I M=31

0,07 ±07,11

i7

10--55 M=22

1,41 -+ 6,74

7

8 69 M=36

- I , 0 + 6,43

Neurotogische Erkrankungen Krampfleiden, Hydrocephal., Z.n. Encephalit., Hirnabszel3, Parkinson, Schizophrenie

12

6-74 M=19

- 3 , 0 8 + 8,15

Sonstige Hyperparathyreoid., Glaukom, M. Sch6nlein-Henoch, Lymphadenit., Schilddr/isen-Adenom, Ventrik. Arrhythmie, Gynfikomastie, Schwangerschaft (VIII), Fibromatose, Ekzem

15

7--79 M=23

4,0 ± 10,47

Urogenital-Erkrankungen ak. Giom.nephr., Nephrot.- Syndrom, Nierencyste, Biasenfistei, SkrotatabszeB, Menopausenbltg., Ovariatcyste, Dermoidcyste Knochen- u. Gelenkerkrankungen Rheumat. Fieber, PcP, Osteomyel., Fraktur (often), Coxitis Alemwegs- u. Lungenerkrankungen Kehlkopf-Perichondrit., allerg. Asthma, Sarcoidose, Pneumonie

Falsch positive Ergebnisse t. Verbrennung 2 . - 3 . Grad 2. gr. Hfimatom (Hfimophilie) 3. Zentr. Durchblutungsst6rung mit Commotio 4. Appendicitis 5. Ak. Glomerulonephritis 6. Urachuscyste

1

5

1

13 62

1 l 1

I zusammen

82

15 6

5

25 19 27 ll

1I 30 1,36± 8,69

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische~Mobilit/its- (EM) Test

179

Tabelle 2. Ergebnisse des EM-Tests bei malignen Erkrankungen unterschiedlicher Organlikalisation. (2-Mittelwert, s=Standardabweichung) Anzahl der Alter MigrationsPatienten (Jahre) hemmung (%) M = mittleres 2+s Alter

Diagnosegruppe

Magen-Darm-Malignome Magen, Colon, Pankreas, Zunge

25

19,84 + 6.6

11 -- 72

M-42 Urogenital- Malignome Hoden, Prostata, Blase, Niere, Wilms-Tu., Ovar, Uterus, Teratom, Vulva

30

Knochen- u. Gelenkmalignome

8-79 M 53

16,67_+4,12

2

12 35

20,0 _+0,0

5

53-83 M=66

26,2 +_7,63

8

0,2-18 M=10

16,0 _+3,02

11

22 - 8 5 M=53

16,54+4,93

I7

6 48 M=17

17,63-+7,43

Atemwegs- u. Lungenmalignome Kehlkopf Malignome des zentralen u, periph. Nervensystems Neuroblast., Astrocytom, Hypophyse, Neurofibromatose Haut- u. Driisen-34aIignome Mamma, Melanom, Schilddrfise, Spinaliom, Basaliom Sarkome, Lymphome M. Hodgkin, Neurino-Sa., Lympho-Sa., Rhabdomyo-Sa. Falsch negative Ergebnisse Neuroblastom (ausdiff.) Ewing-Sa. M. Hodgkin Mamma Wilms-Tu. Medulloblastom Astrocytom Melanom unter BCG-Therapie Sigma-Ca (metast.) Rectum zusammen

2.9. Statistische Verfahren

1 ! I

2 12 13

2

65, 61

1 1

5 Mon. 6

i 3

9 19, 34, 42

1 1

62 63

111

1 t 1

7, - 2 l -ll 9

2 - 8 , -12, - 1 2 7 5

16,33_+8,21 16,61 +7,48 (ohne falsch neg. Melanome)

3. Ergebnisse

3.1. N u l l s t a n d a r d Zur Prfifung von Mittelwertunterschieden und zur Orientierung fiber die Pr/izision der Methode wurden varianzanalytische Verfahten benutzt (Sachs, 1974). Ats Signifikanzniveau wurde ~=0,01 festgelegt. Die diagnostische Sensitivitfit ist der Prozentsatz der Personen mit malignen Erkrankungen, die einen positiven Testausfall zeigten. Als diagnostische Spezifitfit wird der Prozentsatz der Personen mit nicht malignen Erkrankungen angegeben, bei denen der Test negativ ausfiel (Henry, 1974). SensitivitS.t und Spezifit~it wurden direkt aus der Zahl der entsprechenden Beobachtungen ermittelt.

D i e tats~ichlichen W a n d e r u n g s z e i t e n d e r E T S - I n d i k a torzellen im Nullstandard betrugen im Mittel 4,46+_0,26 s ( n = 8 0 ) . 3.2. Testergebnisse a) Bei g e s u n d e n K o n t r o t l p e r s o n e n e r g a b e n sich W e r t e y o n - 4 , 2 7 % _+ 8,62, d.h. z u m Tell t r a t e n B e s c h l e u n i g u n g e n i m V e r g l e i c h z u m N u l l s t a n d a r d auf.

180

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-Mobilit/its- (EM) Test

Tabelle 2a. Ergebnisse des EM-Tests bei klinisch tumorfreien Patienten 3 Monate--5 Jahre nach Absetzen der Therapie

Tabelle 4. Ergebnisse des EM-Tests bei Patienten mit akuten Virusinfektionen. ()~=Mittelwert, s=Standardabweichung)

Diagnose

Migrationshemmung (%)

Diagnose

AnzahI d. Patienten

Alter (Jahr)

Migrationshemmung (%)

4 0

Mumps Mumps-Meningitis Masern Masern-Encephalitis Meningitis Mononucleose Hepatitis infect. Akut. gripp. Infekt

2 1 1 2 1 1 1 7

10,7 7 9 8, 3 8 12 14 2333

13, 13 14 37, 27 21 38 12, 23,

Jahre Anzahl d. Alter rezidivfrei Patienten (Jahre)

Rhabdomyosarkom 3 2

2

7 8

Lymphosarkom

0,4

1

12

5

Wilms-Tmnor

5 1,5

2

9 8

4 7

M. Hodgkin

2,5 4

2

14 20

2 5

Neuroblastom

1,5

1

3

5 zusammen

Tabelle 3. Ergebnisse des EM-Tests bei Patienten mit degenerativen Hirn- u. Nervenerkrankungen. (2= Mittelwert, s~:=.Standardabweichung) Anzahl d. Patienten

Alter (Jahre)

Migrationshemmung (%)

Unklare Speicherkrankheit u. Tetraspast.

2

12, 13

28, 11

Unklare progress. Hirndegeneration

1

Radikulitis nach Zeckenbil3

1

I-cell disease

1

Multiple Skelerose zusammen

1 6

16 Monate 50 2 63

14, 16, 20, 24

20,93 +_8,45

Anzahl Alter Migrationsder (Jab_re) ttemmung (%) Patienten 1. Test 2. Test

Masern mit frischem Exanthem 1

9

14 nach 14 Tagen 4

15 Akut. gripp. Infekt

1

26

24

Akut. gripp. Infekt

1

33

20

Akut. gripp. Infekt

1

33

23

nach 2 Tagen 5

16

nach 14 Tagen 5

14 25

27

Tabelle 4a. Ergebnisse des EM-Tests bei Patienten mit akuten Virusinfektionen mit Verlaufskontrollen Diagnose

Diagnose

15

15

nach 1 Tag 4 nach 4 Tagen 4

18,17 + 6,73 Akut. gripp. Infekt

1

23

16 nach 8Tagen 4

b) Nichtmaligne Erkrankungen (aul3er degeneratiyen Hirnerkrankungen und akuten Virusinfektionen) : Diese Gruppe von insgesamt 82 Patienten setzt sich wie folgt zusammen (Tabelte 1). Es wurde in diesem Kollektiv eine Migrationshemmung yon 1,36% _+8,69 gemessen. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde der Normalbereich mit einer Migrationshemmung von > 10% definiert. In dieser Gruppe befinden sich 6 Patienten (7,2%), die ein falsch positives Ergebnis zeigten. c) Maligne Erkrankungen (Tabelle 2). Die Lymphozyten von Patienten mit malignen Erkrankungen bewirkten eine Migrationshemmung der Testpartikel, die im Mittel 16, 33% _+8,21 (n = 111) betrug. Dabei wurden 13 falsch negative Ergebnisse registriert ( = 11,7%). d) Degenerative Hirnerkrankungen. Bei den 6 untersuchten Patienten mit den in Tabelle 3 aufge-

fiihrten Hirn- und Nervenerkrankungen fand sich eine Migrationshemmung yon 18,17% + 6,73. e) Akute Virusinfektionen (Tabelle 4). Es wurden 15 Patienten mit akuten Virusinfektionen untersucht. Mittelwert und Standardabweichung betrugen 20,93% ± 8,45. Wie aus Tabelle 4a ersichtlich, konnten in einigen F/itlen Nachuntersuchungen durchgeffihrt werden. Bei sogenannten akuten grippalen Infekten trat eine Normalisierung der Testergebnisse bereits innerhalb weniger Tage ein. Auf Abbildung 2 sind die Ergebnisse des EM-Testes der einzelnen untersuchten Gruppen einander gegenfibergestellt, wobei jeder Punkt einen Patienten repr~isentiert. Eine Zusammenstellung der Mittetwerte und Standardabweichungen aller untersuchten Gruppen findet sich auf Tabetle 5. Auf Tabetle 6 sind ftir die einzelnen Gruppen die mit der Krankheitsdiagnose iibereinstimmenden bzw. nicht iibereinstim-

181

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-Mobilitfits- (EM) Test EM

Gesunde

Kont

rollpers,

-TEST

Nicht

Malign•me

- Malign•me

Degenerat. Nervenerkr.

Akute VirusInfektionen

%Hemmun

>-- 30

moo

edJ

oeoo ooooo ego 20

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. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1 o

000

10

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-20

ooe•

n~

66

111

82

6

15

Abb. 2. Gegenfiberstellung der EM-Test-Ergebnisse in den untersuchten Gruppen. Angegeben ist die prozentuale positive oder negative Hemmung der elektrophoretischen Beweglichkeit in Relation zum Null-Standard

Tab•lie 5. Mittelwerte und Standardabweichungen der Migrationshemmung (%) yon Normalpersonen, Nicht-Malignomen, Malign•men, degenerativen Him- und Nervenerkrankungen sowie akuten Virusinfektionen

Normale

NichtMalign•me

Malign•me

Degenerative Hirn- und Nervenerkrankungen

Akute Virusinfektionen

.......4,27_+ 8 , 2 6 n=66

1,36+ 8,69 n=82

16,33± 8 , 2 1 n = 1tl

18,17± 6,73 n=~6

20,93+_. 8,45 n=15

Tabelle 6. Gegen~iberstellung der mit der Kranklaeitsdiagnose fibereinstimmenden bzw. nicht tibereinstimmenden Ergebnisse des EM-Tests in Prozent

Obereilastimmend Nicht fibereinstimmend

Normale

NichtMalign•me

Malign•me

Degenerative Hirn- und Nervenerkrankungen

Akute Virusinfektionen

100%

92,8% 7,2%

88,3% 11,7%

100% -

100% --

182 menden Ergebnisse des EM-Testes prozentual angegeben.

3.3. Kontrollen

Chr. Tautzet al. : Der Elektrophoretische-MobiliNts-(EM) Test sungen (pro Testansatz) ergibt sich danach S~= $2/10=0,0075 bzw. die Standardabweichung SM= 0,087. Bezogen auf den aus 80 Tageswerten berechneten Mittelwert des Nullstandards von 4,46 s entspricht das einer Abweichung yon 1,9%.

3.3.1. Lymphozyteninkubation mit und ohne EF 4. Diskussion

Von dem Blut 10 gesunder Probanden wurden sowohl eine Lymphozyten-EF-Inkubation (= Testansatz), als auch eine Lymphozyteninkubation ohne EF (= Kontrolle) angesetzt. Diese 10 Proben ergaben im Testansatz eine Migrationsbeschleunigung von - 4 , 6 % bis zu -15,5%. Die Kontrollans/itze dagegen zeigten keine wesentlichen ,~nderungen der Wanderungszeiten. Im Vergleich zum Nullstandard lagen die Werte zwischen - 4 , 0 % und +2,2% und damit im Bereich der Standardabweichungen.

3.3.2. Einflul3 von EF auf das Indikatorsystem Bei Inkubation von ETS in den Proben der oben beschriebenen EF-Verdfinnungsreihe (s. 2.7.2) zeigt sich bei abnehmender EF-Konzentration eine zunehmende Verlangsamung der Zellwanderung im Zytopherometer. Bei einer Konzentration von 0,3 mg EF/ ml HBSS nimmt die Geschwindigkeit der Testpartikel einen Weft gegen 0 an. Aus diesem Grunde wurde im Testansatz die Konzentration yon 0,3 mg EF/ml HBSS gew/ihlt. Mit weiter abfatlender EF-Konzentration wird die negative Oberflfichenladung der Indikatorzellen wirksam, so dal3 die Partikel eine Umpolung erfahren und zur Anode wandern.

3.4. Statistische Auswertung

Zwischen den Patienten mit malignen Erkrankungen (Tabelle 2), mit nichtmalignen Erkrankungen (Tabelle 1) und der Kontrollgruppe ergeben sich bei der Varianzanalyse erwartungsgemfiB hochsignifikante Mittelwertunterschiede (p ~ 0.001). Multiple Vergleiche nach Scheff6 zeigen hochsignifikante Unterschiede zwischen den Patienten mit malignen Erkrankungen und den beiden anderen Gruppen (p < 0,001). Auch der Unterschied zwischen der Kontrollgruppe und den Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen lfil3t sich noch sichern (p < 0,01). Zwischen den in den Tabellen angegebenen Untergruppen ergeben sich keine eindeutigen Unterschiede. Zur Orientierung fiber die Prfizision der Methode wurde bei 20 Patienten die Varianz der Zeitmessungen innerhalb der einzelnen Testansfitze berechnet. Es ergab sich: $2=0,075. F/Jr die Mittelwerte aus je 10 Einzelmes-

4.1. Zur Methodik des MEM-Tests

Der yon Field und Caspary entwickelte MEM-Test verwendet Peritonealexsudatmakrophagen des Meerschweinchens, um fiber eine Migrationshemmung dieser Zellen in der trfigerfreien Zeltelektrophorese den postulierten ,,macrophage slowing factor" (MSF) nachzuweisen (Field etal., 1970; Caspary et al., 1971; Caspary, 1972a, 1972b; Carnegie et aI., 1973b; Mertin et al., 1974). Die Notwendigkeit der Verwendung paraffinS1 stimulierter Makrophagen ftihrt jedoch zu einer Reihe nicht zu unterschfitzender methodischer Schwierigkeiten. 4.2. Nachteile der Makrophagen als Indikatorzellen

a) Die Makrophagensuspension ist zu mindestens 15--20% mit Granulozyten und Lymphozyten kontaminiert. Daher b) Notwendigkeit der Bestrahtung der Suspension mit 100-200 R um eine MLC zwischen menschlichen und Meerschweinchenlymphozytenzu verhindern (was jedoch fraglich erscheint). c) Peritonealexsudatmakrophagen stellen eine uneinheitliche Population mit Zellen unterschiedlicher Gr6Be und unterschiedlichem Gehalt an phagozytierten (~)ltr6pfchen dar, was beides einen Einflul~ auf die Wanderungsgeschwindigkeit ausfibt. d) Makrophagen weisen nicht nur morphologische, sondern auch funktionelle Unterschiede auf (Lewkonia et al., 1974), was zu einer wechselnden Empfindlichkeit fiir den MSF und damit zu einer unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeit ftihren kSnnte. e) 20--40% aller Messungen k6nnen aufgrund zu grol3er Differenzen der Wanderungszeiten in beiden Richtungen nicht verwendet werden (Pritchard et al., 1973b). f) Meerschweinchen mfissen in sterilem Milieu gehalten werden, da Makrophagen yon infizierten Tieren falsch positive Ergebnisse im MEM-Test zur Folge haben (Field et at., t973c). 4.3. Modifikationen des iltEM-Tests

Um die unter Punkt 2 genannten Schwierigkeiten zu umgehen, entwickelten Pritchard et al. (t972, 1973)

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-MobilitS.ts-(EM) Test eine Modifikation, indem sie zun/ichst Lymphozyten und Antigen miteinander inkubierten und erst danach dem zellfreien Uberstand die Makrophagen zusetzten. Damit erzielten sie gleichzeitig deutlichere Unterschiede in den Ergebnissen der Kontroll- und Tumorgruppe. Von Shenton et at. (1973) wurde wegen den unter Punkt 3 aufgeffihrten Nachteilen die Forderung erhoben, nur eine bestimmte Makrophagenpopulation definierter Gr613e und Beladung mit Oltr6pfchen ffir die Messung zu verwenden, was allerdings hohe Anforderungen an den Untersucher und monatelange Erfahrung notwendig macht.

4.4. Vorteile der ETS ats Indikatorzellen Die Verwendung eines biologischen und zudem noch inhomogenen Indikatorsystems zieht bei den vielfS.ltigen M6glichkeiten der Interaktionen der am Testansatz beteiligten Partner Konsequenzen nach sich, die kaum abzuschfitzen sind. Mit dem Ersatz der Meerschweinchenmakrophagen durch tannierte und salicylsfiurestabilisierte Erythrozyten konnten die genannten Schwierigkeiten voll umgangen werden. Es konnte gezeigt werden, dat3 ETS sowohl im Hinblick auf elektrostatische Ladung und damit Wanderungsverhalten im elektrischen Fetd, als auch im Hinblick auf ihre Suszeptibilitfit ffir Mediatoren durchaus geeignet erscheinen und mit ihnen vergleichbare Ergebnisse wie bei der Verwendung yon Makrophagen erzielt werden k6nnen (Porzsolt et al., 1975a, 1975b). Diese Zellen stellen ein standardisiertes, homogenes, jederzeit verffigbares und gut zu lagerndes Indikatorsystem dar. Jede Zelle ist zur Messung geeignet. Die Streuung der Einzelwerte ist relativ gering: der Mittelwert der Standardabweichungen von 20 aufeinanderfolgenden Testans/itzen lag bei 0,25 +0,011.

4.5. Besprechung der Ergebnisse Im Kollektiv der gesunden Kontrollpersonen wurden zwar gr613ere Schwankungen der Einzelmessungen, jedoch keine falsch positiven Ergebnisse registriert. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, fanden sich in der Gruppe der nichtmalignen Erkrankungen 6 faIsch positive Ergebnisse (~7,2%). Das erste Kind hatte 4 Wochen vor der Testung eine 2. - 3. gradige Verbrennung erlitten. Zum Zeitpunkt der Messung bestanden heben gr6t3eren, z.T. granulierten Flfichen noch superinfizierte Hautareale. Bei dem zweiten Kind bestand als Grundleiden eine Subhfimophilie A, wobei ein doppelmannsfaustgrol3es, in Organisation befindliches H/imatom, das als derbh6ckriger Unterbauchtumor imponierte, operativ unter Faktor VIII-Substi-

183 tution ausgerfiumt werden mul3te. Klinisch bestanden auf der Seite des Tumors neben einer eingeschr/inkten Beugung im Hfiftgelenk Par/isthesien und SensibilitfitsausfS.11e im Oberschenkelbereich. Sowohl bei diesen beiden F/illen als auch bei Fall Nr. 3 k6nnte durch Untergang von Nervengewebe eine Sensibilisierung gegen EF und damit das positive Testergebnis erklfirt werden. Bei den F/illen Nr. 4 und Nr. 5 handelt es sich bei den Migrationshemmungen um Grenzwerte. Fiir Fall Nr. 6 konnte keine eindeutige Erkl/irung ffir das positive Testergebnis gefunden werden. Field et al. (1973 b) wiesen unter anderem auch auf positive Testergebnisse bei Sarcoidose und Morbus Crohn bin. Wir k6nnen dies nicht best/itigen. Im EM-Test zeigten die von uns untersuchten Patienten mit Sarcoidose sowie die beiden Patienten mit Morbus Crohn Migrationshemmungen deutlich unter 10%, d.h. negative Ergebnisse. Die Zusammensetzung des Patientenkollektivs mit Matignomen ist aus Tabelle 2 ersichtlich. Erstaunlich ist tier positive Testausfalt bei Patienten mit Morbus Hodgkin und Non-Hodgkin Lymphomen (Lymphosarkom). Beim Morbus Hodgkin ist die verminderte zellvermittelte Reaktivitfit der Lymphozyten ein bekanntes Phgnomen (Levy et al., 1973; Young et al., i973). Die positiven Ergebnisse k6nnten daffir sprechen, dab die F/ihigkeit Mediatorsubstanzen zu produzieren auch bei beeintrfichtigter Immunitfitslage nicht oder kaum beeinflul3t wird. Auch die Tatsache, dat3 Bestrahlung und intensive z.T. immunsuppressive Chemotherapie kaum EinfluB auf das Testergebnis haben, k6nnte diese Hypothese stfitzen. DaB alle bisher untersuchten Non-Hodgkin-Lymphome (Lymphosarkome) Migrationshemmungen fiber 10% ergaben, ist um so tiberraschender, als trotz der engen Verwandtschaft, wenn nicht gar Identitfit mit der akuten lymphatischen Leukfimie bei diesen hfiufig negative Resultate registriert wurden. Von besonderer Bedeutung sind die falsch negatiyen TestausfiiIle in der Gruppe der malignen Tumoren (13/11 t = 11,7%). Bei den 3 Patienten mit malignem Metanom, die unter einer BCG-hnmuntherapie standen, k6nnte diese Behandlung ffir das negative Ergebnis verantwortlich sein. Denn wie Saal (1976) zeigen konnte, fiben therapeutische BCG-Vaccinationen eihen signifikanten Einflul3 auf die zellvermittelte und humorale Reaktivitfit der Lymphocyten aus. Im Rahmen ausgedehnter metastasierender Tumorerkrankungen wird eine Anergie der Lymphozyten beobachtet (Nind et al., 1973). Einige der falsch negativen Ergebnisse k6nnten damit eine Erklfirung finden. Dagegen scheint selbst eine intensive Zytostatiktherapie keinen Einfluf3 auf den Testausfall zu haben: ca. 50% der untersuchten Patienten mit Malignomen standen zum Zeitpunkt der Untersuchung unter einer zytosta-

184 tischen und/oder Bestrahlungstherapie. Die tibrigen falsch negativen Ergebnisse verteilten sich relativ gleichmfiBig auf die verschiedenen Diagnosegruppen (Tabelle 2). Eindeutige Erklfirungen liegen sich nicht finden, allenfalls ffir das Neuroblastom, bei dem es sich histologisch um einen weitgehend ausdifferenzierten Typ handelte. Wie bereits yon Field et al. (1970, 1972a) beschrieben, soll eine Migrationshemmung noch fiber viele Jahre nach erfolgreicher Entfernung eines Karzinoms bestehen bleiben. Aufgrund dieser Ergebnisse erschien der MEM-Test ffir die Beurteilung des Verlaufs einer Tumorerkrankung nicht geeignet. Die wenigen yon uns bisher nachuntersuchten tumorfreien Kinder lassen eher eine frfihere Normalisierung erkennen (s. Tabelle 2a). Sollten sich diese Befunde bei einem gr6Beren Kollektiv best~itigen, k6nnte der EM-Test auch ffir die Verlaufskontrolle Bedeutung gewinnen. Die Ergebnisse des EM-Tests in der Gruppe der degenerativen Hirn- und Nervenerkrankungen (Tabelle 3) bestfitigen die Befunde frtiherer Untersucher auch ftir das Kindesalter (Field et al., 1970; Caspary et al., 1970; Field et al., 1972; Meyer-Rienecker et al., 1974, 1975). Ob dem EM-Test bei der Differentialdiagnose spastischer L/ihmungen als Ausdruck frtihkindlicher Hirnschfidigung bzw. progressiver degenerativer Leiden (Speicherkrankheiten, diffuse Sklerosen) eine Aussagef/ihigkeit zukommt, kann aufgrund der kteinen Zahlen noch nicht entschieden werden. Durch zuffillige Beobachtungen und sich daran anschliel3ende experimentelle Studien konnte von Field et al. nachgewiesen werden, dab auch Infektionen mit Influenza-, Vaccinia- und Masern-Viren zu einer Sensibilisierung bzw. ,,Irritabilitfit" der Lymphozyten gegen EF ffihrt (Field et al., 1973c). Es lag daher nahe, den EinfluB anderer Viruserkrankungen zu testen (Tabelle 4). Dabei erschien es yon besonderem Interesse zu untersuchen, wie lange ein positives Ergebriis nachweisbar war. Wie Nachunteruchungen ergaben, lieB sich bei akuten grippalen Infekten zum Teil bereits nach 24 h e i n e Riickkehr zur N o r m beobachten. Bei den tibrigen Infektionskrankheiten erschien dies erst nach einigen Wochen der Fall zu sein. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dab mit dem EM-Test ein immunologisches Verfahren zur Verffigung steht, das mit einer Sensitivit/it von fiber 88% in der Lage ist, maligne yon nichtmalignen Tumorerkrankungen zu unterscheiden, wie dies bisher mit keinem Labortest erreicht werden konnte. Auch in der methodisch wesentlich vereinfachten F o r m best~itigen unsere Befunde die Mitteilungen von Caspary und Field sowie die anderer Arbeitsgruppen (s. Einleitung).

Chr. Tautz et al. : Der Elektrophoretische-Mobilitgts-(EM) Test

4.6. Nachteile des EM-Tests Der Test in seiner jetzigen Methodik beinhaltet jedoch einige Nachteile: 1. Er ist nicht tumorspezifisch, d.h. Tumoren unterschiedlicher Histologie und Lokalisation ergeben keine unterschiedlichen Ergebnisse. 2. Er ist nicht malignomspezifisch, d.h. auch nicht maligne Erkrankungen, wie degenerative Hirn- und Nervenerkrankungen sowie eine Reihe yon Virusinfekten ergeben positive Testbefunde. 3. Es k6nnen keine Aussagen zur Frage der Gr613e und Ausbreitung des Tumors gemacht werden. 4. Er eignet sich bisher noch nicht als ScreeningUntersuchung, da er sich dafiir methodisch als zu aufwendig und das Zytopherometer als zu st6ranffillig erweist. Uber erste, vielversprechende Ansfitze zur Verbesserung der Tumorspezifit/it wurde yon Irmscher et al. (1975) und Mfiller et al. (1975) berichtet. Sie konnten mittels verschiedener Tumorextrakte charakteristische Reaktionsmuster und typische ,,Tumorprofile" nachweisen, die Rfickschlfisse auf die Lokalisation des Prim/irtumors erlaubten. Unabdingbar ffir entscheidende Verbesserungen des Testsystems erscheint ein Verst/indnis des Wirkungsmechanismus. Welche Reaktionen laufen zwischen Lymphozyt und Antigen ab? Welche Lymphozytenpopulation ist an der Reaktion beteiligt? Wie verlfiuft die Kinetik der Mediatorproduktion? Welcher Natur ist der Mediator? Wie kann der Mediator direkt nachgewiesen werden? Die Klfirung dieser und/ihnlicher Fragen ist Voraussetzung ffir die Entwicklung eines aussagef~higen immunologischen Karzinomtestes, wofiir der EMTest in seiner modifizierten Form eine durchaus vielversprechende Basis darstellen k6nnte.

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Dr. Christoph Tautz Universitgts- Kinderklinik H/imatologische Abteilung R/imelinstr. 23 D-7400 Ttibingen Bundesrepublik Deutschland

[The electrophoretic-mobility-(EM) test: a method for discrimination of malignant and non-malignant tumors (author's transl)].

Klinische Wochenschrift Klin. Wschr. 56, 175-185 0978) © Springer-Verlag 1978 Der Elektrophoretisehe-Mobilit its- (EM) Test: Untersuchungsmethode z...
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