Originalien und Übersichten Bundesgesundheitsbl 2014 DOI 10.1007/s00103-014-2100-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

B. Steenbock · C.R. Pischke · J. Schönbach · S. Pöttgen · T. Brand Abteilung Prävention und Evaluation, Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, Bremen, Deutschland

Wie wirksam sind ernährungsund bewegungsbezogene primärpräventive Interventionen im Setting Kita? Ein Review von Reviews Der Anteil übergewichtiger oder adipöser Kinder hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich erhöht [1], auch wenn sich andeutet, dass ein weiterer Anstieg vorerst abgewendet werden konnte [2]. Die ersten Lebensjahre sind eine sensible Phase für das Entstehen von Übergewicht und Adipositas im Lebenslauf [3]. Präventionsmaßnahmen sollten daher bereits zu diesem frühen Zeitpunkt einsetzen. Kindliches Übergewicht und Adipositas persistieren oft bis ins Erwachsenenalter und führen langfristig zu erhöhten Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen [4, 5]. Auch im Kindesalter zeigen sich bereits negative gesundheitliche Folgen wie Asthma, muskoloskeletale Beschwerden, Verletzungen und Knochenbrüche sowie eine geringe gesundheitsbezogene Lebensqualität [6–8]. Auch Risiken für die psychische Gesundheit, wie Diskriminierung, Mobbing und Depression, sind belegt [9]. Übergewicht und Adipositas lassen sich u. a. durch einen erhöhten Körperfettgehalt charakterisieren, der durch ein dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch entsteht [10]. Das Ernährungs- und Bewegungsverhalten beeinflusst diese Energiebilanz. Eine hohe Verfügbarkeit energiereicher Nahrung und eine Veränderung der kindlichen Bewegungsumwelt stellen Erklärungsansätze für Übergewicht und Adipositas im Kindesalter dar. Neben der Familie sind Kindertagesstätten (Kitas) ein günstiges Interventionssetting, um Bewegungs- und Ernäh-

rungsgewohnheiten von Kindern zu beeinflussen. Unter dem Begriff „Kita“ werden in Deutschland Einrichtungen der Kindertagesbetreuung (Kinderkrippe, Kindergarten, Hort) zusammengefasst. Ein besonderer Vorteil besteht darin, dass über 90 % der Kinder in der Altersgruppe von 3 bis 6 Jahren erreicht werden können [11]. Viele Kitas engagieren sich bereits in den Bereichen Ernährung und Bewegung. So gaben in einer Befragung von 643 Kitas 97 % der Einrichtungen an, Aktivitäten im Bereich Bewegung anzubieten [12]. Bezüglich der Interventionen sind allerdings eine große Heterogenität und ein Mangel an Evaluierungsmaßnahmen festzustellen [13, 14], sodass sich die Frage stellt, welche Interventionen sich zur Ernährungs- und Bewegungsförderung in Kitas als wirksam erwiesen haben und welche Bereiche zukünftig im Mittelpunkt der Gesundheitsförderung und Primärprävention stehen sollten. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, einen aktuellen Überblick zur Evidenz der Wirksamkeit kitabasierter Interventionen bereitzustellen.

Methoden Grundlage der vorliegenden Arbeit ist eine systematische Literaturrecherche zu primärpräventiven Maßnahmen in den Handlungsfeldern Ernährung und Bewegung im Setting Kita in den Datenbanken PubMed (MEDLINE), Cochrane Library und Campbell Collaboration. Die Datenbanken wurden im Juli 2013 – mit

einer Aktualisierung der Suche im April 2014 – nach folgenden Begriffen in unterschiedlichen Kombinationen durchsucht: „prevent*“, „health promotion“, „promot*“, „intervention“, „physical activity“, „physical inactivity“, „motor activity“, „exercise“, „ergonomic“, „musculoskeletal disorder“, „fitness“, „sedentary behav*“, „healthy eating“, „nutrition“, „diet*“, „weight“, „obes*“, „body mass index“, „vegetable“, „fruit“, „overweight“, „nursery“, „kindergarten“, „preschool“, „pre-school“, „day-care center“ (* bezeichnet Trunkierung). Eingeschlossen wurden systematische Reviews und Metaanalysen, die folgende Kriterien erfüllten: 55veröffentlicht im Zeitraum von 2007 bis 2014, 55verfasst in englischer oder deutscher Sprache, 55Untersuchung von primärpräventiven Maßnahmen in den Handlungsfeldern Ernährung und Bewegung, 55Einschluss mindestens einer Primärstudie im Setting Kita, 55Einschluss von Primärstudien mit mindestens Evidenzklasse 2b (quasiexperimentelles Studiendesign), 55Einschluss von mindestens einer europäischen und/oder amerikanischen Primärstudie. Aufgrund internationaler Unterschiede in den Kindergärten- und Vorschulsystemen folgten wir während der Literaturrecherche den Definitionen der Re-

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N = 1199

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Ausschluss von Studien n = 1085 Sichtung aller ausgewählten

kein systematisches Review/Metaanalyse, kein Bezug

Studien (Titel & Abstracts)

zum Handlungsfeld, keine Maßnahme der Primärprävention, kein Bezug zum Setting oder

eingeschlossen: n = 1135

außerhalb des Untersuchungszeitraums Weiterer Ausschluss von Studien n = 34 Beschaffung der Volltexte aller ausgewählten Studien eingeschlossen: n = 50

Volltext nicht verfügbar, Evidenzklasse

[The effectiveness of primary prevention interventions promoting physical activity and healthy eating in preschool children: A review of reviews].

During their preschool years children establish nutritional and physical activity (PA) habits that may contribute to the development of overweight and...
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