Kommunikation und Management

Ein Team zielgerichtet leiten



Der Arzt als Führungkraft Ärzte sind im Arbeitsalltag häufig mit der Aufgabe konfrontiert, ein Team leiten zu müssen – ohne darauf im Studium vorbereitet worden zu sein. Die Führung von Assistenzpersonal kann deshalb zu einer echten Herausforderung werden. Hier erfahren Sie, worauf Sie bei der Auswahl und Entwicklung Ihres Assistenzpersonals achten sollten und wie es Ihnen gelingen kann, Ihr Team in die gewünschte Richtung zu lenken – durch zielführende Kommunikation, konstruktives Feedback und Einfühlungsvermögen. Führungsstil – welcher ist der Richtige? Situativ führen | Der Führungsstil kann einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg einer Praxis haben. Kurt Lewin, Pionier der modernen Sozialpsychologie, [1] teilte die verschiedenen Führungsstile ein in: ▶▶ autoritär: maximale Kontrolle ▶▶ kooperativ: maximale Einbindung ▶▶ laissez-faire: maximale Freiheit Die moderne Personalführung sieht keinen dieser Führungsstile als Optimum an. Vielmehr tendiert man zur situativen Führung, nach der der optimale Stil von der jeweiligen Situation abhängt. Gibt es in der Praxis z. B. einen medi­ zinischen Notfall, sind eindeutige Ansagen und autoritäre „Führung von vorne“ angemessen. Wollen Vorgesetzte herausfinden, wer künftig noch mehr Führungs- oder Projektverantwortung übernehmen soll, kann für eine begrenzte Zeit Laissez-faire ein Mittel der Wahl sein – so erkennt man, welcher der Mitarbeitenden Verantwortung übernimmt und zugleich loyal bleibt. Im alltäglichen Miteinander und in der Entwicklung von ­Visionen und Strategien wird der kooperative Führungsstil bevorzugt. Faktoren zur Auswahl des Führungsstils | Die Frage, wie zu führen ist, hängt also davon ab, ▶▶ wer in einem Team aufeinandertrifft. Menschen unterscheiden sich z. B. durch ihre in der Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung angelegte innere Haltung und Einstellung. Im Arbeitskontext kommen die offizielle Funk­ tion und informelle Rolle sowie das Wissen und die Kompetenz hinzu. ▶▶ wo, bzw. unter welchen Umständen Menschen aufeinandertreffen. Diese ergeben sich aufgrund unterschiedlicher Arbeitsbedingungen und Organisationsstrukturen sowie den daraus resultierenden Abhängigkeitsund Verantwortungsgraden für die Beschäftigten. ▶▶ wozu Menschen aufeinandertreffen, d. h. was die daran geknüpften Erwartungen und Zielsetzungen sind und inwieweit darüber eine Verständigung erfolgt ist. Steil M. Der Arzt als Führungkraft  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 690–692

Personalauswahl – welcher Bewerber ist der Richtige? Anforderungen und Kompetenzen | Um das „richtige“ Assistenzpersonal für die Arztpraxis auszuwählen, muss man die Anforderungen der Stelle mit den Kompetenzen potenzieller Bewerber abgleichen. Das Anforderungsprofil sollte ­folgende Aspekte beschreiben: ▶▶ die zu erledigenden Aufgaben und daraus resultierenden Anforderungen ▶▶ die notwendigen Kompetenzen ▶▶ die damit verknüpfte Verantwortung Wer die Anforderungen definieren und realitätsnah beschreiben will, sollte folgendes kennen: ▶▶ die strategischen Ziele der Praxis ▶▶ die dort gegebenen Rahmenbedingungen und Arbeitsstrukturen ▶▶ die Teamstruktur des bereits eingesetzten Personals Sind die wesentlichen Anforderungen in der ­Stellenanzeige vorhanden, erhält man möglichst zielführende Bewerbungen.

Personalentwicklung – wie geht das? Weiterentwicklung | Personalentwicklung hat das Ziel, Menschen und Teams dazu zu befähigen, ihre Aufgaben in betrieblichen Arbeitssystemen erfolgreich und effizient zu bewältigen. Mitarbeiter sollten außerdem auf aktuelle und künftige Anforderungen des Unternehmens vorbereitet und ihrer Kompetenz und Qualifikation gemäß eingesetzt werden. Wichtig ist, dass die Interessen des Unternehmens und die Interessen der Beschäftigten aus­balanciert sind.

Letztlich sollte in Abhängigkeit von den strategischen Zielen der Praxis die richtige Person mit der richtigen Qualifikation zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingesetzt werden. Dies kann gelingen, wenn man

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Das Bewerbungsgespräch bietet die Chance zum Test: Kann der Bewerber mit seinen Kompetenzen den Anforderungen im Praxisalltag gerecht werden?

▶▶ bereits vorhandene Kompetenzen gezielt nutzt, ▶▶ das Fachwissen durch Weiterbildungen fördert

und erhält,

▶▶ Weiterbildungen zu Arbeitsorganisation und

Arbeitseffizienz anbietet,

▶▶ „Softskills“ wie Kommunikations- und Kon-

fliktmanagement schult,

▶▶ vertikale Entwicklungsmöglichkeiten (neue Auf-

gaben) anbietet und

▶▶ horizontale Entwicklungsmöglichkeiten (hier-

archischer Aufstieg) anbietet. Oft hat das Assistenzpersonal auch eigene Ideen, wie sie ihre Kompetenzen noch gezielter einsetzen und somit zum Erfolg einer Praxis beitragen können. Fragen Sie einfach mal nach, z. B. im ­Mitarbeiterjahresgespräch! So kann man Ideen austauschen und sich dann auf entsprechende Maßnahmen verständigen.

Das Team in die richtige Richtung lenken – wie kommuniziert man zielführend? Orientierung durch Transparenz | Klar formulierte und transparente Ziele sind Voraussetzung für Erfolg in der Entwicklung von Personal und Führung von Mitarbeitenden. Nur wenn der Arzt weiß, welche strategischen Ziele er verfolgt, und die Mitarbeiter diese Ziele kennen, können sie sich danach ausrichten. Transparenz fördert Orientierung. Und diese Orientierung ist die Voraussetzung dafür, dass das Personal an der Erreichung der Ziele mitarbeiten kann.

Inhalt und Beziehung | Dennoch darf man nicht davon ausgehen, dass das, was man sagt, auch so ankommt, wie man es meint. Kommunikation ist ein komplexes Zusammenspiel zwischen Sender und Empfänger, Sagen und Meinen, Verstehen,

nicht Verstehen und Missverstehen. In der Kommunikation geht es nie nur um den Inhalt, sondern immer auch um die Beziehung der Kom­ munizierenden. Friedemann Schulz von Thun [2], Psychologe und Kommunikationswissenschaftler, ergänzt mit der Selbstoffenbarung und dem Appell zwei weitere Aspekte und beschreibt diese in seinem Kommunikationsquadrat: Auf Seiten des Senders spricht er von den vier Seiten einer Nachricht, auf Seiten des Empfängers von den vier Ohren. Ein Beispiel: Ein Arzt fragt seine Arzthelferin: „Haben Sie das Rezept für Frau Müller schon fertig?“ Die möglichen vier Seiten seiner Nachricht lauten: ▶▶ Sachebene: „Ich weiß nicht, ob das Rezept schon fertiggestellt ist.“ ▶▶ Beziehung: „Ich verlasse mich auf Sie.“ ▶▶ Selbstoffenbarung: „Ich schaffe das nicht allein.“ ▶▶ Appell: „Machen Sie das Rezept fertig!“ Die Arzthelferin könnte folgendes verstehen: ▶▶ Sachebene: „Er weiß nicht, ob das Rezept schon fertig gestellt ist.“ ▶▶ Beziehung: „Er findet, dass ich zu langsam bin.“ ▶▶ Selbstoffenbarung: „Er ist unzufrieden mit meiner Leistung.“ ▶▶ Appell: „Mach endlich fertig!“ Nonverbale Kommunikation | Wie etwas verstanden wird, hängt auch vom nonverbalen Ausdruck ab – von Körpersprache, Mimik, Gestik und Tonfall. Dieser erzielt häufig eine größere Wirkung als das gesprochene Wort bzw. der Inhalt selbst. Empathie | Wie gelingt es aber nun, zielführend zu kommunizieren? Zielführende Kommunika­ tion ist weniger eine Frage der Technik, sondern vielmehr der Haltung, in der wir anderen begegnen. Carl Rogers [3], Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie, fasst diese Haltung in drei Begrifflichkeiten zusammen: ▶▶ bedingungslose, positive Wertschätzung: das Gegenüber mitsamt seiner Gefühlswelt vorurSteil M. Der Arzt als Führungkraft  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 690–692

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Michael Steil ist Leiter des Instituts für Human Resources in Freiburg, Diplom-Theologe und Notfallpsychologe, sowie systemischer Berater, Coach und Mediator. [email protected]

teilsfrei respektieren, auch wenn diese nicht den eigenen Vorstellung entspricht und möglicherweise nicht nachvollziehbar erscheint ▶▶ Empathie: die Gedanken und Gefühle des Gegenübers einfühlsam verstehen und das, was ich wahrnehme, kommunizieren (Aktives Zuhören) ▶▶ Kongruenz / Echtheit: Die persönlichen Aussagen und Handlungen sollen mit dem eigenen Erleben und Fühlen übereinstimmen. Das, was gesagt wird, stimmt mit dem überein, wie etwas gesagt wird. Kommunikation kann nur dann gelingen, wenn ich „den anderen dort abhole, wo er gerade ist.“ Grundvoraussetzungen dafür sind die achtsame Wahrnehmung sowie das Spiegeln und Mitteilen dessen, was ich wahrnehme. Nur, „wer sich abgeholt fühlt, wird mitgehen.“ Zielführende Kommunikation ▶▶ Schritt 1: Klarheit darüber, was ich will ▶▶ Schritt 2: Klarheit darüber, was ich wem wozu

kommunizieren will

Die Aussagen sollten nicht allgemein oder vage gehalten werden. ▶▶ Beziehen Sie sich nur auf das Verhalten des anderen und dessen Folgen und nicht auf seinen Charakter. ▶▶ Beziehen Sie sich nur auf die momentane oder eine noch nicht sehr lang zurückliegende Situa­ tion. POWER-Methode | Das konstruktive Feedback ist bestenfalls in ein Kritikgespräch eingebettet, das nach der PO-W-ER-Methode [4] aufgebaut ist: 1. Schritt: PO – Positiver Einstieg | Zu Beginn eines Gesprächs ist es wichtig, dass Sie einen positiven Gesprächseinstieg finden – dieser schafft die Basis, dass der Mitarbeiter die Kritik annehmen kann. 2. Schritt: W: 3-mal W | Das 1. „W“ steht dafür, dass Sie Ihre eigene Wahrnehmung schildern. Beschreiben Sie möglichst konkret die Situation, um die es Ihnen geht.

▶▶ Schritt 3: mein Gegenüber abholen (achtsames

und einfühlsames Verstehen) ▶▶ Schritt 4: meinen Wunsch und meine

Erwartung mitteilen ▶▶ Schritt 5: den damit verbundenen Nutzen für

Wichtig ist, dass der Mitarbeiter auf Basis Ihrer Schilderung versteht, dass nicht seine gesamte Person Gegenstand der Kritik ist, sondern sein Verhalten in einer ganz bestimmten Situation.

mein Gegenüber darstellen ▶▶ Schritt 6: mein Gegenüber mit eigenen Worten

wiedergeben lassen, was verstanden wurde ▶▶ Schritt 7: Möglichkeit der kritischen Rückfrage

und Bewertung zulassen und klären

Kritikgespräche – wie gibt man konstruktiv Feedback? Konflikte vermeiden | Kritikgespräche bergen die Gefahr, in Streitgespräche auszuarten. Das muss nicht sein. Richtig angesprochen, kann es gelingen, gemeinsam mit Mitarbeitenden an einer konstruktiven Lösung zu arbeiten. Kern dieser Kritikgespräche ist das konstruktive Feedback: Das Gegenüber erhält eine Rückmeldung zu seinem momentanen Verhalten und der damit verbundenen Wirkung auf andere. Feedback ist immer dann sinnvoll, wenn ein Verhalten verstärkt oder verändert werden soll – konstruktives Feedback kann sowohl Kritik als auch Lob ­beinhalten.

Interessenkonflikt Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. DOI 10.1055/s-0041-101934 Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 690–692 © Georg Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-0472

Regeln | Im konstruktiven Feedback sollten folgende Regeln beachtet werden: ▶▶ Geben Sie Ihren persönlichen Eindruck wieder und beziehen Sie sich dabei nur auf sich (IchBotschaften). Dabei sollten Sie keine Dritten miteinbeziehen. ▶▶ Beschreiben Sie Ihre Beobachtungen – ohne ­Bewertung oder Urteil. ▶▶ Seien Sie konkret, geben Sie klare und präzise Informationen, die Sie selbst beobachtet haben.

Steil M. Der Arzt als Führungkraft  Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 690–692

Das 2. „W“: Beschreiben Sie, welche Wirkung das angesprochene Verhalten bzw. dessen Ergebnis auf Sie und andere hat. Das 3. „W“: Erklären Sie dem Mitarbeiter, was Sie sich stattdessen vom ihm wünschen. Achten Sie dabei darauf, dass ihr Wunsch für den Mitarbeiter realisierbar ist. Vereinbaren Sie hierzu Teilziele, die bei Erreichen den Erfolg sichtbarer machen. Wenn der Mitarbeiter selbst Ideen entwickelt, wie dieses Ziel bzw. die Teilziele erreichbar wären, dann ist er intrinsisch motiviert und erhöht die Chance auf Erfolg. Selbstmotivation ist grundsätzlich motivierender als äußerer Zwang. 3. Schritt: ER – Erfolg | Zum Ende des Kritikgesprächs ist es wichtig, dem Mitarbeiter den Nutzen, Vorteil oder Erfolg zu vermitteln, den er nach Erreichen des gewünschten Ergebnisses haben wird. Dies steigert die Eigenmotivation und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Mitarbeiter sein Verhalten tatsächlich ändert. Literatur 1 Lewin K, Lippitt R, White R. Patterns of aggressive behavior in experimentally created „social climates“. Journal of Social Psychology 1939; 10: 269–299 2 Schulz von Thun F. Miteinander reden 1 – Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Reinbek: Rowohlt; 1981 3 Rogers CR, Stevens B. Von Mensch zu Mensch. Möglichkeiten, sich und anderen zu begegnen. Wuppertal: Peter Hammer Verlag; 2001 4 Power-Kritik-Methode. Im Internet: www.vorgesetzter. de/konfliktmanagement/konfliktgespraeche/ kritikgespraech; Stand: 07.04.2015

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