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Der Anfang vom Ende der Interferontherapie? – Neue interferonfreie Behandlungsoptionen für die Hepatitis C The Beginning of the End for Interferon Therapy? – Novel Interferon-free Treatment Options for Hepatitis C Z Gastroenterol 2014; 52: 450–452 H. W. Zimmermann, F. Tacke MS Sulkowski, DF Gardiner, M RodriguezTorres, KR Reddy, T Hassanein, I Jacobson, E Lawitz, AS Lok, F Hinestrosa, PJ Thuluvath, H Schwartz, DR Nelson, GT Everson, T Eley, M Wind-Rotolo, S-P Huang, M Gao, D Hernandez, F McPhee, D Sherman, R Hindes, W Symonds, C Pasquinelli, DM Grasela for the AI444 040 Study Group. Daclatasvir plus Sofosbuvir for Previously Treated or Untreated Chronic HCV Infection. N Engl J Med 2014; 370: 211 – 221. V Kris, MD Kowdley, E Lawitz, F Poordad, DE Cohen, DR Nelson, S Zeuzem, GT Everson, P Kwo, GR Foster, MS Sulkowski, W Xie, T Pilot-Matias, G Liossis, L Larsen, A Khatri, T Podsadecki, B Bernstein. Phase 2b Trial of Interferon-free Therapy for Hepatitis C Virus Genotype 1. N Engl J Med 2014; 370: 222 – 232.

Hintergrund Die chronische Hepatitis-C-Virus (HCV)Infektion ist sowohl in der westlichen Hemisphäre als auch in Entwicklungsund Schwellenländern eine der Hauptursachen für eine chronische Lebererkrankung. Am Ende eines breiten klinischen Spektrums der chronischen Hepatitis C stehen die dekompensierte Leberzirrhose und das hepatozelluläre Karzinom (HCC), beide mit einer entsprechend hohen Morbidität und Letalität. Galt bis vor 3 Jahren HCV-Genotyp übergreifend eine duale Therapie mit pegyliertem Interferon-alpha (PEG-IFN) und Ribavirin (RBV) als Standardtherapie, so konnte durch die Einführung der beiden Proteaseinhibitoren Telaprevir und Boceprevir 2011 in Form einer Dreifachtherapie (Proteaseinhibitor plus PEG-IFN und RBV) Patienten mit Genotyp-(GT)-1-Infektion eine wesentlich effektivere Therapie angeboten werden. Allerdings erschwerten niedrige Resistenzbarrieren, komplexe Anwendungsschemata, schlechtere Erfolgsaussichten bei Patienten mit Leberzirrhose oder vorheriger erfolgloser IFN-Therapie („Non-Responder“) sowie insbesondere die hohe Rate belastender therapieassozi-

ierter Komplikationen den Einsatz dieser Substanzen im klinischen Alltag. Seit Januar 2014 steht mit dem Nukleotid-Polymeraseinhibitor Sofosbuvir (Sovaldi©, Fa. Gilead) eine innovative und effektive Behandlungsoption zur Verfügung, die in allen Genotypen wirksam ist und ein exzellentes Sicherheitsprofil aufweist. Zudem lässt sich mittels Sofosbuvir die Therapiedauer einer Dreifach-Kombinationstherapie mit PEG-IFN und RBV auf nur noch 12 Wochen reduzieren. Hier liegen die Raten für eine dauerhafte Viruselimination (SVR: sustained virological response, 12 Wochen nach Therapieende) bei 80 – 90 % (Lawitz E et al. N Engl J Med 2013, 368 (20): 1878 – 1887; Lawitz E et al. AASLD Tagung 2013, #LB-4). Wünschenswert wäre es jedoch, generell allen Patienten eine interferonfreie Therapie anbieten zu können, da die Patientenakzeptanz für Interferon aufgrund des ungünstigen Nebenwirkungsprofils vielfach schlecht ist und vor Einsatz von Interferon zahlreiche Kontraindikationen beachtet werden müssen. Belastbare Daten, die den generellen Einsatz von Sofosbuvir und Ribavirin (duale Therapie) ohne PEGIFN bei allen GT1-Patienten rechtfertigen, liegen derzeit nicht vor. Eine kleinere Phase-II-Studie konnte zeigen, dass schwierig zu behandelnde Patienten nach 24-wöchiger Therapie mit Sofosbuvir/Ribavirin eine SVR24 von 48 bzw. 68 % erreichen (Osinusi A et al., JAMA 2013, 310 (8): 804 – 811). Auch bei GT3-Patienten liegen für eine 12- oder 16-wöchige Therapie mit Sofosbuvir/Ribavirin ohne PEG-IFN unbefriedigende Ergebnisse vor, da in den Zulassungsstudien lediglich SVR-Raten von 19 – 63 % beobachtet werden konnten, und dieses Therapieregime somit einer konventionellen dualen Therapie aus PEG-IFN und RBV nicht überlegen ist (Lawitz E et al. N Engl J Med 2013, 368 (20): 1878 – 1887; Jacobson IM et al. N Engl J Med 2013, 368 (20): 1867 – 1877). Eine Verlängerung der Therapiedauer auf 24 Wochen vermag das dauerhafte virologische Ansprechen einer Sofosbuvir/Ribavirin-Therapie bei GT3-Patienten auf bis zu 83 % zu steigern, vorbehandelte Patienten mit Zirrhose weisen jedoch weiterhin in 40 % der Fälle ein Therapieversagen auf (Zeuzem S et al., AASLD Tagung 2013, #1085). Trotz aller gerechtfertigten Euphorie, die die Zulassung von Sofosbuvir hervorgerufen hat, ist der Bedarf an neuen innovativen interferonfreien Therapien folglich für viele Patientinnen und Patienten gegeben. Insgesamt wird oder wurde eine Vielzahl verschiedener oral verfügba-

rer Substanzen in Phase-II- und -III-Studien geprüft. Wir berichten hier über 2 kürzlich im New England Journal of Medicine publizierte Studien, die interferonfreie Therapieregime in therapienaiven und vorbehandelten Patienten mit GT1 bzw. GT1, 2, 3 untersuchten und die unmittelbar vor der Zulassung in Deutschland stehen.

Zusammenfassung In der offenen Phase-II-Studie von Sulkowski et al. wurden insgesamt 211 Patienten mit HCV-Genotyp 1, 2 oder 3 in 18 amerikanischen Zentren behandelt. In dieser Studie wurde die Kombinationstherapie aus Sofosbuvir (Fa. Gilead) und dem NS5A-Inhibitor Daclatasvir der Firma Bristol-Myers Squibb getestet. Eine etablierte Leberzirrhose war als Ausschlusskriterium definiert, einige wenige Patienten zeigten aber dennoch einen Metavir-Score F4 (Zirrhose) in der Biopsie. 41 Patienten wiesen eine Non-Response gegenüber einer vorherigen proteasehemmerbasierten Dreifachtherapie auf (in 46 % der Fälle ließ sich ein NS3-Polymorphismus als Resistenzmutation gegen Proteaseinhibitoren nachweisen), alle übrigen Patienten waren zuvor unbehandelt. In der Mehrzahl der Patienten ergab die Leberbiopsie ein Stadium F2/F3, was einer moderaten bzw. fortgeschrittenen Leberfibrose entspricht. Die Patienten erhielten randomisiert in unterschiedlichen Studienarmen entweder 1 × tgl. 400 mg Sofosbuvir und 60 mg Daclatasvir mit oder ohne Ribavirin in konventioneller Dosis über 24 Wochen (GT1 vorbehandelt, GT2, 3) oder über 12 bzw. 24 Wochen (GT1 therapienaiv). Ein zusätzlicher Arm umfasste eine „lead-in“Phase mit Sofosbuvir über 7 Tage zur Eruierung, ob sich durch ein frühes Absenken der Viruslast das Auftreten daclatasvirresistenter Varianten reduzieren lässt. Die wesentlichen Ergebnisse dieser Studie " Tab. 1 dargestellt. Primärer Endsind in ● punkt war ein anhaltendes virologisches Ansprechen 12 Wochen nach Therapieende (SVR12). Die Kombinationstherapie aus Sofosbuvir und Daclatasvir erwies sich genotypübergreifend als sehr effektiv. Insgesamt erreichten 92 % der GT2-Patienten und 89 % der GT3-infizierten Patienten eine SVR12. In der Intention-to-treat-Analyse konnte bei 98 % der GT1-Patienten eine SVR12 dokumentiert werden (164 von 167 Patienten). Werden nur solche Patienten berücksichtigt, bei denen zum Zeitpunkt 12 Wochen nach Therapieende eine

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Kommentiertes Referat

Tab. 1

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Interferonfreie Therapie aus Sofosbuvir (400 mg/d) plus Daclatasvir (60 mg/d). 1

Therapieregime

DCV und SOF für 12 Wochen

DCV und SOF für 24 Wochen

DCV und SOF + RBV für 24 Woche

GT1 TN

GT1 TN + RBV

GT2/3

GT1 TN

GT1 TE

GT2/3

GT1 TN

GT1 TE

Patientenzahl (n)

41

41

14

14

21

14

15

20

medianes Alter

55

54

50

54

59

52

54

57

männliches Geschlecht

20 (49 %)

21 (51 %)

6 (43 %)

9 (64 %)

13 (62 %)

5 (36 %)

7 (47 %)

12 (60 %)

Sub-Genotyp

2 bzw. 1a

34 (83 %)

33 (80 %)

8 (57 %)

16 (76 %)

16 (56 %)

9 (64 %)

11(73 %)

17 (85 %)

3 bzw. 1b

7 (17 %)

8 (20 %)

6 (43 %)

5 (24 %)

5 (24 %)

5 (36 %)

4(27 %)

3 (15 %)

Metavir-Fibrose Score F0 oder F1

15 (37 %)

13 (32 %)

6 (43 %)

6 (43 %)

2 (10 %)

6 (43 %)

6 (40 %)

3 (15 %)

F2 oder F3

19 (46 %)

22 (54 %)

7 (50 %)

7 (50 %)

14 (67 %)

6 (43 %)

6 (40 %)

11(55 %)

6 (15 %)

5 (12 %)

1 (7 %)

1 (7 %)

3 (14 %)

2 (14 %)

2 (13 %)

6 (30 %)

39 (95 %)

13 (93 %)

14 (100 %)

21 (100 %)

12 (86 %)

15 (100 %)

19 (95 %)

38 (93 %)

14 (100 %)

14 (100 %)



13 (93 %)

15 (100 %)



F4 SVR12

141 (100 %)

SVR24 1 2

TN = therapienaiv; TE = therapieerfahren; DCV = Daclatasvir (60 mg 1x tgl.); SOF = Sofosbuvir (400 mg 1x tgl.); RBV = Ribavirin (< 75 kg 1000 mg 1x tgl., > 75 kg 1200 mg 1x tgl.). SVR = sustained virologic response (HCV-RNA nicht detektierbar, 12 bzw 24 Wochen nach Therapieende).

Substanzen

1

39 (95 %)

Studienarme

ABT-450/r

X

X

X

X

X

X

X

X

X

ABT-333

X

X





X

X

X

X

X

ABT-267

X



X

X

X

X

X

X

X

RBV

X

X

X

X



X

X

X

X

Therapiedauer

8W

12 W

12 W

12 W

12 W

12 W

12 W

24 W

24 W

Therapiestatus

TN

TN

TN

TE

TN

TN

TE

TN

TE

Patienten (n)

80

41

79

45

79

79

45

80

43

SVR24

88 %

83 %

89 %

89 %

89 %

96 %

93 %

91 %

95 %

Tab. 2 Interferonfreie Therapie für Genotyp-1-HCV-Patienten mit verschiedenen Prüfsubstanzen 1 der Firma AbbVie.

ABT-450/r – Proteaseinhibitor (100 – 200 mg 1x/d; Ritonavir 100 mg 1x/d), ABT-267 – NS5A-Inhibitor (25 mg 1x/d), ABT-333 – Polymeraseinhibitor (400 mg 2x/d), SVR24 = sustained virologic response (24 Wochen nach Therapieende); TN = therapienaiv; TE = therapieerfahren; W = Wochen.

Blutabnahme erfolgte, lagen die SVR12-Raten sogar bei 100 % in dieser Gruppe. Hierbei spielte weder die Therapiedauer von 12 oder 24 Wochen eine entscheidende Rolle, noch der IL28B-Genotyp, ethnische Herkunft, Genotyp-Subtyp, Ribavirin-Komedikation oder die Vorbehandlung mit einem Proteaseinhibitor. 120 von 126 GT1-Patienten erreichten eine SVR24, wobei 4 Patienten den Visitentermin zu Woche 24 nach Therapie verpassten, jedoch eine Virusfreiheit zum Zeitpunkt 36 Wochen nach Therapie vorlag. Lediglich bei einem Patienten (Genotyp-3-Infektion, ohne Ribavirin) kam es zu einem gesicherten virologischen Relapse bei nachweisbarem NS5A-A30K Polymorphismus, der in vitro eine Resistenz gegenüber Daclatasvir vermittelt. Hingegen erreichten alle anderen Patienten, bei denen ein NS5A-A30 Polymorphismus oder andere Resistenzmutationen vorlagen, eine SVR. Insgesamt war die Verträglichkeit exzellent, Grad-3- oder -4-Nebenwirkungen traten äußerst selten auf. Fatigue, Kopfschmerzen und Übelkeit waren die häufigsten berichteten Nebenwirkungen. Patienten ohne Ribavirin wie-

sen einen deutlich geringeren Hämoglobinabfall und seltener Anämien auf. Kowdley et al. stellten die Daten einer weiteren großen offenen Phase-IIb-Studie vor, in der in insgesamt 14 Studienarmen (!) die Effektivität von weiteren direkt antiviral wirksamen Substanzen (DAA) der Firma AbbVie bei Patienten mit Genotyp-1-Infektion ohne Zirrhose untersucht wurde, die entweder therapienaiv waren oder zuvor kein Ansprechen auf eine PEG-IFN/RBV-Therapie gezeigt hatten. Alle Patienten erhielten den mit 100 mg Ritonavir geboosteten Proteaseinhibitor ABT-450 in Dosen von 100 – 200 mg über 8 – 24 Wochen und zusätzlich je nach Behandlungsgruppe Ribavirin (1000 bzw. 1200 mg), den nicht nukleosidischen Polymeraseinhibitor ABT-333 (25 mg 1 × tgl.) und den NS5A-Antagonisten ABT-267 (2 × tgl. 400 mg). Eine Übersicht der Studienarme und der wichtigsten Behandlungsergeb" Tab. 2 zu entnehmen. Insnisse ist der ● gesamt wurden 571 Patienten rekrutiert (davon 438 nicht vorbehandelt). Betrachtet man alle Studienarme, erreichten

zwischen 83 und 100 % der Patienten ein anhaltendes virologisches Ansprechen 24 Wochen nach Therapieende. Patienten, die 100 oder 150 mg ABT-450 einnahmen, zeigten ein identisches Ansprechen, sodass diese Therapiegruppen zusammengefasst wurden. Die höchsten SVR-Raten wurden in den Gruppen erzielt, die alle 3 DAAs sowie Ribavirin erhielten (SVR24 bei 96 % der therapienaiven und 93 % der therapieerfahrenen Patienten). Ähnlich wie in der vorher beschriebenen Studie hatten Patientencharakteristika wie der IL28B-Genotyp, die Ethnizität oder aber auch der HCV-Subgenotyp und die Ausgangsviruslast keinen messbaren Einfluss auf das virologische Ansprechen. Eine kürzere Therapiedauer von 8 Wochen wirkte sich ungünstig auf den Therapieerfolg aus (SVR24 88 % gegenüber 96 % bei 12 Wochen), während eine Therapieverlängerung auf 24 Wochen keinen Vorteil gegenüber 12 Wochen mit sich brachte. Ein viraler Durchbruch bei Patienten, die über 12 oder 24 Wochen therapiert wurden, war in nahezu allen Fällen mit dem Auftreten von Virusvarianten assoziiert, die resis-

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virologisches Ansprechen 2

Kommentiertes Referat

tent gegenüber den getesteten Substanzen waren. Auch diese interferonfreien Kombinationstherapien der Firma Abbvie wiesen eine exzellente Verträglichkeit auf. Insgesamt brachen 1 % der Patienten die Therapie ab, zumeist aufgrund psychiatrischer Störungen. Fatigue, Übelkeit, Kopfschmerzen und Schlafprobleme waren die häufigsten berichteten Nebenwirkungen und traten bei mehr als 20 % der Patienten auf. Laborchemische Auffälligkeiten waren selten, gering ausgeprägt und umfassten Anämie (in 1 % der Patienten ohne RBV), Hyperbilirubinämie und Transaminasenanstiege.

Kommentar In den beiden hier zusammengefassten Studien wurde die Effektivität interferonfreier Therapieregime mit einer Kombination direkt antiviral wirksamer Substanzen getestet. Die Essenz dieser Arbeiten ist, dass bei HCV-Patienten ohne zugrunde liegende Leberzirrhose mittels einer kurzen, sehr sicheren und einfach anwendbaren rein oralen Therapie in nahezu allen Patientinnen und Patienten ein anhaltendes virologisches Ansprechen erzielt werden kann. Die sehr gute Verträglichkeit geht somit nicht zulasten der Wirksamkeit, was sicher einen Paradigmenwechsel in der HCV-Therapie bedeutet. Eine Mindesttherapiedauer von 12 Wochen ist offenbar jedoch derzeit (noch?) notwendig, um eine dauerhaft anhaltende Viruselimination zu erzielen. Dies hat die Studie von Kowdley et al. gezeigt, da ein verkürztes Behandlungsintervall mit einer erhöhten Relapse-Rate einhergeht. Die Studie von Sulkowski und Kollegen stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass auch in Patienten, die bislang als schwierig zu behandeln galten (Genotyp 1a, non-CC IL-28B-Genotyp, FibroseScore ≥ 2, Resistenzen gegenüber den Proteaseinhibitoren Telaprevir und Boceprevir), rein orale Therapien mit einer Kombination von 2 neuen DAAs gleich wirksam sind wie bei Patienten, die a priori günstige Charakteristika aufweisen. Auch scheinen resistente Virusvarianten, sofern mind. 2 hochpotente DAAs eingesetzt werden, bei einer 12-wöchigen Therapiedauer nur ein geringes Risiko für ein Therapieversagen darzustellen; zudem kann man spekulieren, dass die Vielzahl an verschiedenen Substanzen mit unter-

schiedlichen Wirkmechanismen es dem Behandelnden in Zukunft gestatten wird, im Falle einer klinisch manifesten Resistenzentwicklung auf alternative Präparate auszuweichen. Zumindest für eine Kombination aus Daclatasvir und Sofosbuvir scheint auch der Einsatz von Ribavirin obsolet zu sein, sodass hierdurch eine noch bessere Verträglichkeit der Therapie erzielt werden kann. Insbesondere ribavirininduzierte hämolytische Anämien sind somit vermeidbar. Das Ende der Interferonära in der HCV-Therapie erscheint somit rund 25 Jahre nach Erstbeschreibung des Hepatitis-C-Virus zumindest für Patienten ohne Leberzirrhose in Sichtweite. Mit einer Zulassung der Kombinationstherapie aus Daclatasvir und Sofosbuvir wird für den Spätsommer/Herbst 2014 gerechnet, eine Zulassung der AbbVie-Präparate wird für Anfang 2015 erwartet. Ein echtes Manko beider Studien stellt die Tatsache dar, dass explizit keine Patienten mit manifester Leberzirrhose eingeschlossen wurden. Gerade diese Patienten benötigen aber dringend interferonfreie Therapien, da sie unter interferonbasierten Therapien teils lebensbedrohliche Komplikationen bei vergleichsweise schlechter Wirksamkeit entwickeln können (Hézode C et al. CUPIC Study Group. J Hepatol 2013, 59 (3): 434 – 441). Erfreulicherweise werden derzeit mehrere multizentrische Studien durchgeführt, die interferonfreie Konzepte für Patienten mit kompensierter und dekompensierter Leberzirrhose untersuchen. Gleiches gilt für andere Patientengruppen mit besonderen Herausforderungen, wie bspw. HIV-Koinfizierte, Lebertransplantierte, Suchtpatienten oder Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz. Im derzeit etwas unübersichtlichen „Studiendschungel“ mit einer Vielzahl wirksamer Substanzen, die fast ausnahmslos über ein exzellentes Nebenwirkungsprofil bei SVR-Raten um 100 % unter Studienbedingungen verfügen, wird sich wahrscheinlich erst durch die Erfahrung aus dem klinischen Alltag sagen lassen, welche Substanzen bzw. welche Kombinationstherapien sich als die günstigsten erweisen. Nicht unerwähnt bleiben sollten die immensen Behandlungskosten, die durch die neuen Therapieregime entstehen. Eine 12-wöchige Therapie mit Sofosbuvir kostet aktuell ca. 60 000 Euro. Die Preise für Daclatasvir oder die Präparate der Firma AbbVie sind derzeit nicht

bekannt. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie die neuen Substanzen auch in Entwicklungs- und Schwellenländern eingesetzt werden können, in denen sich der Behandlungsbedarf umgekehrt proportional zu den ökonomischen Ressourcen zur Finanzierung dieser Therapieformen verhält. 12 der 20 Länder mit der höchsten HCV-Prävalenz fallen nach der Definition der Weltbank in die Kategorie der unteren-mittleren bis unteren Einkommensgruppe (Hill A et al., Clin Infect Dis 2014, im Druck). Zusammenfassend legen die in den beiden Studien dargestellten Daten nahe, dass interferonfreie Therapien noch im Laufe der nächsten 12 Monate für praktisch alle HCV-infizierten Patienten (alle Genotypen, alle Vorbehandlungen, alle Schweregrade) zur Verfügung stehen werden. Da sich Wirksamkeit und Verträglichkeit der hier vorgestellten Konzepte nur marginal unterscheiden, werden vermutlich andere Faktoren wie z. B. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, Möglichkeit zum Verzicht auf Ribavirin, persönliche Erfahrungswerte, Verfügbarkeit von Daten zu spezifischen Subgruppen oder auch die Therapiekosten die Entscheidung für die Auswahl der direkt antiviralen Kombinationstherapie bestimmen. Univ.-Prof. Dr. med. Frank Tacke Medizinische Klinik III Universitätsklinikum Aachen Pauwelsstr. 30 52074 Aachen [email protected]

Kommentierte Referate können von jedem interessierten Kollegen verfasst werden. Sie sollten zuvor beim Koordinator angemeldet werden. Die formale Gestaltung orientiert sich an den publizierten Referaten (Kurzzitate im Text!). Einreichung nicht über die Online-Manuskripteinreichung des Thieme Verlags, sondern via E-mail an den Koordinator der Kommentierten Referate. Prof. Dr. Stefan Müller-Lissner Park-Klinik Weißensee Schönstraße 80, 13086 Berlin Tel. + 49 30 96 28 36 00, Fax 36 05, [email protected]

Zimmermann HW, Tacke F. Der Anfang vom … Z Gastroenterol 2014; 52: 450–452 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1366260

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[The beginning of the end for interferon therapy? - novel interferon-free treatment options for hepatitis C].

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