Pneumologie | Commentary

Lungenfunktionsdiagnostik – Stand der Dinge Testing lung function: what is new? E. Ekkernkamp1 S. Sorichter1 Peumologie Pneumologie | Commentary

Schlüsselwörter Lungenfunktion Spirometrie Spiroergometrie Sollwerte Atemmuskelkraft

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Keywords lung function tests spirometry spiroergometry reference values respiratory muscle function

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Was ist neu? 3Technische Entwicklungen: Die meisten hier beschriebenen Lungenfunktionsprüfungen sind seit langem im klinischen Einsatz. Neuheiten ergeben sich durch die technische Entwicklungen wie höherer Rechenleistung und schnellerer Gasanalysatoren. 3Referenzwerte: Seit 2012 gibt es eine europaweite Referenzwertempfehlung für die Spirometrie, für die über 97 000 Spirometrien von gesunden Nichtrauchern (Alter 3–95 Jahre) ausgewertet wurden. Im Gegensatz zu den alten Referenzwerten wurde auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis sowie auf die Abbildung der gesamten Altersspanne geachtet. 3Atemmuskelkraftmessung: Das höhere Aufkommen von atemmuskulärer Funktionsdiagnostik spiegelt die zunehmende Rolle der Atemmuskulatur im Spektrum der Lungenerkrankungen wider. Die Messung der Atemmuskelkraft ist mittels einiger mitarbeitsabhängiger Methoden mittlerweile in den meisten pneumologischen Praxen und Abteilungen möglich. Die mitarbeitsunabhängige Bestimmung der Zwerchfellkraft ist bisher nur in spezialisierten Zentren etabliert.

Einleitung ▼ Institut Innere Medizin – Klinik für Pneumologie, St. Josefskrankenhaus Freiburg Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370193 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 1590–1592 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Stephan Sorichter Innere Medizin – Klinik für Pneumologie St. Josefskrankenhaus Freiburg Regionalverbund kirchlicher Krankenhäuser(RkK) gGmbH Sautierstr. 1 79104 Freiburg Tel. 0761/2711-2751 Fax 0761/2711-782751 eMail pneumologie@ rkk-klinikum.de

Die Abklärung von Dyspnoe ist im klinischen Alltag die häufigste Indikation zur Durchführung von Lungenfunktionsdiagnostik. Der Begriff „Lungenfunktion“ wird häufig als Überbegriff für verschiedene Messungen der Funktion von Lunge und Atempumpe verwendet. Sie umfasst die Messung der mobilisierbaren und statischen Lungenvolumina, der Atemwegswiderstände, des Gasaustausches (Diffusionskapazität) sowie der Atemmuskelkraft [10]. Ein grundsätzliches Verständnis über die Anforderungen an Material, Patienten und das medizinische Fachpersonal zur Durchführung der jeweiligen Messung ist hilfreich, um den gesamten Umfang und Möglichkeiten der Lungenfunktion sinnvoll einzusetzen. Die im Folgenden beschriebenen Atemfunktionsprüfungen sind seit langen im klinischen Einsatz. Neuheiten ergeben sich durch die technische Entwicklung (höhere Rechenleistung, schnellere Gasanalysatoren), aber insbesondere durch die endlich erfolgte Bestimmung von ho-

hen Ansprüchen genügenden, neuen Referenzwert-Kollektiven des gesamten Spektrums [3, 4, 8].

Klinische Relevanz Die differenzialdiagnostische Abklärung von Dyspnoe ist im klinischen Alltag die häufigste Indikation zur Durchführung von Lungenfunktionsdiagnostik. Ein grundsätzliches Verständnis über die Anforderungen an Material, Patienten und das medizinische Fachpersonal zur Durchführung der jeweiligen Messung ist hilfreich, um den gesamten Umfang und Möglichkeiten der Lungenfunktion sinnvoll einzusetzen.

Lungenfunktionsprüfungen – die Klassiker ▼ In der Spirometrie werden die mobilisierbaren Lungenvolumina gemessen, d. h. die Menge an Luft, die ein Mensch bei maximaler Anstrengung ein- und ausatmen kann. Die standardisierte Messung (sitzender Patient, Atemmanöver) wird mittels Pneumotachographen oder UltraschallFlussaufnehmer durchgeführt, wobei die entsprechenden Volumina errechnet werden (Cave: Eichung). Diese maximalen Atemmanöver werden als Fluss-Volumen-Kurve sowie VolumenZeit-Kurve dargestellt. Der Tiffeneau-Index (FEV1/VC) erlaubt die Unterscheidung zwischen einer obstruktiven und restriktiven Ventilationsstörung. Komplexe und kombinierte Ventilationsstörungen können hier nicht genauer unterschieden werden. Hierfür bedarf es der Ganzkörperplethysmographie [1, 2, 5]. Mit der Ganzkörperplethysmographie können auch die nichtmobilisierbaren Lungenvolumina und die Atemwegswiderstände gemessen werden [2]. Die wichtigsten Parameter der Lungenfunktion sind in q Abb. 1 dargestellt. Ergänzend kann der Gastransport als Maß der Fähigkeit der Sauerstoffaufnahme durch die Messung der CODiffusion (TLCO, TLCO/VA) abgeschätzt werden [10]. Die Atemmuskelpumpe, als eigenständig limitierbare Komponente des respiratorischen Systems, kann durch die Bestimmung der Atemanstrengung in Ruhe (P0.1) und bei forcierten Manövern (PImax und PEmax) charakterisiert werden [5].

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Volumen-Zeit-Kurve

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Klinische Relevanz

Fluss-Volumen-Kurve

Lungenfunktionsbefunde wie obstruktive oder restriktive Ventilationsstörungen sind keine klinischen Diagnosen, sondern sind nur ein Puzzlestein auf dem Weg zur Diagnose.

PEF IRV

MEF75 FEV1

VT

MEF50

L

IVC

FVC

MEF25

TLC ERV FRC RV

Abb. 1 Standardisiertes Atemmanöver für die Spirometrie mit simultaner Fluss-Volumen-Darstellung [10]. Oben: Darstellung der Volumen-Zeit- sowie der Fluss-Volumen-Kurve. Grün Ruheatmung, orange maximale Exspiration, blau maximale Inspiration, rot forcierte Exspiration. Unten: Mobilisierbare und nichtmobilisierbare Lungenvolumina sowie maximale exspiratorische Flüsse. Die Werte der Spirometrie sind in schwarz, die zusätzlichen Werte der Ganzkörperplethysmographie sind in blau dargestellt.

Allen Messungen mit Ausnahme des Atemwegswiderstandes und des P0.1 liegen maximale Atemmanöver zugrunde und sind damit stark mitarbeitsabhängig. Über die Internetseite der deutschen Atemwegsliga e. V. (www.atemwegsliga.de) als ein seit 1979 eingetragener gemeinnütziger Verein zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Atemwegsund Lungenkrankheiten in Deutschland sind aktuelle Empfehlungen mit entsprechenden Anleitungen publiziert worden oder in Vorbereitung (z. B. Spirometrie und CO-Diffusion) [1, 2, 5].

Klinische Relevanz Das Spektrum der Lungenfunktionsprüfungen umfasst die Spirometrie, die Ganzkörperplethysmographie, den Gasaustausch sowie die Messung der Atemmuskelkraft. Somit kann zwischen obstruktiven, restriktiven und gemischtförmigen Ventilationsstörungen unterschieden werden.

Interpretation – wo liegt die Schwierigkeit? ▼ Es ist zu beachten, dass „Lungenfunktionsdiagnosen“ wie obstruktive oder restriktive Ventilationsstörungen keine klinischen Diagnosen sind. Zusammen mit Befunden wie Auskultation, körperlicher Untersuchung, Röntgenbildern, Blutgasanalysen sowie der vom Patienten beschriebenen Symptomatik wird durch einen Lungenfunktionsbefund eine Diagnose mehr oder weniger wahrscheinlich [10]. Umso wichtiger ist die korrekte Durchführung der Lungenfunktionsprüfungen. Um europaweit eine einheitliche Ausbildung zu ermöglichen, hat die europäische Gesellschaft für Pneumologie (ERS) im Rahmen eines zertifizierten Fortbildungsprogrammes (HERMES) ein Trainingsprogramm zur Durchführung einer Spirometrie für medizinisches Fachpersonal und Ärzte entwickelt [12].

Wie auch in der Labordiagnostik von Blut werden Referenz- bzw. Normwerte benötigt. Es gibt nur wenige Meßverfahren in der Medizin, in der soviel über Referenzwerte diskutiert wird wie in der Spirometrie. Dass diese abhängig von Alter, Körpergröße und Geschlecht sind, wurde schon vor über 150 Jahren festgestellt [6]. Mittlerweile gibt es weltweit über 300 publizierte Referenzformeln. Bisher am häufigsten verwendet wurden die von Quanjer et al. [9] 1993 veröffentlichen Regressionsgleichungen. Im Vergleich zu anderen Referenzformeln werden diese aber zunehmend kritisiert, da hier bei tendenziell zu niedrigen Sollwerten eine deutliche Funktionseinschränkung gemessen werden muss, um eine signifikante Abweichung festzustellen. Seit 2012 gibt es eine europaweite Referenzwertempfehlung für die Spirometrie, die durch eine Taskforce der ERS publiziert wurde [8]. Erstmalig wurden über 97 000 Spirometrien von gesunden Nichtrauchern im Alter von 3–95 Jahren ausgewertet. Im Gegensatz zu den alten Referenzwerten wurde auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis sowie auf die Abbildung der gesamten Altersspanne geachtet. Die um ca. 10 % höheren Normwerte für die FVC und die FEV1 führen dazu, dass früher ein pathologischer Wert vorliegt. Zudem wurde eingeführt, dass nicht ein Wert, der

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