Übersichten Z Rheumatol 2014 · 73:175–179 DOI 10.1007/s00393-013-1267-x Online publiziert: 5. Dezember 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Á. Németh1, 2 · S. Szamosi1 · Á. Horváth1 · J. Schönherr2 · E. Nicksch2 · Z. Szekanecz1 · G. Szűcs1 1 Department of Rheumatology, University of Debrecen Medical and Health Sciences Center, Debrecen 2 Rheumatologische Abteilung, St. Marien-Krankenhaus Ahaus-Vreden Gmbh,

Klinikverbund Westmünsterland, Vreden Redaktion

U. Müller-Ladner, Bad Nauheim U. Lange, Bad Nauheim

Systemische Sklerose und Schwangerschaft Eine aktuelle Literaturübersicht

Die systemische Sklerose ist eine chronische Autoimmunerkrankung, von der Frauen 9-mal häufiger betroffen sind als Männer. Die Krankheit wird häufig im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt diagnostiziert. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung haben viele Patientinnen (laut einer brasilianischer Studie 85,6%) bereits Kinder [1]. Allerdings können einzelne Symptome der Erkrankung bereits vor dem 40. Lebensjahr auftreten, insbesondere das Raynaud-Syndrom. Typisch ist heutzutage der späte Kinderwunsch, so dass das Durchschnittsalter von schwangeren Patientinnen mit systemischer Sklerose von etwa 26 auf 31,8 anstieg und dementsprechend zunehmend mehr Patientinnen mit dem Krankheitsbild der systemischen Sklerose Kinder bekommen möchten [2, 3, 4]. Wegen einer erhöhten mütterlichen Mortalität und fetalen Risiken vertrat man früher die Auffassung, eine systemische Sklerose stelle – wie andere Autoimmunerkrankungen – eine Kontraindikation bzgl. Schwangerschaft und Geburt dar [5]. Diese Einschätzung gründete sich auf je 2 Fallstudien aus den 1980er Jahren. Obwohl nur eine einzige prospektive Studie zu diesem Thema publiziert wurde, gibt es neue Erkenntnisse aus retrospektiven Studien des vergangenen Jahrzehnts. Nach Auswertung der Daten zeigte sich bei den Kindern von Patientinnen mit systemischer Sklerose ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und Wachstumsretardierung im Vergleich zu gesunden

Frauen. Trotzdem ist nach heutiger Auffassung eine Schwangerschaft bei Patientinnen mit systemischer Sklerose prinzipiell möglich unter Berücksichtigung der Krankheitsaktivität zum Zeitpunkt der Konzeption, engmaschigem Monitoring, Anpassung der medikamentösen Therapie und enger interdisziplinärer Zusammenarbeit von Gynäkologen und Rheumatologen [4, 6, 7]. In diesem Artikel werden die klinischen und immunologischen Aspekte von Schwangerschaft und systemischer Sklerose unter Berücksichtigung der aktuell zur Verfügung stehenden Daten erläutert.

Infertilität und spontane Fehlgeburt Die Beurteilung der Fertilität von Patientinnen mit systemischer Sklerose wird in Studien kontrovers diskutiert. In einer prospektiven Studie, die von Steen und Medsger publiziert wurde, wurde bei 214 Patientinnen eine Infertilität in 11 Fällen beobachtet, die im Vergleich mit der Kontrollgruppe nur mit 3% häufiger war [8]. Die Ergebnisse von Giordano und Valentini lassen ebenfalls den Rückschluss zu, dass die Erkrankung die Fertilität nicht beeinflusst [9]. Andererseits berichten Silman und Kollegen über eine Zunahme der Inzidenz von spontanen Fehlgeburten und Infertilität vor Auftreten von Krankheitssymptomen [10, 11]. Die Ergebnisse einer italienischen Studie bestätigten, dass mit einer 2-stufigen, einfachen Screening-

Strategie bisher undiagnostizierte Fälle identifiziert werden können. Damit bietet sich die Möglichkeit, diese Patientinnen rechtzeitig zu behandeln [12]. Steen und Kollegen betonen jedoch, dass bei Patientinnen mit systemischer Sklerose und Infertilität der gleiche diagnostische Algorithmus angewendet werden sollte wie bei gesunden Frauen. Die Untersuchung des männlichen Partners ist hier genauso wichtig, da das Vorkommen einer Infertilität bei Männern und Frauen gleich ist. Die Häufigkeit einer Fehlgeburt bei Patientinnen mit systemischer Sklerose liegt mit 15% nur unwesentlich höher als in der Durchschnittspopulation (10–20%; [6]). Dem widersprechen Daten einer griechischen Arbeitsgruppe, die eine Abortrate von 22% fand [7]. Diese unterschiedlichen Ergebnisse können daran liegen, dass die Patientenzahl sehr unterschiedlich war und in der griechischen Studie nur 14 Patientinnen untersucht wurden. Eine Fehlgeburt im letzten Trimenon tritt selten auf, i. d. R. bei Patientinnen mit einer schweren diffusen kutanen Verlaufsform der Erkrankung (dcSSc; [8]).

Einfluss der Erkrankung auf Schwangerschaft und Fetus Der Verlauf der Schwangerschaft war bei den manifest erkrankten Patientinnen mit systemischer Sklerose im Allgemeinen komplikationslos, wenn man publizierte Studien mit geringer Fallzahl und Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2014 

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Übersichten Tab. 1  Risikofaktoren für den Schwan-

gerschaftsverlauf von Patientinnen mit systemischer Sklerose Komplikationen in einer früheren ­Schwangerschaft Nierenbeteiligung Kardiale Erkrankung Pulmonale arterielle Hypertonie Restriktive pulmonale Erkrankung Positive Antiphospholipid-Antikörper Positive antinukleäre Antikörper In-vitro-Fertilisation/Zwilling­ schwangerschaft

Fallpräsentationen zu Rate zieht. Die Inzidenzrate der Frühgeburten liegt in den Veröffentlichungen bei 8–40%, meist in der 34. Gestationswoche oder danach. Die Anzahl der termingerecht geborenen Kinder mit geringem Geburtsgewicht beträgt 0–55%; auch hier ist eine große Streuung wie bei den frühgeborenen Kindern auffällig [6, 8, 13]. Liegt eine schwere Organbeteiligung (z. B. Kardiomyopathie EF

[Systemic sclerosis and pregnancy. A review of the current literature].

Pregnancy in women diagnosed with systemic sclerosis generally has a favorable outcome according to most recent studies. Women with systemic sclerosis...
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