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Aktuelles zur systemischen Mastozytose Systemic Mastocytosis G. Metzgeroth1 J. Schwaab1 A. Reiter1 Hämatologie Hämatologie & Onkologie | Commentary

Schlüsselwörter Systemische Mastozytose Mastzellerkrankungen

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Keywords systemic mastocytosis mast cell disease

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Institut III. Medizinische Klinik, Hämatologie und internistische Onkologie, Universitätsmedizin Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg Bibliografie DOI 10.1055/s-0034-1370168 Dtsch Med Wochenschr 0 2014; 1390 : 1572–1575 · © Georg 0 Thieme Verlag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. med. Georgia Metzgeroth III. Medizinische Klinik Universitätsmedizin Mannheim Theodor-Kutzer-Ufer 1-3 68167 Mannheim Tel. 0621/383-4115 Fax 0621/383-4201 eMail georgia.metzgeroth@ umm.de

Was ist neu? 3Diagnostik: Diagnoseweisend für die systemische Mastozytose (SM) ist die Knochenmarkbiopsie mit Histologie/Immunhistochemie (bei unklaren Fällen Referenzpathologie!) und Aspirationszytologie sowie der KIT-D816V- Mutationsnachweis. Sie ist z. B. erforderlich bei: 3histologisch gesicherter Hautbeteiligung beim Erwachsenen 3erhöhter Serumtryptase > 30 ng/ml (Norm  30 % und/oder Serumtryptase > 20 ng/ml, b: Hinweise für Myelodysplasie oder Myeloproliferation im Knochenmark, c: Organomegalie und/oder Lymphadenopathie), kann eine „smoldering“-SM (SSM) diagnostiziert werden.

Diagnostik ▼ Die aktuelle WHO-Klassifikation (q Tab. 1) ist seit 2008 gültig [18]. Da im klinischen Alltag Patienten häufig mit bislang ungeklärter klinischer Symptomatik (z. B. Anaphylaxie/Flush, persistierende Diarrhoe, unklare abdominelle Beschwerden, Osteopenie/Osteoporose) zum Nachweis oder Ausschluss einer SM vorstellig werden, sind die Empfehlungen zur Indikation einer Knochenmarkbiopsie (Aspirationszytologie und Histologie, KIT-D816V-Mutationsnachweis) bei vermuteter SM aktualisiert worden [22]. Sie sollte bei allen Erwachsenen mit histologisch gesicherter Mastzellinfiltration der Haut, unabhängig vom Tryptasespiegel im Blut, durchgeführt werden. Dies gilt auch für Patienten, die erst-

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Aktuelle WHO-Diagnosekriterien (2008) der systemischen Mastozytose [18].

Hauptkriterium

Multifokale dichte Infiltration des Knochenmarks oder von Organen durch Mastzellen (≥ 15 Mastzellen in Aggregaten)

Nebenkriterien

> 25 % der Mastzellen sind spindelzellig, atypisch oder unreif Nachweis der KIT-D816V-Mutation CD25 und/oder CD2-Koexpression der Mastzellen Serumtryptase > 20 ng/ml

Diagnose

Das Haupt- und ein Nebenkriterium oder mindestens 3 Nebenkriterien

mals auf einen Insektenstich mit einem anaphylaktischen Schock reagiert haben. Bei Patienten ohne histologisch gesicherte Hautmanifestation, aber mit typischen klinischen Symptomen einer Mediatorfreisetzung (z. B. nicht anderweitig erklärbare Diarrhoe, Anaphylaxie, Flush, Osteoporose, gastrointestinale Ulcera), richtet sich das weitere Vorgehen nach der Serumtryptase. Ist diese leicht erhöht (15–30 ng/ml), wird ein Screening auf das Vorhandensein der KIT-D816V-Mutation im Blut und eine Sonographie des Abdomens (Milzgröße, Lymphknoten, Aszites) empfohlen. Bei allen Erwachsenen mit nachgewiesener KITD816V-Mutation und/oder erhöhter Serumtryptase (> 30 ng/ml) und/oder anderen klinischen oder laborchemischen Zeichen einer SM sollte eine Knochenmarkbiopsie durchgeführt werden. Bei fehlender KITD816V-Mutation wird zunächst eine Verlaufsbeurteilung der Serumtryptase empfohlen. Die Höhe der Serumtryptase (bei der ASM und MCL häufig > 200 ng/ml) korreliert mit der Mastzelllast, jedoch nicht mit den mediatorvermittelten Symptomen [13]. Die regelmäßige Bestimmung der Serumtryptase erlaubt daher die Beurteilung der Krankheitsdynamik und die Überwachung des Therapieansprechens. Ein signifikanter Anstieg im Verlauf ist in der Regel Ausdruck einer Krankheitsprogression [23]. Die Knochenmarkuntersuchung sollte neben der obligaten Histologie/Immunhistochemie (Tryptase, CD117, CD25) mit Faserfärbung immer auch eine zytologische Untersuchung umfassen. Die relative Vermehrung von Mastzellen im Ausstrichpräparat ist für die Diagnose der MCL (≥ 20 % Mastzellen) bzw. der ASM in Transformation (ASM-t, Mastzellen vermehrt, aber < 20 %) von entscheidender Bedeutung [24]. Zur Quantifizierung der Mastzellen im Knochenmark ist der immunhistochemische Nachweis von Tryptase und/oder CD117 positiven Mastzellen erforderlich. Alle Mastzellen sind unabhängig von ihrem Reifungsstadium Tryptase-positiv. Neoplastische Mastzellen exprimieren hingegen CD25 und/oder CD2. Die Expression mindestens eines dieser Marker ist

ein Nebenkriterium für die Diagnose einer SM. Immunphänotypische Studien legen nahe, dass der alleinige Nachweis einer CD25-Expression zuverlässig und aussagekräftig genug ist [11]. Auf die zusätzliche Bestimmung der variableren CD2-Expression kann demnach verzichtet werden. Da die Diagnostik einer SM durch Überlagerung einer zusätzlichen AHNMD im Knochenmark erschwert sein kann, sollte in unklaren Fällen ein Referenzpathologe konsultiert werden. Dies gilt auch für die regelhaft mit erheblichen Schwierigkeiten verbundene qualitative und quantitative Beurteilung einer Mastzellinfiltration innerer Organe. Die aktivierende KIT-D816V-Mutation spielt eine zentrale Rolle für Pathogenese und Diagnostik der SM. Für den Nachweis stehen empfindliche quantitative allelspezifische PCR-Assays (RQ-PCR) auf DNA- und RNA-Ebene mit einer Sensitivität zwischen 0,003 % und 0,1 % zur Verfügung [2, 8]. Die insbesondere bei der fortgeschrittenen SM nachweisbaren zirkulierenden KIT-D816V positiven NichtMastzellen (z. B. Monozyten, Lymphozyten) ermöglichen den Nachweis dieser Mutation nicht nur im Knochenmark, sondern auch im peripheren Blut [2, 8, 10]. Diese Methode ist nicht nur bei der fortgeschrittenen SM mit einer hohen Sensitivität und Spezifität einsetzbar, sondern gelingt auch zuverlässig bei SM mit geringer Mastzelllast (z. B. bei ISM). Die quantitative Bestimmung der KIT-D816V-Mutationslast („allele burden“) erlaubt gemeinsam mit der Serumtryptase und dem Ausmaß der Knochenmarkinfiltration, ein komplementäres Monitoring der (minimalen) Resterkrankung z. B. nach intensiver Chemotherapie oder allogener Stammzelltransplantation (SZT) [2, 9]. In bis zu 10 % der Fälle liegt keine KIT-D816V-Mutation vor. In einigen Fällen finden sich alternative Mutationen in Codon 816 (KIT D816H und KIT D816Y), die durch PCR und konventionelle Sequenzierung detektierbar sind. Der Nachweis der KIT-D816V-Mutation in Zellen außerhalb der Mastzellrei-

he, z. B. Monozyten oder Lymphozyten, ist mit einer höheren Progressionsrate in eine aggressivere Form und einem schlechteren Überleben assoziiert. Der immunphänotypische Nachweis einer ausschließlich abnormalen CD25-positiven Mastzellpopulation im Knochenmark ist prädiktiv für das Vorhandensein einer KIT-D816V-Mutation auch in Zellreihen außerhalb des Mastzellkompartimentes, unabhängig vom zugrundeliegenden WHO-Subtyp [19].

Klinische Relevanz Wann muss an eine systemische Mastozytose gedacht werden? Anaphylaktische und Mastzellmediatorassoziierte Reaktionen, Zytopenien, portale Hypertension, Malabsorption, Osteopenie/Osteoporose/Osteolysen und Organomegalie unklarer Genese.

Pathogenese und Prognose ▼ Zur initialen Prognoseabschätzung werden Patienten zunächst einem WHOSubtyp zugeordnet (q Tab. 2). Die ISM hat die günstigste Prognose mit einem der altersadjustierten Normalbevölkerung vergleichbaren Gesamtüberleben. Patienten mit ASM und durchaus auch mit SM-AHNMD zeigen häufig einen aggressiven Krankheitsverlauf. Die Prognose der SM-AHNMD ist heterogen und wird maßgeblich durch den Typ der AHNMD bestimmt [1, 17]. Eine myeloisch differenzierte AHNMD (SM mit myelodysplastischem Syndrom [SM-MDS] 29%; SM mit chroischer myelomonozytärer Leukämie [SM-CMML] 16%; SM mit myeloproliferativer Neoplasie [SM-MPN] 16%) tritt mit 80 % deutlich häufiger auf als eine lymphatische AHNMD [1]. Patienten mit SM-MDS zeigen eine höhere Rate an leukämischer Transformation und wie die SM mit akuter myeloischer Leukämie (SM-AML) ein kürzeres Überleben als Patienten mit SMMPN oder SM-CMML. Die Wahrscheinlichkeit für eine Progression in eine aggressive Form oder eine assoziierte akute Leukämie liegt bei der ISM bei  30 % Mastzellinfiltration im Knochenmark und/oder Serumtryptase > 200 ng/ml 3 Myelodysplasie und/oder Myeloproliferation im Knochenmark ohne Zytopenie 3 Organomegalie (Hepatomegalie, Splenomegalie, Lymphadenopathie) ohne Funktionsstörung Systemische Mastozytose mit assoziierter hämatologischer Nicht-Mastzell-Linien Erkrankung (SM-AHNMD), z.B. MDS, MPN oder MDS/MPN (z.B. CMML) Aggressive systemische Mastozytose (ASM) SM mit C-findings (Organdysfunktion durch Mastzellvermehrung, mindestens eines erforderlich): 3 Zytopenie(n) 3 Leberfunktionsstörung mit erhöhten Leberwerten und/oder Bilirubin, Hypoalbuminämie, portale Hypertension, Aszites 3 Osteolysen mit/ohne pathologische Frakturen 3 Malabsorption mit Gewichtsverlust 3 Splenomegalie mit Hypersplenismus ASM in Transformation (t-ASM):ASM mit 5–19 % Mastzellen im Knochenmark Mastzell-Leukämie (MCL) 3 ≥ 20 % atypische, auch unreife Mastzellen im Knochenmarkausstrich 3 ≥ 10 % Mastzellen im Blutausstrich bei der leukämischen Variante 3 Akute MCL: C-findings, vorwiegend unreife Mastzellen im Knochenmark 3 Chronische MCL: keine C-findings, vorwiegend reife Mastzellen im Knochenmark

Überlebenszeit von wenigen Monaten. Es gibt jedoch auch eine Subgruppe von Patienten mit MCL, bei denen keine C-findings vorliegen und die Erkrankung vor allem zu Beginn indolent verläuft [24]. Diese chronische Form der MCL ist im Gegensatz zur akuten MCL mit einer Vermehrung von überwiegend reifzelligen Mastzellen, einer niedrigeren Proliferationsrate und einer günstigeren Prognose assoziiert. Von der MCL ist die sehr seltene myelomastozytäre Leukämie (MML) abzugrenzen, die durch eine fortgeschrittene myeloische Neoplasie (z. B. MDS mit Blastenexzess, AML, CML in Blastenphase) und eine signifikante Vermehrung von CD-25-negativen Mastzellen (> 10 %) im Knochenmark charakterisiert ist, wobei die diagnostischen Kriterien für eine SM nicht erfüllt werden [24]. Diese nicht der SM zugehörige Neoplasie ist KITD816V-negativ. Die KIT-D816V-Mutation kann bei allen Subtypen der SM nachgewiesen werden, sowohl bei der ISM mit sehr günstiger Prognose als auch bei der ASM/MCL mit aggressivem Verlauf und sehr schlechter Prognose. Die durch quantitative PCR messbare Allellast der KIT-D816V-Mutation zeigt eine gute Korrelation mit der Krankheitsaktivität (z. B. Höhe der Serumtryptase), dem SM-Subtyp (ISM vs. ASM) und dem Gesamtüberleben [2, 7, 10]. Patienten, die auf eine zytoreduktive Therapie ansprechen, zeigen einen sig-

nifikanten Abfall der KIT-D816V-Allellast, so dass dieses Verfahren komplementär zu Tryptasespiegel und Knochenmarkinfiltration zur Bestimmung der (minimalen) Resterkrankung genutzt werden kann. Zwischenzeitlich sind eine Reihe anderer genetischer Faktoren identifiziert worden, die den Schweregrad/Subtyp bzw. eine Progression der Erkrankung begünstigen könnten. Mutationen in TET2, SRSF2, ASXL1, RUNX1, CBL, JAK2 oder RAS u. a. m. sind ursprünglich bei MDS, MPN, MDS/MPN oder AML identifiziert worden. Auch wenn die Erkenntnisse zur pathogenetischen und prognostischen Relevanz bei der SM noch lückenhaft sind, so ist doch klar geworden, dass bei mindestens 80 % der Patienten mit fortgeschrittener SM mindestens eine weitere Mutation gefunden wird. Über 50 % aller Patienten mit fortgeschrittener SM zeigen sogar vier oder mehr Punkt- und/oder Längenmutationen in diesen Genen [1, 6, 15]. Obwohl die bei 20–50 % der SMPatienten nachweisbare TET2-Mutation in Kombination mit der KIT-D816V-Mutation die Onkogenität von klonalen Mastzellen erhöht, ließ sich bislang kein direkter Einfluss auf das Überleben beweisen [13, 16]. Im Gegensatz dazu und auch im Vergleich mit Mutationen in SRSF2, sind Mutationen in ASXL1 analog den Ergebnissen beim MDS, der CMML, der Myelofibrose und der AML offensichtlich mit einer schlechten Prognose assoziiert [1, 6].

Neben molekulargenetischen Markern sind auch immunologische bzw. immunphänotypische Parameter mit prognostischer Relevanz identifiziert worden. Bedingt durch die bei der SM vorherrschende Zytokindysregulation korreliert ein erhöhter Serumspiegel von löslichem CD25 (IL2Rα) bei der ISM und der ASM mit einer höheren Mastzelllast und einer schlechteren Prognose [14]. Ein erhöhtes β2-Mikroglobulin im Serum ist ebenfalls mit einer schlechteren Prognose assoziiert.

Klinische Relevanz Die pathogenetische und prognostische Relevanz der neben KIT D816V nachweisbaren Mutationen ist größtenteils noch unklar.

Therapie ▼ Für die verschiedenen Subtypen der SM ist keine Standardtherapie definiert und validiert. Während die indolente SM in der Regel durch adäquate Primär- (Meiden von Triggern) und Sekundärprophylaxe (z. B. Vitamin D und Bisphosphonate bei Osteopenie/Osteoporose) sowie Antimediatortherapie (z. B. H1-, H2-Blocker, Cromoglycinsäure, in Einzelfällen Kortikosteroide) ausreichend gut zu beherrschen ist, bedarf die fortgeschrittene SM (SM-AHNMD, ASM, MCL) im Verlauf häufig einer zytoreduktiven Therapie. Aus größeren, überwiegend retrospektiven Fallserien sind signifikant anhaltende Remissionen bislang nur für Interferon-α und Cladribine gesichert. Trotz ihrer Wirksamkeit sind beide Medikamente aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und fehlender prospektiver Studien leider nicht zugelassen. Interferon-α kann bei allen SM-Subtypen eingesetzt werden, neben den fortgeschrittenen Formen z. B. auch bei der therapieresistenten symptomatischen ISM. Neben der häufig guten Symptomkontrolle, z. B. Diarrhoe oder Aszites, hat Interferon-α einen positiven Effekt auf die Knochendichte [12]. Die empfohlene Dosierung liegt bei 3–5 Mio IE s. c. 3–5x/Woche. Die Startdosis liegt bei 1–3 Mio IE s.c 3x/Woche und wird bei guter Verträglichkeit gesteigert und sollte bis zum Progress fortgeführt werden [12]. Cladribine wird in der üblichen Dosierung von 0,1–0,14  mg/kg/Tag über 5 Tage in 4–6 Zyklen eingesetzt. Limitierend sind mitunter protrahierte Neutropenie, T-Helferzellmangel und Infektionen. Je nach Form der AHNMD und evtl. zugrundeliegenden zytogenetischen und molekulargenetischen Veränderungen, können spezifische Therapien zur Krank-

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heitskontrolle eingesetzt werden, z. B. Hydroxyurea bei der myeloproliferativen Variante der AHNMD, z. B. SM-MPN oder SMCMML. Komplette klinische und histopathologische Remissionen sind trotzdem sehr selten, aufgrund fehlender klinischer Studien gibt es auch keine validen Daten hinsichtlich einer Verbesserung des progressionsfreien Überlebens oder des Gesamtüberlebens. Bereits seit vielen Jahren etablierte Kriterien für das Therapieansprechen sind auf die Heterogenität der klinischen Präsentation der fortgeschrittenen SM und die limitierten Effekte der bisher zur Verfügung stehenden medikamentösen Therapien angepasst worden [4]. Durch die pathogenetische Relevanz der KIT-D816V-Mutation sind in den letzten Jahren eine Reihe potenziell therapeutisch wirksamer KIT-Inhibitoren bei der SM eingesetzt worden. Die KIT-D816V-positive SM ist primär Imatinib-resistent (Ausnahmen sind die extrem seltenen Varianten KIT F522C oder KIT K509I). Trotz sehr guter in vitro Daten haben Nilotinib und Dasatinib die in sie gesetzten Erwartungen in klinischen Studien enttäuscht. Gegenwärtig gilt PKC412 in einer Dosierung von 2x100  mg/Tag als einzig wirksamer KIT-Inhibitor. In der initialen Auswertung einer Phase-IIStudie an 40 Patienten kam es in 60 % zu einem signifikanten Ansprechen („major response“) mit Normalisierung der Hypoalbuminämie, Anstieg von Hämoglobin und Thrombozyten, Verbesserung der Leberfunktion sowie signifikanter Gewichtszunahme [5]. Über die Hälfte der Patienten zeigte eine Abnahme der Knochenmarkinfiltration um mindestens 50 % sowie eine Verminderung der Serumtryptase. Bedingt durch den Rückgang der mediatorbedingten Symptome und der Zunahme der körperlichen Leistungsfähigkeit sind diese Remissionen mit einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität assoziiert. Retrospektiv liegt das mediane Überleben von Patienten mit MCL mit 23 Monaten deutlich über dem einer historischen Vergleichsgruppe [5]. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe sowie dosisabhängige Zytopenien. Bei fortgeschrittener SM nach Mehrlinientherapie oder mit Therapieversagen bzw. -resistenz unter konventioneller Therapie sollte bei dafür geeigneten Patienten mit verfügbarem Spender eine allogene SZT in Betracht gezogen werden. Zur Beurteilung des Stellenwerts der allogenen SZT wurden auf Grundlage publizierter Einzelfallberichte und kleinen Fallserien sowie der Erfah-

rungen großer Transplantationszentren Daten von insgesamt 57 Patienten mit fortgeschrittener SM retrospektiv weltweit erfasst [20]. Demnach wird durch die allogene SZT bei 70 % der Patienten eine Remission mit signifikanter Reduktion der Mastzellinfiltration im Knochenmark und Rückgang der Serumtryptase erreicht, 28 % der Patienten erzielen eine komplette Remission. Die mediane Remissionsdauer lag bei 13 Monaten. Das Gesamtüberleben nach drei Jahren betrug für alle Patienten 57 %, für die SMAHNMD 74 %, für die ASM 43 % und für die MCL 17 %. Die besten Ergebnisse wurden nach myeloablativer Konditionierung und bei der SM-AHNMD (z. B. MDS, MPN oder AML) erzielt, während bei der MCL dauerhafte Remissionen seltener waren [3, 20]. Diese aktuellen Daten zeigen, dass die allogene SZT bei der fortgeschrittenen SM durchaus erfolgreich eingesetzt werden kann und ein Langzeitüberleben ermöglicht. Die Entscheidung zur allogenen SZT muss individuell geprüft werden.

Klinische Relevanz Das klinische Erscheinungsbild der SM ist komplex. Die Diagnostik erfordert u.a. die Kombination von konventioneller Morphologie und molekulargenetischen Analysen in dafür ausgewiesenen Zentren. Die Therapieentscheidungen sind individuell stark unterschiedlich und abhängig von der klinischen Symptomatik, dem Subtyp und der Erkrankungsdynamik. Sie reichen von „watch & wait“ bis hin zur allogenen SZT.

Autorenerklärung: Novartis Pharma: Honorare und Reisekostenunterstürzung Literatur 1 Damaj G, Joris M et al. ASXL1 but not TET2 mutations adversely impact overall survival of patients suffering systemic mastocytosis with associated clonal hematologic nonmast-cell diseases. PLoS One 2014; 9: e85362 2 Erben P, Schwaab J et al. The KIT D816V expressed allele burden for diagnosis and disease monitoring of systemic mastocytosis. Ann Hematol 2014; 93: 81–88 3 Georgin-Lavialle S, Lhermitte L et al. Mast cell leukemia. Blood 2013; 121: 1285–1295 4 Gotlib J, Pardanani A et al. International Working Group-Myeloproliferative Neoplasms Research and Treatment (IWG-MRT) & European Competence Network on Mastocytosis (ECNM) consensus response criteria in advanced systemic mastocytosis. Blood 2013; 121: 2393–2401 5 Gotlib J, Kluin-Nelemans HC et al. Durable responses and improved quality of life with midostaurin (PKC412) in advanced systemic mastocytosis (SM): Updated stage 1 results of the Global D2201 Trial.ASH Annual Meeting Abstracts 2013; Abstract 106

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