Originalarbeiten 87

Zur operativen Behandlung von Paraartikulären Ossifikationen nach Schädel-Hirn-Traumen Hi-J, Benz , G. Wal/mann Abt. Orth op ädie/Traumatologie in der Reha-Klinik des Reha-Zentrums für Kinder und Jugendliche

Zusammenfassung

Es wird über die o perative Entfern ung von 45 Paraartikulären Ossifikationen nach Schäde lHirn-T raumen be richtet . In nu r 6"70 der Fälle traten röntge nologisch relevante Rezidive auf, die aber in keinem Fa ll zu ein er Wiedereinsteifung des Gelenkes führten. Der durchschnittliche Bewegungsgewinn in der Sagittalebe ne betru g beim Hüftgelen k plus 84 ° und beim Ellenbogengelenk plus 100°. Als wesentliche Ko mplikationen traten 4 Frakturen bei stark osteoporot ischen Knochen auf. Um die Frakturr ate zu senken, so llte möglich st bald nach der knöchern en A usreifung operiert werden . - Die Behandlung vo n Schädel-H irnt raumatikern mit schweren Begleiterkrankun gen setzt ein erfahrenes Reha-Team vo raus. Surgical T reatment of Extra-A rticular Ossification Fo llowi ng Cranioce rebral T raumata

This article reports on 45 cases in which ext ra-articular oss ificat ions were removed following crania l-cerebraltraumata . Radiologica lly detectable relapses occ urred in 6070 of the patients only; however, in no ne of th ese cases did the relapses lead to reanky losis of the join t. In the sagittal plane, the average gain in mobility was an increase of 84 0 in the hip joint and of 100 0 in th e elbow joint . : Co nsiderable complications were caused by four fractures in extremely osteoporotic bones . To reduce the fracture rate. surgery should be performed as soo n as possible after bone maturation . In additio n, treatment o f pati ent s with cranioce rebral traumata and serious co nco mitant conditions requires an experienced rehabilitation team.

Einleitung Durch die Weiterentwicklung des Rettungswesen s, der Intensivmedizin und der Unfa llchirurgie überleben zune hme nd Unfallopfer mit schwersten Sch ädel-Hirn-Trau men (SH T ). Als typische Folgeerkrank un gen kö nne n gelenkna he Verknöch eru ngen insbes. am Hüft- und Ellenbogengelenk auftrete n. Z. On hop. 130 (1992) 87- 94 © 1992 F. Enke Verlag Stuttga rt

Die A ngaben übe r die Häufigkeit dieser Par aa rtikul ären Ossifikation en (PAO ) sind sehr unt erschiedlich: Uhle u . Mitar b, (1961) fa nd sie bei 50"lo, Gerstenbrand u. Mitarb. (1970) bei 19 "lo und Blumenthal (1972) bei nur 1,8"lo der Patienten. Nac h einer Untersuchung in un serer Ab teilung a us de n J ahren 1974-1 981 hatten von 193 Patienten nach Sch äde l-Hirn-Tr äumen 20"lo Ossifikationen , die bei 4% der Patienten einen operativen Eingriff notwendig machten (Berger 1982). Die durchschnitt liche Bewußtlosigkeit nach dem Unfall betrug 47 Tage und weist a uf die Schwere der Erkrankungsfälle hin. Die Studie zeigt ferner, daß PA O zumeist bei männlichen Patienten (72"lo) mit spo rtlichem Habit us und ausge prägter Spastik auftrete n . Die Er kra nkung beginnt in der Regel drei bis zehn Wochen nach dem Trauma mit einer gelenknah en Schwellu ng und Erwä rmung. Die Ge lenkbeweglich keit ist oft äußerst schmerzha ft . Na ch weni gen Wochen werden gelenkna he Kalk abl agerungen rö ntge nologisch nachweisbar. die nach unserer Erfahrung im Laufe vo n 8 bis 18 Mon at en in regelrechtes Knochengewebe ausreife n. Es gibt aber auch Ossifikationen, die vö llig unbemerkt entstehen . T rete n du rch diese Verk nöc heru ngen Gelenkkont rakturen auf, stellt sich die Frage de r operativen Intervention. In dieser Arbeit soll über die Erfahrungen un d Ergebnisse bei der operativen Beha ndl ung vo n 45 PAO nach SHT bericht et werde n.

Das Krankengu t In den Jahren 1975 bis 1990 wurden in der o rtho pä dischen Abteilung der Reha-Klinik Neckargemünd 45 PA O , die sich in Folge eines Schädel-Hirn-Traum as entwickelt hab en, o periert. Bei 2 1 Pat ient en wurden Ossiflk ation e.i an einem Gelenk, bei 5 Patienten an zwei Gelenken und bei je 2 Patienten an drei und vier Gelenken angega ngen . Alle Patienten wurden am selben Ge lenk nur einmal ope riert, 36 Patienten waren männlich und 9 weiblich . Die jüngsten P atienten wurden mit 7 und 9 J ahr en operiert, 7 Patienten waren zwischen 11 und I S Jahren, 20 P atienten zwischen 15 und 20 J ahren , 10 Patienten zwischen 2 1 und 25 Ja hr en und 6 P atienten war en ä lter a ls 26 Ja hre. Bei 39 Patienten konnte die Dau er der Bewußtlosigkeit nach dem Unfall eruiert werden: sie lag im Durchschn itt bei 4 Mon aten . 6 Pati ent en wa ren 3 Wochen bewuß tlos, 15 Patienten ein bis zwei Mon ate, 16 P ati enten 3 bis 6 Monate und je ein Patient 8 bzw. 11 Monate .

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Neckargemünd (Chefarzt D r, H.-] . Benz)

Z. Orthop . 130 (1992) Tab. 1

H.-J. Benz, G. Wollmann

Operierte Paraartikuläre Ossifikationen nach Schädel-Hirn-Traumen Anzahl

männl.

weibl.

Ankylose

Pseudarthrose

Postop. Bewegungsgewinn Flexion/Extension

Hüftgelenk ventral 18 13 5 16 2 + 89° dorsal 7 7 0 4 4 + 70° gesamt 25 20 5 20 6 + 84° Ellenbogengelenk ventral 13 10 3 11 4 +110° dorsal 5 4 1 2 1 + 75° gesamt 18 14 4 13 5 +100° Kniegelenk

+

80°

+

60°

gesamt 45 36 9 34 11 + in Prozent 100% 80% 20% 76% 24%

90°

Handgelenk

1 1

1 1

Die kürzeste Zeit zwischen Trauma und Operation betrug je einmal 8, 9 und 12 Monate. 16 Patienten wurden innerhalb von eineinhalb Jahren, 24 Patienten innerhalb von 2 Jahren und 35 Patienten innerhalb von zweieinhalb Jahren operiert. Bei 4 Patienten lag das Trauma bereits 5-8 Jahre zurück. 25 Eingriffe erfolgten am Hüftgelenk, 18 am Ellenbogengelenk und je einer am proximalen Kniegelenk und proximalen Handgelenk. Die ventralen Ossifikationen waren mit 18 am Hüft- und mit 13 am Ellenbogengelenk häufiger als die dorsalen mit 7 bzw. 5 (Tab. 1). Die ventralen Ossifikationen des Ellenbogengelenkes verliefen zehnmal humero-ulnar, zweimal Numero-radial und einmal humero-ulnar sowie Numero-radial. - Beim Hüftgelenk lag zwanzigmal und beim Ellenbogengelenk dreizehnmal eine Ankylose vor. Eine Pseudarthrose der Ossifikation fanden wir sechsmal beim Hüftgelenk und fünfmal beim Ellenbogengelenk. Die gelenkbildenden Knochen der PAO waren im Bereich des Hüftgelenkes in fünf Fällen und im Bereich des Ellenbogengelenkes in drei Fällen während des Unfalls frakturiert. Das Seitenverhältnis rechts/links betrug beim Hüftgelenk 12:13 und beim Ellenbogengelenk 10:8. Op-Zeitpunkt - knöcherne Ausreifung PAO nach SHT sollten möglichst bald nach der terminalen knöchernen Ausreifung operiert werden. Das ist nach unseren Beobachtungen 8-18 Monate nach dem SHT der Fall. Bei längerem Zuwarten nimmt die Osteoporose und damit die Frakturgefahr zu. Wird vor der Ausreifung operiert, ist mit einer höheren Rezidivrate und mit den weiter unten beschriebenen operativen Problemen zu rechnen. Der Reifegrad der PAO kann in 3 Stadien eingeteilt werden: im ersten treten wolkige, unstrukturierte Kalkablagerungen mit schummrig unscharfen Rändern auf (Rö.-Bild lb). In diesem „Waschküchenstadium" können die Kalkablagerungen noch größer oder kleiner werden und in seltenen Fällen ganz verschwinden. Das an-

0 0

0 1

0 0

schließende „Reifungsstadium" bildet den Übergang zwischen dem 1. und 3. Stadium und zeigt die Charakteristika beider Stadien im Wandel: die Grenzen zur Umgebung werden zunehmend schärfer und die auftretenden Trabekel ordnen sich. Im Stadium der knöchernen Ausreifung ist die Ossifikation scharf begrenzt, die Trabekelstruktur ist geordnet und die Ossifikation ist - vom Aspekt und dem histologischen Befund her - nicht mehr vom echten Knochen zu unterscheiden. Das Rö.-Bild 3 b zeigt eine PAO des Hüftgelenkes 8 Monate nach dem SHT noch mitten im Reifungsstadium: das Auge des Betrachters hat Mühe, die Grenzen der Ossifikation zu erkennen und wird durch die Unordnung der Trabekel verwirrt. - Die gleiche PAO ist 6 Monate später voll ausgereift: das Auge des Betrachters kann mit Wohlgefallen der glatten, leicht geschwungenen Gestalt der Ossifikation folgen und sich an der kunstvollen Trabekelstruktur erfreuen (Rö.-Bild 3a). Diese Idealbilder einer PAO entstehen in der Regel, wenn die Ossifikationen klein sind und wenn sie unter Belastung reifen. - Die terminale Ausreifung einer PAO kann aber auch unzureichend bleiben insbesondere, wenn sie ausladend groß ist und nicht unter Belastung steht. Es gibt auch PAO, deren einzelne Anteile unterschiedliche Reifegrade aufweisen (Rö.-Bild 4a bis c). Von einer terminal unzureichend ausgereiften Ossifikation gehen wir aus, wenn sie im Röntgenbild eineinhalb Jahre nach dem SHT noch nicht ausgereift ist und eine Kontrollaufnahme 8 Wochen später keinen höheren Reifungsgrad zeigt. Um während der Operation nicht in ein Abenteuer hineinzuschlittern, sollte man sich vorher anhand der Röntgenbilder mit der Form und dem Reifegrad der Ossifikation vertraut machen. Eine Operation dieser unzureichend ausgereiften Ossifikation bzw. Ossifikationsanteile ist langwierig, mühsam und blutig: Die Verknöcherung läßt sich nur schwer vom umgebenden Gewebe isolieren, es besteht ein erhöhtes Risiko, mit dem Meißel oder Hohmann-Hebel in die z. T. noch nicht feste Ossifikation einzubrechen und es blutet vermehrt aus den noch nicht obliterierten Venen, die aus der Verknöcherung heraustreten.

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Z. Orthop . 130 (1992)

Bild 1 a Ventrale humero-ulnare PAO 12 Monate nach SHT Bild 1 b Deutliches partielles Rezidiv 32 Tage nach operativer Entfernung der ankvlosierenden Knochen brücke Bild 1 c Ausgereiftes Rezidiv ca. 1 112 Ja hre nach der Operation. Flexion /Extension 130 °/15 %

Ver ständlich ist der Wunsch , durch weite re Unte rsuc hungsmet hode n wie der Szin tigraphie od er der Bestimmung der a lka lischen Ph osphatase einen weite ren Aufsch luß über die kn öcherne Ausreifung der Ossifik ation zu gewinnen. - Wir fand en, daß sich die a nfä nglich sta rk erhö hte alk alische Ph osph a tase mit zunehmender Au sr eifung der PAD normalisierte. Bei 4 Szintigraphien, die wir pra eopera tiv durchführten , zeigte sich, daß die Speicheru ng von Rad ionukliden parallel mit der knöchernen Au sreifung im Rön tgenbild abna hm . Die Szintigraph ie bestäti gt so mit nur, was bereits im Röntgenbild zu sehen war. Sie hatte somit keinen neuen Erkennt niswert . In un serem Verzicht au f die Szint igraphie sahen wir un s bestärkt, da in der Fo lgezeit der intraop erati ve Befund mit dem zuvo r erho benen Röntgenbefund üb ereinstimmte. Auch überl egten wir, daß bei der Beurteilung, ob eine Fraktur kn öchern fest verheilt ist, die Röntgenbilder und

der Zeitfaktor die ent scheidende n - und ausreiche nden Kriterien sind . - Darüber hinaus ist es ein G ru ndprinzip un serer rehabilita tion smedizin ischen Arbeit , die diagnostischen und th erap euti schen Akti vität en auf da s unbedingt not wendi ge Ma ß zu begren zen , um bei den vielfä ltig geschä digte n Pati ent en das Rehabilitation sziel nich t zu gefährd en . Au ch soll nicht verschwiegen werden , daß bei der Behandlung von SHT der fin an zielle Engpass grav ierend ist - der Pfl egesat z ist nur ca . halb so hoch , wie der bei Qu erschnittsgelähmten .

Zur postoperativen Schmerzbekämpfung Nac h un seren Beob achtungen sind die Schm erzen , die nach der Entfernung einer PAD nach SHT auftret en, zumeist erstaunli ch gering . Zu un serer ei-

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Zu r operativen Behandlun g von Paraartik ulären Ossifikationen nach Schädel-Hirn -Traumen

H i -J , Benz, G. Wol/mann

Z. Or/h op . 130 (1992) Bild 2a Ankylosierende ventrale numero-ulnare und hum ero-radia le sowie proxi male radio-ulnare PAD 20 Mona te nac h

SHT Bild 2b

Kein Re·

zidiv 1 Jah r nach operativer Entter nu ng der hume roulna ren und humero-radialen PAO. Flexion/Extension 130 %/0

Die Kalkablageru ngen und spätere n Verknöcherungen neben den Gelenken liegen als .Ausguß steine" im bradytrophen Bindegewebe zwischen der Musku latur . Da rüb er hinau s hab en PAO eine sta rke Te ndenz zur ankylosierenden Brückenb ildun g zwischen den gelenkbildenden Knochen . Wenn diese Brückenbildung durch einzelne Muskeln behindert wird , . fließr'' die Ossifikation neben dem Muskel vorbei und zeigt eine wann enfö rmige Einbuchtung. Ist die PAO grö ßer, umfließt sie den Muskel und "stra nguliert" ihn. Die letzten beiden Formen kommen häufig bei ventralen ilio-fem oralen Ossifikationen im Bereich des M. rectus femoris vor. Stehen der Brückenbi ldun g fächerförmige Muskeln wie der M. brachialis im Wege, werden sie breitbasig ..erdrückt " und in Knochengewebe umgewand elt . - Diese Befunde machen deutlich. warum wir nicht wie and ere Auto ren von einer ..Myositis ossificans" als prim är er Muskelerkr ankung sprechen, sondern von einer sekundären Muskelschädigung durch die PAO (Bu l/ough u. Mita rb ., 1987). In der Grundtendenz verscho nen - wie der Name sagt - PAO das Gelenk . In ca. '/, der Fälle war das Per iost der Ossifikation jedoch mit der Gelenkskapsel verwachsen. Bei einer Ossifikat ion des Kniegelenke s fa nden wir eine pfenni gstück große Ossifik at ionsinsel zwisehen der fibrösen und serösen Kapsel. Dieser Befund ist jedoch als ungewöhn lich einzuordnen . Hilfreich ist, pr aeoperat iv durch gezielte Rönt genau fna hmen abzuklären, wie nahe die Ossifikation an das Gelenk heranreicht. Vor größeren Gefä ßen und Nerven hat die PAO . Respekt". Wir sa hen in keinem Fall eine . Einmauerung" dieser großen Versorgun gsleitun gen . Typisch sind a uch hier Au smuldungen der Ossifikationen. in denen sie verlau fen. Besonders eindru cksvoll sa hen wir diese Wannenbildun g bei einer do rsalen PAO des Hüftgelenkes, in der der N. ischiadicus lag (Rö .-Bild 4 a und b) .

genen Ver wun derung reicht selbst a m OP-Tag in vielen Fällen die Ga be von Par acetam ol oder Acetylsalicylsäu re. Werd en die Beschwerden durch spastische Muskelkontrak tion en hervorgerufen , verabreichen wir Diazepam. Bei stä rkeren Schme rzen geben wir heu te Tr am adol-H CI. Dadurch wird eine posto perative Peridu ral an ästh esie nicht notwend ig.

Als sehr wirkungsvoll hat sich die kontinuierliche und kon sequ ent e perlop erat ive Betreuung des Pa tient en du rch den vert ra uten Arzt, die sorgfältige Lagerung des Pati enten bei einer Spa stik in retlexhemm ender Stellung sowie eine früh zeitige krank engymnastische Übungsbeha ndlung un ter Berü cksichtigun g der subje ktiven Schmerzgrenze erwiesen. Besprechung der Op -Ergebni sse Par aa rti kulä re Ossifika tionen nach SHT haben eine typischere und regelmäßigere Chara kteristik als Ossifikat ion en nach Qu erschni tt slähmungen oder ga r nach endoprot hetischen Ver sor guri gen. Dar au s ergibt sich die Cha nce, Op-Ergebnisse mit geringerer Rezidivneigun g zu erzielen.

Die Ope rati on en von PAO nach SHT sind spannend und reizvo ll - spa nnend weil sie im Verlaufsgebiet der großen Gefä ß- und Nervensträ nge statt finden und reizvoll. weil das ektopische Knochengewebe vom normalen Knochen oft schwer abgrenzbar ist. Der Op erateur kann sich wie ein Bildhauer vorkommen, der kun stvoll mit Hamm er und Meißel die vertra ute Form des gelenknahen Knochen s nachbi ldet. Von funktio nellem Wert ist hier z. B. die Rekon struk tion der Fossa coronoidea hum eri. Es gilt jedoch zu bedenken, da ß hier nicht I' a rt pour I' art rekon strui ert wird . Entscheidend ist die anhaltende Verb esserun g der Gelenksbeweglichkeit. Um Rezidive der PAO möglichst zu vermeiden, ist gewebeschonend vorzugehen. Nicht behindernde Ossifik ati on santeile sind zu belassen. In der Regel ist die subtotale Entfernun g der Ossifikationen anzust reben. Dadurch wird au ch das Verletzun gsrisiko der begleitend en Gefä ße und Nerven redu ziert un d die Nachblutung aus den spongiösen Knochenflächen begrenzt (Rö .-Bild 4 a- c). Ein wie großer Anteil der Ossifik ation zu entfernen ist. variiert im Einzelfall erheblich. Das Gewicht der entf ern ten Ossifikation betrug beim Hüftgelenk zwisehen 44 g und 355 g (im Du rchschnitt 188 g) und beim Ellenbo gengelenk zwischen 7 g und 117 g (im Durchschnitt 39 g).

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Bild 3a

Bild 3b Bild 3e

Z. Orthop . 130 (/992)

Ausgere ifte ankylosierende ventrale iho-femo rale PAO 14 M onate nach SHT im Alt er von 6 Jahren Noch nicht voll ausgereifte PAQ 6 M onate vor der Aufnahm e Se: Strahlengang von ventro-me dial nach derso-lat eral Fast 1 Jahr nach der operativen Entf ern ung der PAO kein Rezidiv . Flexion/Extension 130 °/0 10

Po stoperative Rönt genbefunde Rezidivbil dung Postop erati ve Rönt genbilder können Freude und Erschrecken a uslösen - Freud e, wenn man erst beim zweiten Blick sieht, daß wirklich das Rön tgenbild der o periert en Seite un d nicht das der gesunden am Schaukasten hän gt und Erschrecken, wenn man das postopera tive Bild auf den ersten Blick für da s praeoperative hält (Rö .-Bild 4 a und b) . Selbst wenn der grö ßere Teil der PAD belassen wurde, kann das funk tion elle Ergebni s der subtotalen Ope rat ion voll befr iedigend sein. Der zu entfernende Anteil der PAO wird durch intraoperative Bewegungsprü fung bestimmt. In dieser St udie beträgt der Nach unt ersuchungszeitraum zwischen der Operation und dem letzten Röntgenbild du rchschnittlich 21 Monate. Es hat sich gezeigt, daß Rezidive bei PAD nach SHT zumeist in einem eng begren zten Zeitraum au ftreten: 3- 8 Wochen nach der Operati on werden zunäc hst wolk ige. unschar f begrenzte Kalk abl agerungen sichtba r, die sich bis ca. 4 Wochen nac h ihrem Au ftr eten nicht mehr vergrößern . Da wir 3 Mon ate nach der Op erati on keine Spätrezidive mehr gefunden haben, verzichten wir bei unauffälliger klinischer Nachun tersuchung auf eine regelmäßige rönt genologische Kontrolle . Ein Vergleich der prae - und postoperat iven Röntgen befunde kann in Anl ehnung an die Klassifik atio n von Arcq (1973) erfo lgen : beim Schweregrad CA D besteht keine PA D, beim Schwe regra d CA 1 sind kleine isolierte Ossifikationsinseln zu finden un d bei CA 11 treten

Ossifik at ion sspangen auf, die bei CA III das Gelenk überbrücken . Vor der Operation bestand bei unserem Pat ientengut in 20"1. der Schweregrad CA II und in 80% der Schweregrad CA 111 . Po stoperati v fa nden wir bei je 47% das Stad ium CA D und CA I und nur bei 6% das Sta dium CA ll . Der Schweregrad CA III wurd e in keinem Fall postoperativ beobachtet (Ta b. 2). \Vie günstig das Ergebnis ist, zeigt ein Vergleich mit der Par aartikula ren Verkn öcherun gsrate nach Tot alendoprothesen - Implantation des Hü ftgelenkes: der Schweregrad CA III nach Arcq tritt hier bei ca . 6% der operierten Pa tienten auf iHartwig, 1989). - Die R ö.vß ilder 1bund c zeigen ein typisches pa rtie lles Rezidiv nach der Entfe rnun g einer ank ylosierenden humero-ulnar en PAO . Das erzielte Bewegun gsausmaß mit einer Beugung von 130 0 und einem Streckdefizit von 15 0 ist dennoch voll befr iedigend . Hewegun gsausmaß der operierten Gelenke Um den postoperat iven Bewegun gsgewinn zu objektivieren, hab en wir da s Bewegungsau smaß in der Sagittalebene vor und nach der Operation verglichen. In dieser Ar beit wurde als postoperativer Wert da s letzte von uns erh obene Meßergebni s au sgewertet. Das du rchschn ittliche Int ervall zwischen der Opera tion und der klinischen Nachuntersuchu ng betrug 37 Mon ate - bei 9 PAD war der Zeitra um länger als 3 J ahre, bei 6 lä nger als 5 und bei 3 länger als 10 J ahre.

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Zur operativen Behandlun g von Paraartik ulären Ossifikation en nach Schädel-Hirn-Traumen

H. -J. Benz, G. Wal/m ann

Z. Orthap. 130 (1992)

Bild 4a Dorsale und mediale PAO des rechten Hüftgelenkes sowi e gab elf örm ige cranio- dorso-mediale un d mediale PAO des linken Hüftg elenkes 30 M onate nach dem SHT Bild 4b Rechtes Hüftgelenk 20 Monate nach operativ er Entfernung der ankylosierenden Knochenbrücke zw ischen dem dorsalen Troch ant er major und dem Sitzbein . Flexion /Ext ension

85 °1015° Bild 4c Linke Hüfte 3 Monat e nach ope rative r Entf ernung der gab elförm igen, nur grob e W ac kelbew egun gen zulassenden PAO an der Trochanterspitze. Flexion /Ext ension 8 5°11 0 %

Die Verlaufskontrollen hab en gezeigt, daß der Bewegun gsumfan g im Laufe der Zeit eher zun immt. Die Beugun g und Str eckung des Hüftgelenk es konnte bei 25 Operationen durch schnittlich um 84 0 verbessert werden (Tab. I) . Bei den ventra len ilio-femoralen Ossifikati onen betrug die Verb esserung plus 89 ° und bei den dor salen plus 70 °. Auch bei den 18 Oper ati on en des Ellenbogens war der Zugewinn bei den ventra len Ossifik ation en

mit plus 110° besser als bei den dorsalen mit plus 75 °. Der Bewegun gsgewinn im Ellenboge ngelenk betru g im Dur chschnitt 100°. Beim Kniegelenk erhöhte sich die Beweglichkeit um plus 80 ° und beim Handgelenk um plus 60 °. Die größten Verb esserungen zeigten 8 Pati ent en mit einem Zugewinn zwischen plus 120° und plus 150°. Bei 7 Gelenken lag die Verbesserun g unter plus 60 °: dr eimal bei 55 ° und je zweimal bei 50 ° bzw. 45 °.

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Zur operativen Behandlung von Paraartikulären Ossifikationen nach Schädel-Hirn-Traumen Z. Orthop. 130 (1992) Rd-Stadien nach ARCQ prae- und postoperativ bei PAO nach SHT praeoperativ CA O I CA I

postoperativ

CA II

CA III

CA O I CA I

Hüftgelenk 2 16 7 ventral dorsal 2 5 3 gesamt - - 4 21 10 Ellenbogengelenk ventral 2 11 dorsal 2 3 gesamt 4 14 Kniegelenk

-

-

Handgelenk

1 1

7 2 9

Bei ankylosierenden PAO und einem langen Zeitraum zwischen dem SHT und dem Op-Termin ist die Osteoporose der gelenkbildenden Knochen besonders ausgeprägt und erhöht die Frakturgefahr. Bei den 45 operierten PAO traten folgende Frakturen auf: eine nicht dislozierte Schenkelhalsfraktur, die konservativ folgenlos ausheilte, eine Olecranonfraktur und eine beginnende Absprengung der proximalen radialen Ulna, die mit einer Zugschraube fixiert wurde. Eine vierte Fraktur trat während der Gangschulung nach Entfernung einer ankylosierenden PAO des Hüftgelenkes auf, als die Patientin plötzlich zusammensackte und sich den Unterschenkel brach. Der Zeitraum zwischen dem SHT und der Operation war mit 66 Monaten besonders lang. Weitere Komplikationen sind erhebliche intra- und postoperative Blutungen aus dem freigelegten spongiösen Knochen. Seit wir bei der Entfernung einer großen PAO des Hüftgelenkes eine Verbrauchskoagulopathie erlebten, die nur mit Mühe zu beherrschen war, halten wir bei diesen Operationen neben Erythrozytenkonzentraten auch Blutplasma infusionsbereit vor.

Erfreulich ist, welche Komplikationen bislang nicht auftraten: Verletzungen größerer Gefäße und Nerven mit Durchblutungs-, Sensibilitäts- und Mobilitätsstörungen sowie Infektionen. Komplizierende Faktoren Durch die Schrumpfung des periartikulären Bindegewebes und eine persistierende Spastik kann trotz Entfernung des knöchernen Hindernisses eine Gelenkkontraktur fortbestehen. Hier kann eine intensive krankengymnastische Therapie und ggf. eine Quengelbehandlung die Gelenkbeweglichkeit wesentlich bessern. Es ist praeoperativ abzuklären, ob eine Muskel- und Sehnenverlängerung bzw. -verpflanzung im Rahmen der Ossifikations-Op weiterhilft. Wir führten sie in 9 Fällen durch, wobei die Distalverlagerung des Ursprunges der Flexoren und Pronatoren am Unterarm 6mal vorgenommen wurde.

CA III

11 4 15

5 1 1 2 6 3

1 1

gesamt 9 36 21 in Prozent - - 20% 80% 47%

Komplikationen

CA II

21 3 47% 6%

Die postoperative Behandlung kann durch ein Verhalten des Patienten, das wir „Motophobie" nennen, erheblich erschwert sein. Dies kann dazu führen, daß der verängstigte Patient sich krampfhaft verspannt, wenn er in der Ferne einen Krankengymnasten sieht. Er kann dann jegliche Behandlung verweigern und den Therapeuten als „Physioterroristen" beschimpfen. Die Ursache dieses Verhaltens liegt zumeist in einer oft sehr schmerzhaften „Kontrakturprophylaxe" während der Frührehabilitation und kann nur mit viel Einfühlungsvermögen und Geduld abgebaut werden. Die postoperative Behandlung von Patienten mit PAO nach Schädel-Hirn-Trauma kann durch die Grundkrankheit mit vielfältigen Funktionsstörungen erheblich erschwert sein: Ataxien, Apraxien, Anästhesien, Hyperästhesien, Reflexdystrophien, hormonelle Störungen, Aphasien, Dysarthrien, Seh- und Hörstörungen sowie Konzentrationsstörungen, Merkfähigkeitsstörungen, mangelhafte Frustrationstoleranz, aggressives Verhalten den Mitpatienten und dem Personal gegenüber, sexuelle Enthemmung und Apathie im Rahmen des psychoorganischen Durchgangssyndroms bzw. des organischen Psychosyndroms.

Um diese komplexen Mehrfacherkrankungen behandeln zu können, sind hochqualifizierte Fachdienste, ein eingespielter Konsiliardienst, eine relativ hohe Personalstärke sowie viel Zeit und Geduld notwendig. Die Erfolge dieser modernen Reha-Medizin sind beeindrukkend und selbst für uns immer wieder überraschend. Die Rö.-Bilder 2a und b sowie 4a bis c stammen von einem Jugendlichen, der im Alter von 17 Jahren einen Mopedunfall mit schwerem SHT erlitt. Nach 5 Monaten erwachte er langsam aus tiefer Bewußtlosigkeit. Neben einer schweren Tetraspastik traten an beiden Ellenbogen- und beiden Hüftgelenken ankylosierende PAO auf, die operativ entfernt wurden. Die Kniebeugekontrakturen mit partiellen PAO konnten konservativ beseitigt werden; bei persistierenden spastischen Kontrakturen wurden drei Operationen mit Sehnenverlängerungen bzw. -verlagerungen notwendig. Zwischenzeitlich waren

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Tab. 2

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Z. Orthop . 130 (/ 992)

H,-J, Benz, G. Weltmann: Zur operativen Behandlung von Paraartikularen Ossifi kationen

Gipsredressionen, eine ort hopädietechnische Versorgung sowie technische Reha-Hil fen einzusetzen. Die konsequ ente Ba sistherap ie wurde vo n Pfl egekr äften . Krank engym-

nasten und Ergoth erap euten geleistet. - Jetzt kann der verun fallte Mopedfah rer, der früh er schicksalhaft als bettläg riger P flegefall geendet hätte, ohne personelle und techn ische Hil fe kilo met erweit gehen und ist in allen Din-

gen des Alltagslebens selbständ ig. Lit er atur A rcq, M .: Die per tanl kulärcn Ossifikatio nen - eine Kom plik a tion der Totale ndo prothese des H üftgelenkes. A rch . Ort ho p. Unf allchir. 77 (1973) 108 ! Berger. G.: Pa raa rtik ulär e O ssifi kat ione n nach erwo rbener Cerebralparese. Ina ugural-Disscrta uo n. Heidelberg (1982) } Blumenthal, IV.: Reha bilita tion smöglichk eiten bei Pa raar tikula ren Os-

stfikationen nach schweren Schädel hir nträ umen . Rehabilita tio n I I (1972) 80 4 Bullough, P., V. J. Vigorito: Orthop äd ische Kra nkheitsbilder . T hieme. Stut tgart 1987 ~ Har t wig, C.-H. , S. Seil, W. Kussweu er: Periartikulä re Verkn öch erungen nach zement freier und zementfixierter Totalendo protbesen-I mpla nta tion des Hüftgelenkes. Z . Onhop . 127 (1989) 296 .. Gerstenbrand, D. F.• M . Liebe-Kreuuner, IV. Bruha: Perian iku läre O ssifika tio nen beim tra um. a pall. Synd ro m. Arch. orthop . UnfallChir. 67 (1970) 173 7 Ute. G., W. D öhner. E. Bues: Ausgedehnte Hemisph ä ren ma rkschädigungen nach gedec ktem Schäd elhirn tra uma mit a pa llischem Syndr om und part ieller Sp ätrehabilitation. Arch . Psychiatrie 202 (1961) 155

I

o-. If..J. Benz Reha-Zen trum für Kinder und Ju gendl iche D-6903 Nec ka rgem ünd

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[Surgical treatment of para-articular ossifications after craniocerebral trauma].

This article reports on 45 cases in which extra-articular ossifications were removed following cranial-cerebral traumata. Radiologically detectable re...
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