Leitthema: CUP-Syndrom Radiologe 2014 · 54:140–144 DOI 10.1007/s00117-013-2549-7 Online publiziert: 6. Februar 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

T. Schmidt · A. Ulrich Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Universitätklinikum Heidelberg, Heidelberg

Chirurgische Optionen bei „cancer of unknown primary“ (CUP) Karzinome bei unbekanntem Primärtumor („cancer of unknown primary“, CUP) stellen eine klinisch häufig auftretende Tumorentität dar. In der Literatur werden diese Tumoren mit einer Inzidenz von 7–12 Fällen/100.000 Einwohnern/Jahr beschrieben und tragen damit zu 3–5% aller Krebserkrankungen bei [21]. CUP sind als histologisch gesicherte Tumormetastasen definiert, für die trotz intensiver diagnostischer Suche kein Primärtumor gefunden werden kann [7]. Insgesamt stellen sie die achthäufigste maligne Tumorentität dar und sind aufgrund der schlechten Prognose für die Patienten die vierthäufigste krebsbedingte Todesursache [21].

Hintergrund Die meisten Patienten mit CUP haben Karzinome, welche in gut oder moderat differenzierte Adenokarzinome (60%), schlecht differenzierte Adenokarzinome (30%) und Plattenepithelkarzinome (5%) unterteilt werden können. Hinzu kommen in 5% der Fälle undifferenzierte Neoplasien [21]. Eine genaue Kategorisierung der Patienten und ihrer Erkrankung ist von Bedeutung für die weitere Therapieplanung. Ein Charakteristikum von CUP ist eine relative Resistenz gegenüber kombinierter Chemotherapie [24], mit einem Ansprechen bei weniger als 25% der Patienten, häufig nur von kurzer Dauer. Hierdurch ist ein medianes Überleben von 3 bis 6 Monaten in Subgruppen mit

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schlechter Prognose und auch bei den Übrigen ein Überleben von nur 10 bis 16 Monaten zu erklären [23]. Um den Ursprung des Tumors zu identifizieren und eine Kategorisierung in Subgruppen vornehmen zu können, wird aktuell eine Kombination histologischer und molekularbiologischer Marker verwendet [13]. Durch eine möglichst genaue Zuordnung des CUP zu einem potenziellen Primärtumor können die Patienten von verbesserten Therapieregimen für spezifische fortgeschrittene Tumorerkrankungen profitieren, auch wenn der Primärtumor selbst weiterhin nicht nachweisbar ist. Zum Beispiel unterscheidet sich die aktuelle Standardtherapie für Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalem Karzinom oder Nierenzellkarzinom von der empirischen Therapie für CUP. Hierdurch hat sich das Überleben für Patienten mit diesen Tumorentitäten deutlich verlängert [6, 9]. Sollte ein kolorektales Karzinom oder ein Nierenzellkarzinom als Ursprung sehr wahrscheinlich sein, könnten diese CUP-Patienten dementsprechend von entsprechend zugeschnittenen Therapien profitieren. Zur Definition dieser speziellen Subgruppen von CUP-Patienten kann die chirurgische Therapie entscheidend beitragen und hat somit an Bedeutung gewonnen. Aber auch die Resektion von Metastasen als therapeutische Option kann in ausgewählten Fällen sinnvoll sein, auch wenn die Datenlage hierzu äußerst dünn ist. In der Literatur finden sich zumeist Fallserien mit entsprechend sehr begrenzter Aussagekraft.

Chirurgische Eingriffe zur Diagnosesicherung oder Palliation Wie bereits zuvor erwähnt, ist eine möglichst genaue Identifizierung des wahrscheinlichen Primärtumors von großer klinischer Bedeutung. Neben Feinnadelbiopsien, die häufig zu wenig Material für eine Diagnose bereitstellen, kann z. B. die chirurgische Gewinnung einer größeren Tumorprobe oder befallener Lymphknoten in toto für die histologische Aufarbeitung von entscheidendem Vorteil sein [20]. Zusätzlich ist durch eine explorative Laparotomie oder Laparoskopie eine weitere diagnostische Aussage bzgl. des Tumorbefalls oder in seltenen Fällen bzgl. des Primärtumors möglich. Durch die Synopsis histologischer, molekularer, bildgebender und klinischer Diagnostik konnten zuletzt Subgruppen mit besserer und schlechterer Prognose identifiziert werden (. Abb. 1). In einzelnen Fällen kann eine palliative chirurgische Therapie wie z. B. die Anlage eines künstlichen Darmausgangs notwendig sein. Patienten mit schlechter Prognose profitieren in der Regel nicht von einem chirurgischen Eingriff jenseits der Diagnosesicherung oder Palliation.

Chirurgische Eingriffe als Therapieoption Für einzelne Subgruppen kann eine chirurgische Therapie mit einer Resektion aller bekannten Tumorlokalisationen als Teil eines multimodalen Therapiekon-

Subgruppen bei CUP-Patienten Bessere Prognose 1. Frauen mit intraperitonealen papillären Adenokarzinomen (Peritonealkarzinose) 2. Frauen mit Adenokarzinomen solitär der axillären Lymphknoten 3. Plattenepithelkarzinome der zervikalen Lymphknoten 4. Inguinale Lymphadenopathien (Plattenepithelkarzinome) 5. Gut und schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome 6. Schlecht differenzierte Karzinome entlang der Mittellinie (extragonadale Keimzelltumoren) 7. Männer mit blastischen Knochenmetastasen und erhöhtem PSA 8. Patienten mit Adenokarzinomen mit kolorektalem Profil 9. Patienten mit (singulären), kleinen, lokal begrenzten, potenziell resezierbaren Tumoren

Schlechtere Prognose: 1. Adenokarzinome mit diffusen Lebermetastasen oder weiteren Organmetastasen

ektomie während der Operation in dieser speziellen Subgruppe vorhanden. Allerdings ist anzunehmen, dass dies analog zu Daten zum Ovarialkarzinom im Stadium III zu einer weiteren Verbesserung des Gesamtüberlebens führen kann [2, 3, 18]. Voraussetzung ist allerdings die möglichst komplette chirurgische Zytoreduktion aller Herde mit zusätzlicher Peritonektomie ohne makroskopisch nachweisbare Reste. Die Morbidität und Mortalität betrugen in einer multizentrischen Studie an Patientinnen mit Ovarialkarzinomen zuletzt 26,3 und 5,3% [8].

Frauen mit axillären Lymphknotenmetastasen eines CUP Adenokarzinoms

2. Nicht papilläre maligne Peritonealkarzinose mit Aszites 3. Multiple zerebrale Metastasen (Adenokarzinome und Plattenepithelkarzinome) 4. Multiple Lungen- oder Pleurametastasen (Adenokarzinome) 5. Multiple Knochenmetastasen (Adenokarzinome)

Abb. 1 8 Klassifikation der Prognose relevanter Subgruppen bei CUP. Blau unterlegt: Patientengruppen, die von einer chirurgischen Therapie profitieren; rot unterlegt: keine Fallserien vorhanden, aber chirurgische Resektion (wenn möglich) wahrscheinlich sinnvoll. PSA prostataspezifisches Antigen

zepts deutlich das Gesamtüberleben verbessern. In den folgenden Absätzen werden die chirurgischen Indikationen für spezielle Subgruppen des CUP erläutert.

Frauen mit Peritonealkarzinose eines CUP Frauen mit Aszites und peritonealen Metastasen ohne nachweisbaren Primärtumor sind im Median 60 Jahre alt [20]. Am häufigsten liegt eine Peritonealkarzinose mit serös-papillären oder schlecht differenzierten Adenokarzinomen vor. Da die meisten serösen Adenokarzinome von den weiblichen Geschlechtsorganen ausgehen, ist eine gynäkologische Abklärung zwingend notwendig. Falls kein Primärtumor nachweisbar ist, wird bei einer seröspapillären Peritonealkarzinose (SPPC) nach heutigem Konsens eine Behandlung analog (oder ähnlich) jener für ein Ovarialkarzinom im Stadium III und IV empfohlen. Diese besteht aus einer chirurgischen, möglichst kompletten Zytoreduktion des Tumors ggf. mit Peritonektomie, in ungünstigen Fällen auch nur aus einem Debulking. Im Anschluss daran

folgt eine adjuvante Chemotherapie mit Paclitaxel und platinhaltigen Substanzen. Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass hierdurch in einzelnen Studien das Überleben der Patientinnen bis zu einem Median von 23 bis 40 Monaten verbessert werden kann [4, 15, 17, 28, 30, 31]. Im Falle einer optimalen chirurgischen Zytoreduktion der Tumormasse wurde auch ein signifikant verbessertes Ansprechen des Tumors auf die Chemotherapie im Vergleich mit der suboptimalen Zytoreduktion nachgewiesen (76,7 vs. 43,9%), mit einem medianen Überleben von 29,4 vs. 18,6 Monaten [28]. In den letzten Jahren wurde berichtet, dass durch verbesserte Operationsmöglichkeiten eine ausgedehntere Zytoreduktion in spezialisierten Zentren möglich ist [33]. Bei 30–40% der Patientinnen wurde bei vorausgehender, optimaler chirurgischer Reduktion des Befalls ein komplette Remission durch die Chemotherapie beschrieben, mit einem medianen Überleben von 36 Monaten [26]. Aktuell sind noch keine ausreichenden Daten zur Rolle der hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC) nach Periton-

Eine zweite Subgruppe bilden Frauen mit axillären Lymphknotenmetastasen eines Adenokarzinoms. In einer Metaanalyse von Pentheroudakis et al. [25] wurde bei 92% aller Patientinnen eine axilläre Lymphknotendissektion durchgeführt. Zusätzlich wurden bei 72% aller Patientinnen, bei denen gleichzeitig sowohl die Lymphadenektomie als auch eine Mastektomie durchgeführt wurden, ein kleiner Primärtumor in der Brust gefunden [25]. Zusammen mit einer adjuvanten Chemotherapie ergab sich ein 3Jahres-Überleben von 97 vs. 75% ohne adjuvante Chemotherapie [25]. Die axilläre Lymphknotendissektion ermöglichte ein verbessertes Staging als auch eine verbesserte lokale Kontrolle der Erkrankung bei diesen Patientinnen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass aufgrund der hohen Anzahl okkulter Primärtumoren in der ipsilateralen Brust eine Mastektomie bei dieser Subgruppe von CUP-Patientinnen in Betracht gezogen werden sollte [21]. Als prognostische Faktoren für das Gesamtüberleben wurden gefunden [25]: F Anzahl der befallenen Lymphknoten, F R0-Resektion, F lokale Behandlung der Brust (chirurgisch oder Bestrahlung) und F ausgedehnte axilläre Lymphadenektomie.

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Zusammenfassung · Abstract

Zervikale Lymphknotenmetastasen von CUP-Plattenepithelkarzinomen Eine weitere Subgruppe bilden die Patienten mit zervikalen Lymphknotenmetastasen eines Plattenepithelkarzinoms unbekannter primärer Lokalisation. Durch eine lokoregionale Behandlung kann hier eine deutliche Überlebensverbesserung erzielt werden. Es wird empfohlen, diese Patienten analog zu den Leitlinien für lokal fortgeschrittene Kopf-Hals-Karzinome zu behandeln. Diese beinhalten eine radikale „neck dissection“ zusammen mit einer Bestrahlung und Chemotherapie, wobei sich der Umfang der „neck dissection“ an der Lokalisation und Ausdehnung der Lymphknotenmetastasen orientiert [11, 21, 22]. Alternativ kann eine alleinige Radio- bzw. Radiochemotherapie in Erwägung gezogen werden [5, 29]. Aktuell wird der genaue Behandlungsablauf kontrovers diskutiert. Dies bezieht sich insbesondere auf das Ausmaß der chirurgischen Resektion, die Größe des Bestrahlungsfelds und den Stellenwert der simultanen Chemotherapie.

Inguinale Lymphknotenmetastasen  eines CUP In dieser Subgruppe von Patienten befinden sich sowohl Patienten mit Metastasen eines Plattenepithelkarzinoms als auch Patienten mit undifferenzierten, anaplastischen Karzinomen. Als weitere Entität werden Metastasen maligner Melanome hinzugezählt, insbesondere von unerkannten amelanotischen Melanomen. In einer schwedischen Populationsstudie wurden ca. 35% Adenokarzinome, 15% Plattenepithelkarzinome, 35% maligne Melanome und 15% undifferenzierte Karzinome detektiert [14]. Eine chirurgische Lymphknotendissektion ist dementsprechend sowohl zur Differenzialdiagnose als auch zur Therapie wichtig. In Fallserien und Einzelfallberichten wurde bereits ein Langzeitüberleben für einige dieser Patienten nach definitiver lokaler Therapie berichtet [12, 19, 20]. Ob eine zusätzliche systemische Therapie die Aussichten auf Heilung oder das Überleben verbessert, ist bisher bei diesen Patienten nicht erwiesen. Basierend auf den Erfahrungen mit lokalen Plattenepithelkarzinomen,

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Radiologe 2014 · 54:140–144  DOI 10.1007/s00117-013-2549-7 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 T. Schmidt · A. Ulrich

Chirurgische Optionen bei „cancer of unknown primary“ (CUP) Zusammenfassung Hintergrund.  „Cancer of unknown primary“ (CUP) stellt eine im klinischen Alltag häufig auftretende heterogene Gruppe an Tumorerkrankungen dar, die bisher mit einer äußerst schlechten Prognose für die betroffenen Patienten einhergeht. Aufgrund der zunehmend besseren diagnostischen Möglichkeiten lassen sich Subgruppen von Patienten mit unterschiedlicher klinischer Prognose identifizieren. Neue, an die identifizierten Subgruppen angepasste Therapien, spielen zunehmend eine entscheidende Rolle. Zielsetzung.  In diesem Review sollen die Rolle der Chirurgie und die chirurgischen Optionen in der Therapie von CUP-Patienten erläutert werden. Ergebnisse.  Für die Therapie des CUP ist eine Eingruppierung der Patienten in unterschiedliche Subgruppen von Bedeutung, um die Patienten mit einer guten Prognose identifizieren zu können. Eine chirurgische Resektion der CUP-Metastasen stellt für 1) Frau-

en mit papillärer Peritonealkarzinose, 2) Frauen mit axillären Lymphknotenmetastasen eines Adenokarzinoms, 3) Patienten mit zervikalen Lymphknotenmetastasen eines Plattenepithelkarzinoms, 4) Patienten mit inguinalen Lymphknotenmetastasen, 5) Patienten mit mediastinalen/retroperitonealen Metastasen entlang der Mittellinie (extragonadale Keimzelltumoren) und für 6) Patienten mit lokalisierten, resezierbaren Metastasen eine lebensverlängernde Therapieoption dar. Schlussfolgerung.  Zusammen mit einer dem vermutlichen Primärtumor angepassten multimodalen Therapie stellt die Resektion von Metastasen bei verschiedenen Subgruppen des CUP eine wichtige Therapieoption dar. Schlüsselwörter Adenokarzinome · Plattenepithelkarzinome · Prognose · Peritonealkarzinose · Lymphknotenmetastasen

Surgical options in cancer of unknown primary (CUP) Abstract Background.  Cancer of unknown primary site (CUP) comprises a relatively frequently occurring group of heterogeneous malignant tumors in the clinical routine, which currently has an abysmal prognosis for affected patients. Based on the improved diagnostic tools it is now possible to identify subgroups of patients with different clinical prognoses. New therapies adapted to these identified subgroups are becoming increasingly more relevant. Aim.  This review aims to evaluate the role of surgery and different surgical options in the therapy of patients with CUP. Results.  For the treatment of patients with CUP it is important to identify subgroups of patients with a better prognosis. Surgical resection of CUP metastasis is a therapy option leading to a prolonged survival in (1) women with papillary peritoneal adenocarcino-

wie z. B. dem Anal-, Blasen- oder Zervixkarzinom, wird aber angenommen, dass eine multimodale Therapie vorteilhaft sein könnte.

matosis, (2) women with axillary lymph node metastasis of adenocarcinoma, (3) patients with cervical lymph node metastasis of squamous cell carcinoma, (4) patients with inguinal lymph node metastasis, (5) patients with poorly differentiated carcinomas with midline distribution (e.g. extragonadal germ cell syndrome) and (6) patients with small resectable tumors. Conclusion.  Surgery is an important therapy option in different subgroups of patients with CUP. Together with multimodal therapy, adjusted according to the identified most likely origin of the primary tumor, it is possible to prolong patient survival. Keywords Adenocarcinomas · Squamous cell carcinomas · Prognosis · Peritoneal carcinomatosis · Lymph node metastasis

Lokal begrenzte, resezierbare (singuläre) CUP-Metastasen Nach den Empfehlungen der ESMO (European Society of Medical Oncology) ist bei Patienten mit einem lokal begrenzten (singulären) Tumor, welcher als Me-

tastase eines CUP angesehen wird, eine Resektion indiziert, allerdings unter der Voraussetzung, dass dies im Gesunden (R0) und mit angemessenem Risiko möglich ist [10]. Trotzdem bestehen hierzu in der Literatur bisher nur wenige belastbare Daten, sodass in der Zukunft weitere Untersuchungen zu den einzelnen von Metastasen befallenen Organen notwendig sind. Aufgrund der sehr heterogenen Patientengruppe und der vielfältigen therapeutischen Optionen sollte das Vorgehen interdisziplinär in Tumorboards festgelegt werden.

Mediastinale und retroperitoneale, schlecht differenzierte Karzinome der Mittellinie (Keimzelltumoren) In dieser Subgruppe von Patienten befinden sich in erste Linie Männer, die jünger als 50 Jahre sind und eine Tumorverteilung entlang der Mittellinie mit Befall sowohl der retroperitonealen als auch der mediastinalen Lymphknoten haben. Histologisch handelt es sich bei diesen Patienten um undifferenzierte oder schlecht differenzierte Karzinome mit schneller Tumorprogression. Aber im Gegensatz zu anderen Patienten mit CUP sind diese Tumoren z. T. sehr chemosensibel, mit einem medianen Ansprechen von 45% und einem kompletten Ansprechen bei 20% [20, 27]. Liegt bei diesen Patienten ein primär mediastinal oder retroperitoneal metastasierter Keimzelltumor (Nichtseminom) vor, sollte nach der Chemotherapie eine chirurgische Resektion des Residualtumors angeschlossen werden. In verschiedenen Studien konnte hierdurch die Überlebenswahrscheinlichkeit verbessert werden, insbesondere da in 71–92% aller mediastinalen Keimzelltumoren nach einer First- oder Second-line-Chemotherapie noch lebendige Tumorzellen im Resektat auffindbar waren [1, 16, 32]. Das Gesamtüberleben ist mit einem Median von ca. 12 Monaten trotz allem ernüchternd. Eine Gruppe von Patienten profitierte mit einem medianen Überleben von 23 Monaten von einem multimodalen Therapiekonzept besonders, und zwar jene mit einem guten Performancestatus, die eine platinhaltige Chemotherapie erhielten und hierauf primär ansprachen [27]. Über die Rolle

der Resektion bei anderen CUP-Tumoren in dieser Subgruppe (die keine Keimzelltumoren sind) gibt es noch keine ausreichenden Daten. Dies muss in der Zukunft in Zentren prospektiv untersucht werden.

Fazit für die Praxis F Bei Diagnose eines CUP ist eine genaue histologische, molekulare, bildgebende und klinische Aufarbeitung von hoher therapeutischer Relevanz. F Patienten mit CUP stellen eine heterogene Gruppe von Tumorerkrankungen dar, die durch eine Unterteilung in verschiedene Subgruppen von einer spezifischen Therapie profitieren können. F Eine diagnostische chirurgische Metastasenresektion kann bei der Diagnosestellung bei CUP-Patienten hilfreich sein. F Eine chirurgische Therapie kann das Gesamtüberleben von Patienten mit 1) lokalisierten Lymphknotenmetastasen, 2) singulären oder lokal begrenzten Metastasen und 3) bestimmten Formen der Peritonealkarzinose verlängern. F Eine Therapieentscheidung für CUPPatienten sollte durch ein interdisziplinäres Tumorboard getroffen werden.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. A. Ulrich Klinik für Allgemein-, Viszeralund Transplantationschirurgie, Universitätklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 110, 69117 Heidelberg alexis.ulrich@ med.uni-heidelberg.de

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  A. Ulrich und T. Schmidt geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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Keine Angst vor der DeGIR-Fachprüfung Die DeGIR hat nach gründlicher Vorbereitung 2010 ein Programm zur Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten interventioneller Techniken im Rahmen des kontinuierlichen Lernens aufgelegt. Dieses umfasst eine zweistufige persönliche Qualifizierung (Stufe 1 und Stufe 2) und eine separate Qualifizierung der Ausbildungsstätten. Mit Abschluss der Aufbau- und Übergangsphase gelang es, flächendeckend in Deutschland die Breite der Interventionellen Radiologie abzubilden und diese für die Versorgung zugänglich zu machen. Mit Abschluss der Übergangsphase kann nun seit 2012 der Erwerb der Stufe 2-Zertifikate in den bisherigen Modulen A-D und voraussichtlich ab 2015 auch in den Modulen E+F mittels einer Fachprüfung abgeschlossen werden.

Aufbau der Fachprüfung Die Fachprüfung ist nach dem Prinzip einer objektivierten Prüfung mit Minimierung subjektiver Einflüsse konzipiert. Bestehend aus zwei Teilen erfolgt eine theoretische Wissensabfrage mit 30 Multiple-Choice-Fragen pro Modul in 45 Minuten und eine fallbasierte Überprüfung praktischen Wissens mit drei Fällen in 30 Minuten durch zwei Prüfer. Die Multiple-Choice-Fragen sind einheitlich nach dem Prinzip der bestmöglichen Antwort mit vier Antwortmöglichkeiten aufgebaut. In den Fällen werden thematisch komplette Eingriffe von der Diagnose über die Indikation, die Durchführung und ggf. des Komplikationsmanagements abgefragt. Die Prüfungen können theoretisch an einem Tag in allen Modulen abgelegt werden. Prüfungsinhalte ergeben sich aus den Inhalten der Module.

Vorbereitung der Fachprüfung Aus dem Kreise der DeGIR-Mitglieder arbeiten momentan mehr als 20 Kollegen an der Vorbereitung und Durchführung der Prüfung mit. Alle entworfenen Fragen und eingereichten Fälle werden vor der Zulassung zur Prüfung bei regelmäßigen Prüfertreffen vollständig durchgesprochen und korrigiert. Eine Zulassung zur Verwendung in einer Prüfung ohne ausführliche Korrektur ist ausgeschlossen. Alle von den Prüfern selbst entworfenen Fragen und Fälle müssen von allen Prüfern als eindeutig lösbar eingeschätzt werden, bevor sie

in den Prüfungen eingesetzt werden können. Auffallend häufig falsch gelöste Fragen werden nochmals bei den Prüfertreffen analysiert und bei Bedarf korrigiert.

Durchführung der Fachprüfung Die theoretische Prüfung erfolgt getrennt nach Modulen mit je 30 Fragen in 45 Minuten. Es besteht keine fixierte Bestehensgrenze in Prozent. Stattdessen wird das Antwortmuster der Prüflinge analysiert und in die Entscheidung mit einbezogen. Diese wird jederzeit vollständig anonym ohne Kenntnis der Namen der Prüflinge durch die Zertifizierungskommission im Konsens getroffen. Bei der Fallprüfung geben die zwei Prüfer nach der Prüfung im Konsens eine Gesamtbeurteilung ab, die sich auf die vorbereiteten Antwortbögen stützt. In diesen Bögen sind potentielle richtige und falsche Antworten mit einem abgestimmten Punktesystem vorab hinterlegt und werden zur objektiven Beurteilung verwendet. Die Prüfer führen den Prüfling dabei als Lotse durch die Bildbeispiele mit hinterlegten Fragen ohne zusätzlich eigene spontane Fragen zu stellen. Die Prüfungen werden von Aufsichtspersonen der Geschäftsstelle überwacht. Die Bestehensquote der bisherigen Prüfungen lag jeweils über 90% und dokumentiert die erfolgreich erworbenen Kenntnisse im Rahmen der angebotenen Modulkurse zur Vorbereitung auf die Prüfung durch die bisherigen angetretenen Kolleginnen und Kollegen.

Termine Die Prüfungen finden jeweils anlässlich des IROS und Deutschen Röntgenkongresses statt. Anmeldungen sind mit einer Anmeldefrist zur jeweiligen Vorbereitung der Prüfung über die Geschäftsstelle der Deutschen Röntgengesellschaft möglich. Wird das EBIRZertifikat der CIRSE bzw. das ESNR-Zertifikat nachgewiesen, kann die Stufe 2 auch schon vor Ablauf der 4-Jahresfrist erworben werden. Quelle: Deutsche Röntgengesellschaft e.V. www.drg.de

[Surgical options in cancer of unknown primary (CUP)].

Cancer of unknown primary site (CUP) comprises a relatively frequently occurring group of heterogeneous malignant tumors in the clinical routine, whic...
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