Editorial

Onkologie, Metastasenchirurgie Surgical Oncology, Metastatic Disease Sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen, !

J. C. Kalff

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0042-113123 Zentralbl Chir 2016; 141: 368–369 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044‑409X Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Jörg C. Kalff Klinik und Poliklinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn Deutschland Tel.: 02 28/2 87-1 52 15 Fax: 02 28/2 87-1 95 85 [email protected]

die Onkologie nimmt einen zunehmenden Stellenwert und Anteil der täglichen Arbeit auch in der Viszeralchirurgie ein. In diesem Heft des Zentralblatts informieren wir Sie über eine Vielzahl von Aspekten bei der Versorgung onkologischer Patienten – vom Grundverständnis für die Wertung onkologischer Literatur über die Entwicklung der Mindestmengenvorgaben bis hin zur hoch spezialisierten Leberchirurgie. Krebserkrankungen liegen in Deutschland und Europa weiterhin auf dem zweiten Platz der Todesursachen nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die Tendenz ist steigend. Vorsorge und Prävention haben den Anteil früher Krebsstadien an der Gesamtheit gesteigert, dennoch werden weiterhin viele Patienten erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Die Fortschritte der modernen konservativen und interventionellen Tumortherapien haben dabei – anders als vielleicht früher befürchtet – die Rolle der Chirurgie weiter gestärkt und die Indikationen operativer Eingriffe erweitert. Wurde die Chirurgie in den vergangenen Jahrzehnten häufig bei Patienten mit fortgeschrittenem Tumorleiden in palliativer Intention zur Therapie inkurabler Leiden angefragt, so können wir heute auch chirurgisch bei ausgedehntem Tumorbefall in multimodalen Konzepten einen sinnvollen und zum Teil auch kurativen Beitrag zur interdisziplinären Behandlung leisten. Die Hiobsbotschaft einer Metastasierung hat dabei zunehmend an Schrecken verloren und wird nicht mehr gleichgesetzt mit qualvollem Leid und raschem Tod. Der metastatische Befall selbst multipler Organsysteme kann bei geeigneter Therapie in einigen Tumorentitäten über lange Zeit kontrolliert und mit einer guten Lebensqualität verbunden werden. Auch in der Chirurgie hat sich der Begriff der Oligometastasierung etabliert und operative Strategien in diesen Stadien sind zielgerichtet, rational und interdisziplinär anerkannt. Sie finden sich in vielen Leitlinien für die Behandlung der häufigen Krebserkrankungen und haben den Makel von Aktionismus und Verzweiflungstat verloren. Die Peritonealkarzinose – vor wenigen Jahren noch undenkbar – ist heute bei einer Reihe von Tumorentitäten keine Kontraindikation mehr für operative Eingriffe. Die Kombination von Zytoreduktion und lokaler Chemotherapie (HIPEC), entwickelt und vorangetrieben durch Paul Sugarbaker, eröffnet einigen Patienten in dieser fortgeschrittenen Tumorsituation neue Möglichkei-

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ten. Der entscheidende Faktor für einen erfolgreichen Einsatz liegt jedoch in einer adäquaten Patientenselektion, denn nicht jeder Patient mit peritonealer Tumoraussaat profitiert von dem Konzept. Beckert et al. [1] stellen in ihrer Übersichtsarbeit den Stand der chirurgischen Therapie bei der Peritonealkarzinose dar und fassen die Charakteristika und das Vorgehen der verschiedenen Tumorentitäten zusammen. Neben der vielerorts bereits etablierten Technik der intraoperativen hyperthermen Chemotherapie (HIPEC) stellen Oyais et al. [2] in dieser Ausgabe die sog. PIPAC – „pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy“ vor. Bei dieser Technik werden die Chemotherapeutika Doxorubicin und Cisplatin als Aerosol unter Druck in die Peritonealhöhle geleitet. Die Studie adressiert Aspekte der Arbeitssicherheit und bestätigt dem Verfahren unter Beachtung der Vorgaben die Unbedenklichkeit. Die Zukunft wird zeigen, ob sich dieses Verfahren in ähnlicher Weise verbreiten wird wie die HIPEC. Eines der häufigsten Zielorgane von Metastasen ist die Leber. Das einzigartige Regenerationspotenzial der Leber ermöglicht auch bei ausgedehntem Tumorbefall den Einsatz resezierender Verfahren. Die mögliche negative Rolle des aus der Resektion resultierenden Proliferationsreizes auf okkulte Mikrometastasen im verbleibenden Leberrest stellen Andreou et al. [3] in ihrer Übersichtsarbeit dar. Detaillierte anatomische Kenntnisse, technische Errungenschaften, makelloses operatives Handwerk und die Optimierung des perioperativen Managements haben die Leberchirurgie in den letzten Jahrzehnten stark vorangetrieben. Das eröffnete auch weitere Chancen für Patienten mit primären Lebermalignomen. Operativ-strategische Überlegungen zur Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC) und von zentralen Gallengangskarzinomen werden in den Beiträgen von Hoyer et al. [4] sowie Seehofer und Neuhaus [5] adressiert. Die Onkologie ist ein sehr aktives Betätigungsfeld der Chirurgie und der Erkenntnisgewinn der letzten Jahre ist immens. Die Vielzahl laufender onkologischer Studien, neuer Chemotherapeutika, interventioneller Verfahren und deren Kombination sind kaum überschaubar und erfordern ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz bei der Auswahl der geeigneten Behandlungswege unserer Patienten. Nicht alle neuen Verfahren halten, was sie versprechen, und nicht alles Machbare ist für den individuellen Patienten ein Gewinn. Interdisziplinäre Tumorboards haben sich flächendeckend etabliert und der Chirurg muss aktuell informiert und in der Lage sein, die Literatur kri-

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Mit den besten Grüßen aus Bonn Ihr Jörg C. Kalff

Literatur 1 Beckert S, Struller F, Grischke EM et al. [Surgical Management of Peritoneal Surface Malignancy with Respect to Tumor Type, Tumor Stage and Individual Tumour Biology]. Zentralbl Chir 2016; 141: 415–420 2 Oyais A, Solass W, Zieren J et al. [Occupational Health Aspects of Pressurized Intraperitoneal Aerosol Chemotherapy (PIPAC): Confirmation of Harmlessness]. Zentralbl Chir 2016; 141: 421 424 3 Andreou A, Schmelzle M, Sauer IM et al. [The Impact of Tumor Cell Proliferation on Occult Micrometastases, Tumor Recurrence and Patient Outcome Following Resection for Liver Malignancies]. Zentralbl Chir 2016; 141: 375–382 4 Hoyer DP, Paul A, Lauenstein T et al. [Relevance of Ablation Therapies for HCC: “A Real Bridging” for Liver Transplantation?] Zentralbl Chir 2016; 141: 390–396 5 Seehofer D, Neuhaus P. [Strategies to Optimise R0 Resection for Hilar Cholangiocarcinoma]. Zentralbl Chir 2016; 141: 397–404

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tisch evaluieren und bewerten zu können. Wir hoffen Ihnen mit den Beiträgen in diesem Heft einige Hinweise und eine Hilfestellung für die Behandlung Ihrer Patienten geben zu können.

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