Experimentelle Orthopädie

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E. Savvldls, F. Löer, B. Barden Orth o pä dische Klinik der Universität - G HS - Essen

Zusa mme nfass ung Vierzehn versch iedene, klinisch verbreitete Osteosynthesetechniken instabiler pert rochan terer Fra kture n mit medialem Co rtica lisdefekt wurd en systematisch-vergleichend a uf ihr Sta bilitä tsverha llen hin untersucht. Hierbei wurden a n 36 Fernur-O steosynth ese-Präpar aten sowohl das Defo rmationsverhalt en im Bruchspalt als a uch die Belastungsto leranzen für die ort ho gra de Belastungsr ich tun g (Belastung in Flexion s-Extensions-Neutra lstellung) und erstmalig auch für die Belastung in Neigestellun g des Femur entsprechend einer Hü ftgelenkbeugun g von 45 0 getestet und a na lysiert. Die Erge bnisse erla uben Rückschlü sse auf das Sta bilitätsverhalten der einzelnen Osteosynthesen . Die Bruchgr enzen un d da s Deforrn ati on sverhalt en aller unt ersuchten Osteosynthesen zeigten bei Belastun g in Neigestellung des Femur (en tspreche nd einer H üft gelenkb eugestellung von 45 °) im Vergleich zur orthograde n Belastungsrichtung (Flexio ns-Extensio ns-Ne ut ra lstellung des Hüftgelen kes) deut lich ungün stige re Werte. Au s den Ergebnissen lassen sich klinis ch wichtige Schlußfolgeru ngen ziehen hin sichtlich einer Optimierung der O perationstechni k und der po stope rat iven krank engymn astischen Nac hb eha ndlung.

Einleitung Bei der operati ven Versorgun g pe rtrocha nterer Frakturen bestehen häufig hohe An forderungen an die Techn ik der a ugewa ndten Osteo synth ese (10, 14, 16, 18,29,31 ,44). Trot z regelr ech ter Reposition und techni sch richti ger Au sführung der Os teos ynthese verbleibt bei vielen Fra kturt ypen postoperativ ein ho her Insta bilit ätsgrad. was vor a llem für die nicht selte nen pathologischen Frakturen mit osteo lyt ischen Substanzver luste n im trochan teren Bereich gilt. Es ist a nzunehme n, daß die vergleichsweise häu figen Komplika tion en , die sowohl perloperati v als auch in der Nachbehandlungsphase pertrochant erer Frak turen beobachtet werden (I, 3, 4, 5, 17, 20, 22, 25, 26, 28, Z . O rthop . 128 (1990) 66 1- 667 © 1990 F. Enk e Verlag St uuga rt

Studies of the Sta bility of Pertrochant eric Frac tures After Applica tion o f Different Osteosynthesis Techniq ues. wit h Specia l Co nsldcra tlon of Torsion Fo rces at the P ro ximal Femur Fourteen different co mmonly used osteo synth escs for unstable pe rtr oc hanteric fra ctures with med ial bon e defect were systematica lly ana lysed concerning their sta bility. Fo r this pu rpose th e deformation a nd the ma ximum sta bility of 36 osteo synt hetically sta bilized fra ctu red femor a from donar corpses were tested. For th e experi mental investigati on s the hip f'orce F"I wa s not onl y indu ced on the fernara in ort hog ra de direction but also in an inclina tion o f 45 degr ees o f anteflect ion o f the femo r as it ap pear s du ring wal king up stai rs. As a result, all resred osteosyntheses had significa nt ly lower maximum sta bility an d greater deformation if the hip for ce was induced on the anteflected fem ura in con tra st to o rrhograd e loadi ng. From our ana lysis clinica lly important co nclu sions ca n be drawn concern ing the operat ion techniques and th e post-operati ve aftert reat ment co ncepts.

3D, 32, 34, 38, 40, 42, 43, 45, 46, 47) nicht selten a uf eine fehlerh aft e Einschät zun g der erreic hten Stabi lität zurü ckzufü hren waren. Eine lan ge postoperativ e Immobilisa tion des Pa tient en bis zum Eint rete n der knöchernen Bruchheilung stellt wegen des Risikos immobilisationsbedingter Folgeerkrankungen kein e befr ied igende Lösun g dieses Pr oblems da r (2, 6,7 , 9, 13, 19,2 1, 23). Dah er sollte man anstreben, während der po stoperati ven Mobilisieru ng des Patient en die Bela stungsgröße und Belastun gsa rt der intraoperat iv err eichten Stabilitä t bestm öglich a nzugleichen . Die bisher in der Lite ratur vorgelegten biomechanischen und klinischen Stud ien zur Beurt eilun g der Stabilität na ch unt erschied lichen Techn iken der Oste osynthese pertrochan terer Frakt uren sind ausschließlich in der Flexion s-Exte nsions-Neutra lstellun g de s Hüftgelenkes au sgeführ t worden mit den Bela stun gsmod a litäten , wie sie

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Untersuchungen zum FestigkeitsverhaIten pertrochanterer Frakturen nach Anwendung verschiedener Osteo synthesetechniken unter besonderer Berücksichtigung der Torsionsbelastung am proximalen Femur

Z. Orthop. / 28 (/990)

E. Savvidis und Mitarb.

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Pauwels (1935) in seinem mechanischen Mod ell zur Hü ftgelenkbelastung erstmalig an gegeben hat (I I, 12, 15,27, 28, 37, 39, 40, 41). Allerdin gs hab en die gena nnten Untersuchungen die Bela stun g des Beines in H üftgelenkbeugestellun g nicht berü cksichti gt, ob gleich diese Belastun gsform bereits bei a lltäg lichen Verricht un gen wie Treppensteigen ode r Au fstehen a us der Sitzposition auft ritt. \Vie Unte rsuch ungen a m isolierten Leichenknoch en gezeigt hab en. verur sachen bei Belastun g des Beines in Hüftgelenkbeugestellun g auftrete nde Tor sion skr äfte bei gleicher Größe de r Belastungskra ft am proximalen Femu r deutlich höhere Beanspruchungen als die Belastung in der Flexion s-ExtensionsNe utra lstellung. Neuere Untersuchungen an isolierten l.eichen knoc hen haben gezeigt, daß bei Belastun g des Beines in Hüft-Beugestellun g am proximalen Femur bedeut end e TorsionskräJte a uft reten (24, 35, 36). Im täglichen Leben wird d iese Belastungsform insbe sondere beim Trepp ensteigen sowie beim Aufstehen au s der Sitzpo sition beob acht et. Bei gleiche r Gr öße der Belastungskraft treten am proximalen Femur unt er Belastung in Hüftbeugung deutli ch höhere Bean spruch ungen auf als in der Flexion s-Exten sion s-Neu tra lstellun g. I n der vorliegende n Arbe it werd en experimentelle Untersu chungen am iso lierten Femur nach Osteo synt hese pertrochanterer Frakturen vorg estellt , wobei durch Belastung in Neigestellung des Femur auc h die genannt en Torsion skr äft e er faßt werd en. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die du rch diese Kom pon enten der To rsionsbelastung verursac hte Stabilitätsminderung nach Osteosynth ese pertrochanterer Frakturen am isolierten Femur experimentell zu erfa ssen, um aus den gewonnenen Meßdaten praktisch wichti ge Schlußfolgerungen zur Ope rati on stechnik und Nachbehandlun g dieser Frakturen zu ziehen .

Material und Meth ude Von den Leichen knoc hengesunder Patienten (n = 18) wur den beide Femu ra entnommen . Nac h vollstä ndiger Entfern ung alle r \Veich teile wur de eine defin ierte insta bile per troch an tere Fraktur mit medi a lem Defekt geschaffen, inde m im Bereich des Toch an ter minor ein Knoche nkeil mit medialseitiger Basis ent fern t wurde. wob ei die Keilspitze in der lateralen Corticalis lag; a nschließend wurden 14 un tersch iedliche Osteosynth esen in etab lierten Operati on stechn iken durchgeführt (Abb. I). Die osteosy nthetisch verso rgten Femura wurden in einer Ein spannvorrichtung so fixiert , daß der Abstand zwischen der Femurkopfmitte und dem oberen Rand der Ein spannstelle 250 mm betrug und die Femurscha ftlängsac hse in Relation zur Vertikalen den physiolo gischen Wink el von 6 0 einsch loß (Abb. 2a) . Die Ein spannvorrichtung wa r mit eine r Grundplatte versehe n, die in einer mechan ischen Pr esse so mont iert wurde, daß verschiedene Flexion sstellun gen im Hüf tgelenk simuliert werde n konn ten. Die Versuche wurden sowohl in ort hograder Belastun gsrich tu ng (also bei Flexions-Exte nsions-Ne ut ra lstellung), als auch unt er Kippun g der Versuchsanordnun g

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Abb . 1: Schema tische Darstellung der unte rsuch ten Osteosvnthesen definierter instabiler pertrochanterer Frakturen mit medialem Corticalis defekt a] Bündel nagelung mit elastischen Rundnägeln (nach Ender und Simon -We idner , 1970l b) 13 5 °-Dynam isch e Hüft schraube der AO ci 95°-Condyl enplatte der AO d) w ie c) plus ventra le 6-Loch-Platte der AO el w ie c ) plus medialer Corticalisspan fl w ie c ) plus PMMA-Defe ktauff üllung rverbu ncos teosvnthese j gl Verstärkte 130 o-W inkelplatte mit Doppe l-T-Träger-Klingenprofil tn. Teubner, 19751 h) w ie g ) plus ventrale 6- Loch- Platte der AO il wi e g ) plus med ialer Corti calisspan jl w ie g ) plus PMMA-Defektau ffüllung Iverbundosteosvnthese) kJ Schenkelhalszuggurtungsplatte mit 130 o- Gleitbo lzen im Gew indelager (nach v, Hasselbach und Wi tzei, 1987 ) Il w ie k) plus ventrale 6-Loch-Platte der AO rn) wi e k! plus med ialer Corucaussoan 01 w ie kl plus PMMA-Defektauffütlung IVe rbundos teosvnthese }

in eine vent ra le Neigeste llung des Femur durchgeführt, die einer Flexion im Hü ftgelenk (ep) von 45 0 ent sprach (Abb . 2b). Die Belastun gskraft (F H ) wurd e vert ikal über den Femur kopf eingeleitet, wie es der Belastun g mit Hü fta bdukto renentspa nnung (posi tivem Trendelenburgph änomen) und Verlagern des Oberkörpers über das Standbein im Einbeinstand entspricht (36). Die Kraft einleitung in den Femurkopf über den Pressenstempe l und eine aus Kunststoff gefertigte pfannenförrnige Ka ppe erfolgte in Richt ung der Femurkopfmitte- Inte rcondy lar-Li nie (von Miku licz-Linie) . Um ho rizontal gerichtete Kräfte infolge der Au sbiegung en des Femu r zu vermeide n. wurden zwischen Pressenstempel und Kun ststoffka ppe Rollenlager interponiert. Die eingespa nnten Femurp räpara te wurde n in Stufen von 200 N bis zur Fra ktur ieru ng belaste t.

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Untersuchungen zum Festigkeitsverhalt en pertrocharuerer Frakturen Hüttgelenk.k.rafl (FH ) Hültgelenk.k.raft (FH )

Vertik.ale Absenk.ung JS vert

Die in den einzelnen Belastungsstufen registrierten Meßgrößen waren: Die Belastu ngskraft (F H ) und da s korrespondierende Torsion smoment bezüglich de r Fernurlängsachse (MT), die vert ikale Femu rkopfab senkung (tJ. s,,,,) und der Torsion swinkel (n) des Femurkopfes gegenübe r der Ein spannstelle de s Fem urpräparates in der Grundplatt e.

E rgebnisse

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Abb . 2 : Schemat ische Darstellung der Versuch sanordnung zur Belastung sprüf ung der Femurpräparate mit den versch iedenen Osteosynthesetechniken al Aufstellung zur Testung der Pernur-Osteosv nthesen -Preparate in Flexions-Extensions-Neutralstellung Iorthoqrade Belastungs richtung l bl Aufstellung für die Testung der Fernur-Osteos vnthese -Preparat e für die Belastung in Hüftgelenkbeugestellung

In Abb . 3 sind die Bruchgrenzen dargestellt , welche die einzelnen Femurpräparate nac h A nlegen der definierten pertrochanteren Frakt ur mit med ia lem Co rticalisdefekt und an schließender osteo syntheti scher Fragmentfixierung in den vor genannten Osteosynt hesete chniken erreichten sowie die Bru chgr enzen der nativen Referenzpräparate. und zwar sowo hl für die orthograde als auch für die Bela stungsa rt mit Neigestellung des Femur ent sp rechend eine r Hüftgelenkbeugung vo n

[Studies on the stability of pertrochanteric fractures following the application of various osteosynthesis techniques with special reference to torsional forces at the proximal femur].

Fourteen different commonly used osteosyntheses for unstable pertrochanteric fractures with medial bone defect were systematically analysed concerning...
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