Herzschr Elektrophys 13:2–4 (2002) © Steinkopff Verlag 2002

J. C. Geller H. U. Klein

Vorhofflimmern ist die häufigste kardiale Arrhythmie und nimmt im höheren Alter deutlich an Häufigkeit zu (8). Trotz einer Vielzahl von Untersuchungen über die Inzidenz, die Pathophysiologie, die Bedeutung für die Lebensqualität der betroffenen Patienten und die Behandlung von Vorhofflimmern ist mit der heute zur Verfügung stehenden medikamentösen antiarrhythmischen Therapie das Ziel des Erhalts des Sinus Rhythmus bei der Mehrzahl der Patienten nicht zu erreichen (10). Zusätzlich wird der Einsatz von Antiarrhythmika durch das Risiko der ventrikulären Proarrhythmie und durch nicht-kardiale Nebenwirkungen limitiert, und die Lebensqualität der Patienten wird durch häufige Rezidive und die Notwendigkeit wiederholter Kardioversionen eingeschränkt. Aus diesem Grund muß häufig das Fortbestehen der

Stimulation bei Vorhofflimmern

Arrhythmie akzeptiert und auf eine rein Frequenz-kontrollierende Therapie zurückgegriffen werden. Alternative Möglichkeiten zur Verhinderung des Wiederauftretens der Arrhythmie stehen daher in den letzten Jahren im Mittelpunkt des Interesses. Bisherige Versuche einer kurativen Behandlung (Ablation) von Vorhofflimmern sind bis auf die MAZE Operation (3) nur sehr eingeschränkt effektiv und mit einer Reihe von potentiell bedrohlichen Nebenwirkungen behaftet (4, 7). Aus diesem Grund stellt die Schrittmacherbehandlung eine ausgesprochen attraktive Alternative dar, insbesondere für ältere Patienten mit struktureller Herzerkrankung, die sehr häufig zusätzlich intermittierende Bradykardien aufweisen. Der Eingriff der Implantation stellt – im Gegensatz zu der nur in spezialisierten Zentren und mit großem Aufwand durchführbaren Ablation – eine Standardprozedur mit gut etablierter Technik und in ausreichender Zahl zur Verfügung stehenden Implantationszentren dar. Frühe retrospektive and einige prospektive Studien haben gezeigt, dass langfristige atriale (AAI oder DDD) Stimulation verglichen mit einer rein ventrikulären Stimulation bei Patienten mit einer Sinusbradykardie die Rezi-

divrate von Vorhofflimmern und die Entwicklung von chronischem Vorhofflimmern reduziert (2, 11). Unklar ist nach wie vor, ob dies auf einen antiarrhythmischen Effekt der atrialen Stimulation oder aber auf einen pro-arrhythmogenen Effekt der ventrikulären Stimulation zurückzuführen ist. In den letzten Jahren wurden zusätzlich eine Reihe von spezifischen Stimulationsalgorithmen entwickelt, die den Erfolg der Stimulationsbehandlung gegenüber der reinen Vorhof-gesteuerten Demand-Stimulation erhöhen sollen. Diese präventiven Stimulationsalgorithmen beruhen auf Beobachtungen, dass für das Wiederauftreten von Vorhofflimmern unterschiedliche Initiierungsmechanismen verantwortlich sein können. Dieses Heft soll die bisherigen Erfahrungen mit der Stimulationstherapie zusammenfassen und den heutigen Stand der Technik und die zur Zeit bestehenden Indikation für eine Schrittmacherbehandlung bei Patienten mit Vorhofflimmern darstellen. Für jeden einzelnen Themenbereich wurden namhafte Autoren gewonnen, die über ausgedehnte eigene Erfahrung in der Stimulationstherapie verfügen. D. Pfeiffer stellt zunächst die bisher durchgeführten Studien bezüglich der Vorhof-gesteuerten Demand (AAI

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Priv. Doz. Dr. med. J. Christoph Geller ()) Prof. Dr. med. Helmut U. Klein Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie Otto-von-Guericke Universität Magdeburg Leipzigerstrasse 44 39120 Magdeburg, Germany Tel.: +49-391/6713203 Fax: +49-391/6713202 E-Mail: christoph.geller@medizin. uni-magdeburg.de

GAST-EDITORIAL

J. C. Geller und H. U. Klein Stimulation bei Vorhofflimmern

bzw. DDD) Stimulation bei der Behandlung von Vorhofflimmern dar. Auf den positiven Ergebnissen dieser Studien und des mit Hilfe der Elektrogramm- und Markerspeicher implantierbarer Aggregate verbesserten Verständnis der verschiedenen Auslösemechanismen von Vorhofflimmern beruhen die Bemühungen, die Stimulationstherapie mit Hilfe spezieller präventiver Stimulationsalgorithmen zu optimieren und für Patienten, die keine Bradykardie (und damit auch keine herkömmliche Schrittmacherindikation) haben, verfügbar zu machen. J. C. Geller und S. Reek fassen die pathophysiologischen Hintergründe zusammen, die den präventiven Stimulationsalgorithmen zugrundeliegen. A. Schuchert und T. Meinertz beschreiben im Detail die bisher entwickelten präventiven Stimulations-Algorithmen, die gegen die bisher bekannten Auslösemechanismen der Vorhofflimmerepisode gerichtet sind, und geben erste Programmierempfehlungen. Der Beitrag von C. W. Israel fasst die bisherigen Erfahrungen mit nicht-konventionellen Stimulationslokalisationen (septale Stimulation, Multi-Site und bi-atriale Stimulation) zusammen, die möglicherweise effektiver auf die dem Vorhofflimmern zugrundeliegenden elektrophysiologischen Veränderungen des Vorhofmyokards reagieren. B. Hügl beschreibt die bisherigen Erfahrun-

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gen mit einer Überstimulationsbehandlung atrialer Tachyarrhythmien, die einen ganz neuen Aspekt der Schrittmachertherapie darstellt. Bisher war angenommen worden, dass bei Vorliegen von Vorhofflimmern die Platzierung einer atrialen Sonde überflüssig sei, da während funktionellem (,leading circle‘) Reentry keine erregbare Lücke vorhanden ist und damit eine Stimulation während der Arrhythmie nicht möglich ist. Im Gegensatz zu dieser Meinung gibt es erste tierexperimentelle Untersuchungen, die zeigen, dass auch während elektrisch induzierten atrialen Tachyarrhythmien zumindest ein Teil des Atriums stimulierbar ist und somit eine erregbare Lücke vorhanden sein muss (1, 9). Zusätzlich zeigen die ersten klinischen Studien, dass die Mehrzahl der Episoden atrialer Tachyarrhythmien relativ regelmäßig und langsam beginnt und erst später in eine schnelle, unregelmäßige Tachykardie übergeht. Diese initiale Phase einer atrialen Tachykardie ist möglicherweise einer Überstimulationsbehandlung besser zugänglich als die späteren Phasen. Dementsprechend zeigt sich in den ersten klinischen Untersuchung mit solchen Überstimulationsalgorithmen eine erstaunlich hohe Rate von erfolgreicher Terminierung atrialer Tachyarrhythmien (5, 6). In der Originalarbeit dieses Heftes beschreiben D. Hartung und W. Hartung die Bedeutung

der inter- und intraatrialen Leitungszeiten für die Stimulationsbehandlung und geben neue Ansätze, wie eine Stimulationsbehandlung in Zukunft effektiver gestaltet werden könnte. Welchen Stellenwert hat die Stimulationsbehandlung heute für die Behandlung von Vorhofflimmern? Diese Frage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen. Bei Patienten, die gleichzeitig eine Sinusbradykardie aufweisen, hat sich der Effekt einer Vorhofstimulation bereits zeigen lassen (2, 11). Ob die Stimulation auch bei Patienten ohne Bradykardie einen positiven Effekt hat und welchen Beitrag die spezifischen präventiven Stimulationsalgorithmen haben, wird zur Zeit noch geprüft. Auch der Benefit der Überstimulationstherapie, die theoretisch grosse Vorteile hätte, wird zur Zeit noch in randomisierten Studien geprüft. Entscheidend sein werden zum einen technische Entwicklungen und zum anderen weitere Verbesserungen des pathophysiologischen Verständnisses der für die Entstehung der Arrhythmie bedeutsamen Initiierungsmechanismen und daraus abgeleitet eine Optimierung der Stimulationsalgorithmen, um in Zukunft eine größere Zahl von Patienten, die unter paroxysmalem Vorhofflimmern leiden, mit Hilfe einer Stimulation effektiv behandeln zu können.

2. Andersen HR, Nielsen JC, Thomsen PEB, et al (1997) Long-term followup of patients from a randomized trial of atrial versus ventricular pacing for sick sinus syndrome. Lancet 350:1210–1216

3. Cox JL, Schuessler RB, Lappas DG, et al (1996) An 8 and ½ year clinical experience with surgery for atrial fibrillation. Ann Surg 224:267–275 4. Ernst S, Schlüter M, Ouyang F, et al (1999) Modification of the substrate for maintenance of idiopathic human atrial fibrillation. Circulation 100: 2085–2092

Literatur 1. Allessie M, Kirchhof C, Scheffer GJ, Chorro F, Brugada J (1991) Regional control of atrial fibrillation by rapid pacing in conscious dogs. Circulation 84:1689–1697

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Herzschrittmachertherapie und Elektrophysiologie, Band 13, Heft 1 (2002) © Steinkopff Verlag 2002 5. Friedman PA, Dijkman D, Warman EN, et al (2001) Atrial therapies reduce atrial arrhythmia burden in defibrillator patients. Circulation 104: 1023–1028 6. Israel CW, Hügl B, Unterberg C, et al (2001) Pace-termination and pacing for prevention of atrial tachyarrhythmias: results from a multicenter study with an implantable device for atrial therapy. J Cardiovasc Electrophysiol 12:1121–1128

7. Jais P, Haissaguerre M, Shah DC, et al (1997) A focal source of atrial fibrillation treated by discrete radiofrequency ablation. Circulation 95:572– 576 8. Kannel WB, Abbott RD, Savage DD, et al (1982) Epidemiologic features of atrial fibrillation. The Framingham Study. N Engl J Med 306:1018–1022 9. Kirchhof C, Chorro F, Scheffer GJ, et al (1993) Regional entrainment of atrial fibrillation studied by high-resolution mapping in open-chest dogs. Circulation 88:736–749

10. Roy D, Talajic M, Dorian P, et al (2000) Amiodarone to prevent recurrence of atrial fibrillation. N Engl J Med 342:913–920 11. Skanes AC, Krahn AD, Yee R, et al (2001) Progression to chronic atrial fibrillation after pacing: the Canadian Trial of Physiologic Pacing. J Am Coll Cardiol 38:167–172

Stimulation bei Vorhofflimmern.

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