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Staphylococcal Scalded Skin Syndrome bei einem sehr unreifen Frühgeborenen

Autoren

K. Wiedemann1, C. Schmid2, H. Hamm2, J. Wirbelauer1

Institute

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Schlüsselwörter ▶ Frühgeborene ● ▶ interdisziplinäres Vorgehen ● ▶ Therapie ●

Zusammenfassung

Abstract

Einleitung:  Das früher häufig endemisch beobachtete Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (SSSS) tritt heute nur noch selten auf. Durch eine hämatogene Aussaat von Staphylokokkentoxin Exfoliatin A (ETA) oder B (ETB) nach lokaler Staphylokokkeninfektion wird ein „Syndrom der verbrühten Haut“ mit disseminierter Blasenbildung verursacht. Fallbericht:  Am 14. Lebenstag erkrankte ein männliches Frühgeborenes (30 + 5 Schwangerschaftswochen, 1065 g Geburtsgewicht) an einer perioralen Staphylodermie und wurde empirisch über 6 Tage antibiotisch behandelt. Die Läsion heilte ab, allerdings zeigte sich nach einem symptomfreien Intervall am 26. Lebenstag ein Rezidiv. Trotz sofortiger intravenöser antibiotischer Therapie entwickelte sich binnen weniger Stunden ein Erythem mit schlaffer Blasenbildung, welche histologisch eine subkorneale Epidermisablösung zeigte. Durch Änderung und Erweiterung des Antibiotika-Regimes auf eine Kombinationstherapie aus Cefotaxim, Flucloxacillin und Clindamycin konnte das Fortschreiten der Exfoliation verhindert werden. Supportiv kamen eine Analgesie, parenterale Flüssigkeitssubstitution und lokal antiseptische Maßnahmen zum Einsatz. Die Erkrankung heilte folgenlos aus. Aus dem Primärherd konnte ein ETA-produzierender S.-aureus-Stamm isoliert werden. Als Ursache des fulminanten Krankheitsbildes wurde ein ­Mikrotrauma im Bereich des Naseneingangs durch eine nasogastrale Sonde vermutet. Diskussion:  Das SSSS zeigt bei Früh- und Neugeborenen eine höhere Inzidenz als bei älteren Kindern. Ursächlich hierfür könnten niedrigere Antikörper-Titer gegen Exfoliatine in Kombination mit einer verminderten Elimination der Toxine durch renale Unreife sein. Eine rasche Diagnosestellung sowie der rasche Beginn einer adäquaten antibiotischen ­Therapie sind unerlässlich, um Sekundärinfektion, Flüssigkeitsverlust mit Elektrolytstörung, Tod oder eine endemische Ausbreitung zu verhindern.

Introduction:  Staphylococcal scalded skin syndrome (SSSS) was often endemic in the past but is nowadays rare. The hematogeneous spread of exfoliative toxins A (ETA) or B (ETB) produced by specific Staphylococcus aureus strains causes a scald-like eruption with disseminated bullous lesions. Case Report:  A perioral impetigo lesion occurred on day 14 of life in a preterm male infant (1 065 g, 30 weeks of gestational age). Empiric antibiotic therapy with cefotaxime and vancomycin was given for 6 days and led to complete resolution. A Staphylococcus aureus strain was isolated. After a symptom-free interval a relapse was noted on day 26 of life. Despite restarting the antibiotic therapy immediately the initial ­lesion expanded, and disseminated flaccid blisters on an erythematous base appeared within a few hours. On histological examination the cleavage was in the level of the granular layer. There was no mucosal involvement, and the Nikolsky I sign was positive. The antibiotic therapy was ­changed to a combination of cefotaxime, flucloxacillin and clindamycin which rapidly stopped progression of the exfoliation. Supportive therapy included adequate analgesia, parenteral rehydration, and application of local antiseptics. The preterm infant completely recovered. In the primary lesion an ETA-producing Staphylococcus aureus strain was isolated. Nasal microtrauma by a nasogastric tube was assumed to have caused the fulminant disease. At the same time, no other Staphylo­coccus aureus infections were seen in our ­Department of Neonatology. Discussion:  According to the literature, the incidence of SSSS is higher in premature infants and newborns than in older children. Possible causes include lower antibody levels against exfoliative toxins and renal immaturity. Rapid diagnosis and immediate appropriate antibiotic therapy are essential to prevent secondary infection, dehydration with electrolyte disturbance, death, and endemic spread.

Key words ▶ preterm birth ● ▶ interdisciplinary process ● ▶ therapy ●

eingereicht 31.3.2015 angenommen 11.7.2015 nach Überarbeitung Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0035-1559653 Z Geburtsh Neonatol 2016; 220: 35–38 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0948-2393 Korrespondenzadresse Priv.-Doz. Dr. Johannes ­Wirbelauer Kinderklinik und Poliklinik Universitätsklinikum Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 97080 Würzburg Tel.:  + 49/931/20127 831 Fax:  + 49/931/20127 242 [email protected]

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 Neonatologie, Kinderklinik und Poliklinik, Würzburg  Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg





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Staphylococcal Scalded Skin Syndrome in a Very Low Birth Weight Premature Infant

Einleitung



Das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome (SSSS) ist eine früher oft endemisch auftretende und heute eher seltene, fulminante Erkrankung. Das SSSS wird in jedem Lebensalter beobachtet mit einer Häufung bei Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern [1]. Ursächlich ist die hämatogene Aussaat spezifischer Staphylokokkentoxine [2, 3], die eine disseminierte Ablösung der oberen Epidermisschichten im Bereich des Stratum granulosum mit daraus resultierender Blasenbildung bewirken [3]. Das gehäufte Auftreten in jungem Lebensalter wird darauf zurückgeführt, dass im Vergleich zum Erwachsenen geringere Antikörper-Titer gegen Exfoliatin A (ETA) und B (ETB) sowie eine verzögerte ­Toxin-Ausscheidung durch die renale Unreife bestehen [4]. Dieser Zusammenhang lässt bei Frühgeborenen eine noch höhere Inzidenz erwarten. Zudem sind die mit einem SSSS einhergehenden Komplikationen für Frühgeborene noch gefährlicher, weshalb eine frühe Diagnosestellung und adäquate Therapiemaßnahmen von besonderer Bedeutung sind. Im Folgenden beschreiben wir den Fall eines sehr unreifen Frühgeborenen mit einem SSSS in der Neonatalperiode, diskutieren die aktuelle therapeutische Vorgehensweise und verdeutlichen die Notwendigkeit einer raschen differenzialdiagnostischen Klärung.

Fallbericht



Ein männliches, hypotrophes Frühgeborenes (Geburtsgewicht 1 065 g (6. Perzentile), Gestationsalter 30 + 5 Schwangerschaftswochen) kam nach primärer Sectio caesarea zur Welt. Die RDS-Prophylaxe war abgeschlossen, die postnatale Adaptation war mit einem APGAR von 7/8/9, Nabelarterien-pH 7,34 und BE − 3,6 mmol/l unproblematisch. Bei der Mutter war eine autosomal-dominante zystische Nierenerkrankung mit arterieller Hypertonie vorbeschrieben. In der Schwangerschaft entwickelte sich eine progrediente HELLP-Symptomatik der Mutter bei vorliegender Pfropfgestose mit fetaler Wachstumsretardierung. Familienanamnestisch waren ansonsten keine weiteren Vorerkrankungen zu eruieren. Der Junge wurde bei klinischem und radiologischem Bild eines moderaten Atemnotsyndroms mit ­einem inspiratorischen Sauerstoffangebot bis max. 45 % im Alter von 3 Stunden sekundär intubiert, einmalige Surfactantapplikation endotracheal. Nach früher Extubation erfolgte eine Atemunterstützung mittels CPAP-Atemhilfe ohne zusätzlichen Sauerstoffbedarf, dabei zeigten sich klinische Zeichen eines oligosymptomatischen Apnoe-Bradykardie-Syndroms unter atemanaleptischer Therapie mit Coffeincitrat. Direkt postnatal wurde empirisch bei einer Leukozytopenie von 4 500/µl und einer Erhöhung der CRP-Konzentration bis max. 1,7 mg/dl eine intravenöse antibiotische Therapie mit Ampicillin und Gentamicin begonnen und über insgesamt 5 Tage durchgeführt. Die Blutkultur und Abstriche von Magensekret und Gehörgang blieben steril. Am 14. Lebenstag fielen bei der körperlichen Untersuchung honiggelbe Krusten in der Mundumgebung auf. Unter der Verdachtsdiagnose einer perioralen Staphylodermie wurde empirisch eine antibiotische Therapie mit Cefotaxim und Vancomycin begonnen. Lokal wurde antiseptisch mit Octenidin-Lösung behandelt. In dem vor Therapiebeginn gewonnenen Abstrich gelang der Nachweis von Staphylococcus aureus (resistent gegen Penicillin G, empfindlich für alle anderen getesteten Antibiotika), die Blutkultur blieb erneut steril. Bei kompletter Abheilung wurde die antibiotische Therapie nach 6 Tagen beendet, klini-

sche und laborchemische Zeichen einer systemischen Infektion bestanden zu keinem Zeitpunkt. Nach einem symptomfreien Intervall zeigten sich am 26. Lebens­ tag eine Pustel im Bereich der linken Narine und ein Erythem der Wange. Bei klinischem Verdacht auf ein Rezidiv der Staphylodermie wurde nach mikrobiologischer Diagnostik mittels Blutkultur sowie Abstrichen aus Nasenvorhof und Primärläsion umgehend eine antibiotische Therapie mit Cefotaxim und Vancomycin eingeleitet. Dennoch entwickelte sich binnen weniger Stunden ein fulminantes Krankheitsbild mit disseminierter Blasenbildung auf erythematösem Grund, das Nikolski-I-Zeichen ▶  Abb. 1). Unwar positiv und die Schleimhäute nicht betroffen ( ● ter der Verdachtsdiagnose eines SSSS wurde die antibiotische Therapie auf Cefotaxim, Flucloxacillin und Clindamycin umgestellt bzw. erweitert. Des Weiteren erfolgten eine adäquate Schmerztherapie, parenterale Flüssigkeitssubstitution, lokal antiseptische Maßnahmen sowie die Isolation des Patienten. Während des gesamten klinischen Verlaufs bestanden weder systemische noch laborchemische Infektionszeichen. In der mikrobiologischen Diagnostik konnte ein Exfoliatin-A produzierender Staphylococcus-aureus-Stamm der klonalen Linie ST15 (spa-Typ t084) aus Nasenvorhof und Primärläsion isoliert werden. Die histopathologische Untersuchung eines Blasendachs zeigte akantholytische Spaltbildung der Epidermis im Bereich des Stra▶  Abb. 2). Unter den genannten Therapiemaßtum granulosum ( ● nahmen sistierte die Symptomatik binnen weniger Stunden, die Effloreszenzen heilten innerhalb einer Woche vollständig ab. Die intravenöse antibiotische Therapie wurde über insgesamt 10 Tage fortgesetzt, überlappend wurde eine Eradikation der nasalen Staphylokokken-Besiedelung mittels Mupirocin-Nasensalbe über 5 Tage durchgeführt. Der nach Therapieende gewonnene Nasenabstrich blieb ohne Nachweis von Staphylococcus aureus. Als Auslöser der Erkrankung wurde ein Mikrotrauma durch eine nasogastrale Ernährungssonde mit Verschleppung der nasalen Keimbesiedlung angenommen. Erfreulicherweise blieb es bei diesem einzigen Krankheitsfall auf der neonatologischen Station, sodass auf eine Reihenuntersuchung des Personals verzichtet werden konnte. Der Junge ­erkrankte während des stationären Aufenthaltes kein weiteres Mal an einer Staphylokokken-assoziierten Infektion und wurde im Alter von korrigiert 39 + 6 SSW bei gutem klinischem ­Befinden nach Hause entlassen.

Diskussion



Das Staphylococcal Scalded Skin Syndrome wird durch ETAoder ETB-produzierende Staphylococcus-aureus-Stämme verursacht, die toxinvermittelt eine Spaltung der Epidermis innerhalb des Stratum granulosum bewirken [3]. Ätiologisch bedeutsam sind vor allem Staphylococcus-aureus-Stämme der Lysophagengruppe II [3]. Der Unterschied der beiden Exfoliatine besteht unter anderem darin, dass ETA hitzestabil und die genetische Information in der Bakterien-DNA integriert ist, während die Kodierung von ETB auf einem Plasmid liegt und hitzelabil ist [3]. Beide Exfoliatine wirken als Serinproteasen und induzieren eine spezifische Spaltung des Haftproteins Desmoglein 1 innerhalb der ▶  Abb. 3). Dadurch Desmosomen des Stratum granulosum [1] ( ● kommt es zur Ablösung der obersten Epidermisschichten mit Ausbildung schlaffer, fragiler Blasen und positivem Nikolski-­IZeichen. Die Schleimhäute bleiben aufgrund der dort ­geringen Desmoglein 1-Expression unversehrt [1].

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Abb. 1  Beispielhaft für die disseminierte Ausbreitung des SSSS bei einem männlichen Frühgeborenen 30 + 5 SSW im Alter von 26 Lebens­ tagen: Erosionen und Reste eines Blasendachs am rechten Handrücken a sowie Ablösungen der oberflächlichen Epidermisschichten an der Innenseite des linken Unterarmes b.

Abb. 2  Oberflächliche Anteile der Epidermis mit akantholytischer ­Spaltbildung im Bereich des Stratum granulosum (HE, × 100, Aufnahme: Dr. Hermann Kneitz, Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg).

Untersuchungen zur höheren Inzidenz dieser Erkrankung im Kindesalter aufgrund geringerer Antikörper-Titer gegen Exfoliatine wurden bereits vor langer Zeit durchgeführt [5]. Kürzlich wurde im Rahmen einer klinischen Studie der Nachweis erbracht, dass Frühgeborene unter der 30. SSW geringere ETA-Antikörper-Titer aufwiesen als ältere Früh- bzw. Reifgeborene [4]. Möglicherweise erklärt dies ein höheres Erkrankungsrisiko für

Extrem-Frühgeborene, wenngleich Erkrankungen in dieser Patientengruppe eher die Ausnahme darstellen. Etwa 10 Fallberichte liegen vor [3, 6–16]. Systemische und laborchemische Entzündungszeichen sind, wie in unserem Fall, zu Beginn der Erkrankung die Ausnahme [2]. Erklärbar ist dies dadurch, dass es sich beim SSSS genau genommen um eine Intoxikation handelt, die meist von einer lokalen Infektion von Konjunktiva, Nasopharynx oder Nabel ausgeht. Mit zunehmender Erosionsfläche wächst die Gefahr für Superinfektionen, Dehydratation und Elektrolytstörungen [17]. In einer chinesischen retrospektiven Studie von 39 Neugeborenen mit SSSS traten als häufigste Komplikationen Pneumonien und Myokarditiden bzw. Myokardschäden auf. Die Letalität bei Kindern wurde zwischen 3–11 % angegeben [2, 18], bei Erwachsenen liegt sie aufgrund von Komorbiditäten mit 40–60 % deutlich höher [1]. Aufgrund genannter Komplikationen ist eine rasche Diagnosestellung und umgehende Einleitung antibiotischer und intensivmedizinischer Maßnahmen von eminenter Bedeutung. Wegen möglicher Resistenzen wird derzeit eine kombinierte Therapie aus Penicillinase-festem Penicillin, Cephalosporinen und Clindamycin empfohlen [19]. Clindamycin wird hier eine besondere Rolle zugewiesen, da es nicht nur den Vorteil einer exzellenten Hautpenetration bietet, sondern auch die Bildung bakterieller Toxine hemmt [19]. Die Kombinationstherapie scheint insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmenden Resistenzentwicklung bei Clindamycin wichtig [19]. Bei fehlendem klinischem Ansprechen sollte außerdem rasch Vancomycin eingesetzt werden, um Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme zu erfassen. Jüngst wurde über 2 Fälle von Frühgeborenen mit Nachweis eines MRSA-assoziierten SSSS berichtet [15, 16]. Im Hinblick auf die Resistenzlage bei Staphylococcus­-aureusStämmen ist unter Berücksichtigung der limitierten Auswahl zur Verfügung stehender Antibiotika bei Frühgeborenen die ­Suche nach alternativen Therapiemöglichkeiten interessant. Jüngst wurde eine erwachsene Patientin erfolgreich mithilfe ­eines Plasmaaustausches behandelt [20]. Aufgrund der genannten Komplikationen ist ein SSSS besonders für die Gruppe der Frühgeborenen lebensgefährlich und eine Ausbreitung auf der neonatologischen Station unbedingt zu vermeiden. Der raschen Diagnosestellung mit sofortiger Einleitung der Isolationsmaßnahmen und hygienischen Schutzvorkehrungen kommt eine maßgebliche Bedeutung zu, um endemische Ausbrüche, welche auch in jüngerer Zeit immer wieder berichtet wurden, zu vermeiden [4, 21, 22]. Differenzialdiagnostisch ist die Differenzierung zwischen SSSS und toxisch epidermaler Nekrolyse (TEN) von besonderer Relevanz. Im Krankheitsverlauf der TEN lässt sich meist ein Prodromalstadium abgrenzen, es bestehen systemische Entzündungszeichen, und in aller Regel geht eine Medikamenteneinnahme voraus [7]. Aufgrund der subepidermalen Lokalisation der Spaltbildung sind die Blasen bei der TEN stabiler, die Erosionen nässen stärker, das Erythem weist einen düsteren Farbton auf und typischerweise sind auch die Schleimhäute betroffen. In der ­Literatur sind bislang nur 4 Fallberichte zur TEN in der Neugeborenenperiode zu finden [23–25], einer davon bei einem Frühgeborenen [26], sodass auch das Alter des Patienten differenzialdiagnostisch hilfreich sein kann. Beweisend ist die histologische Untersuchung der Läsionen einer TEN mit Nachweis einer breitflächigen Nekrose der Epidermis und einer Spaltbildung im Bereich der dermoepidermalen Junktionszone [7, 27]. Die Schwierigkeit der Differenzialdiagnose zeigt das Beispiel eines Frühge-

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Abb. 3  Schematische Darstellung der Expression von Desmoglein 1 und Desmoglein 3 in der Epidermis a und der Spaltung von Desmoglein 1 bei SSSS b; Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Autoren; MDPI, Basel, Schweiz [28]

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stratum corneum stratum granulosum

stratum basale Dsg-1 Dsg-3 borenen, bei welchem die histologische Untersuchung zunächst die Diagnose TEN ergab und erst nach erneuter Evaluation die zutreffende Diagnose SSSS gestellt wurde [7]. Da sich das therapeutische Vorgehen bei diesen beiden Erkrankungen grundlegend unterscheidet [20], ist hier einmal mehr die frühzeitige korrekte Einschätzung des Klinikers und die Zusammenarbeit von Pädiatern und Dermatologen gefragt.

Danksagung



Wir danken dem Institut für Mikrobiologie und Hygiene der Universität Würzburg für den Keimnachweis und dem Nationalen Referenzzentrum für Staphylokokken in Wernigerode für die Typisierung des toxinbildenden Staphylocccus-aureus-Stamms. Der Fall wurde bei der 48. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft im Mai 2015 in Berlin als Vortrag im Rahmen der Diaklinik präsentiert.

Literatur

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