Kiinische

Klin. Wochenschr.57, 1287-1294 (i979)

W°ch nrif t (@Springer-Verlag 1979

Die Ausbreitung von Hepatitis-B-Infektionen in Familien HBsAg-positiver Tr iger H.H. Dormeyer, ~ G. Hess, 2 M. Born, 1 H. Sch6nborn, ~ W. Arnold, 2 J. Knolle, 3 B. Z611er~ II. Med. Kliniku. Poliklinikder Universit/it Mainz (Direktor: Prof. Dr. P. Sch61merich) 2 AbteilungffirInhere Medizinund Poliklinikder Freien Universit~itBerlin, KlinikumCharlottenburg (Leiter: Prof. Dr. Dr. K.H. Meyerzum Btischenfelde) 3 Inhere Abteilungder Ev. Luth. DiakonissenanstaltFlensburg(Leiter: Prof. Dr. J. Knolle)

Spread of Hepatitis B Virus Infection Among Family Contacts of Asymptomatic HBsAg Carriers Summary. Family members of 34 asymptomatic HB~Ag carriers were tested for different hepatitis B virus (HBV) markers. Among 67 family members tested 24 (36%) presented signs of a past or ongoing HBV-infection. Spread of HBV-infection was particularly high in those families in which the HBsAg carrier was positive for HBoAg and Dane particle-associated DNA polymerase activity. Non-parenteral "horizontal" transmission of HBV among spouses and brothers and sisters and probably parenteraI vertical transmission of HBV from carrier mothers to their infants occurred in approximately the same frequency. Fathers transmitted HBV unfrequently to their offsprings. The results show that the risk to acquire a HBV-infection from an asymptomatic HBsAg carrier is closely linked to the serological findings in the HBe/anti-HB~-system of the index HB~Ag carrier and not to the family relationship to the HB~Ag carrier.

Key words: Asymptomatic HB~Ag carriers - HB~Ag - anti-HBe - DNA polymerase activity Zusammenfassung.

Von 34 asymptomatischen HB~Ag-Tr~igern wurden die Familienangeh6rigen auf das Vorkommen verschiedener Hepatitis-B-Virus (HBV)-Marker untersucht. Bei 24 der 67 untersuchten Familienmitglieder (36%) liegen sich Zeichen einer stattgehabten oder noch bestehenden HBV-Infektion nachweisen. Die Ausbreitung der HBV-Infektion war in den Familien besonders hoch, in denen der HBsAgTr/iger zugleich HB~Ag und DNA-Polymerase-Aktivit~tt im Serum aufwies. Nichtparenterale ,,horizonS o n d e r d r u c k a n f r a g e n an :

tur)

Dr. H. Dormeyer(Adresses. nach Litera-

tale" Infektionsraten bei Ehepartnern und bei Geschwistern lagen in etwa dem gleichen Gr613enbereich wie bei der mutmal31ichen vertikalen Infektionsausbreitung zwischen Miittern und Kindern. Auffallend niedrige Infektionsraten bestanden zwischen VS_tern und Kindern. Nach den vorliegenden Untersuchungen wird das Risiko, eine HBV-Infektion von einem asymptomatischen HB~Ag-Trfiger zu erwerben, weniger vom Grad der verwandtschaftlichen Beziehung als vielmehr yon den serologischen Befunden im HBeAg/anti-HBe-System bestimmt.

Sehliisselw6rter: Asymptomatische HBsAg-Trfiger HBeAg - anti-HB~ - DNA-Polymerase-Aktivitfit

Bisher ist fiber die Risiken, eine Hepatitis-B-Virus (HBV)-Infektion innerhalb einer Familie von einem asymptomatischen HBsAg-Trfiger auf Familienangeh6rige zu tibertragen, wenig bekannt. Da HB~Ag auger im Blut auch in Speichel, Urin, Stuhl, Sperma, Muttermilch, Schweil3 und anderen K6rperflfissigkeiten nachgewiesen werden kann [4, 6, 7, 12, t3, 17, 21, 26, 32, 37, 38, 39], wird neben der parenteralen vertikalen Infektion auch eine nichtparenterale ,.horizontale" Ubertragung des HBV diskutiert. Das Risiko einer nichtparenteralen ,,horizontalen" HBV-Infektionsausbreitung durch asymptomatische HB~Ag-Trfiger wird unterschiedlich hoch eingesch/itzt [19, 23, 34, 39] und scheint wesentlich yon der Dane Partikelkonzentration im Serum abzuh/ingen [I, 5, 11, 24, 25, 27]. Eine Subpopulation von Dane Partikeln enth/ilt circul/ire DNS und DNA-Polymerase und reprfisentiert somit wahrscheinlich das komplette ttBV [8, 18, 30]. Der Nachweis von HB~Ag und HBV-spezifischer DNA-Polymerase-Aktivitfit im Serum sind Marker ffir das Vorkommen von Dane Partikeln [1 I, 24, 25, 27]. Bei anti-HBe positiven Seren lassen sich

1288

serologisch keine Dane Partikel nachweisen [15, 24, 25, 27]. Untersuchungen des vertikalen Ubertragungsmodus einer HBV-Infektion haben gezeigt, dab HB~Ag positive Mfitter, die HB~Ag positiv sind, ihre neugeborenen Kinder infizieren, wfihrend HB~Ag positive Mfitter mit Antik6rpern gegen HB,Ag (antiHB,) ihre Neugeborenen nicht oder nur sehr selten infizieren [27, 28, 31, 33]. In der vorliegenden Studie wurden die Familienangeh6rigen von 34 asymptomatischen HB~Ag-Trfigem auf HBV-Marker untersucht und die Ergebnisse mit der Befundskonstellation im HB~Ag/anti-HB~-System des erstuntersuchten HB~Ag-Trfigers und mit den jeweiligen Verwandtschaftsgraden in Beziehung gesetzt.

Patienten und Methodik Unter 155079 freiwilligen Spendern (1.5.1974-30.6.1975) des Blutspendedienstes Rheinland-Pfalz wurden 300 HB~Ag-Trfiger gefunden (0,19%), von denen 129 in eine prospektive Verlaufsstudie der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Erhebung biochemischer, immunologischer und leberhistologischer Befunde aufgenommen wurden [2, 3, 14, 15, 20]. Von 34 HB~Ag-Tr/igern der prospektiven Studie konnten 67 Familienangeh6rige (Ehepartner, Kinder, Geschwister, Eltern) klinisch, biochemisch und serologisch untersucht werden. Anamnestisch wurden alle Familienmitglieder nach frfiheren Erkrankungen an Gelbsucht, Kontakt mit Gelbsuchtkranken, Krankenhausaufenthalten, Injektions- und Transfusionsbehandlungen, Auslandsurlaub und lfingeren Aufenthalten in geschlossehen Gemeinschaften befragt. Die biochemischen Untersuchungen umfal3ten: SGOT, SGPT, y-GT, AP, Serum-Elektrophorese und Bilirubin. HB~Ag, anti-HB~ und anti-HB~ wurden im RIA bestimmt (AUSRIA II und AUSAB, CORAB der Abbott Laboratories, Chicago). HB~Ag und anti-HB~ wurden mit der yon Magnius und Espmark beschriebenen Immundiffusion bestimmt, wobei der Agar leicht modifiziert wurde [14, 22]. HBV-spezifische DNA-Polymerase-Aktivitfit wurde nach der yon Kaplan u. Mitarb. angegebenen Methode gemessen [18]. Untersuchungen auf HB~Ag und HB~Ag im Lebergewebe erfolgten mit der direkten Immunfluoreszenztechnik [2].

Ergebnisse

Die serologischen, lichtmikroskopischen und fluoreszenzmikroskopischen Untersuchungsergebnisse der HB~Ag-Tr~iger sind in Tabelle 1 zusammengefal3t. Es zeigte sich, dab bei allen HB~Ag positiven Tr/igern (n=5) HBV-spezifische DNA-Polymerase-Aktivitfit nachgewiesen werden konnte. Zudem war diese Gruppe durch den histologischen Nachweis einer chronischen Hepatitis mit Vorkommen von intranuclefirem HB~Ag in der Immunfluoreszenz gekennzeichnet. Die Gruppe der anti-HB~ positiven HB~Ag-TrS,ger (n= 14) zeigte histologisch mit nur einer Aus-

H.H. Dormeyer et al. : Hepatitis-B-Infektionen in Familien Tabelle t. Serologische, immunfluoreszenzmikroskopische und histologische Untersuchungsergebnisse von 34 asymptomatischen HB~Ag-Trfigern in Abh~ingigkeit von HB~Ag und Anti-HB,

HBeAg Anti-HB~

pos. neg.

neg. neg.

neg. pos.

Anti-HB~ DNA-Polymerase

5/5 5/5

15/t5 0/15

14/14 0/14

HB~Ag (Zytoplasma) HB~Ag (Nucleus)

4/5 5/5

10/15 1/15

9/14 0/14

Chron. akt. Hepatitis Chron. pers. Hepatitis Normales Lebergewebe Toxischer Leberschaden Leberverfettung

4/5 1/5 0/5 0/5 0/5

1/15 4/15 9/15 1/15 0/15

0/14 1/14 10/14 2/14 1/ 14

Tabelle 2. HBV-Marker bei 67 Familienaugeh6rigen yon 34 asymptomatischen HB~Ag-Tr/igern in Abh~ingigkeit von HB~Ag und anti-HBe

Familienangeh6rige

Trfiger

HBeAg pos. anti-HB~ neg. Ein oder mehrere HBV-Marker Keine HBVMarker

HBeAg neg. anti-HBe neg.

HB~Agneg. anti-HBe pos.

12/14

5/29

7/24

2/14

24/29

17/24

nahme normales Lebergewebe. In keinem Fall konnte intranucle/ires HBcAg nachgewiesen werden. In der Gruppe der HBsAg-Trfiger (n= 15), die in der Agargel-Immundiffnsion HBeAg und anti-HBe negativ waren, konnte in einem Drittel der Ffille histologisch eine chronische Hepatitis festgestellt werden. In den fibrigen FNlen liel3 der histologische Befund keine entzfindlichen Verfinderungen erkennen. Intranucle/ires HBoAg land sich in dieser Gruppe nur bei einem Patienten, der histologisch eine chronisch-aktive Hepatitis aufwies. Intrazytoplasmatisches HB~Ag wurde in allen drei Gruppen in einer Hfiufigkeit yon 60-80% gefunden. Bei allen HB~Ag-Tr/igern war antiHBc im Serum nachweisbar. Bei der serologischen Untersuchung der Familienangeh6rigen auf HBV-Marker wiesen 24 yon 67 Famitienangeh6rigen (36%) Zeichen einer stattgehabten oder noch andauernden Hepatitis-B-Infektion auf. Bei 43 Familienmitgliedern waren keine HBV-Marker nachweisbar. Bei 3 Familienangeh6rigen waren die Transaminasen auf das doppelte der Norm erh6ht. In den Familien, in denen der ursprfinglich untersuchte HBsAg-Tr~iger HBeAg positiv war, konnte eine auffallend hohe Durchseuchung (12 yon 14 Angeh6ri-

H.H. Dormeyer et al. : Hepatitis-B-Infektionen in Familien

1289

gen) festgestellt werden (Tabelle 2). In der Gruppe der anti-HBe positiven Trfiger und in der Gruppe der anti-HBe und HBeAg negativen Trfiger lag die Infektionsrate wesentlich niedriger (29% bzw. 17%). Da sich retrospektiv nicht mehr feststellen lieg, ob die HBV-Infektion innerhalb einer Familie yon der als asymptomatischem HB~Ag-Trfiger erfagten Person oder von irgendeinem anderen Familienmitglied ausging, wurden bei der weiteren Auswertung nur die verwandtschaftlichen Beziehungen beriick-

sichtigt. Dabei interessierte besonders die Frage, wie hoch das Risiko einer HBV-l~bertragung zwischen Eltern und Kindern, unter Geschwistern und unter Ehepartnern einzusch~tzen ist. Beziehung Mutter/Kind. Bei 5 yon 14 Kindern, deren Mfitter HB,Ag positiv waren, konnten ebenfatls HB~Ag und Antik6rper gegen HBCAg nachgewiesen werden. Zwei Kinder zeigten Antik6rper gegen HB~Ag und HBCAg als Hinweis auf eine abgelau fene HepatitisB-Virus-Infektion. 7 Kinder zeigten keinerlei HBV-Marker (Tabelle 3).

Tabelle 3. HBV-Marker bei 14 Kindern HB~Ag positiver Miitter (n=6) Mfitter

Kinder HB~Ag pos, anti-HBe neg.

HB~Ag pos, anti-HBe neg.

n=0

HBeAg neg. anti-HB~ neg,

n=3

HB~Ag neg. anti-HB~ pos,

n= 3

Gesamt

n= 6

3/14

HB~Ag neg. anti-HB~ neg.

1/14

HB,Ag neg. anti-HB e pos.

1/14

5/14

anti-HB~ u,/o. anti-HB~

KeineHBVMarker

1/14

2/14

1/14

5/14

2/14

7/14

anti-HB, u./o. anti-HB~

Keine HBVMarker

Tabelle 4. HBV-Marker bei 16 Kindern HB~Ag positiver V~iter (n,-9) V~iter

Kinder HB~Ag pos. anti-HB~ neg.

HB~Ag neg. anti-HB e neg.

HBeAg neg. anti-HB~ pos,

1/16

ttBeAg pos. anti-HB~ neg.

n=2

HB~Ag neg. anti-HB~ neg.

n=5

HBeAg neg. anti-HB~ pos.

n=2

Gesamt

n=9

2/16 I0/16 3/16

1/16

2/16

13/16

anti-HB~ u./o. anti-ttB~

Keine HBVMarker

2/17

2/17

1/17

2/17

2/17

4/17

5/17

8/17

Tabelle 5. HBV-Marker bei 17 Geschwistern ttB,Ag positiver Kinder (n= 10) Kinder

Geschwister HBeAg pos. anti-HB~ neg.

ltB~Ag pos. anti-HBo neg.

n=2

HB~Ag neg. anti-HBe neg.

n:=2

HBeAg neg. anti-HBe pos.

n=6

Gesamt

n= 10

HB~Ag neg. anti-HB~ neg.

HB~Ag neg. anti-HB~ pos.

2/17

1/t7

4/17

1/17

1290

H.H. Dormeyer et al. : Hepatitis-B-Infektionen in Familien

Beziehung Vater/Kind. Bei 3 yon 16 Kindern, deren Vfiter (n=9) HB~Ag positiv waren, fanden sich Zeichen einer noch andauernden bzw. abgelaufenen HBV-Infektion mit Nachweis von HB~Ag und anti-HB~ in einem Fall und Nachweis yon anti-HB~ und anti-HB~ in zwei F~illen. Bei 13 Kindern konnten keinerlei HBV-Marker nachgewiesen werden (Tabelle 4). Die betroffenen Kinder statureten von zwei HB~Ag positiven V~itern. Von den V/item der nicht infizierten Kinder waren 2 Vfiter anti-HBo positiv und 5 V/iter HBoAg und anti-HBo negativ. Beziehung unter Geschwistern. Von 17 untersuchten Geschwistern HB~Ag positiver Kinder (n = 10) waren 4 Geschwister HB,Ag positiv mit Nachweis yon anti-HB~. Bei 5 Geschwistern fanden sich anti-HB~ und/oder anti-HBo. Bei 8 Kindern waren keine Marker nachweisbar (Tabelle 5), Beziehung unter Ehepartnern. Bei Untersuchung der Ehepartner yon 25 HBsAg-Trggern war 1 Ehepartner ebenfalls HB~Ag-Tdiger, 10 Ehepartner waren anti-HB~ und/oder anti-HBo positiv. Bei 14 Ehepartnern konnten keine HBV-Marker nachgewiesen werden (Tabelle 6). Die weitere Aufschlfisselung ergab, dab bei allen HB~Ag-Trfigern mit positivem HB,Ag-Nachweis auch der jeweilige Ehepartner mit dem HBV infiziert worden war. Dagegen zeigten die Ehepartner yon HBoAg und anti-HB~ negativen bzw. anti-HBo

positiven Trfigern nur in einem Drittel der Fglle Zeichen einer HBV-Infektion.

VerteiIungsmuster der verschiedenen HBV-Marker in einzelnen Famitien. F/Jr die weitere Beurteilung schien es aufschlul3reich, das Verteilungsmuster der verschiedenen HBV-Marker innerhalb einer Familie zu untersuchen. Beispiele zeigen die Abb. t-4. Bei einer anti-HB~ positiven HB~Ag-Tr~igerin zeigte der Ehemann Zeichen einer abgelaufenen Virus-B-Infektion, ausgewiesen durch Antik6rper gegen HB~Ag und HB~Ag. Die drei Ntesten Kinder waren ebenfalls HB~Ag-Trfiger mit Nachweis yon HB~Ag und HBV-spezifischer DNA-Polymerase-Aktivitfit. Von den nachgeborenen Zwiltingen war ein Kind durch ami-HB~ und anti-HB: gekennzeichnet, ein Zwilling zeigte ebenso wie das letztgeborene Kind keinerlei HBV-Marker (Abb. 1). Zwei Kinder eines HB~Ag und HB~Ag positiven Vaters und einer HB~Ag negativen, anti-HB~ und anti-tIB~ positiven Mutter zeigten ebenfalls Zeichen einer abgelaufenen (anti-HB~ und antiHB: positiv) bzw. noch vorhandenen (HB~Ag, HBeAg und DNAPolymerase positiv) HBV-Infektion (Abb. 2). In einer weiteren Famitie (Abb. 3) waren lediglich die Eltern durch HBV-Marker gekennzeichnet, w~hrend die beiden Kinder keine Marker aufwiesen. In der auf Abb. 4 dargestellten Familie schlieglich land sich bei einem Kind ein HB~Ag positiver TrS,gerstatus mit anti-HB~

Tabelle 6, HBV-Marker bei Ehepartnern asymptomatischer HB~Ag-Trfiger (n=25)

Trfiger

Ehepartner HB~Ag pos. anti-HBe neg.

HB~Ag pos. anti-HBe neg.

n=4

HB~Ag neg. anti-HBe neg.

n = 12

HB~Ag neg. anti-HB, pos.

n=9

Gesamt

n = 25

HB~Ag neg. anti-tlBe neg.

2/25

10/25

1/25

4/25

4/25

1/25

10/25

14/25

O N

,

I

i

Keine HBVMarker

T.S., 41 J.

@



I

T.S., 17 J.

anti-HB~ u,/o. anti-HB c 4/25

E.S., 42 J.

l

HB~Ag neg. anti-HB~ pos,

V.S., 15 J.

R.S., 14 J.

® J.S., 11 J.

L.S., 11 J.

C.S., 7 J.

HBsAg neg., anti-HB s und anti-HBc pos. HBsAg pos., anti-HBe und anti-HBc pos.

O

1

HBsAg pos., HBeAg und DNA-Polymerase-Aktivit~t pos.,anti-HB c pos.



Keine HBV - Marker Abb. I

H,H. Dormeyer et al.: Hepatitis-B-Int?ktionenin Familien H.B.,48J.

129

M.B., 4oJ.

@ I

@ C.B., 17 J.

1HB~g

S.B.,14J. pOS., HBeAg und DNA-Polymerase Dos., anti-HB c pos.

HBsAg neg., anti-HB s und anti-HB c pos. Abb. 2

M.N., 50 J.

A.N., 42 J.

@ l

....

]

0

0

A.N., 16 J.

7]

M.N., 13 J.

R.N., 12 J.

HBsAg DOS, HBeAg und anti-HB e neg. HBsAg neg., anti-HB s und ~nti-HB c posO

~

Keine HBV-Marker Abb. 3

K.E., 63 J.

D

R.E., 57 J.

O !

I

@ K.E., 3o J.

D

I.E., 27 J.

Keine HBV - Marker HBsAg pos., anti-HBc und anti-HBe pos.

@

HBsAg neg., anti-HB s und anti-HBc pos. Abb. 4

1292

H.H. Dormeyeret al. : Hepatitis-B-Infektionenin Familien

und anti-HB~.Das jhngere Kindwar anti-HB~und anti-HB~positiv. Bei den ElternkonntenkeineHBV-Markerfestgestelltwerden. Durch Anamneseerhebungund Analyseder klinischenDaten konntenichtgekl/irtwerden,wiedas Hepatitis-B-Virusin die Familien hineingetragenwurde. Keineder untersuchten Personenhatte wissentlich eine akute Virushepatitis durchgemacht, Kontaktezu Gelbsuchtkrankengehabtoder DrogenmiBbrauchbetrieben. Dagegen wurden yon nahezu allen untersuchtenPersonen(Tr~igerund Familienmitglieder)Krankenhausaufenthalte,Operationenmit und ohne Transfusionsbehandlungen, Injektionsbehandlungen, Auslandsurlaube oder friihere Unterbringungenin Kasernen. Heimen oder Internaten angegeben. Die untersuchtenPersonen stammten fiberwiegendaus sozialenMittelschichteneinerlfindlichenBev61kerung.

Diskussion

In der vorliegenden Studie wurden 67 Familienmitglieder von 34 asymptomatischen HBsAg-Tr/igern auf das Vorkommen verschiedener HBV-Marker untersucht. Bei 24 der 67 untersuchten Familienmitgtieder (36%) lieBen sich Zeichen einer stattgehabten oder noch bestehenden HBV-Infektion nachweisen. Untersucht man die verwandtschaftlichen Beziehungen innerhalb der einzelnen Familien, so lassen sich neben der parenteralen vertikalen HBV-f.)bertragung Hinweise auf eine nichtparenterale ,,horizontale" Infektionsausbreitung ableiten. In der auf Abb. 1 dargestellten Familie ist denkbar, dab die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt der ersten drei Kinder HB~Ag und HB~Ag positiv war, ihre Kinder infizierte und erst spfiter eine Serokonversion mit Bildung yon Antik6rpern gegen HBeAg durchmachte. Andererseits scheint der positive Nachweis von HBeAg im Serum HBsAg positiver Mtitter ffir eine vertikale Mutter-Kind-Ubertragung nicht zwingend notwendig zu sein, wie dies von Okada u. Mitarb. angenommen wurde [27]. So berichteten Schweitzer u. Mitarb. 1975 fiber eine anti-HB~Ag positive Mutter, deren Kind an einer HBV-Infektion erkrankte [31]. Ausgangspunkt der Infektion k6nnte aber auch eines der Kinder oder der Ehepartner mit nichtparenteraler ,, horizontaler" Infektionsausbreitung gewesen sein. In der aufAbb. 2 dargestellten Familie kann angenommen werden, dab der Ausgangspunkt der Infektion bei der als besonders hoch einzusch~tzenden Infektiosit~it von HB~Ag positiven HB~Ag-Tr/igern bei dem Vater oder bei dem jtingsten Sohn (S.B.) der Familie zu sehen ist und dab es hier zu einer nichtparenteralen Obertragung auf die anderen Familienmitglieder kam. In der auf Abb. 3 dargestellten Familie blieb die HBV-Infektion auf die Eheleute und in der auf Abb. 4 dargestellten Familie auf die Geschwister beschr/inkt. Auch hier ist eine nichtparenterale ,, hori. .

zontale" LTbertragung zwischen Eheleuten bzw. Geschwistern wahrscheinlich. In den beiden letztgenannten Familien ist als Obertragungsmodus der HBV-Infektion eine nichtparenterale ,,horizontale" Infektion durch infekti6sen Speichel oder durch mit Speichel infizierte Haushaltsgegenstfinde zu diskutieren [9, 13, 35, 36, 39]. Als weitere wesentliche Obertragungsquelle einer HBV-Infektion unter Ehepartnern ist der Intimkontakt anzusehen. Die M6glichkeit, durch sexuellen Kontakt eine HBV-Infektion zu fibertragen, wurde dutch mehrere Untersucher hinreichend belegt [10, 16, 29, 34, 39]. fJber die Zusammenhfinge von Infektiosit/it und Marker-Spektrum in den verschiedenen K6rperflfissigkeiten ist bisher nichts bekannt. Nach unseren Untersuchungen war das Risiko fiir den Ehepartner dann besonders hoch, wenn der HBsAg-Trfiger gleichzeitig HBeAg im Serum aufwies. Wie den Tabellen 3-6 entnommen werden kann, lag die ,, horizontale" Infektionsrate bei Ehepartnern (11 yon 25) und bei Geschwistern (9 von 17) in etwa dem gleichen Gr613enbereich wie bei der mutmaglichen vertikalen Infektionsausbreitung zwischen Miittern und Kindern (7 von 14). Auffallend niedrig war dagegen die Infektionsrate zwischen Vfitern und Kindern (3 yon 16). Die geringere Infektionsrate zwischen V~itern und Kindern ist m6glicherweise damit zu erklfiren, dal3 der k6rperliche Kontakt zwischen Vfitern und Kindern erfahrungsgemfiB weniger stark ausgepr/igt ist als zwischen Mutter und Kind bzw. Geschwistern und Ehepartnern. Berficksichtigt man bei der weiteren Analyse der Daten die Konstellation im HBeAg/anti-HBo-System bei den ursprfinglich erfaBten asymptomatischen HB~Ag-Tr/igern, fiet der hohe Durchseuchungsgrad in jenen Familien auf, in denen der HB~Ag-Tr/iger zugleich ItBeAg und DNA-Polymerase-Aktivitgt im Serum aufwies. So waren 12 von 14 Angeh6rigen der HBeAg und DNA-Polymerase-Aktivitfit positiven HB~Ag-Trfiger mit dem HBV infiziert worden gegenfiber 12 von 53 Familienmitgliedern in der Gruppe der anti-HBe positiven bzw. HBoAg und anti-HBe negativen Trfiger. Diese Ergebnisse best/itigen Untersuchungen yon Alter u. Mitarb., dab die Infektiosit~it HBeAg und DNA-Polymerase-Aktivit/it positiver HB~Ag-Trfiger als besonders hoch eingestuft werden mul3 [1] und zeigen, dab dem Nachweis von HB~Ag und DNA-Polymerase-Aktivitfit ffir die M6glichkeit, von einem HBsAg-Trfiger eine HBV-Infektion zu erwerben, eine gr6Bere Bedeutung zukommt, als der Art der verwandtschaftlichen Beziehung. Damit gewinnt das HB,Ag/anti-HBe-System auch Bedeutung ffir die Frage einer Infektionsgef/ihrdung zwischen medizinischem Personal und Patienten.

H.H. Dormeyer et al.: Hepatitis-B-Infektionen in Familien

Da in unseren Familien keine M6glichkeit zur Verlaufsbeobachtung bestand, mug vorlfiufig offenbleiben, wie hoch das Risiko f~r Familienangeh6rige ohne bisher nachweisbare HBV-Marker einzuschfitzen ist, durch den engen familifiren Kontakt mit einem asymptomatischen HB~Ag-Tr/iger im Laufe der Zeit ebenfalls mit dem HBV infiziert zu werden. Hierzu bedarf es prospektiver Verlaufsstudien. Diese erscheinen uns im Hinblick auf eine sinnvolle Prophylaxe zum Schutz der Familienangeh6rigen asymptomatischer HB~Ag-Trfiger notwendig zu sein. Danksagung. Die vorliegende Studie wurde durch die Deutsche Eorschungsgemeinschaft - Schwerpunkt Virushepatitis - gef6rdert. Wit danken den Damen E, Frerick, B. Sarnes und H. Gr6nniger ffir ihre Mitarbeit

Literatur 1. Alter. H.J., Seeff, L.B., Kaplan, P.M., McAuliffe, V.J., Wright, E.C., Gerin, J.L., Purcell, R.H., Holland, P.V., Zimmermann, H.J. : Type B hepatitis: The infectivity of blood positive for e-antigen and DNA polymerase after accidental needlestick exposure. N. Engl. J. Med. 295, 909913 (1976) 2. Arnold, W,, Meyer zum Biischenfelde, K.H., Hess, G., Knolle, J. : The diagnostic significance of intrahepatocellular hepatitisB-surface-antigen (HB~Ag), hepatitis-B-core-antigen (HB~Ag) and IgG for the classification of inflammatory liver diseases. Klin. Wochenschr. 53, 1069 1074 (1975) 3. Arnold, W., Hess, G.~ Purcell, R,H., Kaplan, P.M., Gerin, J.L,, Meyer zum B/,ischenfelde, K.H. : Anti-HBo, HBoAg and DNA polymerase activity in healthy HB,Ag carriers and patients with inflammatory liver diseases. Klin. Wochenschr. 56, 297-303 (1978) 4, Baumanm W., Emmrich, P., Arndt-Hanser. A,, Pyka, R. : Radioimmunologischer HB~Ag-Nachweis im Liquor cerebrospinalis. Immunitfit und Infektion 4, 29-32 (1976) 5. Berquist, K.R.. Maynard, J.E., Murphy, B.L.: Infectivity of serum containing HB~Ag and antibody to e-antigen. Lancet 1, 1026-I027 (i976) 6. Blainley, J.D., Earle, A., Flewett, T.H., Williams, L.K.L.: Is the urine infective in serum hepatitis? Lancet 1, 797 (1971) 7. Brodersen, M., Stegmann, S., Klein, K.H., Trtilzsch, D., Reusch, P.: Salivary HBAg detected by radioimmunoassay. Lancet 1, 675-676 (1974) 8, Dane, D.S., Cameron, C.H., Briggs, M.: Virus-like particles in serum of patients with Australia-antigen associated hepatitis. Lancet 1,695-698 (1970) 9. Feinmann, S.V., Krassnitski, O., Sinclair, J.C., Wrobel, D.M., Berris, B. : Hepatitis B surface antigen in saliva of HB~Ag carriers. J. Lab. Clin. Med. 85, 1042--1048 (1975) 10. Fulford, K.W.M., Dane, D.S., Catteralt, R.D., Woof, R., Denning, J.V. : Australia antigen and antibody among patients attending a clinic for sexually transmitted diseases. Lancet 1, 1470 1473 (1973) 11. Greenberg, H.B., Pollard, R.B., Lutwick, L,L, Gregory, P,B,, Robinson, W.S., Mergan, T.C, : Effect of human leucocyte interferon on hepatitis B virus infection in patients with chronic active hepatitis. N. Engl, J. Med. 295, 517-524 (1976)

1293 12. Grob, P.J, Jemelka, H.: Faecal S,H. (Australia) antigen in acute hepatitis. Lancet 1, 206208 (1971) t 3. Heathcote, J.o Cameron, C.H., Dane, D,S. : Hepatitis-B antigen in saliva and semen. Lancet 1, 71-73 (1974) 14. Hess, G., Nielsen, J.O., Arnold, W., Meyer zum Bfischenfelde, K.H.: e-antigen-antibody-system and intrahepatocellular HB~Ag and HB~Ag in HB~Ag positive patients with inflammatory tiver diseases and healthy HB~Ag-carriers. Scand, J. GastroenteroI. 12, 325-330 (1977) 15. Hess, G., Arnold, W,, Shih, J.W,K., Kaplan, P.M., Purcell, R.H,, Gerin, J.L., Meyer zum BiJschenfelde, K.H. : Expression of hepatitis B virus-specific markers in asymptomatic hepatitis B surface antigen carriers. Infect. Immunol. 17, 550~54 (I977) 16. Jeffries, D.J., James, W.H., Jefferiss, F.J.G., MacLeod, K.G., Willcox, R.R.: Australia (hepatitis-associated) antigen in patients attending a verereal disease clinic. Brit. Med. J. 2, 455~456 (1973) 17. Kaboth, U , Mietzsch, G.: Australia (SH)-Antigen-Nachweis in Peritonealdialysaten, Dtsch. Med. Wochenschr. 96, 707708 (1971) 18. Kaplan, P.M., Greenman, R.L., Gerin, J.L., Purcell, R.H,, Robinson, W.S. : DNA polymerase associated with human hepatitis B antigen. J. Virol. 12, 995~..1005 (1973) 19. Koff, R.S., Slavin, M,M., Connelly, L.J.D.: The contagiousness of acute hepatitis B: Secondary attack rates in household contacts. Gastroenterology 69, A-38/838 (1975) 20. Knolle, J , Born, M., ttess, G., Klinge, O., Arnold, W., Bitz, H., Meyer zum Btischenfelde, K.H. : Die Charakterisierung des klinisch gesunden Hepatitis-B-Antigen (HB~Ag)-Tr/igers. Ktin, Wochenschr. 54, 567--578 (1976) 21. Linnemann, C.C., Goldberg, S. : HB~Ag in breast milk. Lancet 2, 155 (1974) 22. Mag-nius, L.O., Espmark, J.A. : New specificities in australia antigen positive sera distinct from the Le Bouvier determinants. J. Immunol. 109, 10171021 (1972) 23. Mosley, J.W. : The epidemiology of viral hepatitis: an overwiev. Amer. J. Med. Sci. 270, 253 (1975) 24. Nordenfelt, E., Kjellen, L. : Dane particles, DNA polymerase, and e-antigen in two different categories of hepatitis B antigen carriers. Intervirol. fi, 225-232 (1975) 25. Nordenfelt, E., Andren-Sandberg, M. : Dane particle-associated DNA polymerase and e-antigen: relation to chronic hepatitis among carriers of hepatitis B surface antigen. J. Infect. Dis. 134, 85-89 (1976) 26. Ogra, P.L.: Immunologic aspects of hepatitis-associated antigen and antibody in human body fluids. J. Immunol, 110, 1t97 1205 (t973) 27. Okada, K., Kamiyama, I., Inomata, M., Imai. M., Miyakawa, Y., Mayumi, M. : e Antigen and anti-e in the serum of asymptomatic carrier mothers as indicators of positive and negative transmission of hepatitis B virus to their infants. N. Engl. J. Med. 294, 746 749 (1976) 28. Okada, K., Yamada, T., Miyakawa, Y., Mayumi, M. : Hepatitis B surface antigen in the serum of infants after delivery from asymptomatic carrier mothers, J. Pediat. 87, 360-363 (1975) 29. Papaevangelou, G., Trichopoulos, D., Kremastinou, T., Papoutsakis, G. : Prevalence of hepatitis B antigen and antibody in prostitutes. Br. Med. J. 2, 256-258 (1974) 30. Robinson, W.S., Greenmam R.L.: DNA polymerase in the core of the human hepatitis B virus candidate. J. Virol. 13, 1231-1236 (1974) 31, Schweitzer~ I.L., Edwards, V.M., Brezina, M.: e-antigen in HB~Ag-carrier mothers. Brit, Med. J. 293, 940 (1975) 32. Serpean, D , Mannoni, P., Dhuneaux, D., Berthelot, P. : Hepatitis-associated antigen in human bile. Lancet 2, 1266 (1971) 33, Skinhoj, P., Cohn, J.. Bradburne, A,F. : Transmission of hepa-

1294

34.

35.

36. 37. 38.

titis type B from healthy HBsAg-positive mothers. Brit. Med. J. 1, 10-11 (t975) Szmuness, W., Much, M.I., Prince, A.M., Hoofnagle, J.H., Cherubin, C.E., Harley, E.J., Block, G.H.: On the role of sexual behavior in the spread of hepatitis B infection. Ann. Int. Med. 83, 489-495 (1975) Szmuness, W., Prince, A.M., Hirscb, R.L., Brotman, B. : Familial clustering of hepatitis B infektion. N. Engl. J. Med. 289, 1162-1166 (1973) Szmuness, W. : Recent advances in the study of the epidemiology of hepatitis B. Am. J. Pathol. 81,629-650 (1975) Telatar, T.H., Kayhan, B., Kes, S., Karacadag, S.: HBsAg in sweat. Lancet 2, 46t (1974) Tripatzis, J. : Australia antigen in urine and feces. Am. J. Dis. Child 123, 46I (1972)

H.H. Dormeyer et al. : Hepatitis-B-Infektionen in Familien 39. Villarejos, V.M., Visona, K.A., Gutierrez, A., Rodriguez, A. : Role of saliva, urine and feces in the transmission of type B hepatitis. N. Engl. J. Med. 291, 1375-1378 (t974)

Eingegangen am 6. Juli 1979 Angenommen am 20. Juli 1979

Dr. H. Dormeyer II. Medizinische UniversitS.tsklinik Langenbeckstr. 1 D-6500 Mainz Bundesrepublik Deutschland

[Spread of hepatitis B virus infection among family contacts of asymptomatic HBsAg carriers (author's transl)].

Kiinische Klin. Wochenschr.57, 1287-1294 (i979) W°ch nrif t (@Springer-Verlag 1979 Die Ausbreitung von Hepatitis-B-Infektionen in Familien HBsAg-po...
763KB Sizes 0 Downloads 0 Views