Originalarbeit

Verletzungen und Erkrankungen der Deutschen Mannschaft bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro Sports Injuries and Illnesses of the German National Team during the 2016 Olympic Summer Games in Rio de Janeiro

Autoren

schwerdebildern wurden aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht

Casper Grim, Thilo Hotfiel, Martin Engelhardt, Syndey Plewinski,

folgende schwere Verletzungen im Gesamtkollektiv verzeichnet:

Olav Spahl, Bernd Wolfarth

ein letales Schädel-Hirn-Trauma, ein akutes Oberschenkel-KompartInnenmeniskusläsion und anterolaterale Instabilität, eine isolierte VKB

Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück

Ruptur, eine basisnahe Stressfraktur des dritten Mittelfußknochens,

Schlüsselwörter Olympische Spiele, Verletzungen, Erkrankungen, Team Deutschland

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ment-Syndrom, eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) mit Institut

eine laterale Band-Kapsel-Ruptur des OSG, eine Schultereckgelenkssprengung und eine infizierte Bursa präpatellaris. Schlussfolgerungen Das genutzte Dokumentationssystem lässt sich

Key words

gut und zuverlässig für ein nationales „injury und illness surveillance"

Olympic Games, injury, illness, Team Germany

bei Sportgroßveranstaltungen einsetzen. Die vorliegenden Daten sind vergleichbar mit den Ergebnissen, die während der Sommerspiele

Bibliografie

2012 in London erhoben wurden, sodass von einer zuverlässigen

DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0043-101967 |

Vorsorge- und Versorgungsstrategie ausgegangen werden kann. Ne-

Sportverl Sportschad 2017; 31: 25–30

ben der Behandlungsbedürftigkeit von Erkrankungen, die vor allem

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

den oberen Respirationstrakt betrafen, wurden zum Teil schwere

ISSN 0932-0555

Verletzungen des Bewegungsapparates verzeichnet. Dies impliziert

Korrespondenzadresse Dr. Casper Grim Klinik für Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie, Klinikum Osnabrück Am Finkenhügel 1 49076 Osnabrück Deutschland [email protected]

die Notwendigkeit der Interdisziplinarität des Betreuungsteams. Die verwendeten Methoden der Datenerfassung erlauben zurzeit keine Identifizierung von Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen und sollten zukünftig diesbezüglich erweitert werden.

A BS T R AC T Background This article aims to survey and describe the injuries and illnesses of the German Team during the 2016 Olympic Games in Rio de Janeiro.

ZUSA MM ENFA SSUNG Hintergrund Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erhebung und Beschreibung der behandlungsbedürftigen Verletzungen und Erkrankungen der Deutschen Olympiamannschaft während der Olympischen Spiele in Rio 2016 Methoden: Über ein elektronisch gestütztes Dokumentationssystem wurden die behandlungsbedürftigen Verletzungen und Erkrankungen erfasst und ausgewertet. Als Verletzung oder Erkrankung wurde jede medizinische Problematik gewertet, welche einer medizinischen Behandlung bedurfte, zu einer Behinderung des Trainings oder gar zur Verhinderung der Wettkampfteilnahme führte. Zahlreiche statistische Auswertung (z. B. Art der Verletzung/akut ober überlastungsbedingt, Art der Erkrankung, anatomische Lokalisation der Verletzung) wurden durchgeführt. Ergebnisse Insgesamt wurden während Rio 2016 für das Deutschen Team 808 medizinische Behandlungen durchgeführt. Bei den Athleten entfielen von 283 bewegungsapparatbezogenen Behandlungen 160 auf die untere Extremität. Weitere 70 Behandlungen wurden aufgrund von Rückenproblemen durchgeführt. Es wurden 164 Behandlungen bei Infekt der oberen Atemwege durchgeführt. Hochgerechnet entfielen von der Gesamtanzahl der Behandlungen 617 pro 1000 Athleten auf Erkrankungen und 672 pro 1000 Athleten auf Störungen des Bewegungsapparates. Neben den weniger schwerwiegenden Be-

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Methods Through an electronic documentation system, injuries and illnesses requiring treatment were recorded and evaluated. An injury or illness was defined as any physical symptom that required medical attention and impaired participation in training and/or competition. The classification distinguished between type of injury (acute or overload), region and type of illness (infections, skin, allergy, etc.). Results A total of 808 treatments were performed on the German team during Rio 2016. Out of 283 musculoskeletal-related treatments, 160 were performed on the lower limb. 70 treatments addressed back problems. 164 treatments were performed due to upper respiratory tract infections. When extrapolated to 1000 athletes, 617 treatments were required due to illness while 672 treatments addressed musculoskeletal problems. The number of treatments for injuries and illness is almost identical. In addition to less severe problems, the following serious injuries occurred: lethal traumatic brain injury, acute thigh compartment syndrome, ACL tear with a medial meniscal lesion and antero-lateral instability, isolated ACL tear, stress fracture of the base of the third metatarsal bone, acute lateral ankle instability, AC joint dislocation, and infected bursa prepatellaris. Conclusions: The documentation system is reliable for "injury and illness surveillance" at multi-sport events. Treatment numbers are consistent with the 2012 Summer Games in London, so a reliable strategy can be assumed. In addition to illnesses predominantly affecting the upper respiratory

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Originalarbeit

tract, the system also recorded serious musculoskeletal injuries, which

identification of risk factors for injuries and illness and should there-

implicates the need for an interdisciplinary setup of the medical team.

fore be extended in the future.

The methods used for data collection currently do not allow for the

Die sportmedizinische Betreuung der Deutschen Olympiamannschaft stellt immer wieder eine vielschichtige Herausforderung dar. Das IOC hat es sich zu einer zentralen Aufgabenstellung gemacht, das Auftreten von Verletzungen und Erkrankungen insbesondere bei Multisport-Veranstaltungen zu reduzieren. Seit den Olympischen Sommerspielen in Peking 2008 werden Verletzungen und im weiteren Verlauf auch Erkrankungen über Fragebogen erfasst [1 – 4]. Die Prävention von Verletzungen und Erkrankungen sowie der Schutz der Athletengesundheit gehören zu den selbst formulierten Kernaufgaben und Zielen des IOC [5]. Das Verständnis für die Bedeutung von „injury and illness surveillance“ wächst stetig und wird in vielen internationalen Verbänden bereits im Sinne von epidemiologischen Datenerhebungsprojekten umgesetzt. Dies gilt unter anderem für Fußball (FIFA), Rugby (International Rugby Board), Leichtathletik (IAAF, International Association of Athletics Federations), Schwimmen (FINA, Fédération Internationale de Natation) und den Paralympischen Sport (IPC, International Paralympic Committee) [6 – 10, 15]. Die meisten vorliegenden Studien zu dieser Thematik untersuchen die Verletzungs- und Erkrankungsraten für eine einzelne Sportart bei jeweiligen Sportgroßveranstaltungen der internationalen Fachverbände. Nur wenige befassen sich mit einzelnen nationalen Mannschaften und dem sich hieraus ergebendem Betreuungs- und Behandlungsbedarf. Medizinische Probleme sind vor allem während der Wettkampfphase, in diesem Fall während der Olympischen Spiele, eine leistungsbeeinflussende Größe und sind in Bezug auf Erfolg oder Misserfolg der Athletinnen und Athleten, als relevant einzuschätzen. Wenn es möglich ist, die absolute Zahl von Verletzungen und Erkrankungen zu reduzieren und die Verletzungs- und Erkrankungsschwere und deren Auswirkungen zu minimieren, wird sich der nachteilige Effekt auf die Athletengesundheit, die Leistungsminderung und die Ausfallzeit in Training und Wettkampf reduzieren lassen. Es bedarf hierfür als ersten Schritt einer Standortbestimmung mit systematischer Datenerfassung der Inzidenz und des Schweregrads von sportartspezifisch relevanten Verletzungen und Erkrankungen sowie des notwendigen Behandlungsaufwands. Diese Grundlagenarbeit mit dem Monitoring von Verletzungen und Erkrankungen sollte nicht nur für einzelne Sportarten, sondern für möglichst viele Verbände und bei übergreifenden Veranstaltungen das gesamte nationale Team standardisiert eingeführt und umgesetzt werden. Durch eine systematische Datenerhebung kann das Verletzungs- und Erkrankungsrisiko quantifiziert werden, es können verlässliche Aussagen über den Behandlungsbedarf der zu betreuenden Gesamtmannschaft geben werden und vor allem sind diese Daten Grundlage für die Entwicklung und Priorisierung von Prä-

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ventionsstrategien [11]. Ziel der vorliegenden Studie war es, über eine systematische Erfassung die Inzidenz, den Schweregrad und die Entität von Verletzungen und Erkrankungen der gesamten Deutschen Olympiamannschaft bei den Olympischen Spielen und Rio de Janeiro 2016 (Rio 2016) auszuwerten.

Material und Methoden Es handelt sich um eine prospektive Kohortenstudie. Die Dokumentation erfolgte auf einem Formular, das handschriftliche ausgefüllt wurde, sodass die behandelnden Ätzte einfach und unkompliziert die Behandlungsdokumentation vornehmen konnten. Die betreuenden Mannschaftsärzte konnten die Behandlungen in den Mannschaftsquartieren oder an den Trainings- und Wettkampfstätten auf diese Weise ebenfalls einfach und mit wenig Aufwand dokumentieren. Auf dem Dokumentationsformular wurden Name, Geburtsdatum, Datum der Behandlung, Verband, Sportart, behandelnder Arzt, Anamnese, Befund, Diagnose, Therapie und verordnete Medikamente festgehalten.

Definition von Verletzung und Erkrankung Als Verletzung oder Erkrankung wurde jede medizinische Problematik gewertet, welche einer medizinischen Behandlung bedurfte, zu einer Behinderung des Trainings oder gar zur Verhinderung der Wettkampfteilnahme führte. Inkludiert wurden alle Athletinnen und Athleten der Deutschen Olympiamannschaft im Zeitraum von der Eröffnung des Olympischen Dorfes am 24.7.2016 bis zur Schließung am 21.8.2016. Parallel wurden diese Daten auch für die medizinischen Behandlungen bei Mitgliedern des Betreuerteams erhoben.

Auswertung Die Behandlungsfälle wurden in ein EDV-gestütztes Dokumentationssystem für die Auswertung der Untersuchungs- und Behandlungsfälle überführt. Auf diese Weise konnte sichergestellt werden, dass die Behandlungsfälle der Mannschaft zuverlässig, systematisch und möglichst vollständig erfasst wurden. Die Klassifizierung erfolgte angelehnt an die ICD-10-GM Einteilung (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, German Modifikation, DIMDI 2016 [12]). Für die sportmedizinische Betreuung der deutschen Olympiamannschaft standen in Rio 24 Ärzte, 43 Physiotherapeuten und 4 Sportpsychologen zur Verfügung (▶ Abb. 1). Leitender Arzt des deutschen Olympiateams war Prof. Dr. Bernd Wolfarth (Berlin/Leipzig), sein Stellvertreter und leitender Orthopäde war Dr. Casper Grim (Osnabrück). Leitender Physiotherapeut war Klaus Eder (Donaustauf) und von Seiten des DOSB agierte Olav Spahl als Koordinator zwischen Sport und Medizin. Zusätzlich fungierte er als Antidopingbeauftragter.

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Einleitung

Insgesamt wurden während Rio 2016 für das Deutschen Team 808 medizinische Behandlungen durchgeführt. Von diesen Behandlungen entfielen 595 auf Athletinnen und Athleten und 213 auf den Betreuerstab (▶ Tab. 1). Die absolute Geschlechterverteilung ergab 528 Arztbesuche bei den Männern und 280 bei den Frauen (▶ Abb. 2). Eine Auflistung der unterschiedlichen Krankheitsbilder ist in ▶ Tab. 1 abgebildet. Hier erfolgte eine Einteilung zur besseren Übersicht im Wesentlichen nach Kausalität und Art der Erkrankung (Infekt, Haut, Allergie etc.). Bei den Verletzungen wurde zusätzlich weiter unterschieden, nach Region und ob die Verletzung akut oder überlastungsbedingt aufgetreten ist. Neben den

24Ärzte/-innen

Zusammenfassung der schwereren Verletzungen 4Internisten

14Orthopäden

insgesamt 283 dem Bewegungsapparat zuzuordnenden medizinischen Behandlungen wurden 164 Behandlungen bei Infekt der oberen Atemwege durchgeführt (▶ Abb. 3). Bei den Athletinnen und Athleten entfielen von 283 der muskuloskelettalen Behandlungen 160 auf die untere Extremität. Weitere 70 Behandlungen wurden aufgrund von Rückenproblemen durchgeführt. Die absoluten Behandlungszahlen pro Verband sind in ▶ Abb. 4 dargestellt. Im Rahmen der sogenannten „Needle policy“ des IOC wurde jede Verwendung einer Hohlnadel zu medizinischen Zwecken dokumentiert. Durch die Ärztinnen und Ärzte der Deutschen Olympiamannschaft wurden insgesamt 86 Injektionen bei internistischen und orthopädischen Indikationen dokumentiert. Hiervon entfielen 24 Injektionen auf eine Glukokortikoidinjektion bei orthopädischer Indikation (▶ Abb. 5, ▶ Tab. 2).

5Allgemeinmediziner 1Dermatologe

43Physiotherapeuten/-innen

4 Sportpsychologen/-innen

    in Rio 2016 Sportmedizinisches Personal der deutschen Olympiamannschaft

▶ Abb. 1 Sportmedizinisches Personal der deutschen Olympiamannschaft in Rio 2016.

Neben den weniger schwerwiegenden Problemen, wie z. B. kleinen Haut- und Weichteilverletzungen, Prellungen und Distorsionen, sind aus orthopädisch-unfallchirurgischer Sicht bei der Deutschen Mannschaft während Rio 2016 einige schwere Verletzungen aufgetreten. Insbesondere ist an dieser Stelle der tragische Tod eines Trainers zu nennen. Nach einem Verkehrsunfall verstarb er an den Folgen einer schwersten Schädel-Hirn-Verletzung. Folgende schwerere Verletzungen, die zum Teil mit relevanter Ausfallzeit einhergingen wurden verzeichnet: ▪ ein akutes Kompartment-Syndrom des Oberschenkels ▪ eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) mit Innenmeniskusläsion und anterolaterale Instabilität ▪ eine isolierte VKB Ruptur ▪ eine basisnahe Stressfraktur des 3. Mittelfußknochens

▶ Tab. 1 Anzahl der Behandlungen und Verteilungsmuster der Krankheitsbilder. Verteilungsmuster der Krankheitsbilder Athlet

Betreuer

Gesamt

Allergien

15

6

21

Augenerkrankungen

12

4

16

Hauterkrankungen

24

9

33

Herz-Kreislauf-Erkrankungen Infekte (URT) Magen-Darm-Erkrankungen/Infekte

4

10

14

164

79

243

43

15

58

243

30

273

Orthopädische Erkrankungen – Überbelastungsbeschwerden

25

20

45

sonstiges

42

22

64

Trauma

17

9

26

Orthopädische Erkrankungen – akute Verletzung

Zahnbeschwerden gesamt

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6

9

15

595

213

808

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Ergebnisse

▪ eine laterale Band-Kapsel-Ruptur des oberen Sprunggelenkes (OSG) ▪ eine Schultereckgelenkssprengung ▪ eine infizierte Bursa präpatellaris Das Schädel-Hirn-Trauma, das Kompartment-Syndrom des Oberschenkels und die infizierte Bursa präpatellaris wurden vor Ort in affiliierten Krankenhäusern behandelt bzw. notfallmäßig operativ versorgt.

Diskussion Die vorliegende Arbeit gibt Aufschluss über die behandlungsbedürftigen Erkrankungen- und Verletzungen der Athletinnen und Athleten der deutschen Olympiamannschaft während der Olympischen Sommerspiele 2016. Über die parallel erhobenen Daten des Betreuerstabes können Rückschluss bezügliches des Behandlungsbedarfs der gesamten deutschen Olympiamannschaft gezogen werden. Es wurden 595 Behandlungen bei den Athletinnen und Athleten durchgeführt. Hochgerechnet entfielen von den Behandlungen 617 pro 1000 Athleten auf Erkrankungen und 672 pro 1000 Athleten auf Störungen des Bewegungsapparates.

▶ Abb. 2 Verteilung der Arztbesuche nach Geschlecht.

Dies entspricht 0,29 Behandlungen/Athlet für Verletzungen und 0,27 Behandlungen/Athlet für Erkrankungen. Die Anzahl der Behandlungen bei Verletzungen und die Anzahl der Behandlungen bei Erkrankungen ist nahezu identisch. Insgesamt kam es während der Olympischen Spiele in Rio in der deutschen Mannschaft zu einer, im Vergleich zu vorhergehenden Olympischen Sommerspielen, durchschnittlichen Anzahl an krankheits- oder verletzungsbedingten Problemen, welche zu einem längeren Trainings- bzw. Wettkampfausfall führten. Nabhan kommt in seiner Erhebung bei den Summer Youth Olympic Games 2014 in Nanjing (YOG) zu vergleichbaren Zahlen [13]. Die Daten des deutschen Teams sind mit denen des US-YOGTeams vergleichbar. Bei den Verletzungen dominiert als Körperlokalisation die untere Extremität (▶ Tab. 3, ▶ Abb. 6). Jedoch zeigt die Auflistung der schwereren Verletzungen, dass in der Wettkampfperiode der Olympischen Spiele mit teils erheblichen Problemen auf akut orthopädisch-traumatologischer Seite zu rechnen ist und dass das Betreuungsteam hierfür breit aufgestellt und entsprechend vorbereitet sein muss. Die obere Atemwegsinfektion war die am häufigsten verzeichnete Erkrankung (▶ Tab. 1). Deren Inzidenz ist im Vergleich zu den Sommerspielen 2012 in London [14] konsistent. Im Zusammenhang mit akut auftretenden Infekten in einzelnen Teilmannschaften muss stets berücksichtigt werden, dass so rasch wie möglich eine Trennung von erkrankten und gesunden Sportlern erfolgen sollte, um eine weitere Verbreitung solcher Infekte innerhalb einer Mannschaft zu vermeiden. Dies stellt auch eine logistische Herausforderung dar. Insbesondere im olympischen Dorf sind in der Regel kaum Vakanzen vorhanden, sodass hier auch die Flexibilität der Mannschaftsleitung gefragt ist. Zusätzlich gab es im olympischen Dorf erhebliche Probleme mit der Reinigung der Apartments und den hygienischen Verhältnissen in den Wohnblocks. Eine überdurchschnittliche Anzahl von Magen-Darm Infektionen war jedoch nicht zu beklagen. Dies

▶ Abb. 3 Darstellung der Verletzungen und Erkrankungen der Athleten nach Art und Region.

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▶ Abb. 4 Absolute Zahl der Behandlungen nach Verband.

▶ Tab. 2 Absolute Anzahl der Glukokortikoidinjektionen an den Gesamtinjektionen.

▶ Abb. 5 Anteil der Glukokortikoidinjektionen an den Gesamtinjektionen.

ist am ehesten auf die gute Informationspolitik und die konsequente Einhaltung und regelmäßige Erinnerung bezüglich der Handhygiene zurückzuführen.

Schlussfolgerung Das genutzte Dokumentationssystem lässt sich gut und zuverlässig für ein nationales „injury und illness surveillance“ bei Sport-

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Injektion GCS

Absolute Zahl

ja

24

nein

62

gesamt „needle forms“

86

▶ Tab. 3 Tabellarische Darstellung der Verletzungslokalisationen aufgeteilt nach Athleten und Betreuer. Anzahl von Athlet/ Betreuer

Athlet

Betreuer

Gesamtergebnis

Kopf

11

5

16

obere Extremität

42

6

48

Rücken

70

25

95

untere Extremität

160

19

179

Gesamtergebnis

283

55

338

29

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großveranstaltungen einsetzen. Eine solche Plattform kann weiterhin für die Entwicklung von medizinischen Managementsystemen für Sportgroßveranstaltungen genutzt werden. Eine weitere Differenzierung im Sinne einer Patienten-/Athleten-bezogenen Akte würde eine detailliertere Auswertung erlauben. Die verwendeten Methoden der Datenerfassung erlauben keine Identifizierung von Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen. Hier sind insbesondere die Erfassung von demografischen und anthropometrischen Daten sowie die Informationen zur medizinischen Vorgeschichte und Trainingshistorie zu nennen. Hierzu müsste eine Verknüpfung mit der Trainingsdatendokumentation und sportmedizinischen Datenbanken welche im Verlauf der Olympiazyklen geführt werden, ermöglicht werden. Hierzu bedarf es zukünftig größer angelegter zentraler Datenbankmodule, welche langfristig angelegt und konsequent auch außerhalb der Olympischen Spiele geführt werden müssten. Wird dies konsequent umgesetzt kann zukünftig sicherlich detaillierter auf die Identifikation von Risikofaktoren für Sportverletzungen und Erkrankungen eingegangen werden und damit die Entwicklung von Verletzungspräventionsprogrammen besser umgesetzt werden.

[10] Schwellnus M, Derman W, Jordaan E et al. Factors associated with illness in athletes participating in the London 2012 Paralympic Games: a prospective cohort study involving 49910 athlete-days. Br J Sports Med 2013; 47: 433 – 440

Interessenkonflikt

[11] van Mechelen W. The Severity of Sports Injuries. Sports Med 1997; 24: 176 – 180

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur [1] Junge A, Engebretsen L, Alonso JM et al. Injury surveillance in multi-sport events: the International Olympic Committee approach. Br J Sports Med 2008; 42: 413 – 421 [2] Junge A, Engebretsen L, Mountjoy ML et al. Sports injuries during the Summer Olympic Games 2008. Am J Sports Med 2009; 37: 2165 – 2172

30

[3] Engebretsen L, Steffen K, Alonso JM et al. Sports injuries and illnesses during the Winter Olympic Games 2010. Br J Sports Med 2011; 44: 772 – 780 [4] Engebretsen L, Soligard T, Steffen T et al. Sports injuries and illnesses during the London Summer Olympic Games 2012. Br J Sports Med 2013; 47: 407 – 414 [5] Ljungqvist A. Sports injury prevention: a key mandate for the IOC. Br J Sports Med 2008; 42: 391 [6] Alonso JM, Tscholl PM, Engebretsen L et al. Occurrence of injuries and illnesses during the 2009 IAAF World Athletics Championships. Br J Sports Med 2010; 44: 1100 – 1105 [7] Mountjoy M, Junge A, Alonso JM et al. Sports injuries and illnesses in the 2009 FINA World Championships (Aquatics). Br J Sports Med 2010; 44: 522 – 527 [8] Dvorak J, Junge A, Derman W et al. Injuries and illnesses of football players during the 2010 FIFA World Cup. Br J Sports Med 2011; 45: 626 – 630 [9] Willick SE, Webborn N, Emery C et al. The epidemiology of injuries at the London 2012 Paralympic Games. Br J Sports Med 2013; 47: 426 – 432 http://bjsm.bmj.com/content/47/7/426.short—aff-4

[12] https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icd-10-gm/ version2017 (Zugriff 17.11.2016) [13] Nabhan D, Walden T, Street J et al. Sports injury and illness epidemiology during the 2014 Youth Olympic Games: United States Olympic Team Surveillance. Br J Sports Med 2016; 50 (11): 688 – 693 [14] Wolfarth B, Schreiber H, Eder K et al. Sportmedizinische Betreuung bei den Olympischen Sommerspielen 2012. Leistungssport 1/2013. 25 – 29 [15] Fuller C, Sheerin K, Targett S. Rugby World Cup 2011: International Rugby Board Injury Surveillance Study. Br J Sports Med 2013; 47: 1184 – 1191

Grim C et al. Verletzungen und Erkrankungen… Sportverl Sportschad 2017; 31: 25–30

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▶ Abb. 6 Verteilungsmuster der Verletzungslokalisationen (gesamt).

[Sports Injuries and Illnesses of the German National Team during the 2016 Olympic Summer Games in Rio de Janeiro].

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