Originalarbeit 49

Besondere berufliche Problemlagen: Spielen sie eine Rolle beim Zugang in die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation?

Autoren

M. Bethge1, S. Löffler2, B. Schwarz1, H. Vogel2, M. Schwarze1, S. Neuderth2

Institute

1

Koordinierungsstelle Angewandte Rehabilitationsforschung, Klinik für Rehabilitationsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover 2 Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Universität Würzburg

Schlüsselwörter ▶ Rehabilitation ● ▶ Muskel-Skelett● Erkrankungen ▶ Screening ● ▶ Zugang ● ▶ besondere berufliche ● Problemlagen

Zusammenfassung

Abstract

Hintergrund: Die Studie untersuchte, ob der Rehabilitationsbedarf in der medizinisch-beruflich orientierten Rehabilitation (MBOR) häufiger durch besondere berufliche Problemlagen gekennzeichnet ist als in der herkömmlichen medizinischen Rehabilitation (MR). Methoden: Personen mit Rückenschmerz (M50, M51, M53, M54) wurden in 6 Rehabilitationseinrichtungen zu erwerbsbezogener Aktivität und Teilhabe befragt. Ergebnisse: Die unterschiedlich starken Einschränkungen der in der MBOR bzw. in der MR behandelten Personen bestätigten einen bedarfsbezogenen Zugang. Diese Unterschiede waren allerdings ausschließlich bei Patienten mit screeninggestütztem Zugang zu beobachten. Wurde der Zugang nicht durch ein Screening unterstützt, unterschieden sich die Gruppen kaum. Verfahren mit primärer Klinik- und Trägersteuerung führten zu einer vergleichbaren Unterscheidbarkeit beider Gruppen. Schlussfolgerung: Screeninggestützte Entscheidungen ermöglichen einen stärker bedarfsbezogenen Zugang in die MBOR. Da sich keine Unterschiede zwischen Klinik- und Trägersteuerung zeigten, können Zuweisungsentscheidungen bereits beim Rehabilitationsträger getroffen werden.

Background: The study determined if need for rehabilitation in work-related medical rehabilitation (WMR) is more frequently characterised by specific work-related problems than in conventional medical rehabilitation (MR). Methods: In 6 rehabilitation centres, persons with back pain (M50, M51, M53, M54) were surveyed about work-related restrictions of work ability at begin of their rehabilitation. Results: Differences in work ability of WMR and MR patients confirmed need-related access. However, these differences were exclusively explained by screening-based access decisions. If access was not supported by a screening, WMR and MR patients did not differ. Decisions by rehabilitation centres compared with decisions by insurance agencies resulted in similar differences between WMR and MR patients. Conclusion: Screening-based decisions about access enable a more need-related access to WMR. As there were no differences between access decisions by rehabilitation centres and insurance agencies, access decisions can be realised already by the insurance agency.

Hintergrund

In Deutschland gehen 19 % der Langzeit-Arbeitsunfähigkeitsfälle von mehr als 6 Wochen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück [3]. Muskel-Skelett-Erkrankungen sind darüber hinaus eine der wichtigsten Ursachen für gesundheitsbedingte Frühberentung und waren zuletzt für 14,2 % der erwerbsminderungsbedingten Rentenzugänge verantwortlich [4]. Um Verbesserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zu erreichen, werden in vielen Ländern Leistungen zur medizinischen Rehabili-

Key words ▶ rehabilitation ● ▶ musculoskeletal disorders ● ▶ screening ● ▶ access ● ▶ specific work-related ● problems

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0033-1341459 Online-Publikation: 11.11.2013 Rehabilitation 2014; 53: 49–55 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0034-3536 Korrespondenzadresse Dr. Matthias Bethge Koordinierungsstelle Angewandte Rehabilitationsforschung Klinik für Rehabilitationsmedizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected]





Muskel-Skelett-Erkrankungen sind das häufigste gesundheitliche Problem europäischer Arbeitnehmer [1]. Sie können für Erwachsene im erwerbstätigen Alter erhebliche Aktivitäts- und Teilhabeeinschränkungen zur Folge haben, bedingen hohe direkte Kosten in der Gesundheitsversorgung und beträchtliche indirekte Kosten durch eingeschränkte Arbeitsbewältigung und krankheitsbedingte Fehlzeiten am Arbeitsplatz [2].



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Specific Work-Related Problems: Do they Matter in Access to Work-Related Medical Rehabilitation?

tation angeboten. Diese Leistungen richten sich an Personen, die zeitweise oder dauerhafte Einschränkungen bei der Bewältigung ihrer Arbeitsanforderungen erleben. Mit ihnen ist die Erwartung verbunden, dass die betroffenen Personen nach Abschluss der Rehabilitation wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Fallkohortenstudien zeigen allerdings, dass Personen mit langer Arbeitsunfähigkeit vor der Rehabilitation und negativer subjektiver Erwerbsprognose ein erhöhtes Risiko haben, ihre berufliche Tätigkeit nach der Rehabilitation nicht wieder aufzunehmen [5–7]. Vor diesem Hintergrund bietet sich ein gestuftes, am Grad der Aktivitäts- und Teilhabebeeinträchtigung orientiertes Versorgungsangebot an. Müller-Fahrnow und Radoschewski [8] haben in diesem Zusammenhang die Differenzierung allgemeiner und besonderer beruflicher Problemlagen (BBPL) vorgeschlagen. Allgemeine berufliche Problemlagen beschreiben gesundheitsbedingte Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit, die durch das Angebot einer herkömmlichen medizinischen Rehabilitation (MR) zu bewältigen sind [8]. Personen mit BBPL hingegen bedürfen einer Fokussierung auf die konkreten Arbeitsanforderungen und dafür erforderliche Funktionen und Fähigkeiten. Für diese Personen wurde in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren die medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation (MBOR) entwickelt [9], ein Ansatz der auf internationale Entwicklungslinien wie die Functional Restoration [10] und Work-HardeningProgramme [11] rekurriert. Die höhere Wirksamkeit der MBOR im Vergleich zur herkömmlichen MR hinsichtlich verbesserter erwerbsbezogener Teilhabechancen stark beeinträchtigter Personen ist durch randomisierte kontrollierte Studien auch im deutschen Versorgungsgeschehen gut belegt [12, 13]. Um die MBOR in der Regelversorgung zu etablieren, hat eine trägerübergreifende Projektgruppe der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2010 ein Anforderungsprofil (AP) zur Durchführung der MBOR vorgelegt [14]1. Das AP definiert die Zielgruppe der MBOR über die Indikatoren lange Arbeitsunfähigkeit und/ oder negative subjektive Erwerbsprognose und/oder sozialmedizinisch erforderliche berufliche Veränderungen. Es beschreibt darüber hinaus den Rahmen einer anforderungsorientierten Diagnostik und benennt Inhalte und Ziele medizinisch-beruflich orientierter Kernmaßnahmen. Letztere beziehen sich vor allem auf a) eine intensivierte Berufs- und Sozialberatung, b) berufsbezogene Gruppen, die auf die Bewältigung psychosozialer Stressoren zielen, und c) das Arbeitsplatztraining, um die Bewältigung der am Arbeitsplatz geforderten Bewegungshandlungen zu unterstützen. Der Einstieg in ein gestuftes Versorgungsangebot steht jedoch vor der Herausforderung, einen bedarfsdifferenzierten Zugang in die vorgesehenen Angebote zu organisieren. Radoschewski et al. [15] zeigten in ihrer großen Versorgungssystemanalyse mit über 12 000 orthopädischen Rehabilitanden des Jahres 2003, dass berufsorientierte Therapien in der Rehabilitation zwar erbracht wurden, Personen mit BBPL diese Leistungen aber nur geringfügig häufiger erhielten als Personen ohne BBPL. Die Arbeitsgruppe konnte auch zeigen, dass die Behandlungsentscheidungen in der überwiegenden Mehrzahl der Einrichtungen ohne Screeninginstrumente und unter Verzicht auf eine anforderungsorientierte Diagnostik zustande kamen. Die Empfehlung der Autoren zum Einsatz von Screeninginstrumenten deckt sich mit Leitlinienempfehlungen zur Rehabilitation bei chronischem Rückenschmerz, die eine initiale Risikobewertung vorschlagen, um Personen mit ungünstiger Prognose möglichst frühzeitig zu identifizieren [16].

Versorgungssystemisch berührt die Herausforderung eines bedarfsdifferenzierten Zugangs zudem die Frage, ob die primäre Verantwortung für den Zugang in die MBOR bei den Rehabilitationseinrichtungen oder den Rehabilitationsträgern liegen sollte. Obliegt die Steuerungsverantwortung den Kliniken, setzt dies voraus, dass alle Einrichtungen über die Möglichkeit der MBOR verfügen. Eine Steuerung durch die Träger ermöglicht eine Versorgungsstrategie, die Schwerpunkteinrichtungen zur Durchführung der MBOR vorsieht. Im Rahmen einer multizentrischen Kohortenstudie2, die die Erprobungsphase des AP wissenschaftlich begleitet hat, sollte in diesem Zusammenhang geklärt werden, ▶ ob Patienten in der MBOR häufiger besondere berufliche Problemlagen haben als Patienten in der MR, ▶ ob die Unterscheidbarkeit der in der MBOR bzw. MR behandelten Personen beim Einsatz eines Screenings höher ist, der Zugang also zielgenauer wird, ▶ ob die Unterscheidbarkeit der in der MBOR bzw. MR behandelten Personen durch die primäre Steuerungsverantwortung (Klinik vs. Träger) beeinflusst wird. Die ethische und datenschutzrechtliche Prüfung des Studienprotokolls erfolgte durch die Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover und die Datenschutzbeauftragten der beteiligten Rentenversicherungsträger.

Methoden



Studiendesign und Stichprobe Die Teilnehmer wurden in 6 an der Erprobungsphase des MBORAP teilnehmenden Rehabilitationszentren rekrutiert. Eingeschlossen wurden Rehabilitanden mit den Diagnosen M50, M51, M53 und M54. Die rekrutierten Personen erhielten entweder eine MR oder eine MBOR. Die Behandlung folgte den Therapiestandards der Deutschen Rentenversicherung [17] und ggf. zusätzlich den Leistungsempfehlungen des MBOR-AP [14]. Die Rehabilitanden wurden am Beginn der Rehabilitation mittels Fragebogen befragt. Die Fragebogendaten wurden zusätzlich mit den Daten des standardisierten ärztlichen Entlassungsberichtes [18] verknüpft.

Erhebungsinstrumente Besondere berufliche Problemlage Von einer BBPL wurde ausgegangen, wenn mindestens einer der von Radoschewski et al. [19] vorgeschlagenen Indikatoren eingeschränkter erwerbsbezogener Funktionsfähigkeit zutraf, d. h. mindestens 3-monatige Arbeitsunfähigkeit im Jahr vor der Rehabilitation, Leistungsfähigkeit in der letzten beruflichen Tätigkeit unter 6 Stunden entsprechend des ärztlichen Entlassungsberichtes oder Arbeitslosigkeit. Zur Bewertung der Validität dieses Konstrukts wurden in der schriftlichen Befragung zudem das Würzburger Screening [6] und der SIMBO-C [20] eingesetzt.

Erwerbsbezogene Aktivität Arbeitsunfähigkeitsdauer. Die Dauer einer aktuellen Arbeitsunfähigkeit vor der Rehabilitation wurde von den Rehabilitanden in Wochen angegeben. Work Ability Index. Der Work Ability Index erfasst, inwiefern sich eine Person unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes in der Lage sieht, ihre Arbeitsanforderungen bewältigen 2

1

Seit 2012 liegt das AP in einer 3., überarbeiteten Auflage vor.

„MBOR-Management-Studie“ im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund.

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Statistische Analysen Die Stichprobenmerkmale wurden zunächst deskriptiv analysiert. Die Übereinstimmung der als Außenkriterium definierten Operationalisierung einer BBPL mit den Bedarfsfeststellungen des SIMBO-C bzw. des Würzburger Screenings wurde durch Cohens κ beschrieben. Um die Bedeutung besonderer beruflicher Problemlagen für den Zugang in die MBOR zu bestimmen, wurde ein logistisches Regressionsmodell gerechnet. Die Rehabilitationszentren wurden dummykodiert und bildeten mit der dichotomen Variable zum Vorliegen einer BBPL und den Interaktionstermen von Rehabilitationszentrum und BBPL die unabhängigen Variablen in diesem Modell. Als Effektmaße wurden Odds Ratios geschätzt. Diese bildeten ab, wie viel höher die Chance einer Person mit BBPL im Vergleich zu einer Person ohne BBPL war, eine MBOR zu erhalten, wobei ein Odds Ratio größer als 1 einer höheren Chance für Personen mit einer BBPL entsprach. Unterschiede von MBOR und MR in Bezug auf erwerbsbezogene Einschränkungen der Funktionsfähigkeit (Arbeitsunfähigkeitsdauer, Work Ability Index, subjektive Prognose der Erwerbsfähigkeit, Spinal Function Sort) wurden mittels linearer Regression modelliert. Die dummykodierten Rehabilitationszentren, die dichotome Variable zum Vorliegen einer BBPL und die Interaktionsterme von Rehabilitationszentrum und BBPL bildeten die unabhängigen Variablen. Anschließend wurden kombinierte Parameterschätzer berechnet, um den mittleren Unterschied zwischen MBOR und MR zu bestimmen und Verfahren mit bzw. ohne Screeningeinsatz und Verfahren mit primärer Klinik- bzw. Trägersteuerungsverantwortung zu vergleichen. Teststatistiken wurden als signifikant gewertet, wenn die zweiseitige Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als 5 % war. Alle dargestellten Analysen wurden mit STATA 11.2 gerechnet.

Ergebnisse



Stichprobe Zwischen März und September 2011 wurden in den 6 berücksichtigten Rehabilitationszentren 627 Personen rekrutiert. Bei 3 dieser 6 Zentren lag die primäre Steuerungsverantwortung beim Träger. Die anderen 3 Zentren steuerten den Zugang in die MBOR ohne Unterstützung des Trägers. Der Zugang in die MBOR wurde viermal durch ein Screening unterstützt. Zur Anwendung kamen der SIBAR [25], das Würzburger Screening [6] sowie der SIMBO-C [20]. 2-mal wurde auf ein Screening verzichtet. Nach Ausschluss von Personen mit nicht zutreffenden Einschlussdiagnosen (n = 91) und Anschlussheilbehandlungen (n = 16), nicht regulär entlassenen Personen (n = 9), Hausmännern bzw. Hausfrauen und Personen mit aktuellem Rentenbezug (n = 8) umfasste die Analysestichprobe zu Rehabilitationsbeginn 503 Personen (kleinste/mittlere/größte Einrichtungsstichprobegröße: n = 31/84/105). Von diesen wurden 264 in der MBOR und 239 in der MR behandelt. Das mittlere Alter der teilnehmenden Personen betrug 49,9 Jahre (SD = 8,1). 46,7 % waren weiblich. Voll erwerbstätig waren 76,1 % der Stichprobe. Der Arbeitslosenanteil lag bei 9,1 %. Von den derzeitig erwerbstätigen Personen wa▶ Tab. 1). ren 45,8 % Angestellte und 52,5 % Arbeiter (● Für 38,6 % der Personen traf einer der von Radoschewski et al. [19] vorgeschlagenen Indikatoren einer BBPL zu. Personen mit bzw. ohne BBPL deckten sich weitgehend mit denen, für die durch die Algorithmen des SIMBO-C (κ = 0,67; 95 %-KI: 0,58 bis 0,76; Übereinstimmung: 84,5 %) und des Würzburger Screenings (κ = 0,46; 95 %-KI: 0,37 bis 0,55; Übereinstimmung: 74,8 %) Bedarf an MBOR nahegelegt wurde.

Behandlungszugang und besondere berufliche Problemlage Chance von Personen mit und ohne BBPL auf Zugang in die MBOR ▶ Tab. 2 dargestellten Odds Ratios und dazugehörigen Die in ● Konfidenzintervalle (KI) verdeutlichen, inwiefern Personen mit BBPL eine höhere Chance auf Zuweisung in die MBOR hatten. Im Klinikmittel hatten Personen mit BBPL eine etwa 4-mal höhere Chance auf eine MBOR als Personen ohne BBPL. Im Klinikmittel war die Chance auf einen Zugang in die MBOR bei einem Screeningeinsatz für Personen mit BBPL rund fünfmal höher als für Personen ohne BBPL. Bei einem Screeningverzicht war diese Chance nur etwa doppelt so hoch. Die Chance auf einen Zugang zur MBOR beim Vorliegen einer BBPL war bei primärer Klinikund Trägersteuerungsverantwortung vergleichbar.

Behandlungszugang und erwerbsbezogene Aktivität Aktuelle Arbeitsunfähigkeitsdauer Über alle Kliniken hinweg berichteten Personen in der MBOR rund 7,6 Wochen (95 %-KI: 5,0 bis 10,3) längere aktuelle Arbeitsunfähigkeit als Personen in der MR (MBOR: 10,9 Wochen; 95 %-KI: 8,9 bis 12,9; MR: 3,3 Wochen; 95 %-KI: 1,5 bis 5,0). Die mittlere Mittelwertdifferenz zwischen MBOR und MR lag bei einem screeninggestützten Zugang bei 10,9 Wochen (95 %-KI: 7,5 bis 14,4). Bei einem screeningunabhängigen Zugang war der Unterschied nicht signifikant und betrug lediglich 0,9 Wochen (95 %-KI: − 3,1 bis 4,9). Der Einsatz eines Screenings verbesserte die Unterscheidbarkeit von MBOR und MR folglich um 10 Wochen (95 %-KI: 4,7 bis 15,3). Die mittleren Mittelwertdifferenzen bei primärer Klinik- und Trägersteuerungsverantwortung waren vergleichbar und betrugen bei Kliniksteuerung 7,1 Wochen

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zu können [21]. Erhoben werden u. a. die selbsteingeschätzte Arbeitsfähigkeit im Vergleich zur besten je erreichten Arbeitsfähigkeit, die Dauer krankheitsbedingter Fehlzeiten im vergangenen Jahr und die subjektive Prognose, ob die derzeitige Arbeit auch in 2 Jahren noch ausgeübt werden kann. Der Gesamtwert umfasst einen Wertebereich von 7 bis 49. Höhere Werte entsprechen einer besseren Arbeitsbewältigung. Subjektive Prognose der Erwerbsfähigkeit. Die Skala zur subjektiven Prognose der Erwerbsfähigkeit berücksichtigt 3 Items, die die Aussicht, die Berufstätigkeit bis zum Renteneintrittsalter ausüben zu können, die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und eine mögliche Rentenantragsabsicht erfassen [22]. Die Einzelwerte werden zu einem Summenwert mit Werten von 0 bis 3 zusammengefasst. Höhere Werte repräsentieren eine höhere Gefährdung der Erwerbsfähigkeit. Spinal Function Sort. Die Selbsteinschätzung der körperlichen Fähigkeiten wurde mit dem Spinal Function Sort erfasst [23]. Das Instrument ermöglicht die subjektive Einschätzung, inwiefern berufsrelevante und alltägliche körperliche Anforderungen, die Rücken und Wirbelsäule beanspruchen, bewältigt werden können. Der Gesamtindex umfasst Werte von 0 bis 200, wobei höhere Werte einer höheren körperlichen Leistungsfähigkeit entsprechen. Soziodemografie. Alter, Geschlecht, Erwerbsstatus und berufliche Stellung wurden entsprechend der Vorschläge zum soziodemografischen Kerndatensatz in der rehabilitationswissenschaftlichen Forschung erhoben [24].

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Tab. 1 Stichprobenmerkmale. MW (SD) oder %

Soziodemografie Alter, MW (SD), n = 503 Geschlecht, n = 503 % weiblich % männlich Erwerbstätigkeit, n = 503 % Vollzeit % Teilzeit % arbeitslos berufliche Stellung*, n = 448 % Arbeiter % Angestellte % sonstige Besondere berufliche Problemlage BBPL [19], %, n = 503 % nur mindestens 3-monatige AUD % nur LV unter 6 h % nur arbeitslos % mehrere Indikatoren BBPL: SIMBO-C (mind. 30 Punkte), %, n = 485 BBPL: Würzburger Screening, %, n = 448 Erwerbsbezogene Aktivität aktuelle AUD in Wochen, MW (SD), n = 499 Work Ability Index*, MW (SD), n = 417 % schlecht (7–27) % mittelmäßig (28–36) % gut (37–43) % sehr gut (44–49) SPE-Skala, MW (SD), n = 481 Spinal Function Sort, MW (SD), n = 503

49,9 (8,1) 46,7 53,3

Subjektive Prognose der Erwerbsfähigkeit Über alle Kliniken hinweg berichteten Personen in der MBOR eine um 0,4 Skalenpunkte (95 %-KI: 0,2 bis 0,6) höhere subjektive Gefährdung der Erwerbsfähigkeit als Personen in der MR (MBOR: 1,5 Punkte; 95 %-KI: 1,4 bis 1,7; MR: 1,1 Punkte; 95 %-KI: 1,0 bis 1,2). Die mittlere Mittelwertdifferenz zwischen MBOR und MR lag bei einem screeninggestützten Zugang bei 0,6 Skalenpunkten (95 %-KI: 0,3 bis 0,8). Bei einem screeningunabhängigen Zugang war der Unterschied nicht signifikant und betrug 0,1 Punkte (95 %-KI: − 0,2 bis 0,4). Der Einsatz eines Screenings verbesserte die Unterscheidbarkeit von MBOR und MR folglich um 0,5 Skalenpunkte (95 %-KI: 0,1 bis 0,9). Die mittleren Mittelwertdifferenzen bei primärer Klinik- und Trägersteuerungsverantwortung waren vergleichbar und betrugen bei Kliniksteuerung 0,5 Skalenpunkte (95 %-KI: 0,1 bis 0,8) und bei Trägersteu▶ Abb. 3). erung 0,4 Skalenpunkte (95 %-KI: 0,2 bis 0,6) (●

76,1 14,7 9,1 52,5 45,8 1,8 38,6 18,3 5,0 3,2 12,1 35,7 31,0 7,5 (14,1) 28,1 (7,3) 42,2 45,6 12,0 0,2 1,3 (1,0) 113,9 (42,7)

Spinal Function Sort

MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung; BBPL = besondere berufliche Problemlage; AUD = Arbeitsunfähigkeitsdauer im Jahr vor der Rehabilitation; LV = Leistungsvermögen in der letzten beruflichen Tätigkeit laut ärztlichem Entlassungsbericht; SIMBO-C = Screeninginstrument zur Feststellung des Bedarfs an medizinischberuflich orientierten Maßnahmen in der medizinischen Rehabilitation – chronische Erkrankungen; * nur erwerbstätige Personen

Tab. 2 Chance auf Zuweisung zur MBOR beim Vorliegen einer BBPL.

Gesamt Screeningeinsatz Screeningverzicht Kliniksteuerung Trägersteuerung

n

OR

95 %-KI

503 331 172 213 290

3,9 5,2 2,2 4,2 3,6

(2,5; 6,2) (2,9; 9,1) (1,0; 4,9) (2,0; 8,9) (2,2; 6,1)

p < 0,001 < 0,001 0,046 < 0,001 < 0,001

n = 503; OR = Odds Ratio; KI = Konfidenzintervall; Odds Ratios entsprechen dem ungewichteten Klinikmittel; Screeningeinsatz vs. Screeningverzicht: p = 0,088; Klinik vs. Träger: p = 0,755

(95 %-KI: 2,8 bis 11,4) und bei Trägersteuerung 8,1 Wochen ▶ Abb. 1). (95 %-KI: 5,0 bis 11,2) (●

Work Ability Index Über alle Kliniken hinweg hatten Personen in der MBOR um 4,4 Skalenpunkte (95 %-KI: − 5,9 bis − 3,0) geringere Werte auf dem Work Ability Index als Personen in der MR (MBOR: 25,9 Punkte; 95 %-KI: 24,7–27,0; MR: 30,3 Punkte; 95 %-KI: 29,3 bis 31,3). Die mittlere Mittelwertdifferenz zwischen MBOR und MR lag bei einem screeninggestützten Zugang bei 5,4 Skalenpunkten (95 %-KI: − 7,3 bis − 3,4). Bei einem screeningunabhängigen Zugang war der Unterschied geringer und betrug lediglich 2,6 Punkte (95 %-KI: − 4,9 bis − 0,4). Der Einsatz eines Screenings

Über alle Kliniken hinweg berichteten Personen in der MBOR eine um 16,6 Skalenpunkte (95 %-KI: − 24,7 bis − 8,4) schlechtere Leistungsfähigkeit als Personen in der MR (MBOR: 107,2 Punkte; 95 %-KI: 101,1 bis 113,4; MR: 123,8 Punkte; 95 %-KI: 118,4 bis 129,2). Die mittlere Mittelwertdifferenz zwischen MBOR und MR lag bei einem screeninggestützten Zugang bei 22,9 Skalenpunkten (95 %-KI: − 33,5 bis − 12,3). Bei einem screeningunabhängigen Zugang war der Unterschied zwischen MBOR und MR nicht signifikant: Personen in der MBOR hatten lediglich eine um 3,9 Skalenpunkte schlechtere Leistungsfähigkeit (95 %-KI: − 16,3 bis 8,5). Beim Einsatz eines Screenings war die Unterscheidbarkeit von MBOR und MR folglich um 19 Skalenpunkte (95 %-KI: − 35,3 bis − 2,7) besser. Die mittleren Mittelwertdifferenzen bei primärer Klinik- und Trägersteuerungsverantwortung waren vergleichbar und betrugen bei Kliniksteuerung 17,1 Skalenpunkte (95 %-KI: − 30,4 bis − 3,8) und bei Trägersteuerung 16,1 Skalenpunkte (95 %-KI: − 25,6 bis − 6,5) ▶ Abb. 4). (●

Diskussion



Deutliche Unterschiede zwischen MBOR und MR hinsichtlich besonderer beruflicher Problemlagen konnten nur dann bestätigt werden, wenn ein Screening die Auswahl der Rehabilitanden für die MBOR unterstützte. Die durch die Rehabilitationsträger gesteuerte Zuweisung führte zu einer vergleichbar guten Differenzierung von MBOR und MR wie die, die durch die Kliniken realisiert wurde. Ein nach dem Grad der Aktivitäts- und Teilhabebeeinträchtigung gestuftes Angebot medizinischer Rehabilitationsleistungen ist auf eine begründete und bedarfsbezogene Zuweisung angewiesen [26]. Aktuelle Studien, wie auch die unsrige, legen nahe, dass Zuweisungsentscheidungen dann mangelnde Passung mit den intendierten Programmzielen haben, wenn die zuweisenden Personen nur über unzureichende Informationen verfügen, um Patienten entsprechend der Programmziele auszuwählen. Da

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Merkmal

verbesserte die Unterscheidbarkeit von MBOR und MR folglich um 2,8 Skalenpunkte (95 %-KI: − 5,7 bis 0,2). Die mittleren Mittelwertdifferenzen bei primärer Klinik- und Trägersteuerungsverantwortung waren vergleichbar und betrugen bei Kliniksteuerung 4,1 Skalenpunkte (95 %-KI: –6,5 bis –1,7) und bei Träger▶ Abb. 2). steuerung 4,8 Skalenpunkte (95 %-KI: − 6,5 bis − 3,0) (●

Originalarbeit 53

Abb. 1 Mittelwertdifferenz MBOR vs. MR für die aktuelle Arbeitsunfähigkeitsdauer.

Gesamt (n= 499) Screeningeinsatz (n= 328) Screeningverzicht (n= 171) Kliniksteuerung (n= 209) Trägersteuerung (n= 290)

–10 Kürzere AUD MBORD

0

10 Längere AUD MBOR

20

Anm.: n= 499; AUD= Arbeitsunfähigkeitsdauer in Wochen; MBOR = medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation; Screeningeinsatz vs. Screeningverzicht: p< 0,001; Klinik vs. Träger: p= 0,707

Abb. 2 Mittelwertdifferenz MBOR vs. MR auf dem Work Ability Index.

Gesamt (n= 417) Screeningeinsatz (n= 270) Screeningverzicht (n= 147) Kliniksteuerung (n= 177) Trägersteuerung (n= 240)

–10

–5 Geringerer WAI MBOR

0

5 Höherer WAI MBOR

10

Anm.: n= 417; WAI= Work Ability Index; MBOR = medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation; Screeningeinsatz vs. Screeningverzicht: p=0,068; Klinik vs. Träger: p=0,660

Abb. 3 Mittelwertdifferenz MBOR vs. MR auf der Skala zur subjektiven Prognose der Erwerbsfähigkeit.

Gesamt (n= 481) Screeningeinsatz (n= 318) Screeningverzicht (n= 163) Kliniksteuerung (n= 199) Trägersteuerung (n= 282)

–2

–1 Geringere Gefährdung MBOR

0

1 Höhere Gefährdung MBOR

2

Anm.: n= 481; MBOR = medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation; Screeningeinsatz vs. Screeningverzicht: p= 0,013; Klinik vs. Träger: p= 0,789

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–20

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Abb. 4 Mittelwertdifferenz MBOR vs. MR auf dem Spinal Function Sort.

Gesamt (n= 503) Screeningeinsatz (n= 331) Screeningverzicht (n= 172) Kliniksteuerung (n= 213) Trägersteuerung (n= 290)

–30 Schlechtere Leistungsfähigkeit MBOR

0

30 Bessere Leistungsfähigkeit MBOR

60

Anm.: n= 503; MBOR = medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation; Screeningeinsatz vs. Screeningverzicht: p = 0,023; Klinik vs. Träger: p = 0,904

dennoch Handlungsnotwendigkeit besteht, werden dann Entscheidungsalgorithmen angewendet, die mit Blick auf die intendierten Programmziele weniger gut geeignet sind. Schwarz et al. [27] konnten zeigen, dass die Vorabzuweisung zur verhaltensmedizinisch orthopädischen Rehabilitation ausschließlich aufgrund der ärztlichen Befundberichte und Selbstauskunftsbogen durch den ärztlichen Dienst der Rentenversicherung nur geringe Konkordanz mit einer späteren klinischen Bewertung der Behandlungsindikation hatte. Eine aktuelle finnische Studie [28] zum Zugang in die medizinische Rehabilitation legt nahe, dass in Finnland die eigentlich für medizinische Rehabilitationsleistungen intendierte Risikopopulation nicht erreicht wird. Zahlreiche Faktoren, deren prognostische Bedeutung für spätere Erwerbsminderungsrenten gut belegt ist, waren für den Zugang zur Rehabilitation nicht prädiktiv. Stattdessen hatten Personen mit weniger Verhaltensrisiken und günstigeren Arbeitsbedingungen höhere Chancen einer Rehabilitationsinanspruchnahme. Auch andere Studien zeigen, dass sich Zuweisungsentscheidungen kaum durch Personenmerkmale erklären lassen, die für die Auswahl herangezogen werden sollten, Entscheidungsprozesse also vermutlich überwiegend durch darüber hinausgehende subjektive Präferenzen der entscheidenden Personen bedingt sind [29]. Oftmals orientieren sich Entscheidungen in diesem Zusammenhang eher an dem zu erwartenden absoluten Ergebnis als an den zu erwartenden Veränderungen. Dies führt zu einer Auswahl der Fähigsten, ein Prozess, der im Englischen als „creaming“ bezeichnet wird [29, 30]. Verschiedene Autoren haben daher auf die Möglichkeiten statistischer Algorithmen verwiesen, um Zuweisungsentscheidungen zu unterstützen [29, 31]. Langfristig könnte dies auch zu einer Harmonisierung der von den entscheidenden Personen implizit verfolgten Bedarfsdefinitionen beitragen. Dafür spricht auch, dass viele Rehabilitationsleitlinien valide Screeninginstrumente zur routinemäßigen Anwendung empfehlen, um Personen mit besonderem Behandlungsbedarf möglichst frühzeitig zu erkennen [16]. Aktuelle Befunde zeigen allerdings, dass die alleinige Bereitstellung zusätzlicher Informationen noch nicht dazu führt, dass sich Entscheidungsprozesse auch verändern [31].

Ungeachtet der weitgehenden Konsistenz mit vorliegenden Befunden sind unsere Ergebnisse vor dem Hintergrund folgender methodischer Begrenzungen zu sehen. Erstens wurden im Rekrutierungsprozess keine Informationen über diejenigen Personen erhoben, die die Studienteilnahme ablehnten, sodass ein möglicher Selektionsbias nicht ausgeschlossen werden kann. Zweitens wurden die Rehabilitationseinrichtungen und Rentenversicherungsträger nicht zufällig ausgewählt, sondern repräsentieren wichtige Institutionen, die in den vergangenen Jahren die Entwicklung der MBOR geprägt haben. Wir gehen jedoch davon aus, dass dies unsere Ergebnisse bezüglich der Bedeutung des Screeningeinsatzes kaum beeinflusst hat, da ohne Unterstützung durch Screeninginstrumente offenbar auch trotz langjähriger Erfahrung der Träger und Kliniken keine an besonderen beruflichen Problemlagen orientierte Zuweisung zur MBOR bzw. MR realisiert wurde. Drittens berücksichtigten die Analysen überwiegend mittels Fragebogen erfasste Einschränkungen. Eine Validierung dieser Ergebnisse auf Grundlage einer anforderungsorientierten Diagnostik, z. B. einer standardisierten Evaluation funktioneller Leistungsfähigkeit [32], hätte die Bewertung der Zugangsqualität weiter präzisieren können. Viertens hatten die Kliniken trotz Trägersteuerung die Möglichkeit, die ursprüngliche Zuweisung zu ändern. Diese wurde in wenigen Fällen genutzt, allerdings liegen uns dazu keine vollständigen Daten vor. Fünftens berücksichtigte die Studie ausschließlich Rehabilitanden mit rückenbezogenen Diagnosen, das AP zur Durchführung der MBOR rekurriert aber auf alle somatischen und psychosomatischen Indikationen3. Diesen Limitationen stehen folgende Stärken gegenüber. Erstens wurden die erwerbsbezogenen Aktivitäts- und Partizipationsbeeinträchtigungen mit validen und reliablen Assessments überprüft. Zweitens konnte unsere Studie im Vergleich zu früheren rehabilitationswissenschaftlichen Studien zum Rehabilitationszugang eine hinreichend große Stichprobe rekrutieren. Drittens folgte unsere Studie einem multizentrischen Ansatz, der den Vergleich unterschiedlicher Zugangsmodalitäten zuließ.

3

Ausgeschlossen sind lediglich Abhängigkeitserkrankungen.

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Unter Berücksichtigung der beschriebenen Stärken und Schwächen gehen wir davon aus, dass screeninggestützte Entscheidungen über den Zugang zur MBOR eine stärkere Deckung mit den im AP differenzierten Bedarfslagen ermöglichen. Gut begründete Zugangsentscheidungen können so bereits beim Rehabilitationsträger getroffen werden. Insofern ist eine screeninggestützte Zuweisung durch die Rentenversicherungsträger vor allem dann eine sinnvolle Perspektive, wenn die zukünftige Versorgungsstrategie eine flächendeckende Etablierung von Schwerpunkteinrichtungen zur Durchführung der MBOR zum Ziel hat.

Kernbotschaft Nur beim Einsatz eines Screenings bildeten die Entscheidungen für bzw. gegen die MBOR die im AP differenzierten Bedarfslagen gut ab. Wird bereits im Antragsverfahren ein Screening verwendet, können Entscheidungen über die Zuweisung in die MBOR bzw. MR zukünftig bereits beim Rehabilitationsträger getroffen werden.

Interessenkonflikt: Die Studie zur formativen Evaluation der modellhaften Umsetzung des MBOR-Anforderungsprofils wurde durch die Deutsche Rentenversicherung Bund in Auftrag gegeben. Die Arbeitsgruppen aus Würzburg und Hannover haben im Studienzeitraum weitere Drittmittel für durch die Deutsche Rentenversicherung Bund geförderte Forschungsvorhaben erhalten. Die Koordinierungsstelle Angewandte Rehabilitationsforschung in der Klinik für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover wird durch die Deutsche Rentenversicherung Braunschweig-Hannover gefördert. Literatur 1 Parent-Thirion A, Macías EF, Hurley H et al. Fourth European Working Conditions Survey. Luxembourg: Office for Official Publications of the European Communities; 2007 2 Wenig CM, Schmidt CO, Kohlmann T et al. Costs of back pain in Germany. Eur J Pain 2009; 13: 280–286 3 Meyer M, Weirauch H, Weber F. Krankheitsbedingte Fehlzeiten in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2011. In: Badura B, Ducki A, Schröder H et al., Hrsg. Fehlzeiten-Report 2012. Berlin, Heidelberg: Springer; 2012: 291–467 4 Deutsche Rentenversicherung Bund. Rentenzugang 2011. Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Band 188. Berlin: DRV Bund; 2012 5 Mau M, Merkesdal S, Busche T et al. Prognose der sozialmedizinischen Entwicklung ein Jahr nach teilstationärer oder stationärer Rehabilitation wegen Dorsopathie. Rehabilitation 2002; 41: 160–166 6 Löffler S, Wolf HD, Gerlich C et al. Entwicklung und Validierung eines generischen Screening-Instruments zur Identifikation von beruflichen Problemlagen und des Bedarfs an berufsorientierten und beruflichen Leistungen. Abschlussbericht. Würzburg: Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg; 2007 7 Bürger W, Dietsche S, Morfeld M et al. Multiperspektivische Einschätzungen zur Wahrscheinlichkeit der Wiedereingliederung von Patienten ins Erwerbsleben nach orthopädischer Rehabilitation – Ergebnisse und prognostische Relevanz. Rehabilitation 2001; 40: 217–225 8 Müller-Fahrnow W, Radoschewski FM. Grundlagen. In: Hillert A, Müller-Fahrnow W, Radoschewski FM, Hrsg. Medizinisch-beruflich orientierte Rehabilitation. Grundlagen und klinische Praxis. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag; 2009: 1–14 9 Bethge M. Erfolgsfaktoren medizinisch-beruflich orientierter orthopädischer Rehabilitation. Rehabilitation 2011; 50: 145–151 10 Gatchel RJ, Mayer TG. Evidence-informed management of chronic low back pain with functional restoration. Spine J 2008; 8: 65–69 11 Schaafsma F, Schonstein E, Whelan KM et al. Physical conditioning programs for improving work outcomes in workers with back pain. Cochrane Database Syst Rev 2010; (1): CD001822 12 Bethge M, Herbold D, Trowitzsch L et al. Work status and health-related quality of life following multimodal work hardening: A cluster randomised trial. J Back Musculoskelet Rehabil 2011; 24: 161–172

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Originalarbeit 55

[Specific work-related problems: do they matter in access to work-related medical rehabilitation?].

The study determined if need for rehabilitation in work-related medical rehabilitation (WMR) is more frequently characterised by specific work-related...
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