Internist DOI 10.1007/s00108-016-0021-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 Redaktion H. Lehnert, Lübeck E. Märker-Hermann, Wiesbaden J. Meyer, Mainz J. Mössner, Leipzig (Schriftleitung) A. Neubauer, Marburg

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CME Zertifizierte Fortbildung P. Reichardt Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg, Klinik für Interdisziplinäre Onkologie, HELIOS Klinikum BerlinBuch, Berlin, Deutschland

Weichteilsarkome und gastrointestinale Stromatumoren

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Zusammenfassung Weichteilsarkome sind seltene Tumoren, die durch ihr vielgestaltiges klinisches Erscheinungsbild und die meist interdisziplinäre Therapiestrategie eine besondere Herausforderung darstellen. Goldstandard für die Behandlung von primär resektablen Weichteilsarkomen ist die Resektion im Gesunden. Bei metastasierten Weichteilsarkomen ist die systemische Therapie von entscheidender Bedeutung. Die wirksamsten Einzelsubstanzen sind Anthrazykline und Ifosfamid. Mit einer Kombinationstherapie werden meist höhere Ansprechraten erreicht, allerdings auf Kosten der Toxizität. Bei fortgeschrittenen oder metastasierten gastrointestinalen Stromatumoren ist Imatinib in einer Dosierung von 400 mg/Tag der Goldstandard. Bei Mutation im KIT-Exon 9 sollte eine Tagesdosis von 800 mg eingesetzt werden. Nach Versagen von Imatinib wird die Therapie mit Sunitinib fortgesetzt. Für die Drittlinientherapie steht mit Regorafenib eine wirksame Behandlung zur Verfügung.

Schlüsselwörter Systemische Chemotherapie · Molekular zielgerichtete Therapie · Adjuvante Chemotherapie · Anthrazykline · Imatinib

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CME Lernziele Nach der Lektüre dieses Beitrags ... 4 kennen Sie das diagnostische Vorgehen bei Weichteilsarkomen. 4 verstehen Sie den interdisziplinären Therapieansatz bei Weichteilsarkomen. 4 kennen Sie die Optionen für die systemische Therapie bei fortgeschrittenen Weichteilsarkomen. 4 kennen Sie den therapeutischen Algorithmus bei gastrointestinalen Stromatumoren. 4 verstehen Sie die Notwendigkeit einer Mutationsanalyse bei gastrointestinalen Stromatumoren.

Weichteilsarkome Grundlagen

Weichteilsarkome zeigen mit Ausnahme der Uterussarkome keine Geschlechtsprädisposition

Weichteilsarkome sind eine inhomogene Gruppe seltener Tumoren, die aus mesodermalem oder ektodermalem Gewebe entstehen. Sie stellen aufgrund ihres außerordentlich vielfältigen Erscheinungsbilds eine klinische Herausforderung dar. Die optimale Behandlung erfordert meist multimodale Behandlungskonzepte, weshalb die europäischen Leitlinien die Behandlung in einem Sarkomzentrum empfehlen. Die Inzidenz liegt bei 4–5/100.000/Jahr. Dies entspricht etwa 1 % aller Tumoren im Erwachsenenalter. Weichteilsarkome zeigen mit Ausnahme der Uterussarkome keine Geschlechtsprädisposition und kommen in allen Altersstufen vor, im Erwachsenenalter bevorzugt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Klinik

Die Lunge ist mit bis zu 70 % aller Fälle der bevorzugte Ort einer Metastase

Weichteilsarkome können in jeder Lokalisation vorkommen. Sie treten als anfangs meist schmerzlose Schwellung in Erscheinung und werden deshalb häufig lange Zeit verkannt (. Abb. 1). Eine weitergehende Abklärung erfolgt oft erst bei Auftreten von Folgeerscheinungen wie der Verdrängung oder Infiltration benachbarter Organe oder progredienten Schmerzen. Im Abdomen oder Retroperitoneum werden Weichteilsarkome meist erst sehr spät diagnostiziert. Bei etwa 10 % der Patienten liegen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose Metastasen vor. Die Lunge ist mit bis zu 70 % aller Fälle der bevorzugte Ort einer Metastasierung. Mit Abstand folgen Leber- und Knochenmetastasen. Lymphknotenmetastasen sind außerordentlich selten. Eine Ausnahme hiervon besteht nur bei Rhabdomyosarkomen, Synovialsarkomen und epitheloiden Sarkomen.

Soft tissue sarcomas and gastrointestinal stromal tumors Abstract Soft tissue sarcomas are rare tumors that represent a major challenge due to varying clinical presentations and often interdisciplinary treatment concepts. Gold standard for the treatment of localized resectable soft tissue sarcomas is complete surgical removal. In metastatic soft tissue sarcoma, systemic therapy is the treatment of choice. The most active drugs are anthracyclines and ifosfamide. Combination chemotherapy has improved both response rate and progression-free survival at the cost of increased toxicity. Imatinib at a dose of 400 mg/day is the gold standard for patients with advanced or metastatic gastrointestinal stromal tumors (GIST). In patients with a mutation in KIT exon 9, 800 mg/day is the recommended dose. In imatinib refractory or intolerant patients, sunitinib is recommended. Regorafenib has been approved for third-line therapy.

Keywords Chemotherapy, systemic · Molecular targeted therapy · Chemotherapy, adjuvant · Anthracyclines · Imatinib

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CME

Abb. 1 8 Pleomorphes Weichteilsarkom G3 am linken Oberschenkel (Magnetresonanztomogramm)

Bei 40–60 % der Patienten mit einem tief lokalisierten und > 5 cm großen hochgradigen Tumor (Stadium III) ist trotz lokaler Tumorkontrolle mit der Entwicklung von Metastasen zu rechnen.

Histologische Klassifikation und Grading Der Sammelbegriff Weichteilsarkome umfasst ein breites Spektrum histologischer Subtypen, die sich hinsichtlich ihres biologischen Verhaltens, ihrer Prognose und ihres Ansprechens auf verschiedene Therapieverfahren teilweise unterscheiden. Aufgrund der Seltenheit und der Komplexität sollte grundsätzlich eine referenzpathologische Beurteilung erfolgen. Die häufigsten Typen sind gastrointestinale Stromatumoren (GIST), Leiomyosarkome, Liposarkome und undifferenzierte pleomorphe Sarkome (. Tab. 1). Von entscheidender Bedeutung für Prognose und Therapieplanung ist das histologische Grading von G1 bis G3, das die Aggressivität des Tumors klassifiziert (. Tab. 2).

Aufgrund der Seltenheit und Komplexität der Weichteilsarkome sollte eine referenzpathologische Beurteilung erfolgen

Stadieneinteilung Für die Stadieneinteilung wird das TNM-System der Union for International Cancer Control (UICC) verwendet, wobei neben der Primärtumorgröße, dem Befall regionärer Lymphknoten und dem Vorhandensein von Fernmetastasen insbesondere auch das histologische Grading einbezogen wird.

Prognose Etwa die Hälfte aller Patienten mit einem Weichteilsarkom verstirbt innerhalb von 5 Jahren, meist an Metastasen. Die stadienadaptierten 5-Jahres-Überlebensraten betragen 80–90 % im Stadium I, 65–75 % im Stadium II, 45–55 % im Stadium III und 10 % im Stadium IV. Die mediane Überlebenszeit ab dem Zeitpunkt der Diagnose von Metastasen liegt bei 12–18 Monaten.

Die mediane Überlebenszeit ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung von Metastasen liegt bei 12–18 Monaten

Der Internist

CME Tab. 1 Typ

Häufigkeitsverteilung der wichtigsten Weichteilsarkome. (Nach [1]) Häufigkeit

Gastrointestinale Stromatumoren

20–25 %

Leiomyosarkome

15–20 %

Liposarkome

15–20 %

Undifferenzierte pleomorphe Sarkome

10–15 %

Tab. 2 Stadieneinteilung der Weichteilsarkome [2] Stadium Grading Tumorgröße Befall ≤ 5 cm

Regionärer Lymphknoten

Fernmetastasen

N0, NX

M0

IA

Niedrig Niedrig

≤ 5 cm

Tief

N0, NX

M0

IB

Niedrig

> 5 cm

Oberflächlich

N0, NX

M0

Niedrig

> 5 cm

Tief

N0, NX

M0

Hoch

≤ 5 cm

Oberflächlich

N0, NX

M0

Hoch

≤ 5 cm

Tief

N0, NX

M0

IIB

Hoch

> 5 cm

Oberflächlich

N0, NX

M0

III IV

Hoch

> 5 cm

Tief

N0, NX

M0

Jedes G

Jedes T

N1

M0

Jedes G

Jedes T

Jedes N

M1

IIA

Oberflächlich

Diagnostik Die Magnetresonanztomographie ist bei Verdacht auf ein Weichteilsarkom die bildgebende Methode der Wahl Nach Bestätigung eines Weichteilsarkoms wird mithilfe einer Spiral-CT des Thorax nach Lungenmetastasen gesucht

Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen eines Weichteilsarkoms muss zunächst eine lokale Bildgebung durchgeführt werden. Die Magnetresonanztomographie ist hierbei die Methode der Wahl. Der Computertomographie (CT) sowie der Sonographie ist sie an Aussagekraft überlegen. Bei Verdacht auf eine ossäre Beteiligung ist eine Röntgenuntersuchung erforderlich. Erst anschließend erfolgt die histologische Sicherung mithilfe multipler Stanzbiopsien („core needle biopsy“) oder einer Inzisionsbiopsie. Wichtig ist, dass bereits bei der Biopsie der später erforderliche operative Zugangsweg berücksichtigt wird; Drainagen werden im Schnittverlauf ausgeleitet. Nach Bestätigung der Diagnose eines Weichteilsarkoms erfolgt eine Spiral-CT des Thorax, um eventuell vorhandene Lungenmetastasen nachzuweisen. Nach Vorliegen aller Befunde erfolgt eine interdisziplinäre Therapieplanung.

Chirurgische Therapie Die Primärbehandlung lokalisierter Weichteilsarkome ist die radikale chirurgische Entfernung im Gesunden nach histologischer Sicherung. Marginale Resektionen führen in bis zu 90 % der Fälle zu einem Lokalrezidiv und sind deshalb inakzeptabel. Bei unzureichender Radikalität einer Voroperation muss deshalb – soweit möglich eine Nachresektion erfolgen. Lokalrezidive sind grundsätzlich radikal zu entfernen.

Strahlentherapie Eine postoperative Strahlentherapie senkt signifikant das Risiko eines Lokalrezidivs

Der Internist

Nach operativer Entfernung eines Weichteilsarkoms ist in der Regel eine Nachbestrahlung indiziert. Diese senkt signifikant das Risiko eines Lokalrezidivs, hat allerdings keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben. Erforderlich ist der Einsatz ausreichend hoher Dosen von 50–60 Gy in Fraktionen von 1,8–2 Gy, ggf. mit Boost bis 66 Gy. Alternativ kann eine präoperative Strahlentherapie durchgeführt werden, meist mit 50 Gy. Dies hat den Vorteil, dass das Umgebungsgewebe besser geschont wird. Ein Verzicht auf eine postoperative Strahlentherapie ist nach radikaler Tumorresektion (Amputation bzw. Kompartment-Resektion) mit ausreichendem Sicherheitssaum und nach lokal weiter Resektion von Tumoren im Stadium IA möglich.

CME Chemotherapie Bei der Wahl der Therapie sind der histologische Subtyp und das Grading, der Allgemeinzustand, das Alter und eventuell vorhandene Begleiterkrankungen sowie das Behandlungsziel zu beachten. Die wirksamsten Substanzen sind die Anthrazykline Doxorubicin und Epirubicin sowie Ifosfamid mit Remissionsraten von 18–29 % in der Erstlinientherapie. Angiosarkome sprechen in besonderem Maße auf Paclitaxel an, obwohl die Substanz bei Weichteilsarkomen im Allgemeinen unwirksam ist [3].

Die wirksamsten Substanzen sind die Anthrazykline Doxorubicin und Epirubicin sowie Ifosfamid

Adjuvante Chemotherapie Aufgrund derdivergierendenErgebnisse und meistkleinenFallzahlenwurde 1997 eine Metaanalyse aller bis dahin publizierten 14 Studien durchgeführt. Für das lokale rückfallfreie Überleben, das metastasenfreie Überleben und das rückfallfreie Gesamtüberleben ergab sich eine signifikante Verbesserung durch die Chemotherapie mit einem absoluten Vorteil von 6–10 %. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens zeigte sich ein nicht signifikanter absoluter Nutzen von 4 % nach 10 Jahren. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich für die Subgruppe der Patienten mit Extremitätensarkomen ein signifikanter Vorteil auch in Bezug auf das Gesamtüberleben ergab [4]. Nach Abschluss und Publikation von 4 weiteren randomisierten Studien zur adjuvanten Chemotherapie, in denen man aufgrund von positiven Daten bei der Behandlung von fortgeschrittenen Weichteilsarkomen im Erwachsenenalter ifosfamidhaltige Kombinationen verwendet hatte, wurde 2008 eine weitere Metaanalyse mit 18 Studien veröffentlicht [5]. Diese Metaanalyse ergab für Patienten, die eine adjuvante Chemotherapie erhalten hatten, einen signifikanten Vorteil hinsichtlich des lokalrezidivfreien und metastasenfreien Überlebens. Bezüglich des Gesamtüberlebens fand sich eine signifikante Überlegenheit in der Subgruppe der Patienten, die eine Kombinationstherapie mit Doxorubicin und Ifosfamid erhalten hatten; der absolute Vorteil lag bei 11 %, die „number needed to treat“, um einen Todesfall zu verhindern, betrug 17. Die Bedeutung des Tumorgradings wird durch eine retrospektive Untersuchung aus Frankreich unterstrichen. So fand sich für Patienten mit G3-Tumoren ein hochsignifikanter Einfluss auf das Gesamtüberleben, entsprechend einer Reduktion des absoluten Risikos, am Weichteilsarkom zu versterben, von 13 %. Bei G2-Tumoren zeigte sich indes keine Verbesserung durch die adjuvante Chemotherapie [6]. Noch nicht in die Metaanalysen einbezogen wurden die Ergebnisse einer großen randomisierten Studie, die die Soft Tissue and Bone Sarcoma Group der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) durchgeführt hat [7]. Hier zeigte sich weder im rückfallfreien 5-Jahres-Überleben noch im Gesamtüberleben ein signifikanter Unterschied. Wichtig ist allerdings, dass Patienten mit Sarkomen jeglicher Lokalisation und Größe sowie mit G2- und G3-Tumoren eingeschlossen werden konnten. Phase-II-Studien sprechen für eine Verbesserung der lokalen Kontrolle bei lokal fortgeschrittenen Weichteilsarkomen durch eine zusätzlich zur Chemotherapie applizierte regionale Tiefenhyperthermie. Aufgrund dieser Daten wurde eine randomisierte Phase-III-Studie durchgeführt, in der eine Chemotherapie plus regionale Hyperthermie mit einer alleinigen Chemotherapie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen Weichteilsarkomen (> 5 cm, G2/3, Rezidiv oder inadäquate Operation) verglichen wurde. Das lokale progressionsfreie Überleben war bei kombinierter Therapie signifikant verlängert. Kein Unterschied ergab sich jedoch in der Intention-to-treat-Analyse für das Gesamtüberleben [8]. Bei der kürzlich vorgestellten Langzeitanalyse ergab sich indes eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens durch die zusätzliche Hyperthermie [9]. Insgesamt ist somit eine adjuvante Chemotherapie nach Resektion eines lokalisierten Weichteilsarkoms nicht als Standard anzusehen. Mögliche Indikationen für eine adjuvante Kombinationschemotherapie bestehen im Falle eines hohen Rezidivrisikos (Grad 3, tief sitzend, > 5 cm) und bei retroperitonealen Sarkomen, bei denen aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten der Nachbestrahlung mit einer erhöhten Lokalrezidivrate gerechnet werden muss. Wenn die Entscheidung zum Einsatz einer adjuvanten Chemotherapie gefällt wird, sollte diese bevorzugt präoperativ durchgeführt werden – zumindest teilweise. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sollte eine anthrazyklinhaltige Kombinationstherapie Verwendung finden. Die Indikation muss individuell im aufgeklärten Konsens gemeinsam mit dem Patienten getroffen werden [10].

In einer Metaanalyse von 2008 hatte die adjuvante Chemotherapie einen signifikanten Effekt auf das lokalrezidivfreie und metastasenfreie Überleben

In einer Phase-III-Studie verbesserte eine zusätzliche regionale Tiefenhyperthermie die lokale Kontrolle und das Langzeitüberleben bei lokal fortgeschrittenen Weichteilsarkomen

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CME Palliative Chemotherapie In den meisten modernen Kombinationstherapiestudien liegen die Ansprechraten wesentlich höher als bei Monotherapie

Sehr aussichtsreiche Daten zur Erstlinientherapie wurden für die Kombination von Doxorubicin mit Olaratumab präsentiert

Eine palliative Kombinationschemotherapie wurde in zahlreichen Phase-II-Studien, aber nur in wenigen randomisierten Phase-III-Studien untersucht. Die Ansprechraten liegen in den meisten modernen Kombinationstherapiestudien mit 40 bis über 50 % und etwa 10 % kompletten Remissionen wesentlich höher als die Raten von 15–25 %, die mit einer Monotherapie erreicht werden, allerdings auf Kosten einer z. T. erheblichen Toxizität und insbesondere Hämatotoxizität. Diese erfordert den routinemäßigen Einsatz von hämatopoetischen Wachstumsfaktoren. Ebenfalls signifikant verbessert wird das progressionsfreie Überleben, nicht jedoch das Gesamtüberleben [11]. International gilt eine Monotherapie mit Doxorubicin in vielen Fällen als Standard. Eine anthrazyklinhaltige Kombinationschemotherapie sollte aufgrund der höheren Ansprechrate dann in Betracht gezogen werden, wenn ein Ansprechen des Tumors angestrebt wird, wie im Falle einer multimodalen und potenziell kurativen Indikation oder bei symptomatischen Patienten. Sehr aussichtsreiche Daten zur Erstlinientherapie wurden für die Kombination von Doxorubicin mit Olaratumab, einem humanisierten Antikörper gegen den „platelet-derived growth factor receptor α“ (PDGFRα), präsentiert [12]. In einer randomisierten Phase-II-Studie fand sich im Vergleich zur alleinigen Gabe von Doxorubicin eine höhere Ansprechrate, eine bemerkenswerterweise nicht signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens und dennoch eine sehr bedeutsame und hochsignifikante Verlängerung des medianen Gesamtüberlebens von 14,7 auf 25 Monate. Dies ist das bislang beste in einer Erstlinientherapiestudie erreichte Ergebnis bei fortgeschrittenen Weichteilsarkomen. Die Daten bedürfen dringend der Bestätigung in einer großen randomisierten Phase-III-Studie. Eine entsprechende Untersuchung wird in Kürze unter deutscher Beteiligung anlaufen.

Rezidivtherapie

Trabectedin ist nach Versagen oder bei fehlender Anwendbarkeit von Anthrazyklinen und Ifosfamid zugelassen

Die Kombination aus Gemcitabin und Docetaxel war in einer randomisierten Studie der alleinigen Gabe von Gemcitabin überlegen

Der Internist

Wenn in der Primärbehandlung Doxorubicin als Monotherapie eingesetzt wurde, erfolgt meist eine Zweitlinientherapie mit Ifosfamid. Hoch dosiertes Ifosfamid besitzt selbst nach Vorbehandlung mit normal dosiertem Ifosfamid noch eine reproduzierbare Aktivität. Trabectedin ist eine alkylierende Substanz, die ursprünglich aus der Seescheide Ecteinascidia turbinata isoliert wurde. Seit 2007 ist sie für die Behandlung von Weichteilsarkomen nach Versagen von Anthrazyklinen und Ifosfamid oder bei fehlender Anwendbarkeit dieser Substanzen zugelassen. Neben der Bindung in der kleinen Vertiefung der DNA moduliert Trabectedin entzündliche Reaktionen im Tumor und fördert die Tumorzelldifferenzierung. In Phase-II-Studien zeigte sich eine Ansprechrate um 8 % [13]. Bei etwa der Hälfte der Patienten wird eine z. T. länger anhaltende Stabilisierung der Erkrankung erreicht. In einer randomisierten Phase-II-Studie bei chemotherapeutisch vorbehandelten Patienten mit Leiomyo- und Liposarkomen ergab sich für die 24-stündige 1,5-mg/m2-Infusion alle 3 Wochen im Vergleich zur wöchentlichen 3-stündigen 0,58mg/m2-Infusion ein signifikanter Vorteil bezüglich des medianen progressionsfreien Intervalls [14]. Mit Spannung erwartet wurden die jetzt vorgestellten Ergebnisse einer Phase-III-Studie zum Vergleich von Trabectedin mit Decarbazin bei Patienten mit therapierefraktären fortgeschrittenen Liposarkomen und Leiomyosarkomen, die aufgrund der fehlenden Zulassung von Trabectedin in den USA durchgeführt worden war. Die Studie bestätigte mit einem medianen progressionsfreien Überleben von 4,2 Monaten die gute Wirksamkeit von Trabectedin in dieser Indikation. Das Ergebnis war gegenüber Decarbazin mit 1,5 Monaten hochsignifikant besser [15]. Die Kombination aus Gemcitabin und Docetaxel hat sich in einer randomisierten Studie gegenüber der alleinigen Gabe von Gemcitabin hinsichtlich der Ansprechrate, des progressionsfreien Überlebens und auch des Gesamtüberlebens (17,9 vs. 11,5 Monate) als überlegen erwiesen [16]. Von der Kombination profitierten besonders Patienten mit Leiomyosarkomen und hochmalignen undifferenzierten pleomorphen Sarkomen. Gemcitabin hat bei Leiomyosarkomen auch als Monotherapie einen Stellenwert. Beide Substanzen sind für die Therapie bei Weichteilsarkomen indes nicht zugelassen. Eine weitere Kombination, die in der Rezidivtherapie signifikant bessere Ergebnisse erbrachte als eine Monotherapie mit Decarbazin, ist Gemcitabin plus Decarbazin [17]. Pazopanib, ein oraler multifunktionaler Tyrosinkinaseinhibitor mit Aktivität gegen den „vascular endothelial growth factor receptor“ (VEGFR) 1–3, PDGFRα, PDGFRβ sowie KIT, zeigte bei Patienten mit therapierefraktären Weichteilsarkomen einen signifikanten Vorteil im progres-

CME sionsfreien Überleben von etwa 3 Monaten gegenüber Placebo. Die Ergebnisse gaben Anlass, Pazopanib in einer Dosierung von 800 mg/Tag bei vorbehandelten Weichteilsarkomen zuzulassen; davon ausgenommen sind allerdings Liposarkome [18]. In einer 2015 vorgestellten Phase-III-Studie bei Patienten mit therapierefraktären Leiomyound Liposarkomen wurde der innovative Mikrotubulusinhibitor Eribulin mit Decarbazin verglichen. Dabei fand sich bei einem in beiden Armen identischen progressionsfreien Überleben ein signifikanter Vorteil im Gesamtüberleben von 13,5 vs. 11,5 Monaten zugunsten von Eribulin. Damit ist dies die erste Phase-III-Studie, die einen signifikanten Überlebensvorteil gegenüber einem aktiven Vergleichstherapiearm zeigt [19].

Gastrointestinale Stromatumoren Grundlagen GIST sind den Weichteilsarkomen zuzuordnen und entstehen aus den Cajal-Zellen, den Schrittmacherzellen des Magen-Darm-Trakts, oder aus deren Vorgängerzellen. Die Inzidenz von GIST liegt bei etwa 15/1.000.000/Jahr. Das mediane Alter bei Erkrankungsbeginn liegt zwischen 55 und 65 Jahren. GIST im Kindesalter werden als eine eigenständige Entität definiert, die einige Besonderheiten gegenüber den klassischen GIST aufweist. Die Geschlechtsverteilung ist annähernd ausgeglichen, je nach epidemiologischer Studie mit einer leichten Bevorzugung des männlichen Geschlechts von etwa 54 zu 46 %. Entscheidend für die Pathogenese ist eine Mutation in KIT oder PDGFRα, die zu einer kontinuierlichen ligandenunabhängigen Aktivität der Rezeptortyrosinkinase führt. Mit bis zu 70 % am häufigsten betroffen ist das KIT-Exon 11, das für die juxtamembranäre Region codiert, gefolgt von Exon 9 in etwa 10 % und PDGFRα-Exon 18 in ungefähr 6 % der Fälle. In etwa 10 % der Fälle ist keine Mutation im KIT- oder PDGFRα-Gen nachweisbar, man spricht dann vom sog. Wildtyp. Aufgrund therapeutischer Konsequenzen muss eine Mutationsanalyse in allen Fällen durchgeführt werden, in denen eine medikamentöse Therapie in Betracht kommt [20]. Die häufigste Primärlokalisation von GIST ist mit 50–60 % der Magen, gefolgt vom Dünndarm mit 20–30 %. Selten haben Primärtumoren ihren Ursprung im Duodenum, Kolon, Rektum oder Ösophagus. Etwa die Hälfte der Patienten mit neu diagnostiziertem GIST weisen bereits Metastasen auf. Die häufigsten Metastasierungsorte sind die Leber mit bis zu 65 % und das Peritoneum mit 20 %. Lunge, Knochen und Lymphknoten sind nur sehr selten betroffen.

Die Geschlechtsverteilung von GIST ist annähernd ausgeglichen

Die häufigsten Metastasierungsorte sind bei GIST die Leber und das Peritoneum

Chirurgische Therapie Der therapeutische Goldstandard für lokalisierte GIST ist ihre vollständige chirurgische Entfernung. Alle verdächtigen Läsionen im Magen-Darm-Trakt müssen ab einer Größe von 2 cm histologisch gesichert oder entfernt werden. Bei kleineren Befunden ist eine regelmäßige endoskopische bzw. endosonographische Kontrolle ausreichend. Befunde im Rektum müssen unabhängig von der Größe obligat entfernt werden.

Alle verdächtigen Läsionen im Magen-Darm-Trakt müssen ab einer Größe von 2 cm histologisch gesichert oder entfernt werden

Systemische Therapie Vor dem Jahr 2000 existierte keine wirksame systemische Therapie für fortgeschrittene oder metastasierte GIST. Alle Versuche der Mono- oder Polychemotherapie blieben mit Ansprechraten unter 5 % erfolglos. Die Entdeckung der Wirksamkeit des selektiven Tyrosinkinaseinhibitors Imatinib bei GIST führte über die Entwicklung einer hocheffektiven zielgerichteten Therapie zu einem Durchbruch. Imatinib ist ein rational entwickeltes, oral applizierbares Phenylaminopyrimidinderivat, das ursprünglich als spezifischer Inhibitor der BCR-ABL-Kinase entwickelt wurde. Es konkurriert mit ATP um die spezifische Adenosinbindungsstelle innerhalb der Kinasedomäne einiger Tyrosinkinasen und verhindert die Phosphorylierung nachgeschalteter Signalproteine. Bereits die ersten klinischen Studien mit Imatinib ergaben eine objektive Ansprechrate von 50–60 % und eine Tumorwachstumshemmung bei über 80 % der Patienten [21].

Die Entdeckung der Wirksamkeit von Imatinib bei GIST bedeutete einen therapeutischen Durchbruch

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CME

Abb. 2 8 Prognostische „heat maps“ zur Bestimmung der Rezidivwahrscheinlichkeit bei lokalisierten gastrointestinalen Stromatumoren. E-GIST Extragastrointestinaler Stromatumor. Aus [23]

Adjuvante Therapie mit Imatinib

Die Mutationsanalyse ist inzwischen elementarer Bestandteil der Therapieentscheidung in der adjuvanten Situation Wildtyp-GIST sind eine heterogene Subgruppe mit überwiegender Insensitivität gegenüber Imatinib

Der Internist

Nach der vollständigen Entfernung eines GIST ist vor jeder weiteren Entscheidung die Evaluierung des Rückfallrisikos erforderlich. In der Praxis erfolgt sie im Allgemeinen gemäß der Risikoklassifikation nach Miettinen und Lasota [22]. Eine neuere Entwicklung sind die sog. „heat maps“, eine Risikoeinteilung anhand von Wahrscheinlichkeitslandkarten (. Abb. 2). Erste Ergebnisse einer doppelt verblindeten, placebokontrollierten amerikanischen PhaseIII-Studie zeigten eine hochsignifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens unter einer Imatinibbehandlung über ein Jahr im Vergleich zu Placebo [24]. In einer randomisierten skandinavisch-deutschen Phase-III-Studie wurde eine Behandlungsdauer von einem Jahr mit einer Dauer von 3 Jahren verglichen. Zu beobachten war eine signifikante Verbesserung des rezidivfreien Überlebens bei einer Behandlung über 36 Monate im Vergleich zu 12 Monaten. Von besonderer Bedeutung ist die signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens. So lebten nach 5 Jahren noch 92 % der Patienten im 3-Jahres-Arm gegenüber 81,7 % im 1-Jahres-Arm (p = 0,019; Hazard Ratio = 0,45; [25]). Anlässlich der Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Frühjahr 2015 wurden die aktualisierten Ergebnisse mit einer medianen Follow-upDauer von 7,5 Jahren vorgestellt. Dabei zeigte sich sowohl für das rückfallfreie als auch für das Gesamtüberleben weiterhin ein signifikanter Vorteil der 3-jährigen Behandlungsdauer (. Abb. 3). Die Mutationsanalyse ist inzwischen elementarer Bestandteil der Therapieentscheidung in der adjuvanten Situation. Patienten mit einer Exon-11-Mutation profitieren besonders von der adjuvanten Therapie mit Imatinib. Unklar ist, wie Imatinib bei Patienten mit einer c-KIT-Exon-9Mutation zu dosieren ist. In Analogie zu den Daten bei fortgeschrittener Erkrankung profitieren nach Ansicht vieler Experten Patienten mit einer Exon-9-Mutation möglicherweise auch in der adjuvanten Therapie von einer höheren Dosierung [27]. Bei den Wildtyp-GIST handelt es sich um eine heterogene Subgruppe mit überwiegend fehlender Sensitivität gegenüber Imatinib. Die Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Therapie sollte von Fall zu Fall gemeinsam mit dem Patienten getroffen werden. Patienten mit einer D842V-Mutation im Exon 18 von PDGFRα sollten unabhängig vom Rezidivrisiko grundsätzlich nicht adjuvant behandelt werden [20].

CME

Abb. 3 9 Gesamtüberleben nach 1- oder 3-jähriger adjuvanter Therapie mit Imatinib bei gastrointestinalen Stromatumoren mit hoher Rezidivwahrscheinlichkeit. HR Hazard Ratio; KI Konfidenzintervall. (Aus [26])

Neoadjuvante Therapie Falls eine R0-Resektion ausgeschlossen ist oder eine weniger mutilierende Operation durch eine Tumorverkleinerung möglich erscheint, ist eine präoperative systemische Therapie als Standard anzusehen [20]. Dies betrifft vor allem GIST des gastroösophagealen Übergangs, des Duodenums und des Rektums. Um insensitive Mutationen auszuschließen, die korrekte Dosierung sicherzustellen und damit das bestmögliche Ansprechen zu erreichen, sollte in jedem Fall eine Mutationsanalyse durchgeführt werden. Die Resektion sollte zum Zeitpunkt der optimalen Tumorrückbildung erfolgen, üblicherweise nach 6–12 Monaten.

Palliative Therapie mit Imatinib Das mediane progressionsfreie Überleben von Patienten mit fortgeschrittenen, metastasierten GIST liegt bei 19–24 Monaten, die mediane Gesamtüberlebenszeit bei etwa 5 Jahren [28]. Aktuelle Langzeitergebnisse zeigen ein Gesamtüberleben von 22 % nach 10 Jahren [29]. Basierend auf den Ergebnissen zweier großer randomisierter Phase-III-Studien, die Imatinib in Dosierungen von 400 und 800 mg verglichen [30, 31], ist Imatinib in einer Dosierung von 400 mg/Tag der medikamentöse Therapiestandard bei fortgeschrittenem GIST. Ausnahmen sind Patienten, deren Tumor eine Mutation im Exon 9 aufweist. Diese Patienten sollten aufgrund der Ergebnisse der kombinierten Analyse der beiden randomisierten Phase-III-Studien nach den aktuellen internationalen Leitlinien mit Imatinib in einer Dosierung von 800 mg/Tag behandelt werden [32]. Da eine Therapiebeendigung bei metastasiertem GIST nahezu obligat mit einer erneuten Progression einhergeht, muss die Behandlung zeitlich unbegrenzt erfolgen. Dies gilt auch bei Erreichen einer kompletten Remission oder nach vollständiger Resektion von residualem Tumorgewebe [33].

Imatinib in einer Dosierung von 400 mg/Tag ist der medikamentöse Therapiestandard bei fortgeschrittenem GIST

Bei metastasiertem GIST muss die Behandlung mit Imatinib zeitlich unbegrenzt erfolgen

Therapieoptionen bei Progress Der Progress eines GIST unter Therapie mit Imatinib kann auf verschiedene Weise ablaufen. Zu unterscheiden ist ein umschriebener lokaler Progress oder auch das Neuauftreten einer Metastase von einer generalisierten Progression vieler oder aller Manifestationen. Die häufigste Ursache für eine Imatinibresistenz bei GIST sind sekundäre aktivierende KIT-Mutationen. Zudem können zu niedrige Imatinibblutspiegel zu einem Progress führen. Der erste Schritt sollte deshalb die Überprüfung und ggf. Verbesserung der Compliance sein. Bei lokalisiertem Progress sollte interdisziplinär die Möglichkeit einer lokalen Intervention geprüft werden. Infrage kommen dabei sowohl die operative Entfernung der Metastase als auch lokal destruktive Verfahren, wie die Radiofrequenzablation oder die Embolisation. Die Imatinibtherapie muss dabei unbedingt fortgesetzt werden. Bei einem generalisierten Progress der Erkrankung erfolgt die Umstellung der Therapie auf Sunitinib, einen Multikinaseinhibitor, der KIT, PDGFR, FLT3 und alle VEGFR hemmt. Die Zulassung erfolgte aufgrund der Ergebnisse einer internationalen Phase-III-Studie, die nach der ersten geplanten Zwischenanalyse aufgrund der signifikanten Überlegenheit von Sunitinib

Bei einem generalisierten Progress der Erkrankung erfolgt die Umstellung der Therapie auf Sunitinib

Der Internist

CME

Mit Regorafenib ist eine wirksame Drittlinientherapie für Fälle mit Progression unter Sunitinib verfügbar

gegenüber Placebo vorzeitig geschlossen wurde [34]. Die Standarddosierung von Sunitinib beträgt 50 mg/Tag über 28 Tage, gefolgt von 14 Tagen Therapiepause. Neuere Daten sprechen für eine vergleichbare Wirksamkeit einer Dauertherapie mit 37,5 mg/Tag bei besserer Verträglichkeit [35]. Die Wirksamkeit von Sunitinib wurde in einem weltweit durchgeführten „Treatment-useProgramm“ mit weit über 1000 Patienten bestätigt. Dabei lag die progressionsfreie Zeit bei 34 Wochen und das mediane Gesamtüberleben bei 75 Wochen. Zusätzlich konnten weitere Analysen der umfangreichen Daten durchgeführt werden. So ergab ein Vergleich von Patienten, die eine strikte Dosierung nach einem Schema mit 4 Wochen Behandlung und 2 Wochen Pause ohne Dosisanpassung erhalten hatten, mit Patienten, bei denen sowohl die Dosierung als auch das Regime individuell angepasst worden war, einen eklatanten Unterschied im progressionsfreien Überleben (5,2 vs. 12,7 Monate). Noch eindrucksvoller waren die Daten zum Gesamtüberleben mit 11,1 vs. 24 Monaten zugunsten der patientenangepassten Dosierung [36]. Seit der Zulassung von Regorafenib im August 2014 ist eine wirksame Drittlinientherapie für Fälle mit Progression unter Sunitinib verfügbar. Regorafenib hemmt eine Vielzahl an Proteinkinasen: KIT, RET, RAF-1, BRAF, BRAF-V600E, VEGFR1–3, TIE2, PDGFRβ und FGFR. Die Dosierung beträgt 160 mg/Tag an 21 von 28 Tagen mit der Möglichkeit zur Dosisreduktion bis auf 80 mg/Tag. Das mittlere progressionsfreie Überleben betrug in einer Phase-III-Studie 4,8 Monate im Regorafenibarm vs. 0,9 Monate im Placeboarm. Im Gesamtüberleben fand sich aufgrund des Cross-over kein signifikanter Unterschied [37].

Fazit für die Praxis 4 Die Therapieplanung erfolgt bei Weichteilsarkomen interdiziplinär. 4 Goldstandard für die Behandlung von primär resektablen Weichteilsarkomen ist die R0-

Resektion in Kombination mit einer adjuvanten Radiotherapie. 4 Primärbehandlung bei metastasierten Weichteilsarkomen ist eine anthrazyklinhaltige Che-

motherapie. 4 Eine adjuvante Chemotherapie ist kein Standard. Die Therapieentscheidung erfolgt bei hohem

Rezidivrisiko auf individueller Basis. 4 Imatinib in einer Dosierung von 400 mg/Tag ist der Goldstandard bei Patienten mit fortge-

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schrittenen oder metastasierten GIST. Bei Nachweis einer Mutation im KIT-Exon 9 liegt die Dosierung bei 800 mg/Tag. Nach Versagen von Imatinib sollte die Therapie mit Sunitinib in individuell angepasster Dosierung fortgesetzt werden. Für die Drittlinientherapie steht mit Regorafenib eine wirksame Behandlung zur Verfügung. Bei lokalisierten, chirurgisch komplett resezierten GIST mit hohem Rezidivrisiko wird das Gesamtüberleben durch eine 3-jährige adjuvante Therapie mit Imatinib signifikant verbessert. Eine Mutationsanalyse ist obligat. Sie dient der Identifikation von Patienten mit imatinibinsensitiver Mutation, die keine adjuvante Therapie erhalten sollen.

Korrespondenzadresse PD Dr. med. P. Reichardt Sarkomzentrum Berlin-Brandenburg, Klinik für Interdisziplinäre Onkologie, HELIOS Klinikum Berlin-Buch Schwanebecker Chaussee 50, 13125 Berlin, Deutschland [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. Beratungstätigkeit: Pfizer, Bayer, PharmaMar, Ariad, Amgen, GlaxoSmithKline, AstraZeneca, Lilly. Honorare: Novartis, Pfizer, Bayer, PharmaMar, Amgen, GlaxoSmithKline. Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen: Novartis. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Der Internist

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springermedizin.de/eAkademie

CME-Fragebogen Bitte beachten Sie: • Teilnahme nur online unter: springermedizin.de/eAkademie • Die Frage-Antwort-Kombinationen werden online individuell zusammengestellt. • Es ist immer nur eine Antwort möglich.

? Wie hoch ist die Inzidenz von Weicho o o o o

teilsarkomen? 1–2/100.000/Jahr 4–5/100.000/Jahr 9–10/100.000/Jahr 10–15/100.000/Jahr 15–20/100.000/Jahr

o o o o

bei Diagnosestellung bereits metastasiert? 5% 10 % 25 % 50 % 75 %

o o o o

von Weichteilsarkomen? Lunge Leber Knochen Regionale Lymphknoten Gehirn

o o o o

o

? Aus welchen Zellen entstehen gastroo o o o

nem Verdacht auf Weichteilsarkom bevorzugt durchführen? Computertomographie Positronenemissionstomographie-Computertomographie Kontrastmittelsonographie Magnetresonanztomographie Technetiumszintigraphie

o o o o

tin, die aufgrund eines metastasierten Synovialsarkoms in der Primärbehandlung mit Doxorubicin behandelt wur-

von gastrointestinalen Stromatumoren? Pankreas Duodenum Ösophagus Magen Dünndarm

? Sie betreuen eine 59-jährige Patientin,

o o

? Sie betreuen eine 51-jährige Patien-

intestinale Stromatumoren? G-Zellen Cajal-Zellen β-Zellen Belegzellen Hauptzellen

? Welches ist die häufigste Lokalisation

o

? Welche Bildgebung sollten Sie bei ei-

o

o

o

? Welches ist der Hauptmetastasenort o

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? Wie viele der Weichteilsarkome sind

o

o

de und bei der nun ein Progress des Tumors zu verzeichnen ist. Welches Medikament sollten Sie als Zweitlinientherapie am ehesten wählen? Imatinib Adriamycin Sunitinib Carboplatin Ifosfamid

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bei der ein gastrointestinaler Stromatumor bereits chirurgisch entfernt wurde. Wie lange sollten Sie nun die adjuvante Chemotherapie mit Imatinib durchführen? 3 Monate 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Unbegrenzt

D Für Zeitschriftenabonnenten ist die Teilnahme am e.CME kostenfrei Der Internist

? Sie betreuen einen 41-jährigen Patien-

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ten mit einem bereits metastasierten gastrointestinalen Stromatumor. Wie lange sollten Sie die palliative Therapie mit Imatinib zunächst planen? 3 Monate 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre Unbegrenzt

? Sie betreuen eine 60-jährige Patien-

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tin mit metastasiertem gastrointestinalem Stromatumor, bei dem unter Imatinib ein systemischer Progress zu verzeichnen ist. Welche Zweitlinientherapie sollten Sie am ehesten wählen? Doxorubicin Ifosfamid Doxorubicin + Ifosfamid Sunitinib Paclitaxel

Diese zertifizierte Fortbildung ist 12 Monate auf springermedizin.de/ eAkademie verfügbar. Dort erfahren Sie auch den genauen Teilnahmeschluss. Nach Ablauf des Zertifizierungszeitraums können Sie diese Fortbildung und den Fragebogen weitere 24 Monate nutzen.

[Soft tissue sarcomas and gastrointestinal stromal tumors].

Soft tissue sarcomas are rare tumors that represent a major challenge due to varying clinical presentations and often interdisciplinary treatment conc...
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