Kasuistik

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Silbernitratverätzung nach Credésclier Prophylaxe

G. Schirner', N. F. Schrage', S. Salla', Ch. Teping', M. Reim', W.-G. Burchard2, B. Schwab3 Augenklinik, RWTH Aacher (Direktor: Prof. Dr. med. M. Reim) 2Gemeinschaftslabor fur Elektronenmikroskopie der RWTH Aachen 3Saarburg

Zusammenfassung

In einem Fall von Silbernitratveratzung nach Credéscher Prophylaxe zeigten sich bei einem Neugeborenen bei Aufnahme im Klinikum Aachen am rechten Auge nasal zwei kalkplattenartige geib-braune Auflagerungen auf der Cornea, sowie eine deutliche, parazentrale, ulzerierte Stromatrubung. Diese Ulzeration unterminierte die Auflagerungen. Im Material der spater ausgefuhrten lamellaren Keratektomie zeigten sich - die von einem auswärtigen Pathologen vorher histologisch beschriebenen — Granula mit einer Grölle von 100 bis 300 nm bis zu 110 .tm tief im Stroma des Praparates. Im Gegensatz zu einer vom vorbehandelnden Arzt ausgefuhr-

ten chemischen Analytik von nekrotischem Material konnten diese Granula mittels der energiedispersiven Röntgen-Analyse (EDX-Analyse) als silberhaltig identifi-

ziert werden. Da die gefundenen Granula vorwiegend aus Silber bestanden, hat eine begonnene Natrium-Chlorid-Spulung nicht die erwunschte Silberchloridprazipitation erbracht. Einen weiteren Beweis für den Silbergehalt der Granula ergab eine Modifikation der van-Kossa-Far-

bung. Verletzungen durch die Credésche Prophylaxe sind heutzutage selten, werden aber immer wieder beschrieben. Deshalb werden einige Vorsichtsmallnahmen

fur die Durchführung der Credéschen Prophylaxe zusammengesteilt. So solite die Applikation von Silbernitratlösung moglichst atraumatisch in den Bindehautsack erfolgen. Bei Hornhautverletzungen ist sie kontraindiziert. Pathomechanismus und Form von Silbernitratveratzung und cornealen Silberablagerungen werden diskutiert. Die Verletzungsursachen in unserem Fall bleiben unklar, da weder eine ungewöhnliche Silbernitratlösung verwandt, noch eine mechanische Verletzung des Auges wahrend der Sectio beschrieben wurde. Erst mittels der EDX-Analyse konnten die beschriebenen Granula als sil-

berhaltig analysiert und damit die vermutete Erkrankungsursache identifiziert werden.

Kim. Mbl. Augenheilk. 199 (1991) 283—291

1991 F. Enke Verlag Stuttgart

Silver Nitrate Burn Following Credé's Prophylaxis An Analysis with Electron Dispersive X-rays and Scanning Electron Microscope

Following Credé's prophylaxis with silver-nitrate, the cornea of a newborn presented greyishbrown, lime-like plaques on the nasal part of the right eye. A paracentral ulcerating stromal opacification undermined these appositions, when the patient was admitted to the eye-clinic at Aachen. In the material taken in a lamellar keratectomy scanning electron microscopial examination was able to prove the existence of granules, previously described in light-microscopy. These granules measured 100 to 300 nm in diameter and were placed up to 110 j.tm deep into the corneal stroma of the sepcimen. An earlier chemical analysis of necrotic material showed no silver specific reaction. By means of EDX-Analysis these granules could be identified as silver-containing. This was once reassured by a newly developed modification of van-Kossa's-staining-method. The fact that the granular deposits contained mainly silver proves that the onset of a sodium-chloride-irrigation did not promote an intended therapeutic siZLver-chloride-precipitation and therefore had no effects on the silver-nitrate's penetration abilities. Injuries by silvernitrate-solutions used for Credé's prophylaxis are seldom but still reported. The mechanism of injury in this case of a child, born by sectio remains unknown. Neither the use of an unusual silvernitrate solution, that was taken from a disposable ampoule (MovaNitrat®) was reported, nor any corneal injury during sectio mentioned. Nevertheless the method of EDX-Analysis and SEM proved the diagnosis of corneal silver deposits, so that the origin of the granular opacification of the cornea could be determined. Colour, size and location of silver deposits are reviewed and a mechanism for penetration of silver in the cornea is discussed. Finally several important precautions for a non-traumatic Credé's prophylaxis are given. The use of silvernitrate in case of possibly existing corneal wounds must be avoided.

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Eine röntgenanalytische und rasterelektronenmikroskopiscbe Untersuchung

G. Schirner und Mitarb.

284 KIm. Mb!. Augenheilk. 199 (1991) Einleitung

mie aus und liel3 das Praparat, weiches histologisch schwarze Granula aufwies chemisch auf Silber analysieren. Aufgrund der geringen Materialmenge gelang dieser Abb. la Probe Nr. 1 irn SekLndbreIetronenbild (SEB), Silbernachweis jedoch nicht. Des weiteren wurde eine 1 20fach vergrbltert; Schwarze Pfeile markieren heller erscheiSpulbehandlung mit Kochsalzlosung durchgefuhrt, in der nende Anteile und weille Pfeilkbpfe umgrenzen das abgelbste

Hoffnung, Silbernitrat in unlosliches Silberchiorid zu

Epitbel (El

Uberführen (14). Damit solite eine weitere Penetration des Silbers, das bereits bis kurz vor die Descemetsche Mem-

bran gedrungen war und dort in einer Nekrosezone lag, verhindert werden.

Bei Aufnahme des Sauglings im Klinikum Aachen, 13 Tage nach der Geburt, bestanden an der rechten Cornea nasal zwei kalkplattenartige, gelb-braune Auf-

lagerungen, die von einer parazentralen, ulzerierten Stromatrubung unterminiert wurden. Zunachst wurde die Spülbehandlung mit isotoner Kochsalzlosung fortgefuhrt. Zusatzlich wurde präoperativ 4mal mit EDTA-Tropfen gespult. Tm mikrobiologischen Abstrich des Ulcusgrundes konnten keine pathologischen Keime nachgewiesen werden. Tntraoperativ zeigte sich am rechten Auge em mälliget konjuntivaler Reizzustand, sowie eine zentral odematdse Cornea mit intakter Bowmannscher Membran. Am nasal oberen Limbus fand sich eine tiefe Vaskularisation, die bis Ca. 2 mm an die Plaques im parazentralen Bereich heranreichte. Die Cornea war bis auf einen kleinen am temporalen Rand des Plaques befindlichen Bereich epithelialisiert. Dieser Defekt unterminierte teilweise den Plaque. Die gelb- bzw. grau-braunen Impragnationen reichten his tief in das corneale Stroma. Die Plaques wurden unter Mitnahme des Ulcus sorgfaltig exzidiert, so dalI nur mikroskopisch klares Stroma zurttckblieb. Die entstehenden Grubchen in der Cornea wurden nicht Ubernäht. Die postoperative Therapie umfallte Boroscopol® AT lmal, Polyspectran® AS 3mal und Healon® 3mal taglich. Das Kind wurde mit einer Medikation von Ultracortenol® AT 3mal, Polyspectran AT® 4mal, Healon® 4mal taglich und Polyspectran® As zur Nacht aus der stationären Behandlung entlassen.

Bei Nachkontrollen zeigte sich eine stete Ruckbildung von Vaskularisation und HornhauttrUbung. Em Jahr nach der stationären Entlassung hatte sich auch die TrlIbung his auf eine kleine parazentrale Nubecula corneae und eine nasal oben gelegene bogenformige, groIlere Narbe reduziert. Die Exzidatstellen waren im Niveau der umgebenden Hornhaut epithelialisiert. Em beginnender Strabismus concomitans rechts machte eine Okklusionshehandlung erforderlich.

Abb. lb Vertetunqsbild des Si(bers in Probe Nr. 1 Die in Abb. a heller erscheinenden Stellen korrespondieren mit den pfeilmarkierten Verdicbtungen der Silbersignale.

Material und Methode Das bei der Keratektomie entnommene Hornhautgewebe wurde unmittelbar im Operationssaal auf einem sterilen Tupfer in eine feuchte Kammer gegeben und unverzuglich

in flussigem Stickstoff tiefgefroren. Die Praparate wurden anschliellend mit einem Kryomikrotom mit 10 jim Dicke geschnit-

ten, auf Kohiehalter gebracht und lyophilisiert. Für die rasterelektronenmikroskopische Untersuchung wurde das Praparat mit

elementarem Kohienstoff bedampft. Diese Praparation ist von tins auf Kontaminationen untersucht worden und zeigt bis auf kleinste Verunreinigungen mit Eisen keine Artefakte. Tnsbesondere Silber ist bislang als Verunreinigung nicht beschrieben. Untersucht wurde mit einem Rasterelektronenmikroskop des Typs

JEOL 35 CF, ausgestattet mit einem EDX-Analysesystem der Firma ORTEC und einem Robinson-Detektor (47). Im Mikroskop wird em fokussierter Elektronenstrahl erzeugt, der rasterformig das Praparat abtastet. Das dabei entstehende Rontgensignal wird von einem Silizium-Lithium-Szintillationskristall erfallt und von einem angeschlossenen Photoverstarker und Corn-

putersystem qualitativ und quantitativ analysiert. Durch die Energiespezifitat der Rontgenstrahlung jeden Elementes und den geringen Strahldurchmesser kann die elementare Zusammensetzung auch kleinster Proben erfaflt und mit dem morphologischen Befund der Rasterelektronenmikroskopie verknupft werden.

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Bei einem Neugeborenen wurde direkt nach Geburt durch Schnittenthindung die Credésche Prophylaxe (10) ,,routinemäBig" mittels Mova-Nitrat® aus einet Einmal-Ampulle beidseits durchgefuhrt. 24 Stunden spater zeigte sich an der rechten Cornea nasal eine Trubong. Ferner bestand em maBiger Reizzustand beider Augen, rechts starker als links. Der erstbehandelnde Augenarzt sah anfanglich eine Befundbesserung unter Gentamycm® AT und Gentamycin® AS. Nach einem weiteren Tag aullerte er dann aber die Vermutung einer Veratzung des rechten Auges durch Silbernitrat. Die zunächst weiterbehandeinde Augenklinik fuhrte eine partielle Nekrotekto-

be

[Silver nitrate burn after Credé's preventive treatment. A roentgen analytic and scanning electron microscopy study].

Following Credé's prophylaxis with silver-nitrate, the cornea of a newborn presented greyish-brown, lime-like plaques on the nasal part of the right e...
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