Amnion, Künkel: Chiorogensäure und zentral stimulierende Wirkung des Kaffees

4 6o

Deutsche Medizinische Wochenschrift

Übersichten

Dtsch. med. Wschr. 101 (1976), 460-464 © Georg Thieme Verlag, Stuttgart

H. P. T. Ammon und H. Künkel

Welche Bedeutung kommt der Chiorogensäure bei der zentrat stimulierenden Wirkung des Kaff eegetränkes zu?

Die stimulierende Wirkung des Kaffeegetränkes ist ne- Tierexperimentelle Ergebnisse ben dem ihm eigenen angenehmen Duft und Geschmack der Grund für seine weite Verbreitung als Genußmittel. 1. Motorische Aktivität. Klassische Verfahren zur BeSchon von Albers (1) und Lehmann (15) wurde in den urteilung der zentral erregenden Wirkung von PharJahren 1852 und 1853 die zentral erregende Wirkung maka stellen die verschiedenen Methoden zur Prüfung des Kaffeegetränkes dem 1820 von Runge, Roboquet der motorischen Aktivität von Kleintieren, wie Ratte und Pelletier entdeckten Coffein zugeschrieben, eine Be- und Maus, dar. Dabei unterscheidet man solche, die im obachtung, die durch zahlreiche Untersuchungen immer wesentlichen nur die körperliche Fortbewegung registrieren (Laufkasten nach Behrens und Westermann [zitiert: wieder bestätigt wurde. 8], das Laufrad und den Lichtschrankenkäfig), von anBei der Suche nach weiteren zentral wirksamen Be- deren, die neben der Fortbewegung auch kleinere Körstandteilen des Kaffees beobachteten Czok und Lang (3) perbewegungen an Ort und Stelle erfassen (Kippteller, 1961 bei der Ratte eine Senkung der Elektrokrampf- Zitterkäfig, Animex-Gerät). schwelle durch Chiorogensäure. Inzwischen liegen zum Die zentral erregende Wirkung des Coffeins wurde Thema der zentralen Wirkung der Chlorogensäure eine von zahlreichen Autoren mit allen genannten Verfahren Reihe weiterer Untersuchungen vor (4, 5, 8, 9, 21, 22). geprüft und immer wieder bestätigt (2-5, 8, 9, 12, 17, Die Ergebnisse sind zum Teil allerdings sowohl quali21, 22). Sie ist bei der Maus bereits bei Verabreichung tativ als auch quantitativ widersprüchlich. von 2-4 mg/kg (5, 21) nachweisbar, einer Dosis, die in Eine Tasse Kaffee enthält etwa 70-100 mg Coffein etwa 2-3 Tassen Kaffee enthalten ist. Dabei ist zu besowie 120-300 mg Chlorogensäure. Außer im Kaffee rücksichtigen, daß die Maus, die über einen etwa zehnfindet sich Chlorogensäure in zahlreichen Nahrungsf ach höheren Stoffwechsel als der Mensch verfügt, im mitteln und in Fruchtgetränken (Tabelle 1). allgemeinen auf Pharmaka unempfindlicher reagiert als dieser. Auch die Wirkung der Chlorogensäure auf die Tab. 1. Chlorogensäuregehalt verschiedener Nahrungsmittel, Früchte und Getränke (Mengenangaben in mg Chlorogensäure/100 g Trockengewicht bzw./100 ml)

Nahrungsmittel

Chiorogensäure

Literatur

Apfel

105

6, 18

Birnen

135

6, 18

Pflaumen

65

6, 18

Pfirsiche

30

6, 18

140

6, 18

Weintrauben Apfelsaft Kartoffelschale

Kartoffel gedämpft

50

7

335

18

9

18

Während zur Frage nach zentralen Wirkungen der Chiorogensäure mehrere Untersuchungen an Tieren durchgeführt wurden, liegen solche beim Menschen nicht vor. Aus Untersuchungen, die mit coffeinhaltigem bzw. entcoffeiniertem Kaffee - beide enthalten Chlorogensäure - durchgeführt wurden, lassen sich jedoch gewisse Hinweise auf mögliche zentral erregende Eigenschaf ten der Chlorogensäure beim Menschen ableiten.

motorische Aktivität wurde von mehreren Autoren untersucht und mit der des Coffeins verglichen. Die

Tabelle 2 zeigt eine Zusammenstellung derjenigen Untersuchungen, bei denen jeweils unter gleichen Versuchsbedingungen die motorische Aktivität nach Coffein bzw. Chlorogensäure oder Chlorogensäurekaliumcoffein mit Hilfe der angegebenen Methoden bestimmt wurde. Um insbesondere die quantitative Relation der Chlorogen-

säure- zur Coffeinwirkung annähernd beurteilen zu können, wurde in dieser Tabelle nur jeweils die niedrigste aller untersuchten Dosen, die einen Effekt aufwies, berücksichtigt. Dabei konnte, da viele der Arbeiten le-

diglich Abbildungen und keine exakten Zahlen enthalten, nur die ungefähre Änderung der motorischen Aktivität gegenüber Kontrolltieren während des entsprechenden Zeitraums der Untersuchung berechnet werden. Ein exakter quantitativer Vergleich der Wirkung von Coffein, Chlorogensäure und chiorogensaurem

Kaliumcoffein leidet weiterhin darunter, daß die Versuchsergebnisse mancher Autoren statistisch nicht (22) oder nur unzureichend (8, 12) ausgewertet wurden.

Wie die Tabelle 2 zeigt, wurde von allen Untersuchern und mit jeder angewandten Methode eine Steigerung der motorischen Aktivität nach Zufuhr von Coffein

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Pharmakologisches Institut der Universität Erlangen-Nürnberg, Abteilung Pharmakologie im Pharmazeutischen Institut der Universität Tübingen und Abteilung für Klinische Neurophysiologie und Experimentelle Neurologie der Medizinischen Hochschule Hannover

Nr. 12, 19. März 1976, 101. Jg.

Ammon, Künkel: Chiorogensäure und zentral stimulierende Wirkung des Kaffees

461

Tab. 2. Einfluß von Coffein, Chiorogensäure, chiorogensaurem Kaliumcoffein oder Chiorogensäure + Coffein auf die motorische Aktivität der Maus

Spezies

Dosen

maximale Änderung

Zeitraum der maximalen An-

[mg/kg]

Kontrollen

[mm]

Registrierung nach Appli-

niedrigste wirksame

[minI

Coffein

Laufkasten

Maus

subkutan

10,0 40,0 60,0

15-225

40,0

ca + 311

45- 75

Clilorogensäure

Laufkasten

Maus

subkutan

75,0

15-225

75,0

ca + 207

45- 75

chlorogensaures Kaliumcoffein

Laufkasten

Maus

subkutan

115,0

15-225

115,0

ca + 373

45- 75

Coffein

Schwingkäfig

Maus

subkutan

20,0

30-175

20,0

ca + 360

90-115

Chlorogensäure

Maus

subkutan

37,5 75,0

30-175

37,5

ca + 73

30- 55

chlorogensaures Kaliumcoffein

Schwingkäfig Schwingkäfig

Maus

subkutan

57,5

30-175

57,5

ca + 53

30- SS

Coffein

Laufrad

Maus

oral

1,87 3,75 7,50 15,00 30,00

30- 60

1,85

keine Angaben

30- 60

Chlorogensäure

Laufrad

Maus

oral

5,60

30- 60

11,25

ca + 54

30- 60

30- 60 30- 60

11,25

+ 3,75

ca + 68

30- 60

8

12

22

11,25

Chlorogen-

säure +

Laufrad

Maus

oral

Coffein

5,60

+ 1,87 11,25

+ 3,75 Coffein

Laufrad

Maus

oral

3,75

30-360

3,75

ca + 152

120-180

Chlorogensäure Chlorogen-

Laufrad Laufrad

Maus Maus

oral oral

11,25

30-360 30-360

11,25

ca + 154 ca + 103

120-180 120-180

säure +

11,25

+ 3,75

11,25

+ 3,75

22

Coff ein

Coffein

Licht-

Maus

oral

7,5 15,0 30,0

90-105

7,5

ca + 30

90-105

Maus

oral

22,5 45,0 90,0

90-105

45,0

ca + 14

90-105

Maus

oral

45,0

90-105

45,0

ca + 27

90-105

ca + 80

60- 90

schrankenkäfig

Chlorogensäure

Licht-

schrankenkäfig

Chlorogen-. Säure + Coffein

Licht-

schrankenkäfig

+ 15,0

+ 15,0

22

90,0

+ 30,0 Coffein (Na-benzoat)

»Animex«-

Chlorogensäure

'Animex«Apparat

(Kalium-Salz)

Apparat

Maus

subkutan

4,0 30,0 45,0

30-180

4,0

Maus

subkutan

3,5 7,0 14,0 27,0 135,0 270,0

30-180

keine

-

-

S

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Methode

Applika-

Artimon, Künkel: Chlorogensäure und zentral stimulierende Wirkung des Kaffees

Deutsche Medizinische Wochenschrift

beobachtet, die mit Ausnahme der Laufkastenmethode (15) in allen Fällen bereits bei der jeweils niedrigsten zur

gensäuremenge etwa das Doppelte der des Coffeins ausmacht, wurde von mehreren Untersuchern die Wirkung

Anwendung gekommenen Dosis sichtbar wird. Die

des Coffeins als Doppelsalz der Chlorogensäure bzw. eine Mischung von 2 Teilen Chlorogensäure und 1 Teil Coffein auf die motorische Aktivität geprüft und mit der von Coffein allein verglichen. Wie die Tabelle 2 zeigt, fand sich nur bei den Versuchen im Laufkasten

niedrigste noch wirksame Coffeindosis wurde dabei mit

1,85 mg/kg von Valette und Morin (22) und mit 4 mg/kg von Hach und Heim (5) gefunden. Zu ähnlichen Ergebnissen kam Triendel (21), der bei Versuchen mit

dem Kippteller einen unteren Grenzwert für Coffein

(8) eine geringfügig stärkere Wirkung des Doppelsalzes.

von 2 mg/kg angibt. Die Ergebnisse über den Einfluß von Chiorogensäure

Berücksichtigt man jedoch die bei diesen Versuchen hohe Coffeindosis von 40 mg/kg, bei der nach den Be-

auf die motorische Aktivität sind dagegen kontrovers. So konnten Hach und Heim (5) bei ihren Versuchen mit dem sehr empfindlichen Animex-Gerät keine stimu-

funden von Boissier und Simon (2) die coffein-induzierte

lierende Wirkung von chlorogensaurem Kalium in einem Dosisbereich von 3,5 bis 270,0 mg/kg nachweisen. Bei Verwendung des Lauf kastens, des Lauf rades, des Schwingkäfigs und des Lichtschrankenkäfigs wurde da-

gegen von anderen Autoren ein erregender Effekt der Chlorogensäure beobachtet. Dabei wurde die niedrigste noch wirksame Dosis beim Laufrad mit 11,5 mg/kg ermittelt (22). Bei den mit anderen Methoden (8, 12, 22) zur Ermittlung der motorischen Aktivität durchgeführten Untersuchungen wurde ein Effekt der Chlorogensäure dagegen erst bei Dosen von mehr als 37,5 mg/kg beschrieben. Er war bei dem Lichtschrankenverfahren mit einer Steigerung der Motilität um + 14% am geringsten. Generell ist jedoch beim Betrachten der Tabelle 2 fest-

zuhalten, daß der Effekt der Chlorogensäure - wenn ein solcher vorhanden ist - beträchtlich geringer ist als der des Coffeins.

Im Zusammenhang mit dem Kaffeegetränk interessiert in erster Linie die Frage, inwieweit sich die Wirkung von Coffein und Chlorogensäure hinsichtlich ihrer zentral erregenden Eigenschaften möglicherweise gegenseitig verstärken. Da im Kaffeeaufguß die Chloro-

Steigerung der Motilität bereits wieder abnimmt, so wird die Aussagekraft dieser Vergleichsuntersuchungen problematisch. Im Schwingkäfig-, Laufrad- und Licht-

schrankenversuch war dagegen die kombinierte Wirkung von Coffein und Chlorogensäure nie stärker als die von Coffein allein. Triendel (21) beobachtete, daß die Wirkung von chlorogensaurem Kaliumcoffein - bei vergleichbaren Dosen - geringer ist als die des Coffeins allein. Man kann daher annehmen, daß bei gleichzeitiger Zufuhr von Coffein und Chlorogensäure im Verhältnis 1 : 2, wie es im Kaffeegetränk vorkommt, nicht mit einer Verstärkung der Coffeinwirkung durch Chlorogensäure zu rechnen ist. Indirekt gestützt wird diese Annahme durch Untersuchungen an Ratten, bei denen die motorische Aktivität nach Zufuhr von coffeinhaltigem bzw. entcoffeiniertem Kaffee bestimmt wurde (4). Diese Untersuchungen,

die mit einer Variante des Zitterkäfigs durchgeführt wurden, zeigten, daß zwar die orale Verabreichung von 1 ml Kaffee (14 mg Coffein), nicht aber die Zufuhr einer gleichen Menge von entcoffeiniertem Kaffee mit einer Steigerung der motorischen Aktivität einherging. 2. Krampfschwelle. Eine häufig angewandte Methode zum Nachweis zentral erregender Eigenschaften von Pharmaka ist die Bestimmung ihres Einflusses auf die

Tab. 3. Einfluß von Coffein oder Chiorogensäure auf die Elektro- bzw. Cardiazol-Krampfschwelle bei Ratte bzw. Maus

Methode

Coffein

Chlorogensäure

Spezies

Applikation

Änderung gegenüber Kontrollen

30-150

1,25

ca - 10

90

30-150

3,75

ca - 5

90

8

keine Angaben

22

Elektro-

Ratte

oral

3,75 7,50 15,00

Maus

oral

7,5 15,0

Maus

oral

22,5 45,0

keine Angaben

keine

-

oral

Elektroschock

Cardiazol-

1,25

der Litemaximalen ratur Änderung [mini

2,50 3,75

7,5

- 20

Maus

subkutan

10,0 15,0

45 60

10,0

75

Maus

subkutan

4,5 13,5 27,0 90,0 13S,0

45 60

keine

-

schock

Chlorogensäure

niedrigste wirksame Dosis [mg/kg]

Ratte

Chiorogensäure

Coffein

Zeitpunkt

Registrierung nach Applikation [mini

Elektroschock

schock

Coffein

Dosen [mg/kg]

45-60 S

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46Z

Ammon, Künkel: Chiorogensäure und zentral stimulierende Wirkung des Kaffees

Schwellendosen von elektrischem Strom oder Pentetrazol (CardiazolTh), durch die bei der Ratte oder Maus eben Krämpfe ausgelöst werden. Stoffe, die erregend wirken, senken die Krampf schwelle.

Beide Verfahren sind im Zusammenhang mit der Frage nach der zentral erregenden Wirkung von Chlorogensäure und Coffein angewandt worden. Wie die Tabelle 3 zeigt, wurde von allen Untersuchern eine Senkung der Krampfschwelle nach Coffein beobachtet, als dessen niedrigste angewandte Dosis bereits 1,25 mg/kg

wirksam war (3). Dagegen konnte die von Czok und Lang (3) beschriebene Herabsetzung der Krampf schwelle

nach Chlorogensäure, die bereits nach 3,75 mg/kg be-

gann und in noch stärkerem Umfange nach höheren Dosen von Chlorogensäure beobachtet wurde, weder von Valette und Morin (22) noch von Hach und Heim (5) beobachtet werden. Nach den Berechnungen von Czok und Lang (3) würde dabei die zentral erregende Wirkung der Chlorogensäure etwa ein Sechstel der des Coffeins betragen und somit wesentlich schwächer sein. Untersuchungen über den Einfluß einer Kombination von Chlorogensäure und Coffein oder des Chlorogensäurekaliumcoffeins liegen unseres Wissens nicht vor. 3. Narkose. Der Einfluß von Pharmaka auf die Dauer

und Tiefe einer Narkose beim Tier dient ebenfalls als Kriterium für dessen zentralnervöse Wirkungen.

Bei der Maus beobachteten Hach und Heim (S) eine signifikante Verkürzung der durch 90 mg/kg hervorgerufenen Hexobarbitalnarkose durch 30 mg/kg Coffein, während selbst 135 mg/kg Chlorogensäure ohne Wirkung blieben. Die Tiefe einer Paraldehydnarkose wurde unter Anwendung von Reizhaaren an der Cornea beim Hund geprüft (9). Bei dieser Methode ist die Intensität des auftretenden Cornealreflexes auf einen konstanten Reiz ein Kriterium für die Tiefe der Narkose. Während Coffein und coffeinhaltiger Kaffee die auf diese Weise bestimmte Narkosetiefe deutlich verminderten, waren entsprechende Mengen von entcoffeiniertem Kaffee und von Chiorogensäure ohne Effekt; chlorogensaures Kaliumcoffein erwies sich als schwächer wirksam als Coffein allein. Aus diesen Untersuchungen ergibt sich somit kein Anhalt für eine Wirkung der Chiorogensäure oder einen eventuellen additiven Effekt im Zusammenhang mit dem Coffein auf die Tiefe und Dauer einer Narkose.

Untersuchungen am Menschen 1. Schlaf verhalten. Die subjektiv häufig gemachte Beobachtung, daß Coffein die Schlafqualität zu beeinflussen vermag, wurde von Müller-Limroth (16) in differenzierten polygraphischen Untersuchungen des Schlafverhal-

tens objektiviert. Hierbei ergab sich, daß zwar die Gesamtschlafdauer weder nach Genuß von coffeinfreiem noch von coffeinhaltigem Kaffee (Coffeinmenge 200 mg in einer Tasse) im Vergleich zum Leerversuch wesentlich verändert wurde, daß aber der Anteil von Tiefschlaf an der Gesamtschlafdauer signifikant reduziert wurde, während ein solcher Effekt nach coffeinfreiem Kaffee etwa in der Mitte zwischen coffeinhaltigem Kaffee und dem

Leerversuch lag. Die Verlängerung des Leichtschlafes

463

unter Coffein auf Kosten des Tiefschlafes stellte sich dabei vorwiegend in den ersten 3 Schlafstunden ein. Eine gleichartige Rangordnung fand sich auch bei Untersuchung der groben Körperbewegung im Einschlafstadium, die vom Leerversuch über coffeinfreien zu coffein-

haltigem Kaffee annähernd linear zunahm. Eine Zunahme des Muskeltonus im Schlaf, gemessen an der elektromyographischen Aktivität der Mundbodenmuskulatur, konnte indessen lediglich nach coffeinhaltigem Kaffee nachgewiesen werden. Ein Einfluß von beiden Kaffeesorten auf Periodik und Dauer von REM-Phasen des Schlafes fand nicht statt.

Karacan und Mitarbeiter (10, 11, 20) untersuchten an 18 Probanden das Schlafverhalten im Leerversuch, nach coffeinfreiem und coffeinhaltigem Kaffee sowie nach äquivalenter Coffein-Dosis von 4,6 mg/kg Körpergewicht. Coffeinfreier Kaffee zeigte, verglichen mit dem Leerversuch, keinen Effekt auf Schlafdauer, Anteil des Tiefschlafs, Zahl der Aufwachphasen sowie der REMPhasen. Die Wirkungen von coffeinhaltigem Kaffee und äquivalenter Coffeinlösung waren im wesentlichen gleich, sie zeigten sich einerseits als Verminderung der Schlafdauer sowie des Anteils an Tiefschlaf, andererseits als Zunahme der Anzahl von Aufwachphasen sowie der Anzahl von REM-Phasen, verbunden mit einer Störung ihrer Periodik. Das subjektive Empfinden der Probanden bezüglich einer Beeinträchtigung der Schlafqualität kor-

relierte signifikant mit den objektiven Veränderungen der genannten Schlafparameter.

2. Elektroenzephalogramm. Die zentral erregende Wirkung von Coffein ist mehrfach elektroenzephalographisch untersucht worden, indessen finden sich hierzu nur vereinzelt quantitative EEG-Analysen. Sulc und Mitarbeiter (19) führten eine Spektralanalyse des EEG sowie Untersuchungen der Flimmerverschmelzungsfre-

quenz und der motorischen Geschicklichkeit bei acht

Probanden unter dem Einfluß von 200 mg Coffein durch, ohne allerdings über einen Vergleich mit Placebo zu berichten. Zwei Stunden nach Coffeingabe fand sich im EEG eine Zunahme der spektralen Gesamtleistung, wobei einer Zunahme im Frequenzbereich von 10-13 Hz eine leichte Abnahme im Bereich von 5,5-9,5 Hz gegenüberstand. Die Flimmerverschmelzungsfrequenz änderte sich nicht, die psychomotorische Leistungsbereitschaft nahm dagegen zu. In einer Vielkanal-EEG-Spektralanalyse an neun Probanden, wobei in einer faktoriellen Versuchsanordnung die Effekte von coffeinfreiem und coffeinhaltigem

Kaffee, äquivalenter Coffeinlösung (200 mg Coffein) sowie von Wasser als Placebo varianzanalytisch unter-

sucht wurden (14), zeigte sich unter coffeinhaltigem Kaffee und Coffeinlösung gleichermaßen eine hochsignifikante Abnahme der spektralen Gesamtleistung, insbesondere der Leistung im Theta- (4-7,5 Hz) und Alpha- (8-12,5 Hz) Band, verglichen mit dem Effekt von coffeinfreiem Kaffee, dessen Verhalten im EEG von

demjenigen des Wassers als Placebo nicht signifikant unterscheidbar war. Die dominante Frequenz im ThetaBand nahm hochsignifikant ab, wohingegen diejenige des Alpha-Bandes ebenso signifikant zunahm. Diese Ef-

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Nr. 12, 19. März 1976, 101. Jg.

Medizingeschichte: Heinrich Schade

fekte überdauerten teilweise sogar den Versuchszeitraum von 4 Stunden. Sie stehen mit der bekannten zentral erregenden Wirkung des Coffeins in Einklang. Die elektroenzephalographischen Wirkungen von coffeinhaltigem Kaffee und äquivalenter Coffeinlösung stimmten somit einerseits überein, während andererseits coffeinfreier Kaffee und Wasser gleicherma1en keine nennenswerten EEG-Effekte zeigten. Literatur

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Prof. Dr H P T. Ammon Abteilung Pharmakologie im Pharmazeutischen Institut der Universität 7400 Tübingen, Auf der Morgenstelle 8 Prof. Dr. H. Künkel Abteilung für Klinische Neurophysiologie und Experimentelle Neurologie der Medizinischen Hochschule 3000 Hannover 61, Karl-Wiechert-Allee 9

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[Significance of chlorogenic acid in the centrally-stimulating effect of coffee].

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