Leitthema Hautarzt DOI 10.1007/s00105-015-3627-8 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

P. Spornraft-Ragaller1 · U. Boashie1 · S. Esser2 1 Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,

Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland 2 Klinik für Dermatologie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland

Sexuell übertragbare Erkrankungen der Analregion Mit der Behandelbarkeit der HIV-Infektion haben in den Industrienationen sexuell übertragbare Infektionen (STIs) in den letzten Jahren erheblich zugenommen, wobei vor allem Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) hierfür ein überproportionales Risiko aufweisen. Anale Manifestationen von STIs kommen jedoch auch bei der heterosexuellen Bevölkerung vor [3], zumal Analverkehr hier wesentlich häufiger praktiziert wird als allgemein angenommen [40]. Anorektale Manifestationen von STIs sind somit keine Ausnahmeerscheinung und müssen bei Sexualanamnese und Diagnostik entsprechend berücksichtigt werden. Im Folgenden werden die häufigsten klassischen STIs mit Manifestation im Anorektalbereich näher beschrieben.

Allgemeines STIs können sich im Anorektalbereich je nach Erreger und Lokalisation unterschiedlich manifestieren. Perianal sind die Läsionen klinisch denjenigen am übrigen Integument bzw. am Genitale vergleichbar. Im Analkanal, der bis zur Linea dentata mit nicht verhornendem Plattenepithel ausgekleidet ist, äußern sich STIs vor allem als ulzerierende oder vegetierende Veränderungen [31], häufig mit begleitender symmetrischer inguinaler oder femoraler Lymphknotenschwellung. Affektionen des Anoderms sind aufgrund der sensiblen Innervation häufig sehr schmerzhaft, während das Zylinderepithel der Rektumschleimhaut oberhalb der Linea dentata weitgehend schmerzunempfindlich ist. Im Rektum können sich STIs als tumorartige Infiltrate, Ulzerationen oder

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als Proktitis manifestieren. Bei Infektionen des Rektums erfolgt der Lymphabstrom in pelvine, pararektale und paravertebrale Lymphknoten, die klinisch nicht zugänglich sind. Eine Proktitis ist eine Entzündung des distalen Rektums und im akuten Fall gekennzeichnet durch schleimig-eitrigen Fluor, Blutungen im Anorektalbereich, Tenesmen und Konstipation. Bei STIs verläuft sie nicht selten oligosymptomatisch oder chronisch mit Absonderungen von schleimig-eitrigem Sekret, Schleimauflagerungen auf dem Stuhl, Gefühl der unvollständigen Defäkation und Konstipation [43]. Typische sexuell übertragbare Erreger einer distalen Proktitis sind Neisseria (N.) gonorrhoeae, Chlamydia trachomatis der Serovare D–K und L1–L3 (Lymphogranuloma venereum) sowie seltener Herpes-simplex-Virus Typ 1 und 2 oder Treponema pallidum.

Herpes simplex genitalis Herpes-simplex-Virus (HSV)-Infektionen sind weltweit verbreitet mit je nach Kollektiv unterschiedlicher Seroprävalenz. In Deutschland betrug diese 85 % für HSV 1 und 15 % für HSV 2 [24]. HSV 1, der typische Erreger des Herpes labialis, ist zunehmend (bis zu 60 %) auch bei genitalem Herpes simplex anzutreffen [19, 30], der ansonsten durch HSV 2 verursacht wird. Dies wird auf ein verändertes Sexualverhalten mit Zunahme orogenitaler Kontakte zurückgeführt. DDHerpes-simplex-Infektionen sind die häufigste Ursache ulzerativer sexuell übertragbarer Infektionen im Genitoanalbereich.

Bei Infektion mit HSV 2 wurde ein 3-fach erhöhtes HIV-Infektionsrisiko beschrieben [18].

Erreger HSV 1 und 2 gehören ebenso wie das Varizella-Zoster-Virus zur Gruppe der epidermotropen und neurotropen α-­Herpesviridae. Die Übertragung erfolgt über Haut- oder Schleimhautkontakt mit Bläscheninhalt bzw. virushaltiger Flüssigkeit. Die Viren befallen an der Eintrittsstelle das Epithel und vermehren sich dort intrazellulär. Durch Zerstörung der betroffenen Zellen kommt es zur Bildung intraepithelialer Bläschen mit regionaler Lymphknotenschwellung. Anschließend wandern die Viren über die peripheren sensiblen Nerven in die spinalen Hinterstrangganglien, wo sie lebenslang persistieren. Nach Triggerung z. B. durch Infekte, Stress oder Traumata kommt es zu einer Reaktivierung an der Haut des zu­ gehörigen Dermatoms mit erneuten herpetiformen Läsionen (Herpes simplex recidivans in loco). Die Primärinfektion mit HSV 1 findet meist im Kindesalter statt, mit HSV 2 in der Regel im jugendlichen Erwachsenenalter. Sie verläuft häufig asymptomatisch, oder es entsteht ein ausgeprägter Lokalbefund mit Allgemeinerscheinungen.

Klinisches Bild Bei symptomatischer Primärinfektion kommt es 2 bis 12 Tage nach Infektion zu einer ausgedehnten Bläschenbildung mit allgemeinem Krankheitsgefühl, Fieber und generalisierter Lymphknotenschwellung. Typisch für das Rezidiv sind gruppierte, wasserhelle oder später einge-

rasekettenreaktion (PCR)] aus Abstrichmaterial [21], wobei zwischen HSV 1 und 2 unterschieden werden kann. Bei Verdacht auf eine Primärinfektion ist eine serologische Diagnostik zum Nachweis der Serokonversion (Ausbildung spezifischer IgG-Antikörper im Verlauf) sinnvoll. In vielen Fällen kann ein Herpes simplex bereits klinisch diagnostiziert werden, wobei im Genitoanalbereich insbesondere die Schmerzhaftigkeit ein wichtiges differenzialdiagnostisches Kriterium darstellt und Anlass für eine frühzeitige Therapieeinleitung sein sollte. Abb. 1 8 Perianaler Herpes genitalis: rundliche Läsion mit konfluierenden Bläschen, polyzyklische Begrenzung im Randbereich

trübte, glasstecknadelkopfgroße Bläschen auf einem leicht ödematösen, rundlichen Erythem (. Abb. 1), meist mit begleitender, dolenter regionaler Lymphknotenschwellung. Die Läsionen sind schmerzhaft und kündigen sich häufig durch Parästhesien, Brennen oder Juckreiz an. Im Genitoanalbereich ist zu beachten, dass aufgrund der intertriginösen Lokalisati­ on häufig keine Bläschen mehr sichtbar sind, sondern nur noch Erosionen oder aphthoide Läsionen, deren polyzyklische Begrenzung und starke Schmerzhaftig­ keit klinisch auf einen Herpes simplex hindeuten. Die Abheilung erfolgt nach 7 bis 10 Tagen in der Regel narbenlos. Bei HSV-2-Infektionen kommt es meist bereits im ersten Jahr nach Primärinfektion zu einem Rezidiv. Eine HSV-Proktitis ist gekennzeichnet durch starke Schmerzen im Anorektalbereich, diffuse Ulzerationen im distalen Rektum, sakrale Parästhesien und gelegentliche Miktionsbeschwerden [3, 9]. Nur ein Drittel der MSM mit HSV-assoziierter Proktitis zeigt äußerlich sichtbare anale Ulzerationen [7]. Bei Immunsuppression besteht ein schwererer Verlauf mit häufigeren Rezidiven. Hier kann es auch zu narbiger Abheilung kommen [21].

Diagnostik Die Diagnosesicherung basiert heute in erster Linie auf einem Nukleinsäureamplifikationstest [NAAT bzw. Polyme-

Therapie Die zur Verfügung stehenden Virustatika sind überwiegend Nukleosidanaloga, die aufgrund ihrer höheren Affinität zur viralen DNA-Polymerase als „falscher Baustein“ einen Abbruch der viralen DNASynthese bewirken. Das Standardpräparat ist nach wie vor Aciclovir. Aufgrund der schlechten oralen Bioverfügbarkeit muss es 5-mal täglich gegeben werden. Valaciclovir und Famciclovir sind Prodrugs, die nach Metabolisierung zu den eigentlichen Wirkstoffen Aciclovir bzw. Penciclovir eine höhere Bioverfügbarkeit aufweisen und deshalb weniger häufig eingenommen werden müssen. Zur Therapie des genitalen Herpes simplex wird [27] für die Primärinfektion Aciclovir 200 mg 5-mal/Tag oder 400 mg 3-mal/Tag p.o. empfohlen; alternativ 500 mg Valaciclovir 2-mal/Tag p.o. oder Famciclovir 250 mg 3-mal/Tag p.o., alle jeweils über 5 Tage. Für das Rezidiv gelten weitgehend die gleichen Dosierungen mit 5-mal 200 mg Aciclovir über 5 Tage bzw. 400 mg 3-mal/ Tag über 3 bis 5 Tage, alternativ Valaciclovir 500 mg 2-mal/Tag oder Famciclovir 125 mg 2-mal/Tag jeweils über 5 Tage. Kürzere, höher dosierte Dosierungsschemata sind ebenfalls möglich. Die Rezidivprophylaxe (> 6 Episoden/Jahr) erfolgt oral mit Aciclovir 200 mg 4-mal/ Tag oder 400 mg 2-mal/Tag, Valaciclovir 500 mg 1-mal/Tag oder Famciclovir 250 mg 2-mal/Tag über maximal 12 Monate; danach sollte die Rezidivhäufigkeit neu beurteilt werden. Bei manifester Immunsuppression wird in schweren Fällen in der Regel Acic-

lovir i.v. [5–10 mg/kg Körpergewicht (KG) i.v. 3-mal/Tag] zum Einsatz kommen. Dosierungsempfehlungen für den genitalen Herpes simplex als opportunistische Infektion bei HIV-Infektion sind in . Tab. 1 angegeben [6]. Bei Aciclovir-Resistenz kommt Foscarnet infrage, das jedoch eine deutlich höhere Nephrotoxizität hat. Allgemein gilt, dass eine bereits bei ersten Symptomen durchgeführte, frühzeitige Behandlung zu einer geringeren Ausprägung und rascheren Abheilung der Episoden führt [21].

Syphilis Etwa seit dem Jahr 2000 kam es in den westlichen Industrieländern zu einer rapiden Wiederzunahme der Syphilis. In Deutschland hat sich die Neuinfektionsrate nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) in den Jahren 2009 bis 2013 von 3,5 auf 6,1 Fälle/100.000 Einwohner fast verdoppelt; betroffen sind insbesondere MSM. Hierbei besteht ein Zusammenhang mit dem Anstieg der HIV-Neudiagnosen insbesondere jüngerer MSM, denen ein Anstieg der Syphilismeldungen vorausging [34]. DDUlzerative sexuell übertragbare Erkrankungen wie die Syphilis können die Übertragung von HIV fördern. Vor dem Hintergrund von geschätzt 14.000 noch undiagnostizierten HIV-Erkrankungen pro Jahr in Deutschland ist die Kenntnis des Symptomspektrums der Syphilis von besonderer Bedeutung, insbesondere aufgrund der bei den Hauptbetroffenen oft schwierig zu erkennenden anorektalen Manifestationen.

Erreger Die Übertragung erfolgt in den Industrienationen nahezu ausschließlich sexuell. Der Erreger Treponema (T.) pallidum, eine fakultativ anaerobe Spirochaeta, dringt in der Regel durch einen Epitheldefekt ein. Unbehandelt resultiert ein jahrzehntelanger chronischer Verlauf, ei­ ne spontane Abheilung ist jedoch möglich. Es entsteht keine Immunität, Mehrfachinfektionen sind nicht selten. Neuinfektionen mit T. pallidum sind durch eine Der Hautarzt

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Zusammenfassung · Abstract anonyme Laborberichtspflicht direkt an das RKI zu melden.

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Klinisches Bild

P. Spornraft-Ragaller · U. Boashie · S. Esser

Prinzipiell können sich Läsionen aller Stadien der Syphilis peri- oder intraanal manifestieren, meist jedoch im Primär- und Sekundärstadium. Anorektale Manifestationen der Frühsyphilis sind bei homosexuellen Männern in etwa einem Drittel der Fälle zu erwarten [32].

Primärstadium

Etwa 3 Wochen post infectionem kommt es an der Eintrittsstelle zu einer Papel, die sich in ein derbes, schmerzloses Ulkus mit ödematösem Randwall umwandelt, das sog. Ulcus durum (harter Schanker). Das Ulkus ist sehr erregerreich und wird mit der begleitenden regionalen, derben, indolenten Lymphknotenschwellung als Primäraffekt bezeichnet. Bei extragenitalem Sitz wird dieser häufig nicht erkannt. Anale Primäraffekte sind häufig wenig charakteristisch und können als Hämorrhoiden oder traumatische Läsionen fehldiagnostiziert werden (. Abb. 2). Die Ähnlichkeit zu einer Analfissur ist mehrfach beschrieben [11, 28], wobei letztere nur selten mit einer inguinalen Lymphknotenschwellung einhergeht. Bei anorektaler Lokalisation kommt es häufig zu Superinfektion und Traumatisierung, sodass die Ulzera hier auch schmerzhaft sein können, ebenso die meist doppelseitige inguinale Lymphknotenschwellung [11]. Rektale Primäraffekte sind meist schmerzlos und werden aufgrund der nicht betroffenen inguinalen Lymphknoten meist nicht entdeckt [31]. Endoskopisch stellen sie eine Differenzialdiagnose für ein Karzinom dar [16]. Die Primärsyphilis kann selten auch proktitische Symptome verursachen, die einer entzündlichen Darmerkrankung ähneln [17, 47]. Bei HIV-Infektion können multiple oder besonders ausgeprägte Ulzera auftreten.

Sekundärstadium

Zu den typischen, etwa 9 bis 12 Wochen nach der Infektion auftretenden Symptomen der Sekundärsyphilis gehören die Roseola, makulopapulöse Exantheme mit Beteiligung der Palmoplantarregion, Mundschleimhautveränderungen

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Sexuell übertragbare Erkrankungen der Analregion Zusammenfassung Hintergrund.  Sexuell übertragbare Infektionen (STIs) sind in Zusammenhang mit der Behandelbarkeit der HIV-Infektion durch zunehmendes sexuelles Risikoverhalten bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), gehäuft zu beobachten. Auch heterosexueller Analverkehr wird häufiger praktiziert als angenommen, sodass anorektale Manifestationen von STIs keine Seltenheit sind. Ziel der Arbeit.  Für häufige, sich im distalen Anorektalbereich manifestierende STIs werden klinische Manifestationen, diagnostische Möglichkeiten und die Therapie besprochen. Ergebnisse und Diskussion.  Aufgrund der Lokalisation und des oft asymptomatischen Verlaufs bestehen in dieser Region häufig diagnostische Schwierigkeiten. STIs können

sich in dieser Region als tumoröse, ulzerative oder proktitische Prozesse äußern, die häufig als Malignome oder entzündliche Darm­ erkrankungen verkannt werden. Herpes simplex und Syphilis manifestieren sich vorwiegend als ulzerative Erkrankungen, die auch die Perianalregion betreffen, während Gonorrhö und Lymphogranuloma venereum eher exsudative proktitische Beschwerden hervorrufen. Aufgrund häufiger Koinfektionen sollte eine vollständige STI-Diagnostik durchgeführt werden. Schlüsselwörter Proktitis · Syphilis · Gonorrhö · Lymphogranuloma venereum · Herpes simplex

Sexually transmitted infections of the anorectal region Abstract Background.  Sexually transmitted infections (STIs) are increasingly observed in men who have sex with men (MSM), which is associated with the success in the antiretroviral treatment of HIV infection. Additionally, in heterosexuals, anal intercourse is more prevalent than previously assumed. Thus, anorectal manifestations of STIs are not a rare condition. Objectives.  This review will focus on the clinical picture, diagnosis and therapy of frequent STIs involving the anorectal region. Conclusions.  Due to localisation and frequent asymptomatic course, STIs in this region often pose diagnostic problems. Anorectal manifestations of STIs consist of tumor-

(Plaques muqueuses, Plaques opalines, Angina specifica) und eine generalisierte, derbe Lymphknotenvergrößerung (Polyskleradenitis). Vulvär oder perianal kann das Exanthem nässende, erregerreiche Papeln und Plaques ausbilden, sog. Condylomata lata (.  Abb. 3). Diese stellen eine klassische Differenzialdiagnose zu HPVbedingten Condylomata acuminata dar, sitzen aber im Gegensatz zu diesen breitbasig auf und zeigen keine keratotischen Veränderungen. Proktitische Beschwerden sind bei Syphilis im Vergleich zu anderen STIs deutlich seltener, kommen jedoch auch im Sekundärstadium vor [2].

ous masses, ulcers or proctitis and may be misdiagnosed as malignancy or inflammatory bowel disease. Herpes simplex and syphilis primarily show ulcerations and may involve the perianal region, whereas gonorrhoea and lymphogranuloma venereum mainly cause proctitic symptoms with exsudation. Because of commonly occurring coinfections a complete diagnostic workup concerning other STIs should be performed. Keywords Proctitis · Syphilis · Gonorrhea · Lymphogranuloma venereum · Herpes simplex

Nach Wochen bis Jahren können spätsekundäre, asymmetrische oder einzeln stehende Rezidivexantheme (Syphilide) prinzipiell an jeder Körperstelle auftreten. Die Infektiosität ist im Primär- und frühen Sekundärstadium (erregerreiche Condylomata lata) am höchsten.

Tertiärstadium

Jahre bis Jahrzehnte nach Primärinfektion können an der Haut tuberoserpiginöse und tuberonodöse Syphilide oder kutansubkutane granulomatöse, z. T. perforierende Knoten, sog. Gummen, auftreten, aus denen sich ein fadenziehendes Sekret

Tab. 1  Therapie/Prophylaxe des genitalen Herpes simplex bei HIV-Infektion (Tagesdosierun-

gen) Akuttherapie (Dauer: 7 bis 10 Tage) Erste Wahl: Aciclovir Schwere Fälle: Aciclovir Alternative: Valaciclovir Rezidivtherapie Aciclovir Valaciclovir Famciclovir Dauerprophylaxe (Dauer: mindestens 90 Tage) Aciclovir

Aciclovir (3-) 5-mal 400 mg p.o. 3-mal 5–10 mg/kg i.v., ggf. 5-mal 800 mg p.o. 2- bis 3-mal 1000 mg oder 3-mal 500–1000 mg (Expertenmeinung) 3-mal 400 mg p.o. 5 bis 10 Tage 2-mal 1000 mg 5 bis 10 Tage 2-mal 500 mg 5 bis 10 Tage 2- bis 3-mal 400–800 mg/Tag

Nach deutsch-österreichischer Leitlinie zu Therapie und Prophylaxe opportunistischer Infektionen bei HIV-Infektion

entleeren kann. Letztere kommen auch an der Schleimhaut, in inneren Organen, im Gastrointestinaltrakt und selten auch im Anorektalbereich vor, wobei Verwechslungsgefahr mit einem Karzinom besteht [28]. Bei der heute seltenen Tabes dorsalis mit Befall der Hinterhörner des Rückenmarks kommt es zu sensiblen und motorischen Störungen sowie zu typischen lanzinierenden Schmerzen in den Beinen; in diesem Rahmen können auch perianale Schmerzen und Sphinkterstörungen auftreten [28].

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Bei jeder unklaren anorektalen Läsion ist eine Syphilis in Erwägung zu ziehen Die Syphilis kann in allen Stadien anorektale Symptome verursachen, die klinisch und endoskopisch nur selten eindeutig zu diagnostizieren sind. Bei jeder unklaren anorektalen Läsion ist eine Syphilis in Erwägung zu ziehen, insbesondere bei MSM [17]. Eine Sexualanamnese ist daher unumgänglich. In diesem Zusammenhang ist stets auch eine Untersuchung der gesamten Haut erforderlich, um hinweisende Befunde für eine Syphilis nicht zu übersehen. Bei HIV-Infektion können atypische Läsionen und mehrere Stadien gleichzeitig vorkommen.

Diagnostik Zum Direktnachweis von Treponema pallidum aus erregerreichen Primäraffekten und Condylomata lata ist die Dunkelfeld­

mikroskopie immer noch eine verlässli­ che Methode. Neuerdings steht auch eine PCR zur Verfügung. Die Sicherung der Diagnose erfolgt serologisch mit einem Treponemen-spezifischen Suchtest, meist dem Treponema-pallidum-Hämag­ glutinations- oder Partikelagglutinationstest (TPHA bzw. TPPA), der bei positivem Ausfall entweder durch Fluoreszenzabsorptionstests (IgG-/IgM-FTA-AbsTest) oder durch IgG-/IgM-Immunoblot bestätigt wird. Unspezifische Kardiolipinantikörper (VDRL oder RPR) und spezifische IgM-Antikörper dienen als Aktivitätsmarker und zur Verlaufskontrolle. Der TPHA/TPPA wird 2 bis 3 Wochen post infectionem positiv. Die Reaktivität bleibt auch nach Therapie zeitlebens als sog. „Seronarbe“ bestehen. Der Nachweis von IgM-Antikörpern spricht für eine aktive, akute Syphilis. allerdings kann es selbst nach erfolgreicher Therapie – besonders bei HIV-Infizierten – einige Zeit dauern, bis sie wieder abfallen. Kardiolipinantikörper werden etwas später reaktiv, fallen nach Therapie deutlich ab und können negativ werden. Ein Titerabfall um mindestens 2 Titerstufen gilt als Zeichen für eine erfolgreiche Therapie. Schnelltests sind mit hinreichender Qualität inzwischen ebenfalls einsetzbar. Allerdings verkürzt sich – anders als die Bezeichnung dem Patienten suggeriert – der Zeitraum bis zur Ausbildung der Antikörper nicht, sondern lediglich die Testgeschwindigkeit. Zudem ist auch hier ein Bestätigungstest im Labor erforderlich. Bei unbehandelter HIV-Infektion ist zu beachten, dass spezifische Tests falsch

negativ und Kardiolipinantikörpertests dagegen unspezifisch falsch positiv ausfallen können. Der Antikörperabfall nach Therapie ist bei HIV-Patienten häufig verzögert. Bei anorektalen Symptomen und Verdacht auf eine sexuell übertragbare Infektion sollte eine vollständige STI-Diagnostik mit Syphilisserologie und rektalen Abstrichen zumindest auf Chlamydien und Gonorrhö erfolgen, einschließlich HIV-Test und Hepatitis-B/C-Serologie.

Therapie Nach wie vor ist Penicillin Mittel der ersten Wahl zur Behandlung der Syphilis [5]: 2,4 Mega Benzathin-Benzylpenicil­lin zu je 1,2 Mega glutaeal beidseits. als Einmalbehand­lung sind zur Therapie einer Frühsyphilis (Dauer  1 Jahr) erfordert eine längere Behandlungsdauer, d. h. 2,4 Mega Benzathin-Benzylpenicillin an Tag 1, 8 und 15 bzw. bei Penicillin-Allergie Doxycyclin oder Erythromycin in den oben genannten Dosierungen über 28 Tage. Alternativ kommt Ceftriaxon 2 g/Tag i.v. über 14 Tage infrage. Die Neurosyphilis sollte vorzugsweise intravenös behandelt werden, d. h. mit Penicillin G über 14 Tage (4-mal 6, 5-mal 5 oder 3-mal 10 Mio. E/Tag), alternativ Ceftriaxon 2 g/Tag (initial 4 g) über 14 Tage. Als zweite Wahl ist Doxycyclin 2-mal 200 mg p.o. über 28 Tage möglich. Mit Benzathin-Benzylpenicillin i.m. werden keine treponemiziden Spiegel im Liquor erreicht. Bei HIV-Infizierten ist der Ausschluss einer Neurosyphilis besonders wichtig. Eine Liquorpunktion sollte bei CD4-Zellzahlen von

[Sexually transmitted infections of the anorectal region].

Sexually transmitted infections (STIs) are increasingly observed in men who have sex with men (MSM), which is associated with the success in the antir...
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