Referiert – kommentiert

Referat

Septischer Schock: Welcher Schwellenwert gilt für eine Transfusionstherapie? Referiert – kommentiert N Engl J Med 2014; 371: 1381–1391 Hintergrund: Viele Patienten im septischen Schock erhalten eine Bluttransfusion. Nach aktuellen Empfehlungen liegt der Schwellenwert für eine Transfusion bei einem Hämoglobin-Wert (Hb) von unter 7g/dl. Erreicht werden soll ein Wert zwischen 7 und 9g/dl, sofern keine weiteren ischämischen Erkrankungen vorliegen. Potenziell können Transfusionen jedoch Patienten auch schädigen. Exakte Daten gibt es bislang nicht. Methoden: In die TRISS-Studie schlossen Holst et al. 998 Patienten auf Intensivsta-

tionen ein, die im septischen Schock waren und einen Hb unter 9g/dl hatten. Die Patienten wurden randomisiert in zwei Gruppen: Transfusion bei einem Hb unter 7g/dl und Transfusion bei einem Hb unter 9g/dl. Die Erythrozytenkonzentrate waren Leukozyten-reduziert. Primärer Endpunkt war die Mortalität nach 90 Tagen. Ergebnisse: Beide Gruppen waren hinsichtlich der Basisdaten vergleichbar. Die 7g-Gruppe erhielt im Schnitt ein Erythrozytenkonzentrat, die 9g-Gruppe vier. Die Mortalität lag in der 7g-Gruppe bei

43,0%, in der 9g-Gruppe bei 45,0% (statistisch nicht signifikant). Keine Unterschiede ergaben sich zwischen den Gruppen hinsichtlich ischämischer Ereignisse, schwerer Nebenwirkungen oder Reanimationen.

Dr. Christoph Feldmann, Köln

Keine Änderung der bisherigen Empfehlung ohne weitere Studien

Diese Frage beantworten die Leitlinien der Surviving Sepsis Campaign im Rahmen des Konzeptes Prof. Dr. F. Brunkhorst, der Early Goal DirecJena ted Therapy (EGDT) wie folgt: Die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten wird bei Patienten im septischen Schock empfohlen, die 3 innerhalb der ersten 6 Stunden 3 trotz Volumentherapie und Vasopressorengabe 3 eine anhaltende arterielle Hypotension 3 bei einem Hämatokrit von 30% 3 oder einem Hämoglobin von 10g/dl haben. Diese Empfehlung beruht auf den Ergebnissen einer monozentrischen Studie (N Engl J Med 2001; 345: 1368–1377). Vielfach wurde diese Empfehlung in Frage gestellt, da andere qualitativ hochwertige multizentrische randomisierte kontrollierte Studien (RCT) gezeigt haben, dass eine Transfusionstherapie ab einem

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139, Nr. 50

Schwellenwert von 7mg/dl bei Intensivpatienten und Patienten nach Hüftgelenksersatz nicht vorteilhaft ist. Auch in zwei aktuellen Studien (ProCESSund ARISE-Studie) konnte unter Standardtherapie kein Nachteil durch einen Verzicht auf die o.g. Empfehlung zur EGDT gezeigt werden. Diese RCT sind jedoch nicht mit der TRISS-Studie vergleichbar, da die 90-Tage-Sterblichkeitsraten in ProCESS und ARISE mit 18–19% im Vergleich zu TRISS (44%) deutlich unterschiedlich waren. Ist es nun an Zeit, die Empfehlungen zu überarbeiten und auf eine Transfusionstherapie bei Patienten mit septischem Schock gänzlich zu verzichten? Zurückhaltung ist noch geboten, denn das relative Risiko, innerhalb von 90 Tagen zu sterben, war in der TRISS-Studie zwar nicht signifikant unterschiedlich (relatives Risiko 0,94), das 95%-Konfidenzintervall war jedoch relativ groß (0,78– 1,09). So muss die Qualität der Evidenz, die man aus dieser Studie ableiten kann, entlang den Empfehlungen der internationalen Arbeitsgruppe „GRADE Working Group“ als moderat bezeichnet werden. Dies bedeutet, dass weitere Studien abgewartet werden müssen.

Schlüsselwörter

Folgerung: Bei Patienten im septischen Schock spielt es hinsichtlich Mortalität und ischämischer Ereignisse keine Rolle, ob ab einem Hb unter 7g/dl oder unter 9g/dl transfundiert wird.

Kommentar

Wann sollten Patienten im septischen Schock Bluttransfusionen erhalten?

F. Brunkhor s t

Univ.-Prof. Dr. med Frank Brunkhorst Zentrum für Klinische Studien Paul-Martini-FG für Klinische Sepsisforschung Klinik für Anaesthesiologie und Intensivtherapie Universitätsklinikum Jena Interessenkonflikte: keine DOI 10.1055/s-0033-1353928

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[Septic shock: which threshold for transfusions? No modifications of current recommendations without further studies].

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