Therapeutische Möglichkeiten

Tobias Schürholz

In den letzten 5 Jahren hat sich die Sepsis-Therapie durch neue Publikationen verändert. Während das einzige speziell für Sepsis zugelassene Medikament (Drotrecogin alfa) vom Markt genommen wurde, belegen immer neue Publikationen die Bedeutung der umgehenden Therapie in vielen Aspekten. Daher müssen frühere Aussagen zur Therapie modifiziert oder zurückgenommen werden [1]. Die folgende Übersicht spiegelt den aktuellen Stand der Therapie – v. a. innerhalb der ersten 6 h – wider.

tät der verzögert sanierten Patienten war höher im Vergleich zu den früh sanierten Patienten (42,9 % vs. 26,7 %; p < 0,001) [2]. Cave Der Zeitpunkt der Fokussanierung ist eine kritische Variable für die Therapie der Patienten mit schwerer Sepsis und des septischen Schocks. Eine umgehende Initiierung der Intervention senkt die Letalität.

Fokussanierung



MEDUSA-Studie Einer der Pfeiler der SepsisTherapie ist die Sanierung des Infektionsherds durch Entfernung körperfremder Materialien, Drainage von liquiden Raumforderungen, Wundbehandlung und chirurgische Intervention – auch kombiniert bei unbekanntem Fokus. ▶ Die MEDUSA-Studie (MEDUSA = Medical Education for Sepsis Source Control and Antibiotics) zeigte, dass der Zeitraum der ersten 6 h zwischen dem Auftreten einer Sepsis-bedingten Organdysfunktion und der eingeleiteten Sanierung wichtig ist [2]. In dieser prospektiven, multizentrischen Observation wurden 1048 Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock erfasst (n = 504, 49,9 % chirurgische Patienten). Die Mehrzahl aller Patienten (85,1 %) hatte mehr als ein Organversagen und die Letalität betrug ▶ 33 % auf der Intensivstation und ▶ 41,4 % im Krankenhaus [2]. Bei 422 der Patienten wurde eine Sanierung vorgenommen (84,4 % Operation, 15,9 % interventionell). Die verstorbenen Patienten wurden je nach Zensus-Zeitpunkt (28-Tage, Intensivstation [ICU] oder Krankenhaus [KH]) im Vergleich zu Überlebenden später saniert (28-Tage: 5,7 h vs. 2 h; p = 0,004; ICU: 6 h vs. 2 h; p < 0,001; KH: 5,5 h vs. 2 h; p = 0,001). Die Multivarianz-Analyse der 28-Tage-Letalität zeigte für die Patienten, bei denen eine chirurgische Sanierung indiziert war (n = 234), ein signifikant erhöhtes Letalitätsrisiko bei Sanierung nach > 6 h (p = 0,012; Odds Ratio (OR) 2,36; 95 % CI 1,22–4,71). Die 28-Tage-Letali-

Maßnahmen-Bündel



Surviving Sepsis Campaign Um die Therapie zu gliedern und damit auch die Maßnahmen strukturiert im Sinne einer Checkliste abzuarbeiten, wurden die Leitlinien der „Surviving Sepsis Campaign“ (SSC) erstellt. Sie teilen die Therapie in ▶ supportive Therapie („Resuscitation Bundle“) für die ersten 6 h nach Diagnosestellung der schweren Sepsis oder des septischen Schocks (q Tab. 1) und ▶ adjunktive Therapie („Management Bundle“) zusätzlich und innerhalb der ersten 24 h auf (q Tab. 2). Die Leitlinien der SSC zu diesen MaßnahmenBündeln wurden 2004 publiziert und 2008 und 2013 aktualisiert [3, 4]. Erfolg der Sepsis-Bündel Nach Einführung der Sepsis-Bündel konnten Levy et al. an 15 000 Patienten zeigen, dass durch Schulungen die Anwendung des „Resuscitation Bundle“ innerhalb von 2 Jahren von 10,9 % auf 31,3 % stieg und zeitgleich die Krankenhausletalität um 6,2 % sank (37 % vs. 30,8 %; p < 0,01). ▶ Effektiv war für eine erfolgreiche Reduktion der Letalität die Vollständigkeit aller Maßnahmen im Bündel zusammen [5]. Eine erneute Überprüfung des Bündels belegte eine Reduktion der Letalität um 0,7 % pro Quartal, wenn die Krankenhäuser bis zu 16 Quartale an der SSC teilgenommen hatten [6].

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Einfluss der Compliance Besonders eindrücklich ist der Einfluss der Compliance zum Bündel auf die Letalität. Beim „Resuscitation Bundle“ war eine Compliance von > 15 % ausreichend, um die Letalität signifikant zu reduzieren (38,6 % vs. 29 %; p < 0,001). Dabei ist es nicht entscheidend, ob die Diagnose in der Notaufnahme, auf der Intensivoder Normalstation erfolgte oder wie lang die Krankenhäuser an der SSC teilgenommen haben (q Abb. 1). Zusätzlich führen die Maßnahmen des Management-Bündels bei einer Compliance von > 20 % zu geringerer Letalität [6]. Damit verbessert eine Beachtung der „Surviving Sepsis Campaign“Empfehlungen die Qualität kontinuierlich und belegt die Vorteile einer standardisierten Basistherapie und Standard Operating Procedures (SOP) bei septischen Patienten [5]. Tipp Regelmäßige Schulung erhöht die Compliance.

Vergleich Europa / USA Die SSC-Daten deckten signifikante, transatlantische Unterschiede auf im Vergleich von Patienten, die mit der Diagnose schwere Sepsis oder septischer Schock in Europa oder den USA intensivstationär aufgenommen wurden [7]. Europäische Patienten ▶ wurden in dieser Untersuchung häufiger beatmet (Δ + 26,7 %; p < 0,0001) und ▶ hatten eine höhere Krankenhausletalität als in den USA (Δ + 12,8 %; p < 0,0001). Während das „Resuscitation Bundle“ in Europa weniger erfüllt wurde (Δ -3,2 %; p < 0,0001), kam das „Management Bundle“ häufiger zur Anwendung (Δ + 8,4 % vs. USA; p < 0,0001) [7]. Die vollständige Durchführung der „Surviving Sepsis Campaign“­Bündel und die Compliance zu den Bündelmaßnahmen sind Faktoren, welche die Letalität reduzieren.

I Sepsis Resuscitation Bundle innerhalb der ersten 6 h innerhalb der ersten 3 h vervollständigen: 1. Laktat im Serum messen 2. Blutkulturen vor Antibiotikagabe abnehmen 3. Gabe eines Breitspektrum­Antibiotikums innerhalb der ersten Stunde nach Aufnahme 4. bei Hypotension oder einem Laktat > 4 mmol/l: Gabe von mind. 30 ml/kg kristalloider Volumenersatzlösung (oder einer äquivalenten Menge Kolloid) innerhalb der ersten 6 h vervollständigen: 1. Gabe von Vasopressoren (Noradrenalin) bei persistierender Hypotension (MAP < 65 mmHg) nach initialer Volumengabe 2. einen zentralvenösen Druck > 8 mmHg anstreben*. 3. eine zentralvenöse O2­Sättigung (ScvO2) > 70 % anstreben. 4. Laktat im Serum erneut messen (Laktatclearance nach 6 h bestimmen)

Sepsis Management Bundle 1. niedrig­dosierte Steroidtherapie im septischen Schock im Einklang mit den Behandlungsrichtlinien der Klinik 2. Blutzuckerkontrolle durch Insulingabe, um den Blutzucker > 80 mg/dl (4,4 mmol/l), aber < 180 mg/dl (10 mmol/l) zu halten 3. inspiratorischer Plateaudruck < 30 cmH2O für maschinell beatmete Patienten ▶ Die Krankenhausletalität betrug 32 %, wenn in der 1. Stunde nach Diagnose einer schweren Sepsis oder eines septischen Schocks ein Antibiotikum verabreicht wurde. ▶ Nach der 2. Stunde stieg die Letalität kontinuierlich an und war am höchsten, wenn erst nach > 6 h mit der antiinfektiven Therapie begonnen wurde (p < 0,001) [10].

Kombinationstherapie Eine Kombinationstherapie mit Meropenem und Moxifloxacin wurde mit einer Monotherapie mit Meropenem im Rahmen einer Sepnet-Studie bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock verglichen

Tab. 1 Daten modifiziert nach [4]. * Als Parameter zur Steue­ rung der Volumentherapie nicht empfohlen [16]. Tab. 2 Daten modifiziert nach [4]. Abb. 1 Letalität in Abhängig­ keit zur Compliance mit dem Resuscitation­Bundle der Sur­ viving Sepsis Campaign. Nied­ rige compliance = Compliance < 15 %; hohe Compliance = Compliance > 15 %; NOTA = Not­ aufnahme; Station = Normalsta­ tion; ICU = Intensivstation; SSC = Surviving Sepsis Campaign.

Letalität in Abhängigkeit zur Compliance

Antimikrobielle Therapie

60 %



Faktor Zeit Grundlage der Überlegung zu einer antiinfektiven Therapie müssen immer die Regeln der „Tarragona-Strategie“ sein, die eine effektive und patientenzentrierte Antibiotikatherapie sicherstellen [8]. Zusätzlich muss ebenso wie bei der Fokussanierung die antiinfektive Therapie möglichst umgehend nach Sepsisbeginn initiiert werden, da nach einer retrospektiven Studie von Kumar et al. an fast 2400 Patienten mit septischem Schock die Letalität mit jeder Stunde Verzögerung um etwa 7 % zunimmt [9]. Eine retrospektive Auswertung der SSC an fast 18 000 Patienten konnte die Ergebnisse bestätigen [10].

133

p < 0,001

p < 0,001

gesamt

NOTA

p < 0,001

rot = niedrige Compliance grün = hohe Compliance

10 %

Station

Sepsisdiagnose

ICU

SSC < 2 Jahre

SSC 2 –3 Jahre

SSC ≥ 3 Jahre

Teilnahmedauer Zentrum

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Sepsis und Multiorganversagen

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I

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Letalität

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I

[11]. Die Kombinationstherapie war dabei nicht wirksamer, aber die Autoren der Studie sahen ihre Ergebnisse auch im Zusammenhang mit ­einem optimierten Management, was sich in der Antibiotikagabe innerhalb der ersten 90 min bei der überwiegenden Anzahl der Patienten widerspiegelt [11]. Je früher die antiinfektive Therapie nach der Diagnose schwere Sepsis oder septischer Schock initiiert wird, desto geringer ist die Letalität.

Protokollbasierte Therapie

▼▼

Entscheidend für Behandlungserfolg  Die als Meilenstein angesehene Studie zur frühen, zielgerichteten Therapie („early goal directed therapy, EGDT) demonstrierte die Effektivität einer Therapie nach einem vorgegebenen Protokoll in den ersten 6 h nach Sepsis-Diagnose. Die Letalität ließ sich durch dieses Vorgehen um etwa 30 % ­senken [12]. Die Effekte einer protokollbasierten Therapie sind nicht nur kurzfristig für den ­Behandlungserfolg entscheidend, sondern könnten auch für das Langzeitüberleben ausschlaggebend sein [13]. ProCESS-Studie  Um die Notwendigkeit aller Elemente des Protokolls trotz der Entwicklung der letzten Jahre zu testen, wurde die protokollbasierte Therapie des frühen septischen Schocks von 2008–2013 überprüft (ProCESS) [14]. Die ­Patienten wurden entweder für ▶▶eine protokollbasierte EGDT, ▶▶ein Therapieprotokoll oder ▶▶eine Standardbehandlung randomisiert.

Tab. 3  EG = Empfehlungs­ grad; A = starke Empfehlung; B = Empfehlung; 0 = offene Empfehlung. Daten aus: ­Empfehlung der S3-Leitlinie ­Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen [16].

Ergebnisse  Überraschenderweise konnte kein Einfluss auf die Letalität zwischen den Gruppen gezeigt werden (60-Tage-Letalität; EGDT: 21 %; Therapieprotokoll: 18,2  %; Standard: 18,9  %; p = 0,83) [14]. Die besonders geschulten Studien-

Zusammenfassung der Volumentherapie beim Intensivpatienten Volumenlösung

Empfehlung

EG

Kristalloide

prinzipiell zum Volumenersatz bei Intensiv­ patienten verwenden

B

NaCl 0,9 %

nicht zum Volumenersatz bei Intensivpatienten verwenden

A

HES

nicht bei Intensivpatienten verwenden, im hämorrhagischen Schock kritisch erwägen

A

Gelatine / Albumin

wenn akute Hypovolämie mit Kristalloiden nicht ausreichend therapierbar

0

balancierte Lösungen

zum Volumenersatz bei Intensivpatienten verwenden, als balancierte Kolloide bzw. als balancierte Kristalloide

B

ärzte gaben bei Randomisierung des Patienten in die Standardgruppe die Behandlung an andere Kollegen ab. Bis zur Randomisierung hatten die Patienten bereits 20–30 ml/kg Volumen erhalten und dadurch wurde schnell und zielgerichtet der Kreislauf des Patienten stabilisiert. Die Gruppe Therapieprotokoll erhielt initial mehr Volumen als die anderen Gruppen, was zur vergleichbaren Letalitätsrate in dieser Gruppe beigetragen haben könnte [14]. Damit wird erneut die überragende Bedeutung der frühen, schnellen Stabilisierung unterstrichen. ▶▶ Die ProCESS-Studie identifiziert die frühzeitige Wahrnehmung der Sepsis, die frühzeitige Antibiotikagabe und die frühzeitige, adäquate Volumengabe als Elemente, die dem Patienten eine bessere Überlebenschance bieten.

ARISE-Studie  Eine weitere Studie zum Vergleich der EGDT mit einer Standardtherapie in der Phase des frühen septischen Schocks aus Australien / Neuseeland (ARISE) stellt die Sinnhaftigkeit einer protokollbasierten, frühzeitigen Therapie infrage [15]. Der entscheidende Unterschied zwischen den neueren Studien (ProCESS und ARISE) und der Studie von Rivers et al. ist die unterschiedliche Letalität. Diese lag ▶▶ bei ProCESS und ARISE wesentlich niedriger (ProCESS: 18,2–21 %; p = 0,83; ARISE 28-TageLetalität: EGDT 14,8  % vs. Standard 15,9  %; p = 0,53) als ▶▶in der Rivers-Studie (28-Tage-Letalität: EGDT 33,3 % vs. Standard 45,9 %; p  3 Organdysfunktionen. Aber auch diese Studie brachte nicht genug Patienten ein, um sichere Aussagen über eine Selen-assoziierte Reduktion der Letalität zu treffen [38].

Weitere Studienergebnisse  Eine weitere pro­s­ pektive, doppelblinde Multizenterstudie untersuchte an 60 Patienten im septischen Schock die kontinuierliche Gabe von Selen (4000 µg am Tag 1, 1000 µg an Tag 2–9). Der primäre Endpunkt war die benötigte Zeit bis zur Beendigung der Vasopressortherapie [39]. Gezeigt werden konnten ­lediglich keine toxischen Nebenwirkungen, aber keine Einflüsse auf die Vasopressortherapie, ­Beatmungsdauer oder Letalität. In Deutschland ist die SISPCT-Studie (NCT00832039) durch das Kompetenznetz Sepsis abgeschlossen worden, die randomisiert, kontrolliert und multizentrisch an fast 1200 Patienten u. a. den potenziellen Nutzen der Selentherapie in der schweren Sepsis oder im septischen Schock untersuchen soll. Die Publikation der Ergebnisse wird in Kürze erfolgen. ­Einen gesicherten Nutzen gibt es angesichts der aktuellen Datenlage nicht. Eine gesicherte Evidenz für eine Senkung der Letalität durch Selen im septischen Schock liegt nicht vor.

Fazit Die Therapie der Sepsis muss wie bei anderen lebensgefährlichen Erkrankungen umgehend erfolgen. Besonders in den ersten 6 h nach Diagnose entscheidet die begonnene Thera­ pie mit gebündelten Maßnahmen über die Letalität – nach vorher festgelegten Protokol­ len und Zielparametern, die den individuellen Patienten berücksichtigen. ◀

Selen

▼▼

SIC-Studie  In einer Studie mit 41 Patienten mit schwerer Sepsis reduzierte eine Selentherapie die Morbidität. Die SIC-Studie (SIC = Selenium in ­Intensive Care) sollte klären, ob Selen das Über­ leben einer schweren Sepsis oder eines septischen Schocks positiv beeinflusst [38]. Bei 249 ­Patienten wurden 1000 μg Na-Selenit als Bolus i. v. gefolgt von einer kontinuierlichen, 14-tägigen

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I Literaturverzeichnis

Kernaussagen

▶▶ Die Zeit ist eine der kritischsten Variablen für die Therapie von Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock. ▶▶ Die umgehende Fokussanierung senkt die Leta­ lität und ist einer der Pfeiler der Sepsistherapie. ▶▶ Je früher die antiinfektive Therapie nach der Dia­ gnose schwere Sepsis oder septischer Schock initiiert wird, desto geringer ist die Letalität. ▶▶ Die vollständige Durchführung der „Surviving Sepsis Campaign“-Bündel und die Compliance zu den Bündelmaßnahmen sind Faktoren, welche die Letalität reduzieren. ▶▶ Frühzeitige Wahrnehmung der Sepsis, frühzeitige Antibiotikagabe und frühzeitige, adäquate ­Volumengabe sind wesentliche Elemente einer pro­tokollbasierten Therapie. ▶▶ Bei der Festlegung der Zielparameter für die Volumen- und Katecholamintherapie sind indivi­ duelle Risikofaktoren mit einzubeziehen.

PD Dr. med. Tobias Schürholz ist Leitender Oberarzt an der Klinik für Operative Intensivmedizin und Intermediate Care Universitäts­ klinikum der RWTH Aachen und Mitglied im Expert-Panel der AINS. E-Mail: [email protected]

Interessenkonflikt  Der Autor erhielt Vortragshonorare von Astellas Pharma, Astra-Zeneca, ­Bayer Vital, und B. Braun Melsungen. Beitrag online zu finden unter http://dx.doi. org/10.1055/s-0041-100302

VNR 2760512015147120428

Literatur online Das vollständige Literaturverzeichnis zu diesem Beitrag finden Sie im Internet: Abonnenten und Nicht­abonnenten können unter „www.thieme-connect.de/ejournals“ die Seite der AINS aufrufen und beim jeweiligen Artikel auf „Zusatzmateri­ al“ klicken – hier ist die Literatur für alle frei zugänglich. Abonnenten können alternativ über ihren persönlichen Zugang an das Literaturverzeichnis gelangen. Wie das funktioniert, lesen Sie unter: http://www.thieme-­ connect.de/ejournals/help#SoRegistrieren

 1 Schurholz T, Marx G. Sepsis – Update und Kontroversen der adjunktiven Therapie bei Sepsis Anasthesiologie Intensivmedizin Notfallmedizin Schmerztherapie 2010; 45: 580–586  2 Bloos F, Thomas-Ruddel D, Ruddel H et al. Impact of ­compliance with infection management guidelines on outcome in patients with severe sepsis: a prospective observational multi-center study. Crit Care 2014; 18: R42  3 Dellinger RP, Levy MM, Carlet JM, Bion J, Parker MM, Jaeschke R, Reinhart K, Angus DC, Brun-Buisson C, Beale R et al: Surviving Sepsis Campaign: international guidelines for management of severe sepsis and septic shock: 2008. Crit Care Med 2008; 36: 296–327  4 Dellinger RP, Levy MM, Rhodes A et al. Surviving sepsis campaign: international guidelines for management of ­severe sepsis and septic shock: 2012. Crit Care Med 2013; 41: 580–637  5 Levy MM, Dellinger RP, Townsend SR et al. The Surviving Sepsis Campaign: results of an international guidelinebased performance improvement program targeting ­severe sepsis. Crit Care Med 2010; 38: 367–374  6 Levy MM, Rhodes A, Phillips GS et al. Surviving Sepsis Campaign: association between performance metrics and outcomes in a 7.5-year study. Intensive Care Med2014; 40: 1623–1633  7 Levy MM, Artigas A, Phillips GS et al. Outcomes of the Surviving Sepsis Campaign in intensive care units in the USA and Europe: a prospective cohort study. Infect Dis 2012; 12: 919–924  8 Sandiumenge A, Diaz E, Bodi M, Rello J. Therapy of venti­ lator-associated pneumonia. A patient-based approach based on the ten rules of "The Tarragona Strategy". ­Intensive Care Med 2003; 29: 876–883  9 Kumar A, Roberts D, Wood KE et al. Duration of hypoten­ sion before initiation of effective antimicrobial therapy is the critical determinant of survival in human septic shock. Crit Care Med 2006; 34: 1589–1596 10 Ferrer R, Martin-Loeches I, Phillips G et al. Empiric antibiotic treatment reduces mortality in severe sepsis and septic shock from the first hour: results from a guidelinebased performance improvement program. Crit Care Med 2014; 42: 1749–1755 11 Brunkhorst FM, Oppert M, Marx G et al. Effect of empirical treatment with moxifloxacin and meropenem vs meropenem on sepsis-related organ dysfunction in patients with severe sepsis: a randomized trial. JAMA 2012; 307: 2390– 2399 12 Rivers E, Nguyen B, Havstad S, Ressler J, Muzzin A, ­Knoblich B, Peterson E, Tomlanovich M: Early goal-directed ­therapy in the treatment of severe sepsis and septic shock. N Engl J Med 2001; 345: 1368–1377 13 Rhodes A, Cecconi M, Hamilton M et al. Goal-directed ­therapy in high-risk surgical patients: a 15-year follow-up study. Intensive Care Med 2010, 36: 1327–1332 14 Pro CI, Yealy DM, Kellum JA et al. A randomized trial of protocol-based care for early septic shock. N Engl J Med 2014; 370: 1683–1693 15 Investigators A, Group ACT, Peake SL et al. Goal-directed resuscitation for patients with early septic shock. N Engl J Med 2014; 371: 1496–1506 16 S3-Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen (AWMF-Register-Nr. 001/020) [http://www.awmf.org/ uploads/tx_szleitlinien/001-020k_S3_Intravasale_Volumentherapie_Erwachsenen_2014-09.pdf] 17 Marik PE, Cavallazzi R. Does the central venous pressure predict fluid responsiveness? An updated meta-analysis and a plea for some common sense. Crit Care Med 2013; 41: 1774–1781 18 Caironi P, Tognoni G, Masson S et al. Albumin replacement in patients with severe sepsis or septic shock. N Engl Med 2014; 370: 1412–1421

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I

CME

Fachwissen: Topthema

CME-Fragen

Therapeutische Möglichkeiten

Welche der folgenden Maßnahmen muss nach dem

1 Sepsis Resusciation Bundle erst innerhalb der ersten 6 h erfolgen?

A B C D E

2 A B C D E

Laktat im Serum messen Blutkulturen vor Antibiotikagabe abnehmen Gabe eines Breitspektrum-Antibiotikums innerhalb der 1. Stunde nach Aufnahme eine zentralvenösen O2-Sättigung (ScvO2) von > 70 % anstreben bei Hypotension oder einem Laktat > 4 mmol/L: Gabe von mind. 30 ml/kg kristalloider Volumenersatzlösung (oder einer äquivalenten Menge Kolloid)

Welche Aussage zur Einführung der Sepsis-Bündel ist falsch?

Die Maßnahmen des Management-Bündels führten bei einer Compliance von > 50 % zu geringerer Letalität. Die Anwendung des „Resuscitation-Bundle“ stieg innerhalb von 2 Jahren von 10,9 % auf 31,3 %. Beim „Resuscitation-Bundle“ war eine Compliance von > 15 % ausreichend, um die Letalität signifikant zu reduzieren. Effektiv war für eine erfolgreiche Reduktion der Letalität die Vollständigkeit aller Maßnahmen im Bündel zusammen Die Krankenhausletalität sank innerhalb von 2 Jahren um 6,2 %.

6 Welche Aussage zu Vasopressoren ist korrekt? A B C D E

Welche Aussage zur Therapie mit Glukokortiko­steroiden

7 ist falsch? A B C D E

Welche Aussage zur Volumentherapie beim Intensiv­

3 patienten ist nicht korrekt? A B C D E

Gelatine / Albumin kommen zum Einsatz, wenn die akute Hypovolämie mit Kristalloiden nicht ausreichend therapierbar ist. Kristalloide sind prinzipiell zum Volumenersatz bei Intensiv­ patienten geeignet. Es wird empfohlen, balancierte Lösungen zum Volumenersatz bei Intensivpatienten zu verwenden. HES sollten bei Intensivpatienten nicht verwendet werden. NaCl 0,9 % kann beim Volumenersatz bei Intensivpatienten sicher verwendet werden.

Um wieviel Prozent nimmt laut Studien an Patienten

4 mit septischem Schock die Letalität mit jeder Stunde Verzögerung der Antibiotikatherapie zu?

A B C D E

30 % 7 % 20 % 3 % 15%

A

B C

D E

Die HES-Infusion in der schweren Sepsis oder im septischen Schock ist mit Überschreiten der zulässigen Dosierung nach der primären Phase der Kreislaufstabilisierung besonders kritisch. HES-Lösungen für Patienten mit Sepsis aller Schweregrade sind obsolet. Es existiert garantiert kein Zusammenhang zwischen der Applikation HES-haltiger Lösungen und renaler Dysfunktion sowie Nierenersatztherapie. Im Hinblick auf die Letalität sind sich die Studien uneins. Weitere, experimentelle Daten stützen die A ­ nnahme, dass eher die Konzentration als der Substitutionsgrad und das Molekular­ gewicht eine Rolle in der HES-induzierten Nierenschädigung spielen.

CME

Die Therapie mit Kortikosteroiden wurde in den vergangenen Jahrzehnten viel diskutiert. Die hochdosierte Steroidtherapie mit Dosierungen von 30 mg/ kg KG ist heute obsolet. Im ­hyperdynamen septischen Schock können Substitutionsdosen von Hydrokortison sinnvoll sein. Ein Überlebensvorteil konnte in allen neuen Studien eindeutig nachgewiesen werden. Die Empfehlung lautet, dass Patienten im septischen Schock, die trotz Volumen- und Vasopressortherapie nicht stabilisierbar sind, niedrig dosiertes Hydrokortison (200 mg/Tag) als Ultima-­ Ratio-Therapie bekommen können.

Eine Insulintherapie sollte den Blutzucker unter

8 folgendem Wert halten: A B C D E

200 mg/dl 190 mg/dl 180 mg/dl 160 mg/dl 140 mg/dl

Welche Maßnahme ist kein Bestandteil der Sanierung

9 des Infektionsherds? A B C D E

Entfernung körperfremder Materialien chirurgische Intervention Drainage von liquiden Raumforderungen regelmäßiger Verbandwechsel Wundbehandlung



10 Welche Aussage zur Sepsis ist falsch? A

5 Welche Aussage zu HES ist falsch?

Als Vasopressor der Wahl wird Noradrenalin empfohlen. Die Anpassung der Maßnahmen an die individuellen Bedürfnisse der ­Patienten ist unnötig. Zusätzlich zum Noradrenalin sollte kein Vasopressin verwendet werden. Vasopressin steigert das Herzzeitvolumen. Die Therapie mit Adrenalin im Vergleich zur kombinierten Therapie Noradrenalin / Dobutamin ist nachweislich von Vorteil.

B C D E

Je früher die antiinfektive Therapie nach der Dia­gnose initiiert wird, desto geringer die Letalität. Die vollständige Durchführung der „Surviving Sepsis Campaign“Bündel ist ein Faktor, der die Letalität reduziert. Die frühzeitige, adäquate Volumengabe ist ein wesentliches Element einer protokollbasierten Therapie. Beim Festlegen der Zielparameter für die Volumen- und Katecholamintherapie sind individuelle Risikofaktoren zweitranging. Die Zeit ist eine der kritischsten Variablen für die Therapie von Patienten mit schwerer Sepsis und septischem Schock.

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CME-Fragen – Therapeutische Möglichkeiten. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50: 140

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[Sepsis and multiple organfailure--potential therapeutic interventions].

Sepsis therapy is aiming to eliminate the focus of infection and to obtain or to restore microcirculation. Severe sepsis and septic shock have to be t...
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