Sensorische Informationsverarbeihing während Allgemeinanästhesie - Akustisch evozierte 30-40 Hz-Oszillation und intraoperative Aufwachreaktion während Sectio caesarea D. Schwenderl, I. Kelle?, B. Daschnerl, Ch. Madler'

Sensory Information Processing during General Anaesthesia: Auditory Evoked Neuronal Osciilation and Wakefulness During Caesarean Section Summary Neuropsychological and neurophysiological investigations indicate that the underlying framework of adequate sensory information processing is a 30-40 Hz oscillatory brain mechanism, which also can be observed in midlatency anditory evoked potentials (MLAEP). Since high incidence of stimuii perception and wakefulness is a phenomenon during Caesarean section under generai anaesthesia it was studied if auditory evoked 30-40 H z oscillation correlate with intraoperative wakefulness during this surgical procedure. FoUowing " informed consent. 21 ~atientswere selected for elective Caesarean section. Anaesthesia was induced with thiopentone (5 mg/kg b. W. i. V.) and maintained with thiopentone bolus injection (1-2 mg/kg b. W. i. V). and 0J N 2 0 1:l according to clinical signs of adequate anaesthesia. After delivery, a balanced anaesthetic technique using fentanyl, enflurane and NzO in 0 2 1:l was employed. Clinical signs of intraoperative wakefulness were spontaneous movements of the lirnbs, mimics, eyeopening, wakefulness after auditory stimuiation (tape A: crying baby, tape B: classical music), one hour and 24 hours postoperatively reported dreams, hallucinations and detaiied reports about intraoperative events. Auditory evoked potentials were recorded on-line before and dunng general anaesthesia, during the entire surgical procedure. T

.

Ailgemeinanästhesie bewirkt durch Hypnose, Analgesie und Muskelrelaxation eine reversible Ausschaltung von Bewugtsein, Schmerz und Muskelbewegungen. Die Aufnahme und Verarbeitung sensorischer Reize durch die verschiedenen Sinnessysteme wird unterdrückt. Werden Aufnahme und Verarbeitung sensorischer Information wahrend Allgemeinanästhesie nur unzureichend ausge-

.

Anästhesiol. Intensivmed. Nodalimed. Schmerzther. 26 (1991) 17-24 Q Georg Thieme Verlag StUtrgart. New York

Latencies of the peaks V, Na, Pa were measured. Employing Fast-Fourier transformation analysis, corresponding power spectra were calculated to analyse energy portions of AEP's frequency components. Spontaneous motoric movernents occurred in 60% of the patients and did not correlate with heart rate, blood presSure or other clinical signs of inadequate anaesthesia. Provoked motoric reactions were 4 times as often after presentation of tape A as after tape B. Dreams and hallucinations were reported by 43 O/o of the patients 1 hour postoperatively and 9.5% 24 hours postoperatively. 9.5 O/o perceived intraoperative surgical manipulations. In ail awake individuals, peak-latencies were in the normal range. In the MLAEP a 30-40 Hz-oscillation was energetically predominant. Under adequate levels of general anaesthesia the auditory evoked neuronal oscillation was suppressed and the 30-40 Hz leading frequency shifted to the low-frequencyrange. During spontaneous or provoked motoric reactions and in the patients who reported intraoperative dreams, haiiucinations and perception of intraoperative events, MLAEP reinstituted oscillatory waveform with a 30-40 Hz energy predominance. Auditory evoked 30-40 Hz oscillation correlates with clinical signs of intraoperative wakefulness. The results strongly Support the assumption that the underlying framework of sensory information processing is a stimulus-dependent osciiiatory brain rnechanism. MLAEP monitoring during general anaesthesia is a promising method to uncover inadequate suppression of sensory information processing and inadequate anaesthesia.

schaltet, kommt es zu unenvünschten Wachepisoden, bewui3tem und unbewugtem Wahrnehmen intraoperativen Geschehens. Bei der Beurteilung, inwieweit die sensorische Informationsaufnahme und Verarbeitung whrend Ailgemeinanästhesie eine Ausschaltung erfährt, stellt sich die grundlegende Frage nach dem subjektiven Zustandekommen sensorischer Information. Zahlreiche neuropsychologische und neurophysiologische Untersuchungen weisen darauf hin, d& sensorische Informationsverarbeitung

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

' Instimt für Anästhesiologieder Lud Mauirnilians-Universität München (Direktor:Prof. Dr. Dr. h. C.K. Peter) 'Instimt fiirhledizinisrhe ~ s y c h o l o g iLuduigMuimilirnrUniveniGt ~~r M"nchrn (Vorstand: Prof. Dr. E P6ppel)

18 Anüsthesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991)

D. Schwender und Mitarb.

Zahlreiche neuropsychologische und neurophysiologische Untersuchungen belegen, daß adäquater Aufnahme und Verarbeitung sensorischer Information eine neuronale 30-40 Hz-Oszillation als formale Struktur zugrunde liegt, die sich im akustisch evozierten Potential mittlerer Latenz abbilden läßt. Da die Inzidenz intraoperativer Aufwachreaktionen, unzureichender Bewußtseinsausschaltung mit Perzeption sensorischer Stimuli für Sectio caesarea in Allgemeinanästhesie mit bis zu 40% angegeben wird, sollte untersucht werden, ob akustisch evozierte neuronale 30-40 Hz-Oszillationen mit Zuständen unzureichender Bewußtseinsausschaltung während Sectio caesarea korrelieren. Nach Aufklärung und Einverständnis wurden 21 Patientinnen, die sich einer elektiven Sectio caesarea unterziehen mußten, untersucht. Die Allgemeinanästhesie wurde eingeleitet mit Thiopental ( 5 mg/kg KG i. V.)und aufrechterhalten mit Thiopental (1-2 mg/kg KG i. V.) und SO O/o NzO in 0 2 nach klinischen Zeichen adäquater Anästhesie. Nach Entbindung kam ein balanziertes Anästhesieverfahren mit Fentanyl, Enfluran und 50 O/o NzO in 0 2 zur Anwendung. Als Zeichen unzureichender Bewußtseinsausschaltung galten spontanmotorische Bewegungen wie Mimik, Augenöffnen, gezielte Extremitätenbewegungen, gezielte motorische Bewegungen nach akustischer Stimulation (Reiz A: schreiender Säugling, Reiz B: klassische Klaviermusik) sowie 1 Stunde und 24 Stunden postoperativ geschilderte intraoperative Traumerlebnisse und Halluzinationen und Erleben realer intraoperativer Geschehnisse. Akustisch evozierte Potentiale wurden on-line vor und während Allgemeinanästhesie über den ganzen Untersuchungszeitraum abgeleitet. Identifiziert wurden die Gipfel V, Na, Pa und ihre Latenzen vermessen. Eine Fast-Fourier-Transform-Analyse ermittelte die Energieanteile der einzelnen Frequenzkomponenten und erstellte ein korrespondierendes Energiespektrum des akustisch evozierten Potentials. Spontanmotorische Aufwachreaktionen waren z. T. mehrfach bei 60 % der PaU

kein kontinuierlich ablaufender Prozeß ist, sondern in zeitlich gequantelter Struktur organisiert wird (19, 21). So zeigen Messungen von Augenfolgebewegungen (20), Messungen von Wahlreaktionszeiten (17, 18) sowie Messungen von Ordnungsschwellen fur die Identifikation zweier aufeinanderfolgender Sinnesreize in einer zeitlichen Reihenfolge (11) Verteilungsmaxima mit einem Abstand von 25-35 ms. Sensorische Reize können also nicht kontinuierlich und zu jedem Zeitpunkt aufgenommen und verarbeitet werden. Ihre Identifikation in einer zeitlichen Ordnung sowie ihre multimodale Integration und Verarbeitung ist nur zu bestimmten Zeitpunkten, die etwa 25-35 ms auseinanderliegen müssen, möglich. Etwa 30-40 sensorische Reize können so pro Sekunde aufgenommen und adäquat verarbeitet werden. Dies entspricht einer Taktfolge für Reizaufnahme und Reizverarbeitung von 30-40/s. Aus diesen experimentellen Beobachtungen wird auf die Existenz eines neuronalen 30-40 Hz-Oszillators geschlossen, der als zentraler neuronaler Mechanismus für eine adäquate sensori-

tientinnen zu beobachten und erlaubten keine Korrelation zu klinischen Zeichen ausreichender Anästhesie und den gemessenen Herz-Kreislaufparametern. Provozierte motorische Aufwachreaktionen waren viermal so häufig nach Reiz A wie nach Reiz B zu beobachten. Über intrao~erativeTraumerlebnisse berichteten 43 O/o der Patientinnen eine Stunde postoperativ und 9,5 % der Patientinnen 24 Stunden postoperativ. 9,5 % der Patientinnen erinnerten chirurgische Manipulationen wie Hautinzission und Abstopfen des Oberbauches. In den akustisch evozierten Potentialen der wachen Patientinnen zeigten die Gipfel V, Na, Pa eine normale Latenz. Eine 30-40. Hz-Oszillation im Bereich der mittleren Latenz war energetisch dominant. Unter adäquater Allgemeinanästhesie wurde die neuronale 30-40 Hz-Oszillation unterdrückt, das Energiemaximum des AEP verschob sich in den niederfrequenten Bereich. Während spontaner oder provozierter Aufwachreaktionen sowie bei den Patientinnen, die über Traumerlebnisse und intraoperative Wahrnehmung berichteten, zeigten die akustisch evozierten Potentiale im Bereich der mittleren Latenz deutliche neuronale Oszillationen, in denen Frequenzanteile im Bereich von 30-40 Hz energetisch dominierten. Akustisch evozierte 30-40 Hz-Oszillationen korrelierten mit klinischen Zeichen unzureichender Bewußtseinsausschaltung während Allgemeinanästhesie. Die zentrale Verarbeitung: " eines Sinnesreizes erscheint mit einer neuronalen Oszillation dieses Frequenzbereiches korreliert zu sein, die als strukturelle Rahmenbedingung der adäquaten Aufnahme und Verarbeitung sensorischer Information als Voraussetzung zugrunde liegt. In der vorliegenden Untersuchung erweisen sich akustisch evozierte Potentiale und ihre korrespondierenden Energiespektren als guter Parameter zur Erfassung zentraler Informationsverarbeitungsprozesse. Die im akustisch evozierten Potential sich darstellende 30-40 Hz-Oszillation erweist sich als vielversprechender methodischer Ansatz eines zerebralen Monitorings für adäquate Bewußtseinsausschaltung während Allgemeinanästhesie.

sche Informationsaufnahme und -verarbeitung zur Verfügung stehen muß (19,21). Wie elektrophysiologische Untersuchungen zeigen, stellt sich diese 30-40Hz-Oszillation sowohl im spontanen Elektroenzephalogramm (EEG) (2, 12, 25), als auch in sensorisch evozierten Potentialen (SEP) verschiedener Modalitäten (7, 14,22) dar. Im akustisch evozierten Potential (AEP) läßt sich diese 30-40 Hz-Oszillation beim wachen Probanden reizkorreliert im Bereich der mittleren Latenz abbilden (13). Sind frühe akustisch evozierte Potentiale (BAEP= brainstem auditory evoked potentials, 0- 10 ms poststimulus = Hirnstammpotentiale) auch unter dem Einflug von Anästhetika weitgehend stabil, späte akustisch evozierte Potentiale (LLAEP=late latency auditory evoked potential~, 100-400 ms poststimulus=Aktivität kortikaler Projektionsfelder) schon beim Wachen sehr variabel (15,

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Zusammenfassung

Anäj ;thesiol. Intensiumed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991)

16), erweisen sich die akustisch evozierten Potentiale mittlerer Latenz (MLAEP=mid latency auditory evoked potential~,10-100 ms poststimulus=kortikale Prirnärantwort) als beim Wachen stabil und unter dem Einflug verschiedener Anästhetika veränderlich und somit zur Erfassung anästhetikaibduzierter pharmako-dynamischer zentraler Effekte besonders geeignet (13, 15, 16). Für geburtshilfliche Eingriffe in Allgemeinanästhesie ist eine ungewöhnlich hohe Inzidenz intraoperativer Aufwachreaktionen mit bewugtem oder unbewußtem Wahrnehmen intraoperativer Ereignisse bekannt. Sie wird von einzelnen Untersuchern mit bis zu 40 O/o angegeben (1, 5, 24, 28, 29), wobei meist nicht eine mangelhafte Analgesie, sondern eine ungenügende Bewußtseinsausschaltung im Vordergrund steht. Innerhalb der verschiedenen Studien weist jedoch die Inzidenz intraoperativer Aufwachreaktionen wdu-end Sectio caesarea eine groRe Streubreite auf, was zum einen durch unterschiedliche Anästhesieverfahren, zum anderen aber vor allem durch nicht vergleichbare Erfassungsmethoden für intraoperative Aufwachreaktionen bedingt ist. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, alle mit Restfunktionen sensorischer Informationsverarbeitung zusammenhängende Phänomene, wie reizkorrelierte gezielte motorische Reaktionen, perioperatives Auftreten von Traumerlebnissen und Halluzinationen sowie Erinnerungen an intraoperative Begebenheiten zu erfassen und mit akustisch evozierten 30-40 Hz-Oszillationen, einem elektrophysiologischen Korrelat akustischer InCormationsverarbeitung, in Beziehung zu setzen. Patienten und Methodik Nach Aufklärung und Einverständnis wurden 21 Patientinnen der ASA-Gruppen I und I1 im Aiter zwischen 20 und 40 Jahren, die sich einer elektiven Sectio caesarea unterziehen mußten, untersucht. Alle Patientinnen verfugten über ein normales Hörvermögen und waren ohne zentralwirksarne Medikation. Unter Verzicht auf eine Prämedikation wurden die Patientinnen nach Anlegen des üblichen Routinemonitorings den Anforderungen einer SectioNarkose entsprechend mit Thiopental(4-5 mg/kg KG i. V.) und Succinylcholin (1- 1,5 rng/kgKG i. V.) eingeleitet und endotracheal intubiert. Bis zur Abnabelung des Kindes erhielten die Patientinnen zur Aufrechterhaltung der Narkose 50°/o NzO in 0 2 sowie Bolusinjektionen von Thiopental (1-2 mg/kg KG i. V.) nach Minischen Zeichen adäquater Narkosefuhmng. Nach Abnabelung des Kindes kam ein balanciertes Anästhesieverfahren unter Verwendung von 50 010 N2O in 02, Enfluran 0,6-1,2Vo1°/o und Fentanyl (0,005 mg/kg KG i. V.) zur Anwendung. Ais Äquivalente unzureichender Bewußtseinsausschaltung während Narkose wurden spontane motorische Bewegungen, Mimik, Augenöffnen, Bewegungen von Kopf und Extremitäten, provozierte Reaktionen durch über Tonband eingespielte akustische Reize (entweder Reiz A: schreiender Säugling oder Reiz B: klassische Klaviermusik), spontanes Erinnern intraoperativen Geschehens sowie Berichte über Traumerlebnisse und Halluzinationen eine Stunde sowie ein Tag postoperativ erfagt.

19

Mean ? SD

1

Inzidenz spontaner motorischer Reaktionen

80

0

; 0

0

0

0

wach Anärth.-3 Ent. 3 praop. beginn bindung

6

; 0

10

.. 0

0

0

20

30

40

.

,

0

20 Reaktionen -12mienten 0

50 60

70(min) nach EB

Abb. 1 Dargestellt ist das Verhalten der Herzfrequenz (HF) und des systolischen Blutdruckes (RR-syst) (Mittelwerte f Standardabweichung) auf der Ordinate für die angegebene Untersuchungszeit auf der Abszisse sowie im unteren Bildteil die zu den jeweiligen Zeitpunkten aufgetretenen spontanmotorischen Aufwachreaktionen. Die chirurgische Stimulation bei Operationsbeginn ftihrt zu einem statistisch signifikanten Anstieg des systolischen Blutdrucks und der Herzfrequenz (p=0,0024 und p=0.0021). Spontanmotorische Aufwachreaktionen treten gehäuft zum Zeitpunkt der Entbindung auf. Zwischen Anstieg von systolischem Blutdruck und Herzfrequenz und dem Auftreten spontanmotorischer Aufwachreaktionen besteht kein statistisch signifikanter Zusammenhang (p=0,3566 und p=0,3064).

Die Ableitung der akustisch evozierten Potentiale erfolgte vor und während Narkoseeinleitung und Narkoseaufrechterhaltung mit den oben angegebenen Substanzen mittels Silber/Silberchloridelektroden an Vertex (positiv) und Mastoiden beidseits (negativ) (CZ, Al/A2, FPZ nach internationaler 10/20 EEG-Nomenklatur). Akustische Reize wurden als „rarefaction clicks" einer Reizintensität von 70 dBnHl mit einer Frequenz von 9,3/s beidohrig über akustisch abgeschirmte Kopfhörer präsentiert. Mittels des elektrodiagnostischen Systems Pathfinder I (Fa. Nicolet Instrument Corporation) wurde aus 1000 Einzelreizen je ein akustisch evoziertes Potential über einen Poststimuluszeitraum von 100 ms gemittelt und der weiteren Analyse unterzogen. Identifiziert wurden die Gipfel V, Na, Pa und ihre Latenzen vermessen. Eine Fast-Fourier-TransformAnalyse ermittelte die Energieanteile einzelner Frequenzkomponenten und erstellte ein korrespondierendes Energiespektrum des akustisch evozierten Potentials. Die statistische Auswertung der gewonnenen Daten wurde mit Hilfe des SPSS-Programmes durchgehhrt. Der Test auf Normalverteilung wurde nach Kolmogorow-Smirnoff durchgeführt. Für nicht normalverteilte, verbundene Stichproben kam der Test nach Wilcoxon zur Anwendung. Werte unter 5 O/o wurden als statistisch signifikant angenommen. Egebnisse Aufwachreaktionen, Träume, Erleben intraoperativer Geschehnisse: Bei 12 der untersuchten 21 Patientinnen traten insgesamt 20 spontanmotorische Aufwachreaktionen auf. Durch die

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Sensorische lnfomzationsverarbeitun~

20 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991)

D. Schwender und Mitarb. Abb.2

AEP I

I

MLAEP

BAEP i

I

Pa

No

0,3+

!Jv-L

und korrespondierendes Energiespektrum (rechts) eines wachen Probanden. (Erläuterungen im Text)

korrespondierendes Energiespektrum

l

Nb

t

0.02 /.1v2

NC

Na

20

40

60 (rns)

80

AEP

100

10

40

70 100 (msi

130

160

korrespondierendes Energiespektrum

1

1 Induktion (Thiopental, 5 rnglkg) vor Entbindung Entbindung nach Entbindung balanced anesthesia balanced anesthesia

2.5

=G 40

60

80 (rns)

40

70

100

(

Blutstillung Wundverschluß

balanced anesthesia

P

20

/

Abb.3 Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea Einzelverlauf (n= l ) Dargestellt ist das Verhalten der akustisch evozierten Potentiale und ihrer korrespondierenden Energiespektren während Sectio caesarea am Beispiel eines repräsentativen Einzelverlaufes für die angegebenen Meßzeitpunkte. (Erläuterungen im Text)

Extubation

130 (Hz)

standardisierten, akustischen Reize ließen sich 4 motorische Aufwachreaktionen auf Reiz A und nur eine motorische Aufwachreaktion auf Reiz B provozieren. Das Verhalten des systolischen Blutdrucks und der Herzfrequenz sowie der intraoperativ aufgetretenen spontanen, motorischen Aufwachreaktionen über die Zeit des Eingriffs und der Untersuchung zeigt die Abb. 1. Spontane motorische Aufwachreaktionen erscheinen zum Zeitpunkt der Entbindung gehäuft. Ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten motorischer Reaktionen und den dargestellten Kreislaufparametern ließ sich fur die Einzelfälle statistisch jedoch nicht sichern. 9 der 21 Patientinnen (42,8 010) berichteten 1 Stunde nach Beendigung des Eingriffs über Träume oder traumartige Erlebnisse. Am 1. postoperativen Tag konnten sich nur noch 2 Patientinnen (9,5 O/o) an Träume während der Narkose erinnern. 2 der 21 Patientinnen (9,s 010) berichteten arn 1. postoperativen Tag über reale Wahrnehmungen während des Eingriffs. Chirurgische Manipulationen - das Eröffnen der Bauchdecke sowie das Abstopfen des Oberbauches - wurden zweifelsfrei detailliert und spontan von den Patientinnen berichtet. Die Manipulationen wurden nicht als schmerzhaft bewertet.

Akustisch evozierte Potentiale Die Abb. 2 zeigt ein akustisch evoziertes Potential und das korrespondierende Energiespektrum eines wachen Probanden. Dargestellt sind die durch akustische Stimulation hervorgerufenen Potentialschwankungen innerhalb 100ms nach Reiz. BAEP bezeichnet die innerhalb der

ersten 10 ms nach Reiz auftretenden von Hirnstammstrukturen generierten Potentiale. MLAEP markiert die den Hirnstammpotentialen folgenden Potentialschwankungen des mittleren Latenzbereiches. Eine Periodizität im Frequenzbereich von 40 H z kommt in ihnen deutlich zum Ausdruck. Im korrespondierenden Energiespektrum erweist sich eine Frequenz von 40 H z als energetisch dominant. Die akustisch evozierten Potentiale (links) und die korrespondierenden Energiespektren (rechts) wahrend Sectionarkose bei klinisch ausreichender Anästhesietiefe zeigt die Abb. 3 am Beispiel eines repräsentativen Einzelverlaufes. Intraoperativ konnten keine motorischen Aufwachrcaktionen beobachtet werden, postoperativ berichtete die Patientin weder über intraoperative traumartige Erlebnisse oder Halluzinationen, noch über das Erleben intraoperativen Geschehens. Die akustisch evozierte neuronale Oszillation im Bereich der mittleren Latenz ist während Anästhesie nahezu vollständig unterdrückt. Der beim wachen Patienten energetisch dominante 30-40 Hz-Anteil der akustisch evozierten Schwingung erfährt wie korrespondierende Energiespektren zeigen zugunsten niederfrequenter Anteile eine deutliche Abnahme. Erst nach Ausleiten der Allgemeinanästhesie tritt eine energetisch dominante 30-40Hz-Oszillation im Bereich der mittleren Latenz zum Zeitpunkt der Extubation auf, wie das durch Muskelzittern recht artefaktüberlagerte akustisch evozierte Potential und korrespondierende Energiespektrum der untersten Zeile demonstrieren. Anders verhalten sich die akustisch evozierten Potentiale in Abb. 4 bei einer Patientin, die intraoperativ wiederholt motorische Aufwachreaktionen zeigte. Dar-

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

i

Akustisch evoziertes Potential (links)

Anästbesiol. lntensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991) 21

Sensorische Informationsverarbeitung

Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Einzelverlauf (n=l) (Darstellungwie in Abb. 3). (Erläuterungenim Text) Abb.4

korrespondierendes Energiespektrurn praoperativ, wach Induktion (Thiopental 5 mglkg) Aufrechterhaltung (Thiopental 2 mglkg) vor Entbindung nach Entbindung

zt!izzZk

balanced anesthesia balanced anesthesia balanced anesthesia

2.5 PV

40

60

80 (ms)

40

70 100 130 (Hz)

präoperativ, wach Induktion (Thiopental 5 mglkgl Aufrechterhaltung (Thiopental 1.5 mglkg) vor Entbindung nach Entbindung balanced anesthesia balanced anesthesia

m1N-„,

balanced anesthesia

2.5 P V

20

40

60

80 (rns)

40

70

Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Einzelverlauf (n=1) (Darstellungwie in Abb. 3).(Erläuterungenim Text) Abb. 5

korrespondierendes Energiespektrum

Aus'eitung 100 130 (Hz)

über hinaus berichtete diese Patientin über Erleben realen, intraoperativen Geschehens. Das wiederum etwas artefactüberlagerte AEP der wachen Patientin zeigt im Bereich der mittleren Latenz eine deutliche neuronale Oszillation mit einem im korrespondierenden Energiespektrum dargestellten dominanten 30-40 Hz-Anteil. Diese neuronale Oszillation persistierte bis zum Zeitpunkt der Entbindung, wie die unter Mgemeinanästhesie artefaktfreier ableitbaren AEP's der 2.-4. Zeile zeigen. Im korrespondierenden EnergieSpektrum bleiben Frequenzen von 30-40Hz energetisch dominant. Erst nach Entbindung und adäquater Vertiefung der Allgemeinanästhesie wurde die neuronale Oszillation der mittleren Latenz zunehmend unterdrückt, die energetisch dominanten Frequenzen in den niederfrequenten Bereich verschoben. Ebenso dominieren Oszillationen höherer Frequenzbereiche im Bereich der mittleren Latenz die akustisch evozierten Potentiale bei einer Patientin mit positiver Trauminzidenz und Aufwachreaktion zum Zeitpunkt der Entbindung in Abb. 5. Wiederum werden sie erst nach Abnabelung des Kindes und adäquater Vertiefung der Allgemeinanästhesie unterdrückt.

Um zu demonstrieren, daß es sich bei den dargestellten Originalregistrierungen nicht nur um im Eizelfall anzutreffende Phänomene handelt, bildeten wir die aus den individuellen akustisch evozierten Potentialen interindividuell gemittelten grand-averages für die folgenden klinischen Situationen: vor Narkoseeinleitung, wahrend adäquater Allgemeinanästhesie bei fehlender Reaktion auf akustische Stimulation, wahrend unzureichender Narkosetiefe bei positiver Reaktion auf akustische Stimulation wie

,

I

BIutstillung Wundverschluß

dargestellt in Abb. 6. Wieder stellt sich eine im korrespondierenden Energiespektrum dominante 30-40 Hz-Oszillation im akustisch evozierten Potential der wachen Patienten dar. Wahrend adäquater Anästhesie bei fehlender Reaktion auf akustische Stimulation ist diese neuronale Oszillation supprimiert, die führenden Frequenzanteile des AEP in den niederfrequenten Bereich verschoben. Bei unzureichender Anästhesie, während intraoperativer Aufwachreaktionen und motorischen Reaktionen auf akustische Stimulation l&t sich auch im interindividuell gemittelten AEP eine deutliche energetisch dominante 30-40 Hz-Oszillation im Bereich der mittleren Latenz darstellen. Die interindividuellen Mittelungen der akustisch evozierten Potentiale sowie die korrespondierenden Energiespektren von 10 fbr alle angegebenen Meßzeitpunkte auswertbaren Patientinnen zeigt die Abb. 7. Die Latenzen der Gipfel V, Na und Pa für die genannten Meßzeitpunkte sind dargestellt in Abb. 8, Abb. 9 demonstriert den Verlauf der Energieanteile der Frequenzen 20-60Hz an der im AEP zur Verrechnung kommenden Gesarntenergie. Die Ableitung akustisch evozierter Potentiale an nichtsedierten Patientinnen bedingt durch Einstreuung hochfrequenter Muskelpotentiale im Wachzustand relativ hohe Energieanteile im Bereich von 50-60 Hz. Dennoch I&t sich in der interindividuellen Mittelung eine mit 27,s % energetisch dominante 40 Hz-Komponente für die wachen Patientinnen darstellen. Die Latenzen der Gipfel V, Na und Pa liegen im Normbereich, wenn auch die Streuung der Pa-Latenz mit 2,53 ms relativ hoch ist, was auch auf die ungünstigen Meßbedingungen dieser Situation zurückgeführt werden muß. Auch die interindividuelleMittelung 1ä13t zum Zeitpunkt der Entbindung eine deutliche neuronale Oszillation beobach-

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

20

Blutstillung Wundverschlua

22 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991) AEP (grand averages)

1

korrespondierendes Energiespektrum

1

D. Schwender und Mitarb. lgrand averagesl

o,62:E AEP

n

=

korrespondierendes Energierpektrum

10

I

I

vor Entbindung

reaktion auf akusti-

Stimulation (n = 6)~

~

(Thiopental 5 rnglkg KG

wahrend Entbindung nach Entbindung IEnfluran 0.4-0.6~ Vol

(Enfluran

i.v.1

X)

0.8-1.2 Vol.%

N201O22 . 1

0.62 M V

,'V

20

40

60

80 (ms)

40

70

100

130 (Hz)

Abb. 6 Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Interindividuell gemittelter grand-average (Darstellung wie in Abb. 3) (Erläuterungen im Text)

Fentanyl 0.005 rnglkg KG)

-'

M

- > Ö 6 0 0 0 irns)

40

70

100 130 (Hz)

Abb.7 Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Interindividueller grand-average (n=10) (Darstellung wie in Abb. 3) (Erläuterungen im Text)

Latenzen

ndung indung

Abb.8 Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Dargestellt sind Mittelwerte und Standardfehler (X+SEM) der Gipfellatenzen V, Na und Pa für die angegebenen Meßzeitpunkte.

Abb. 9 Akustisch evozierte Potentiale während Sectio caesarea. Dargestellt sind die prozentualen Energien der in den interindividuell gemittelten AEP's enthaltenen Frequenzen im Bereich 20-60 Hz für die angegebenen Meßzeitpunkte.

ten. Die Latenzen der Gipfel Na und Pa sind mit 21,0*0,94 bzw. 35,8f 1,72 nicht signifikant zum Wachzustand verlängert. Entsprechend zeigt die Frequenzanalyse eine Dominanz irn Bereich von 3 0 H z (42,9O/o) sowie von 4 0 H z (28,9O/o). Erst nach Entbindung kommt es unter einer balancierten Anästhesie zu einer Verlangsamung der dominanten Frequenz auf 20 Hz.

Die große Streubreite der in der Literatur angegebenen Inzidenz intraoperativer Auhachreaktionen wahrend Sectionarkose mag zum Teil in den unterschiedlichen zur Anwendung gekommenen Anästhesieverfahren begründet sein. Vor allem sind es jedoch die völlig unterschiedlich differenzierten Erfassungsmethoden für unzureichcndc Anästhcsicticfc - sie reichen von Beobachtung intraoperativer motorischer Reaktionen bis zum postoperativen Interview der Patientin - sowie die uneinheitlichen Definitionen des Begriffes „unzureichende Narkosetiefe". Fehlt eine differenzierte Nomenklatur fur intraoperative Aufwachreaktionen im deutschen Sprachgebrauch gänzlich, so unterscheidet die amerikanische Literatur zumindest zwischen ..wakefulness" - die nicht erinnerbare Aufwachreaktion - und „awarenessl' - das bewußte Erinnern intraoperativer Ereignisse. Für eine möglichst umfassende und differenzierte Analyse „unzureichender Narkosetiefe" erschien es uns jedoch von besonderer Bedeutung, möglichst alle mit Restfunktionen sensorischer Reizaufnahme und Verarbeitung zusammenhängende Phänomene zu erfassen. So wurden nicht nur spontane oder durch akustischen Reiz provozierte gezielte motorische Reaktionen wie mimische Bewegungen, Augenöftnen, willkürliche Bewegungen von Kopf und Extremitäten - unabhängig davon, o b die Simation später aktiv erinnerbar war - und spontane Erinnerungen an reale intraoperative Begebenheiten, sondern auch

Diskussion Repräsentative Studien zum Thema Wachheit wahrend Sectionarkose wie auch die vorliegende Untersuchung lassen keinen Zweifel daran, d& Aufwachreaktionen während dieses Eingriffs im Vergleich zu allgemeinchirurgischen Anästhesien überdurchschnittlich häufig auftreten (1. , , 5., 24., 28., 29). , Von ahnlicher Relevanz ist dieses Problem nur in der Kardiochirurgie bei Einsatz der extrakorporalen Zirkulation (9) sowie bei der operativen Erstversorgung polytraumatisierter Patienten (3). Die eigenen Zahlen. wie die Zahlen aus der Literatur. verdeutlichen. daß die unzureichende Bewußtseinsausschaltung während Sectionarkose kein seltenes Phänomen ist, sondern ein grundsätzliches Problem der Allgemeinanästhesie für geburtshilfliche Eingriffe darstellt.

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

vor Entb.

An&cthesiol. Intensiumed. Notfallmed. Schmerzther. 26 (1991) 23

das Auftreten von intraoperativen Traumerlebnissen und Halluzinationen als Indikator für den partiellen Erhalt Sensorischer Informationsaufnahme und Verarbeitung gewertet. Die bei 60% unserer Patientinnen auftretenden motorischen Aufwachreaktionen übersteim " die in der Literatur angegebene an grögeren Untersuchungskollektiven beobachtbare Inzidenz von 40 O/o deutlich (28). Die Tatsache, daß sich motorische Aufwachreaktionen viermal häufiger durch Präsentation eines relevanten akustischen Reizes (Säuglingsgeschrei) provozieren ließen als durch die Präsentation klassischer Klaviermusik, läßt vermuten, daß die Art des akustischen Reizes wahrend Allgemeinanästhesie von Bedeutung sein könnte und Reize mit hoher inhaltlicher und emotionaler Relevanz zu einer unerwartet hohen Inzidenz von Aufwachreaktionen im Sinne einer selektiven, gerichteten Aufmerksamkeit führen. Bemerkenswert ist weiterhin die Tatsache, daß das Auftreten intraoperativer Aufwachreaktionen nicht mit Veränderungen der gemessenen Herz-Kreislaufparameter korreliert, also herkömmliche, klinische vegetative Parameter der Anästhesiefiihrung bei diesem Patientenkollektiv keinen ausreichenden Anhalt für eine suffiziente Ausschaltung des Bewußtseins darstellen. Das weit seltenere Auftreten bewugten Erleben~und Erinnerns intraoperativer Geschehnisse im Sinne von awareness entspricht in unserer Untersuchung mit Ca. 10% den in der Literatur angegebenen Zahlen (24). Auffällig hoch ist die von den Patientinnen nach Wiedererlangung von Orientierung und Kooperationsfähigkeit - also etwa 30 min bis 1 Stunde nach Beendigung des Eingriffes - berichtete Inzidenz intraoperativer Traumerlebnisse und Halluzinationen mit Ca. 43 O/o. Ahnlich den Träumen, die während des Nachtschlafes auftreten, waren die in Narkose erlebten Träume jedoch zu einem späteren Zeitpunkt - am 1. postoperativen Tag - aktivem Erinnern nicht mehr in gleichem Umfang zugänglich. Geht man davon aus. daß Traumerlebnisse Phänomene teilerhaltener sensorischer Informationsaufnahme bei nur gestörter Verarbeitung zu realen Bewußtseinsinhalten darstellen, so muß ihre Wertung zwischen wakefulness und awareness angesiedelt werden. Gründe, die die ungewöhnlich hohe Inzidenz unzureichender Bewußtseinsausschaltung während Allgemeinanästhesie bei Sectio caesarea begünstigen, sind vor allem in Besonderheiten des Anästhesieverfahrens, Patientenspezifischen Faktoren sowie einer erschwerten Beurteilbarkeit der Narkosetiefe zu suchen. Besonderheiten des Anästhesieverfahrens wie der Verzicht auf eine Prämedikation, die unmittelbare zeitliche Aufeinanderfolge von Narkoseinduktion, Intubation und chirurgischem Stimulus, sowie die sparsame Dosierung von Anästhetika, um anästhetikainduzierte fetale Depressionen zu vermeiden, begünstigen Zustände unzureichender BewuBtseinsausschaltung während Sectio caesarea. Psychologische Faktoren, wie Besorgnis um das Wohlergehen des Kindes sowie ein gerichtetes Interesse am Fortgang der Geburt, erhöhen die geschehensbezogene Aufmerksamkeit. Eine veränderte Nozizeption, die durch humorale Faktoren wie Erhöhung endogener Opioidpeptide bewirkte erhöhte Schmerztoleranz bei

gleichzeitig erhöhter Aufmerksamkeit gegenüber dem ablaufenden Geschehen mag ein zusätzlicher Grund für eine ungenügende Bewußtseinsausschaltung bei ausreichender Analgesie sein (6, 8, 23). Darüber hinaus besteht bei der fast immer anzutreffenden endogenen Katecholaminstimulation durch präoperativ gesteigerte situative Angst, durch beta-adrenerg stimulierende wehenhemmende Substanzen sowie die physiologischen schwangerschaftsspezifischen Veränderungen des kardiozirkulatorischen Svstems eine erschwerte ~ G r t e i l u nder ~ Anästhesietiefe anhand von Kreislaufparametern ( 10). U

Die Ableitung und Analyse der akustisch evozierten Potentiale hatte zum Ziel, die wahrend Sectionarkose gehäuft auftretenden Zustände intraoperativer Reizperzeption auf einen objektivierbaren Parameter sensorischer Reiz- und Informationsverarbeitung hin zu untersuchen. Im akustisch evozierten Potential der wachen Patienten zeigt sich eine deutliche 30-40 Hz-Komponente als energetisch dominant (Abb. 2, 3, 4,5, 6). Dies ist konkordant zu früheren Beobachtungen sowohl des Reizinduzierten Potentials als auch zu der oben angeführten konsistent auftretenden Maßzahl 30-40 Hz verschiedener neuropsychologischer Beobachtungen in verschiedenen Modalitäten (7, 11, 12, 13, 14, 17, 18,20, 22, 25). Der Zentralen Verarbeitung eines Sinnesreizes scheint eine neuronale 30-40 Hz-Oszillation zugrunde zu liegen (19, 21). Auch wenn es keinen einheitlichen Mechanismus gibt, der den Zustand Ailgemeinanästhesie herbeifuhrt, könnte man Allgemeinanästhesie phänomenologisch definieren als pharmakologisch induzierte, reversible Ausschaltung sensorischer Informationsverarbeitung. Folgerichtig müßte wahrend Allgemeinanästhesie die für adäquate sensorische Informationsverarbeitung bereitzustellende 30-40 Hz-Oszillation supprimiert sein. Dies ist unter adäquater Allgemeinanästhesie der Fall, wie im akustisch evozierten Potential mittlerer Latenz und seiner Frequenzanalyse gezeigt werden konnte (Abb. 2, 3, 4, 5). Gleiche Befunde zeigen Untersuchungen akustisch evozierter Potentiale und ihrer FreauenzanalGe unter dem Einfluß der Inhalationsanästhetika ~ n f l u ran und Isofluran (13). Mit ansteigenden endexpiratorischen Narkosegaskonzentrationen wird die neuronale Oszillation im Bereich der mittleren Latenz zunehmend unterdrückt. Die Ermittlung der prozentualen Energieanteile der einzelnen im AEP enthaltenen Frequenzkomponenten zeigt eine deutliche konzentrationsabhängige Abnahme des 30-40 Hz-Anteiles zugunsten niederfrequenterer Frequenzanteile (13). Es liegt der Schluß nahe, daß die Bereitstellung der notwendigen strukturellen Rahmenbedingungen, die für adäquate sensorische Informationsverarbeitung Voraussetzung sind, durch Allgemeinanästhesie reversibel blokkiert wird. Umgekehrt ist zu erwarten, d& Zustände unzureichender Bewußtseinsausschaltung während Allgemeinanästhesie sich als neuronale Oszillation im akustisch evozierten Potential mittlerer Latenz abbilden lassen. Mit Wiederauftreten oder Persistenz akustisch evozierter neuronaler Oszillationen ist zumindest die elektrophysiologische Voraussetzung sensorischer (hier: akustischer) Reizperzeption erfüllt. Dies konnte in der vorliegenden Untersuchung anschaulich am Beiswiel der Sectionarkose demonstriert werden. Wie in den eGemplarischen Einzelverläufen der Abbildungen 3 und 4 veranschaulicht ist, gehen klinische Zei-

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

Sensorische lnformationsuerarbeitung

chen unzureichender Bewußtseinsausschaltung wie intraoperative Aufwachreaktionen, intraoperative Traumerlebnisse, Erleben intraoperativen Geschehens mit der Persistenz einer akustisch evozierten 30-40Hz-Oszillation einher. Auch in der interindividuell gemittelten akustisch evozierten Potentialen der Abb. 5 scheint die positive Aufwachreaktion während akustischer Stimulation mit einer neuronalen 30-40 Hz-Oszillation vergesellschaftet zu sein. Bemerkenswert ist die im interindividuell gemittelten GrandAverage der Abb. 6 nachzuweisende neuronale Oszillation zum Zeitpunkt der Entbindung. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen bietet die Tatsache, daß die Wirkung des Induktionsanästhetikums Thiopental zu diesem Zeitpunkt, also Ca. 6-8 Minuten nach Injektion, im Abldingen begriffen ist. Die sonst unter dem Einflufi von Anästhetika konsistent zu beobachtende, signifikante Zunahme der Gipfellatenzen Na und Pa (13, 26, 27) findet sich wahrend Sectionarkose bis zum Zeitpunkt der Entbindung nicht (Abb. 7). Betrachtet man Gipfellatenzen als Scheitelpunkte einer unterliegenden Schwingung, so ist auch dies Ausdruck €ür Vorhandensein und energetische Dominanz höherfrequenter Schwingungsanteile im Bereich der mittleren Latenz.

D. Schwender und Mitarb.: Informationsuerarb.

Ilmberger, J.: Auditory excitability cycles in choice reaction time and order threshold. Naturwissenschaften 73 (1986) 743 Lorin, D. W., D. E. Sheer: Laterality of 40 Hz EEG and EMG during cognitive performance. Psychophysiology 21 (1984) 34-38 13 Madler, C., E. Pöppel: Auditory evoked potentials indicate the loss of neuronal oscillations during general anaesthesia. Naturwissenschaften 74 (1987) 42 14 Mäkelä,]. P., R Huri: Evidence cortical origin of the 40 Hz auditory evoked response in man. E l e c t r ~ e n c e ~clin. h . Neurophysiol. 66 (1987) 539-546 15 Picton, T. W., S. A. Hillyard, H. I. Krawz, R. Galambos: Human auditory evoked potentials. I: Evaluation of components. EEG Clin. Neurophysiol. 36 (1974) 179-190 16 Picton, T. W., S. A. Hillyard: Human auditory evoked potentials. 11: Effects of attention. EEG Clin. Neurophysiol. 36 (1974) 191-199 l7 Pöppel, E.: Oszillatorische Komponenten in Reaktionszeiten. Naturwissenschaften 55 (1968) 449-450 18 Pöppel E.: Excitability cycles in central intermittency. Psychol. Forsch. 34 (1970) 1-9 19 Pöppel, E.: Time Perception. In: Handbook of sensory physiology (Vol. VIII), eds. R Held, H. W. Leibowitz, H. L. Teuber, SpringerVerlag, Heidelberg, 1978 20 Pöppel, E., N. Logothetis: Neuronal oscillations in the human brain. Natwwissenschaften 73 (1986) 267 21 Pöppef, E.: Taxonomie des Subjektiven auf der Grundlage eines pragmatischen Monismus. In: Aktuelle Kernfragen in der Psychiatrie, hrsg. F. Böcker, W. Weig, Springer-Verlag, Berlin (1988) 24-7hDie vorliegende Untersuchung macht deut- 22 Regan, D. A.: A high frequency mechanism which underlies VEP. Electroencephalography and clinical Neurophysiology 25 (1968) lich, daß es sich bei akustisch evozierten Potentialen und ih231-237 ren korrespondierenden Energiespektren um einen senRwt, M., M. Keller, R Egbert, H. Grae@ Endorphinergic pain mosiblen Parameter zur Objektivierung perzeptiver Restfunkdulation during pregnancy and delivery. Archives of Gynecology 237 (1985) 57 tionen und sensorischer Informationsverarbeituna handelt. Zustände nicht-adäquater ~ewußtseinsausschaltkgwäh- z4 Schultetus, R R., C. R. HiU, C. M. Dhararnraj, T. E. Banner, L. S. Berman: Wakehlness during caesarean section after anesthetic inrend Allgemeinanästhesie lassen sich elektro~hysiolonisch duction with ketamine, thiopental, or ketamine and thiopental comim akustisch evozierten Potential mittlerer ~acen;abbirden. bined. Anesth. Analg. 56 (1984) 315-323 Die Ableitung akustisch evozierter Potentiale sowie das ErSyndell, J. D., G. Pattee, W. D. Goldie: The 40 Hz auditory event restellen der korrespondierenden Energiespektren stellt solated potential: Normal values and effects of lesions. Electroenceph. Clin. Neurophysiol. 62 (1985) 193-202 mit einen denkbaren methodischen Ansatz für ein iMonitoringverfahren dar, um suffiziente Bewußtseinsausschaltung 26 Thornton, C., C. P. H. Heneghan, M. F. M. James,]. G.]ones: EfFects of halothane or enflurane with controlled ventilation on audiwährend Allgemeinanästhesie elektrophysiologisch zu obtory evoked potentials. Br. J. Anaesth. 56 (1984) 315-323 jektivieren. 27 Thornton, C., C.P. H. Heneghan, M. Nauaratnarajah, P. E. Bateman, J. G. lones: Effect of etomidate on the auditory evoked reLiteratur sponse in man. Br. J. Anaest. (1985) 554-561 28 Tunstall, M. E.: Detecting wakefuiness during general anaesthesia for caesarean section. Br. Med. J. 1 (1977) 321 Abotileish, E., F. H. Taylor: Effect of morphine-diazepam on signs 29 Wilson, J., D. 1. Turner: Awareness during caesarean section under of anesthesia, awareness, and dreams of patients under NzO for general anaesthesia. Br. Med. J. 1 (1969) 281-283 caesarean section. Anesth. Analg. 55 (1976) 702-705 2 Basar, E., B. Rosen, C. Basar-Eroglu, F. Greitschw: The associations between 40Hz-EEG and the middle latency response of the auditory evoked potential. Intern. J. Neuroscience 33 (1987) DY.D. Schwender 103-117 Bogetz, M., 1.A. Katz: Recall of surgery for major trauma. AnestheInstitut für Anästhesiologie der siology 61 (1984) 6-9 Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen Bonke, B., P. I. M. Schmitz, F. Verhage, A. Zwaueling: Clinical stuKlinikum Großhadern dy of so-called unconscious perception during general anaesthesia. Marchioninistraße 15 Br. J. Anaesth. 58 (1986) 957-964 D-8000 München 70 Crawford, J. S.: Awareness during operative obstetrics under general anaesthesia. Br. J. Anaesth. 43 (1971) 179-182 6 Csontos, K., M. Rust, V. HöUt, W. C. Mahr, W. Kromer, H. Teschemacher: Elevated plasma?-endorphin levels in pregnant women and theu neonates. Life Sciences 25 (1979) 835 7 Galambos, R, S. Makeig, P.]. Talrnachoff. A 40 Hz auditory potential recorded from the human scalp. Proc. nat. Acad. Sci. (Wash.) 78 (1981) 2643-2647 X i n t r l e r , A.: Endorphin-mediated increases in pain threshold during pregnancy. Science 210 (1980) 193 9 Goldman, L., M. U. Shah, M. W. Hebden: Memory of cardiac anaesthesia. Anaesthesia 42 (1987) 596-603 IUGutsche, B. B.: Materne physiologische Veränderungen während der Schwangerschaft. In: Anästhesie in der Gebursthilfe. hrsg. Shnider S. M., Levinson G., Gustav Fischer, Stuttgart, New York 1984

Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.

24 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmemther. 26 (1s'91)

[Sensory information processing during general anesthesia-- acoustic-evoked 30-40 Hz oscillations and intraoperative wakefulness during cesarean section].

Neuropsychological and neurophysiological investigations indicate that the underlying framework of adequate sensory information processing is a 30-40 ...
893KB Sizes 0 Downloads 0 Views