Sekundäre Speisewegsrekonstruktion nach Resektion eines Kardiakarzinoms Secondary Isophageal Reconstruction after Resection of a Cardia Carcinoma W. Bernard, H. Scharfetter Chirurgische Univ.-Klinik Innsbruck, (Vorstand: Prof. Dr. F. Gschnitzer)

Zusammenfassung Nach abdominothorakaler Magentotal- und Ösophagusteilresektion wegen eines hochsitzenden Magenkarzinoms erwies sich beim Versuch, von einer linksseitigen Thorakotomie aus eine Ösophagojejunostomie auszuführen, die vorbereitete Jejunumschlinge als zu kurz. Die Durchführung einer Dickdarminterposition in diesem Operationsstadium erschien für den Patienten zu belastend; daher wurde die Operation mit Blindverschluß des distalen Ösophagusendes (Besprechung der daraus sich ergebenden Probleme) und Jejunostomie beendet. Die Speisewegsrekonstruktion durch retrosternale Dickdarminterposition einige Wochen nach der Karzinomresektion verlief komplikationslos und mit ausgezeichnetem funktionellem Effekt. Nachbeobachtungszeit 2 Jahre.

Summary Following abdomino-thoracical total gastrectomy and partial resection of the esophagus performed because of the presence of a stomac cancer located in the upper part of the organ an attempt was made to execute from a left sided thoracotomy an esophago-jejunostomy. During which it was found that the previously prepared loop of the jejunum was too short. The execution of a colon interposition in this particular operational state would have been too demanding on the patient; therefore the operation was concluded with a blind closure of the distal end of the esophagus and a jejunostomy (discussion of the resultant problems included in paper). The reconstruction of the digestive tract by retrosternal colon interposition a few weeks after the resection of the cancer proceeded without complication and with consequently excellent functional effect.

Da man bei der Operation des Kardiakarzinoms der Zwangslage gewärtig sein muß, daß sich nach abdominothorakaler Gastrektomie die zur Speisewegswiederherstellung vorgesehene und vorbereitete Jejunumschlinge als zu kurz erweist, erachten wir die Darstellung eines möglichen Ausweges aus dieser Situation anhand des Fallberichtes eines an der Chir. Univ.-Klinik Innsbruck operierten Patienten für angebracht. Vor 2 Jahren zeigte sich bei der Laparotomie eines 63jährigen großen und fettleibigen Mannes (I-Zahl 43 10 10 09), daß das hochsitzende Magenkarzinom so ausgedehnt war, daß es die Entfernung des ganzen Magens und des Abdominalabschnittes der Speiseröhre und damit abdomino-thorakales Vorgehen erforderte. Die Speisewegsrekonstruktion wollten wir in üblicher Weise durch End-zu-Seit-Verbindung von Ösophagus und durch

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W. Bernard, H. Scharfetter

Abb. 1 Zustand nach abdominothorakaler Gastrektomie ohne Wiederherstellung des Speiseweges

Abb. 2 Zustand nach Wiederherstellung des Speiseweges durch retrosternale Zwischenschaltung der rechten Dickdarmhälfte

Braun'sche Anastomose kurzgeschlossener erster Jejunum schlinge durchführen. Bei Freilegung des distalen ÖsophagusabSchnittes nach linksseitiger Thorakotomie zeigte sich aber, daß die Resektionslinie höher als erwartet angesetzt werden mußte; die geplante Ösophago-Jejunostomie scheiterte jetzt an zu großer Spannung der hochgezogenen Dünndarm schlinge. Nun standen zur sofortigen Defektüberbrückung Dünndarm- oder die uns geläufigere Dickdarm-Interposition mit intrathorakaler Anastomose zur Wahl. Wir haben uns aber zu keiner primären Speisewegswiederherstellung entschlossen, da uns die Vergrößerung und Verlängerung des Eingriffes als für den Patienten nicht tragbar erschien: Die Operation wurde mit Blindverschluß des distalen Speiseröhrenendes und Anlegung einer Jejunostomie beendet. Mit gezielter Drainage wollten wir den Folgen einer möglichen Fistelung der blindverschlossenen Speiseröhre vorbeugen - dem gleichen Zwecke sollte endoösophageale Dauerabsaugung dienen. (Abb. 1). Zur befürchteten Undichtigkeit des Blindverschlusses der Speiseröhre kam es, und es entstand eine Fistel, die zwar 4 Monate Sekret förderte, den Patienten dank guter Ableitung aber nie bedrohte; der Mann konnte 1 Monat nach der Gastrektomie mit liegendem Drain die Klinik verlassen, 4 Wochen später haben wir durch retrosternale Koloninterposition den Speiseweg wiederhergestellt: Mit der rechten Dickdarmhälfte wurde nach Durchtrennung der Speiseröhre in Höhe des Jugulums die Strecke zwischen Halsösophagus und Duodenalstumpf überbrückt. (Abb. 2) (Isoperistaltische Interposition eines aus einem Ileumteilstück, dem Colon ascendens und der rechten Hälfte des Colon transversum bestehenden und durch die Vasa colica media versorgten Darmabschnittes; die Anastomose zwischen Halsösophagus und dem Ileumende des Interponates wurde End-zu-End ausgeführt, die koloduodenale Anastomose End-zu-Seit; die Darmkontinuität wurde durch End-zu-Seit-Ileotransversostomie wiederhergestellt.) Normal eßfähig konnte der Patient 3 Wochen später die Klinik verlassen. Die Fistelung aus dem distalen Ende der Speiseröhre versiegte nach einigen Wochen, und nach Abstoßung des Drains verschloß sich dessen Kanal. Die Kontrolluntersuchung nach einem halben Jahr ergab blande Wundverhältnisse, bei der Thoraxdurchleuchtung zeigte sich kein besonderer Befund in der Gegend der isoliert verbliebenen Speiseröhre und der Patient hatte 10 kg an Gewicht zugenommen. Jetzt, 2 Jahre nach der Operation, fühlt sich der Mann gesund und führt unbehindert seinen Gasthof.

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Ösophagopleurale Fistel mit postprandialen Synkopen

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Unser Vorgehen stimmt bezüglich der Wahl einer mehrzeitigen Operation mit dem von Sperling aus der Berliner Charite 1969 gegebenen Fallbericht überein; die in Alternative zu der von Sperling gewählten kontralateralen, intrapleuralen kurzstreckigen Koloninterposition von uns durchgeführte langstreckige, retrosternale, also extrapleurale Dickdarmzwischenschaltung erscheint gefahrloser. Wir glauben, daß die Mitteilung unserer Erfahrung bei ähnlich gelagerten Fällen - wobei wir vor allem an das Anastomosenrezidiv nach Kardiakarzinomresektion denken - die Wahl dieses Ausweges erleichtert. Literatur Sperling, E.S.: Temporäre Anwendung der Ösophagus- Scharfetter, H., W. Bernard: Mehrstadienoperation endoprothese vor Operation eines Karzinomrezibeim Ösophaguskarzinom. Vortrag im Oktober divs nach Kardiaresektion. Thoraxchirurgie 17 1974 - Van Swieten Tagung - Wien (1969) 102 Tagungsbericht, Verlag der Österr. Ärztekammer ; Scharfetter, H. : Mehrstadienoperation des Ösophaguskarzinoms Thieme Copythek 1974 Dr. med. W. Bernard, Dr. med. H. Scharfetter, Chirurgische Univ.-Klinik, Anichstr. 35 A-6020 Innsbruck/Östereich

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eine primäre intrathorakale kurzstreckige Dickdarmzwischenschaltung als zu belastend und zu gefährlich erschien. Zudem wiesen uns die eigenen guten Erfahrungen mit der retrosternalen Dickdarminterposition diesen Weg, der als Sekundäreingriff nach dem Auftreten der Undichtigkeit des distalen Ösophagusendes am sichersten blieb. Daß die Ösophagusfistel zu keiner mediastinalen und pleuralen Infektion führte, bestätigt den Wert der gezielten, zusätzlich zur üblichen Pleurahöhlendrainage durchgeführten Ableitung (durch einen mittels Catgutnaht in der Nähe des blindverschlossenen Ösophagus fixierten Schlauch). Wir möchten aber nicht verschweigen, daß wir die rasche Spontanheilung der Fistel nach Ausschaltung des thorakalen Speiseröhrenabschnittes nicht erwartet hatten, sondern mit der Notwendigkeit der Entfernung dieses Speiseröhrenrestes gerechnet hatten.

[Secondary isophageal reconstruction after resection of a cardia carcinoma (author's transl)].

Following abdomino-thoracical total gastrectomy and partial resection of the esophagus performed because of the presence of a stomac cancer located in...
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