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Kasuistik

Rituximab als Therapieoption bei rezidivierender IgG4-Autoimmunpankreatitis und -cholangitis – ein Fallbericht Rituximab therapy for relapsing IgG4-autoimmune pancreatitis and cholangitis – a case report Autoren

J. Mueller1, A. Schmidt1, G. Herrmann2, K. Caca1

Institute

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Innere Medizin, Klinikum Ludwigsburg Pathologie, Klinikum Ludwigsburg

Schlüsselwörter

Zusammenfassung

Abstract

"

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Es wird über den Verlauf eines Patienten mit Autoimmunpankreatitis und begleitender -cholangitis berichtet. Über einen Zeitraum von 3 Jahren seit Erstdiagnose kam es zur Remission unter initialer Prednisolontherapie mit 40 mg täglich. Unter Ausschleichen der Medikation kam es zu wiederholten Rezidiven bei Prednisolondosen unter 20 mg täglich, sowie unter Therapieversuchen mit Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil. Nach Therapieeinleitung mit dem monoklonalen Antikörper CD20-Antikörper Rituximab konnte Prednisolon vollständig ausgeschlichen und eine anhaltende komplette Remission erzielt werden. Rituximab sollte als Therapieoption bei rezidivierender Autoimmunpankreatitis/-cholangitis in Betracht gezogen werden.

We report a patient with autoimmune pancreatitis and cholangitis. During a period of 3 years and despite therapy with steroids and immunmodulatory drugs such as azathioprine and mycophenolate mofetil he suffered from multiple relapse episodes including bile duct stenoses requiring endoscopic interventions. After initiation of therapy with the monoclonal CD20 antibody Rituximab, steroids could be stopped completely and the patient remains in remission. Rituximab should be considered in therapy of relapsing autoimmune pancreatitis and cholangitis.

Zur Therapie der Autoimmunpankreatitis wird der therapeutische Einsatz von Glukokortikoiden bzw. als Zweitlinientherapie der Einsatz von Immunmodulatoren empfohlen. Dennoch kommt es häufig zu Rezidiven unter o. g. Medikation [1 – 5].

Diagnose

● Autoimmuncholangitis ● Autoimmunpankreatitis ● IgG4 ● Rituximab ● Gallengangsstenose " " " "

Key words

● autoimmune cholangitis ● autoimmune pancreatitis ● IgG4 ● Rituximab ● bile duct stenosis " " " " "

eingereicht 29.7.2014 akzeptiert 30.10.2014 Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1385717 Z Gastroenterol 2015; 53: 40–42 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0044-2771 Korrespondenzadresse Prof. Dr. Karel Caca Innere Medizin, Klinikum Ludwigsburg Posilipostr. 4 71640 Ludwigsburg Germany Tel.: ++ 49/71 41/996 72 00 [email protected]

Anamnese !

Im Juli 2009 wurde ein 44-jähriger männlicher Patient zur weiteren Abklärung überwiesen. Der Patient hatte sich wiederholt mit Oberbauchschmerzen in einer externen Klinik vorgestellt. Hierbei fielen intermittierend erhöhte Cholestaseparameter auf. Sono- und CT-morphologisch zeigten sich die Gallengänge gering erweitert. Das Pankreas wurde als altersentsprechend unauffällig beschrieben. Bei zudem erhöhten Lipasewerten und anamnestisch regelmäßigem Alkoholkonsum, wurde primär die Verdachtsdiagnose einer, am ehesten äthyltoxischen, chronischen Pankreatitis gestellt.

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Endosonografisch stellte sich das Pankreas verplumpt, gering vergrößert und mit inhomogener Echotextur dar. In der ERCP zeigten sich bei unauffälligen intra- und extrahepatischen Gallengängen mehrere kurzstreckige Kaliberschwankungen des Ductus pancreaticus. Das mittels endosonografischer Punktion gewonnene Material ergab den histopathologischen Befund einer gering floriden " Abb. 1). sklerosierenden Pankreatitis (● In der erweiterten ätiologischen Abklärung zeigte sich eine isolierte Erhöhung von IgG4 auf 4,12 g/l (Referenz 0,052 – 1,250 g/l). Bei normwertigen Titern für pANCA und antimitochondriale Antikörper (AMA) ergab sich kein Anhalt für eine primär sklerosierende Cholangitis bzw. eine primär biliäre Zirrhose. Ergänzend wurde das endosonografisch gewonnene Biopsiematerial mittels immunhistochemischer Färbung nachbearbeitet. Mittels Anti-CD79a-Markierung konnten vermehrt Plasmazellen dargestellt werden. IgG4-markierte Zel-

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len zeigten sich nur vereinzelt. Bei Beschwerdefreiheit und fehlender Cholestase wurde der Patient zunächst mit der Empfehlung zur konsequenten Alkoholkarenz und engmaschiger Laborkontrollen entlassen.

Therapie und Verlauf !

Im September 2010 stellte sich der Patient dann mit dem Bild einer mechanischen Cholestase vor. In der ERC zeigte sich eine hochgradige Stenose des Ductus hepaticus dexter (DHD), sowie Kaliber" Abb. 2). schwankungen des Ductus hepaticus communis (DHC) (● Es wurde ein Plastikstent im DHD platziert. Aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs und der persistierend erhöhten IgG4-Werte wurde bei dringendem Verdacht auf eine Autoimmunpankreatitis Typ 1 (AIP) mit begleitender Autoimmuncholangitis (AIC) die Einleitung der Glukokortikoidtherapie empfohlen. Bei bestehendem Diabetes mellitus Typ 2 und der nach ERC rasch regredienten Beschwerden entzog sich der Patient zunächst der Steroidtherapie. Klinisch, laborchemisch und bildmorphologisch ergab sich kein Hinweis für eine weitere Organbeteiligung im Sinne einer Sialadenitis, tubulointerstitiellen Nephritis, Thyreoiditis, Prostatitis oder retroperitonealen Fibrose.

In einer geplanten Re-ERC im Januar 2011 zeigte sich die Stenose des DHD weiter persistierend. Daraufhin wurde die Therapie mit Prednisolon 40 mg/d initiiert. Hierunter zeigte sich laborchemisch ein gutes Ansprechen, sodass retrospektiv 3 von 4 typischen Krite" Tab. 1) zur Diagnose einer Autoimmunpankreatitis [6] rien (● erfüllt waren und trotz fehlendem Nachweis von vermehrt IgG4marrkierten Zellen im Biopsiematerial die Diagnose einer Autoimmunpankreatitis mit -cholangitis gestellt wurde. Die initiale Steroiddosis wurde im Verlauf ausgeschlichen. Im September 2011 kam es unter laufender Prednisolontherapie von 10 mg 1-0-0 zum Rezidiv mit Stenosierung des DHC im Bereich der Bifurkation " Abb. 3). Es wurden erneut 2 Doppelpigtail-Stents platziert (● " Abb. 4). Überlappend zur erneuten Prednisolontherapie mit (● 40 mg 1-0-0 wurde der Patient nun mit Azathioprin 150 mg täglich eingestellt, worunter es zunächst erneut zur kompletten Remission mit normwertigen Cholestaseparametern kam. Das zweite Rezidiv seit Therapieeinleitung erfolgte im Juli 2012 unter laufender Therapie mit Azathioprin und Prednisolon 15 mg 1-0-0. Es musste eine hochgradige Stenose des Ductus hepaticus sinister mit einem Stent versorgt und die Prednisolondosis erneut auf 40 mg täglich erhöht werden. Zudem wurde die immunmodu-

Tab. 1

Abb. 1 Sklerosierende Pankreatitis im histopathologischen Präparat nach endosonografischer Biopsie (HEFärbung).

Abb. 2 Perlschnurartige Konfiguration des Ductus hepaticus communis und Verschluss des Ductus hepaticus dexter.

Level 1 (HISORt-)Kriterien zur Diagnose der Autoimmunpankreatitis.

Histologie

Periductale lymphoplasmozytäre Infiltrate, obliterative Phlebitis, storiforme Fibrose, > 10 lgG4-positive Zellen im Hauptgesichtsfeld (3 von 4)

Bildgebung

Organvergrößerung mit KM-Anreicherung im CT in der Spätphase, Kaliberschwankungen des Ductus pancreaticus

Serologie

Verdopplung des IgG4-Spiegel im Serum

Beteiligung anderer Organsysteme

Beteiligung anderer Organe (Gallengänge, retroperitoneale Fibrose, mediastinale Lymphadenopathie, …)

Ansprechen auf Steroidtherapie

Ansprechen auf Glukokortikoidtherapie innerhalb von 2 Wochen

Abb. 3 Stenosierung des Ductus hepaticus communis im Bereich der Bifurkation.

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Kasuistik

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Diskussion !

Abb. 4

Postinterventionelle Aufnahme.

Abb. 5

Krankheitsverlauf anhand der y-GT-Werte.

Bei den IgG4-assoziierten Erkrankungen kommt es zu fibrosierenden Entzündungen verschiedener Organsysteme. Bei Beteiligung des Pankreas spricht man von Autoimmunpankreatitis (AIP). Ist das Gallengangsystem involviert, wird die Erkrankung als IgG4-assoziierte sklerosierende Cholangitis bzw Autoimmuncholangitis (AIC) bezeichnet [4]. Zur Diagnostik und Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen können die HISORt-Kriterien verwendet werden [6]. Die Therapie der AIP/AIC basiert auf empirischen Daten, da bislang keine kontrollierten randomisierten Studien zur Verfügung stehen. Ein initiales Ansprechen mit kompletter Remission nach Steroidstoßtherapie in bis zu 99 % konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden [1 – 3]. Jedoch kommt es unter ausschleichender Steroidtherapie bei Dosen in 50 – 75 % und unter Low-dose-Dauertherapie mit Steroiden in 23 % zu rezidivierenden Verläufen [1 – 5]. Bei therapierefraktären Verläufen bzw. Kontraindikation für Steroidgabe wird ein Dauertherapieversuch mit immunmodulierender Medikation wie Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil empfohlen [1, 2, 4]. In der Literatur wird über den Therapieerfolg durch den Einsatz des monoklonalen CD20-Antikörpers Rituximab (RTX) bei therapierefraktären Krankheitsverläufen berichtet [4, 7, 8]. Im dargestellten Fall kam es im Zeitraum von 2009 – 2013 zu wiederholten Rezidiven einer AIP/AIC mit interventionsbedürftigen Gallengangsstenosen bei Prednisolondosen unter 20 mg täglich. Die Immunmodulation mit Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil war frustran. Eine komplette Remission über bis dato 12 Monate mit Normalisierung der IgG4-Werte konnte durch die RTXMonotherapie erreicht werden. Der dargestellte Fall bestätigt den Bericht der Mayo Clinic, in welchem 10 Patienten mit AIP erfolgreich mit RTX behandelt wurden [4]. RTX sollte als Option bei therapierefraktären Verläufen und Kontraindikation gegenüber einer Kortisondauertherapie frühzeitig diskutiert werden. Unklar ist bislang wie lange und in welcher Dosierung die Therapie durchgeführt, sowie welche Kontrollen empfohlen werden sollten.

Literatur latorische Therapie auf Mycophenolat-Mofetil 1000 mg 1-0-1 umgestellt. Im Januar 2013 zeigten sich sprunghaft ansteigende Cholestaseparameter unter Ausschleichen der Steroidtherapie, sodass von einem erneuten Rezidiv ausgegangen wurde. In einer Veröffentlichung der Mayo Clinic New York wurde über die erfolgreiche Therapie von 10 Patienten mit Rituximab (RTX) bei AIP bzw. AIC berichtet [4]. Aufgrund der verschlechterten Stoffwechselsituation bei Diabetes mellitus und den bekannten Spätfolgen unter Kortisondauertherapie sowie des Nichtansprechens auf die konventionellen Immunsuppressiva, entschied man sich bei dem hier vorgestellten Patienten für diese Therapieoption. Im Juni 2013 wurde die RTX-Therapie eingeleitet (375 mg/m² Körperoberfläche wöchentlich über 4 Wochen, dann alle 2 Monate für 24 Monate) und Prednisolon über 6 Wochen vollständig ausgeschlichen. In den Verlaufskontrollen zeigte sich klinisch und laborchemisch eine komplette Remission mit zuletzt am 5.6.2014 normwertigen Cholestaseparametern und IgG4-Werten (1,14 g/l). Der gesamte Krankheitsverlauf des Pa" Abb. 5 zusammengefasst. tienten ist anhand der y-GT-Werte in●

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01 Ghazale A, Chari ST, Zhang L et al. Immunoglobulin G4-associated cholangitis: clinical profile and response to therapy. Gastroenterology 2008; 3: 706 – 715 02 Greenberger NJ, Whitcomb DC, Grover S. Autoimmune pancreatitis. www.uptodate.com Zugegriffen: 14.11.2013 03 Hart PA, Kamisawa T, Brugge WR et al. Long-term outcomes of autoimmune pancreatitis: a multicentre, international analysis. GUT 2013; 62: 1771 – 1776 04 Hart PA, Topazian MD, Witzig TE et al. Treatment of relapsing autoimmune pancreatitis with immunomodulators and rituximab: the Mayo Clinic experience. Gut 2013; 62: 1607 – 1615 05 Kamisawa T, Shimosegawa T, Okazaki K et al. Standard steroid treatment for autoimmune pancreatitis. Gut 2009; 58: 1504 – 1507 06 Chari ST, Takahashi N, Levy MJ et al. A diagnostic strategy to distinguish autoimmune pancreatitis from pancreatic cancer. Clin Gastroenterol Hepatol 2009; 7: 1097 – 1103 07 Topazian M, Witzig TE, Smyrk TC et al. Rituximab therapy for refractory biliary strictures in immunoglobulin G4-associated cholangitis. Clin Gastroenterol Hepatol 2008; 6: 364 – 366 08 Khosroshahi A, Bloch DB, Deshpande V et al. Rituximab therapy leads to rapid decline of serum IgG4 levels and prompt clinical improvement in IgG4-related systemic disease. Arthritis Rheum 2010; 62: 1755 – 1762

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[Rituximab therapy for relapsing IgG4-autoimmune pancreatitis and cholangitis - a case report].

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