Kasuistiken Herzschr Elektrophys 2015 · 26:303–305 DOI 10.1007/s00399-015-0376-4 Eingegangen: 4. Mai 2015 Angenommen: 5. Mai 2015 Online publiziert: 20. Mai 2015 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

B. Bellmann · V. Tscholl · P. Nagel · M. Roser

Anamnese und klinischer Befund

führlichen Gesprächen mit dem Patienten wurde eine elektrophysiologische Untersuchung mit 3D-Map (CARTO) in Ablationsbereitschaft geplant.

Wir berichten über einen 31-jährigen Patienten, der sich selbstständig mit einer hämodynamisch tolerierten anhaltenden Breitkomplex-Tachykardie in unserer Notaufnahme vorstellte. Die Herzfrequenz betrug 152/min. Im aufgezeichneten 12-Kanal-EKG zeigte sich eine Tachykardie mit Linksschenkelblock, einer inferioren Achse und einem R/S-Umschlag in V4 (. Abb. 1). Die Tachykardie terminierte unter Gabe von 18 mg Adenosin. Der Patient berichtete seit einigen Monaten über ein intermittierendes Herzrasen, welches von Palpitationen und Luftnot begleitet war. Anamnestisch konnte vor 5 Jahren bereits einmalig eine Tachykardie mit Adenosin terminiert werden. Eine Dokumentation dieser Tachykardie lag nicht vor. Die Dauer der Episoden betrug bislang einige Minuten bis Stunden. Synkopen waren nicht aufgetreten, und es wurde eine gute Belastbarkeit angegeben. Im Ruhe-EKG zeigte sich ein bekannter kompletter Rechtsschenkelblock. Eine Dauermedikation bestand nicht. Der Patient hatte sich im Alter von 3 Jahren in Brasilien einer Korrekturoperation einer bestehenden Fallot-Tetralogie unterzogen mit Anlage einer Patchplastik im Bereich des linken Ausflusstraktes und einer Sprengung der Pulmonalklappe. In der transthorakalen Echokardiographie zeigten sich eine gute linksventrikuläre Pumpfunktion sowie eine hochgradige Pulmonalklappeninsuffizienz. In der Magnetresonanztomographie des Herzens konnte der Patch im Bereich des linken Ausflusstraktes dokumentiert werden (. Abb. 2). Nach aus-

Department of Medicine-Cardiology, Charité Berlin Campus Benjamin Franklin, Berlin, Deutschland

Rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie 30 Jahre nach chirurgischer Fallot-Teratologie-Korrektur

Diagnose und Therapie Vor der elektrophysiologischen Untersuchung konnten mittels eines transösophagealen Herzultraschalls intrakardiale Thromben ausgeschlossen werden. Das Labor zeigte normwertige Parameter. Die femoralen Punktionen und das Vorbringen der Katheter verliefen komplikationslos. Über einen venösen Zugang in der V. femoralis erfolgte die Platzierung eines Katheters im Apex des rechten Ventrikels sowie im Koronarsinus. Es erfolgte die Erstellung eines 3D-Maps (CARTO, Biosense Webster, Diamond Bar, USA) des rechten Ventrikels und des rechtsven-

trikulären Ausflusstraktes (RVOT). Hier konnte kein eindeutiges Substrat identifiziert werden (. Abb. 3). Initial ließ sich unter programmierter Ventrikelstimulation mit bis zu 3 Extras keine ventrikuläre Tachykardie induzieren. Nach Gabe von 0,15 mg Orciprenalin konnte dann wiederholt mit einem einfachen ventrikulären Extrastimulus eine monomorphe ventrikuläre Tachykardie mit Linksschenkelblock-Morphologie und inferiorer Achse induziert werden (Zykluslänge 408 ms). Morphologisch war die Tachykardie identisch mit der initial dokumentierten Tachykardie (.   Abb. 4). Mittels Überstimulation konnte die Tachykardie jederzeit terminiert werden. Mittels Pace-Map zeigte sich eine übereinstimmende Morphologie im lateralen RVOT unterhalb der Pulmonalklappe (PASO 94 %; .  Abb. 5). Hier konnte eine erfolg-

Abb. 1 8 Initiale ventrikuläre Tachykardie im 12-Kanal-EKG mit Linksschenkelblock, inferiorer Achse und R/S-Umschlag in V4 Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie 3 · 2015 

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Kasuistiken

Verlauf

Abb. 2 9 Magnetresonanztomographie mit Patchplastik (Pfeil) im Bereich des linken Ausflusstraktes

Der peri- und postprozedurale Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Ein Perikarderguss wurde echokardiographisch ausgeschlossen. Der Patient wurde 48 h Stunden überwacht. In diesem Zeitraum war der Patient hämodynamisch stabil und zeigte keine Herzrhythmusstörungen. Auf eine antiarrhythmische Therapie wurde verzichtet. Im weiteren Verlauf traten keine erneuten Herzrhythmusstörungen auf.

Diskussion

Abb. 3 8 Voltage-Map des rechten Ventrikels mittels 3D-Mappingsystem (CART) in anteriorer-posteriorer und posteriorer-anteriorer Projektion

Abb. 4 9 Induzierte ventrikuläre Tachykardie mit einer Zykluslänge von 408 ms, Linksschenkelblock, inferiorer Achse und R/ S-Umschlag in V5 nach Orciprenalingabe mittels eines einfach angekoppelten ventrikulären Extrastimulus. Die Morphologie entspricht der initialen, in der Notaufnahme dokumentierten ventrikulären Tachykardie

reiche Radiofrequenzablation mit 30 W gekühlt vorgenommen werden. Nachfolgend konnte auch bei wachem Patienten

keine ventrikuläre Tachykardie mehr induziert werden.

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Mapping und Ablation bei Patienten mit stattgehabter operativer Korrektur einer Fallot-Tetralogie stellen für den Untersucher eine besondere Herausforderung dar. Nicht nur die veränderten anatomischen Gegebenheiten, sondern auch die verschiedenen Lokalisationsorte der Tachykardien, bedingt durch das myokardiale Narbengewebe, welches sich nach den komplexen Korrekturbedingungen und Verwendung von Fremdmaterial bildet, stellen ein inhomogenes, arrhythmogenes Substrat dar. Die Inzidenz von supra- und ventrikulären Tachykardien nach einer Fallot-Korrekturoperation wird in der Literatur mit 10 % angegeben [1]. Besonders häufig sind die Tachykardien im Bereich des Patches im linksventrikulären Ausflusstrakt lokalisiert [2]. Unser Fallbeispiel zeigt jedoch, dass es nach Sprengung der Pulmonalklappe auch in diesem Bereich zu ventrikulären Tachykardien kommen kann. Diese können auch nach einer großen Zeitspanne nach der vorgenommen Korrektur auftreten [3]. Es ist jedoch zu diskutieren, ob es sich bei dem Patienten, trotz der komplexen Vorgeschichte, nicht um eine idiopathische ventrikuläre Tachykardie handelte. Das klare fehlende Substrat im Map und die Adenosin-Sensitivität sprächen dafür. Nichtsdestotrotz machen die veränderten anatomischen Gegebenheiten eine sorgsame Planung der Prozedur notwendig, insbesondere wenn keine Vorbefunde vorliegen. Eine ausführliche Bildgebung im Sinne von Echokardiographien und einer Magnetresonanztomographie werden empfohlen. Zudem ist die Verwendung eines 3D-Mappingsystems hilfreich, um den Ursprungsort der

Zusammenfassung · Abstract Herzschr Elektrophys 2015 · 26:303–305 DOI 10.1007/s00399-015-0376-4 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 B. Bellmann · V. Tscholl · P. Nagel · M. Roser

Rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie 30 Jahre nach chirurgischer Fallot-Teratologie-Korrektur

Abb. 5 8 Erstellung des Pace-Maps mit Ursprung der Tachykardie im Bereich der lateralen Pulmonalklappe. Der Ablationskatheter liegt im detektierten Bereich mit nachfolgender Radiofrequenz-Energieabgabe. Links ist der Referenzkomplex zu erkennen

Tachykardie zu lokalisieren. Ein konventionelles Mapping ist aufgrund der komplexen Anatomie zwar durchführbar, aber häufig erschwert [4].

Einhaltung ethischen Richtlinien

Fazit für die Praxis

Dieser Beitrag enthält keine Studien an Menschen oder Tieren.

55Dieses Fallbeispiel zeigt, dass es nach einer Fallot-Korrektur mit Sprengung der Pulmonalklappe nicht nur im Bereich des Patches im LVOT, sondern auch im RVOT zu ventrikulären Tachykardien kommen kann. 55Die erfolgreiche Radiofrequenzablation ist bei einer komplexen Anatomie unter Verwendung eines 3DMappingsystems sicher und durchführbar. 55Eine genaue Vorbereitung der Prozedur mittels einer transthorakalen und transösophagealen Herzsonographie und Magnetresonanztomographie ist zum Verständnis der anatomischen Gegebenheiten hilfreich.

Literatur

Korrespondenzadresse B. Bellmann M.D. Department of MedicineCardiology Charité Berlin Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12203 Berlin [email protected]

Interessenkonflikt.  B. Bellmann, V. Tscholl, P. Nagel und M. Roser geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1. Karamlou T, Silber I, Lao R, McCrindle BW, Harris L, Downar E, Webb GD, Colman JM, Van Arsdell GS, Williams WG (2006) Outcomes after late reoperation in patients with repaired tetralogy of Fallot: the impact of arrhythmia and arrhythmia surgery. Ann Thorac Surg 81:1786–1793 2. Kapel GF, Reichlin T, Wijnmaalen AP, Tedrow UB, Piers SR, Schalij MJ, Hazekamp MG, Jongbloed MR, Stevenson WG, Zeppenfeld K (2014) Left-sided ablation of ventricular tachycardia in adults with repaired tetralogy of Fallot: a case series. Circ Arrhythm Electrophysiol 7:889–897 3. Rostock T, Willems S, Ventura R, Weiss C, Risius T, Meinertz T (2004) Radiofrequency catheter ablation of a macroreentrant ventricular tachycardia late after surgical repair of tetralogy of Fallot using the electroanatomic mapping (CARTO). Pacing Clin Electrophysiol 27:801–814 4. Burton ME, Leon AR (1993) Radiofrequency catheter ablation of right ventricular outflow tract tachycardia late after complete repair of tetralogy of Fallot using the pace mapping technique. Pacing Clin Electrophysiol 16:2319–2325

Zusammenfassung Wir berichten über einen 31-jährigen Patienten mit anhaltenden Breitkomplextachykardien mit Linksschenkelblockmorphologie nach Korrektur einer Fallot-Tetralogie mit Patchplastik im linken Ausflusstrakt und Sprengung der Pulmonalklappe in der Kindheit. In der elektrophysiologischen Untersuchung mit 3D-Map konnte die Tachykardie nach Provokation mit Orciprenalin und programmierter Ventrikelstimulation mit einem Extrastimulus induziert werden. Es zeigte sich eine rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie (RVOT) lateral an der freien Wand unterhalb der Pulmonalklappe, welche erfolgreich mittels Radiofrequenzenergie abladiert werden konnte. Schlüsselwörter Ventrikuläre Tachykardie · Rechtsventrikuläre Ausflusstrakt-Tachykardie · Ablation · FallotTetralogie · 3D-Mapping

Right ventricular outflow tract tachycardia 30 years after surgical correction of tetralogy of Fallot Abstract This case report describes a 31-year-old man with a sustained wide complex tachycardia with left bundle brunch block morphology after surgical repair of a tetralogy of Fallot. The tachycardia was inducible after orciprenaline administration after ventricular stimulation with one extra beat. In combination with the three-dimensional electroanatomic mapping system and pace mapping technique the origin of the tachycardia was identified at the lateral free wall of the right ventricular outflow tract tachycardia (RVOT) inferior of the pulmonary valve. Successful radiofrequency ablation was performed and the patient is still free from ventricular tachycardia. Keywords Ventricular tachycardia · Right ventricular outflow tract tachycardia · Ablation · 3D-Mapping · Fallot tetralogy

Herzschrittmachertherapie + Elektrophysiologie 3 · 2015 

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[Right ventricular outflow tract tachycardia 30 years after surgical correction of tetralogy of Fallot].

This case report describes a 31-year-old man with a sustained wide complex tachycardia with left bundle brunch block morphology after surgical repair ...
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