Update Ophthalmologie  ·  Gefäßverschlüsse

Keine Visusverbesserung durch Kollaterale Originalpublikationen Weinberg DV, Wahle AE, Ip MS et al. (2012) Score Study Report 12: Development of Venous Collaterals in the Score Study. Retina 33:287-295 McAllister IL, Gillies ME, Smithies LA et al. (2010) The Central Retinal Vein Bypass Study: A Trial of Laser-induced Chorioretinal Venous Anastomosis for Central Retinal Vein Occlusion. Ophthalmology 117:954-965 Hayreh SS (2002) Radial optic neurotomy for central retinal vein occlusion. Retina 22: 827 Hayreh SS, Zimmerman MB, Podhajsky PA (2012). Retinal vein occlusion and the optic disk. Retina 32:2108-2118

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Nicolas Feltgen Universitätsmedizin Göttingen Abteilung Augenheilkunde Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen [email protected]­ goettingen.de Die Beiträge stammen aus dem Handbuch Ophthalmologie 2012 und entsprechen den Seminarunterlagen des 2. Ophthalmo Update 2012 der med update GmbH. Ophthalmologe 2013 · 110:922–923 DOI 10.1007/s00347-013-2902-2 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

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Der Ophthalmologe 10 · 2013

Die Score Studie (Standard of ­C are versus Corticosteroid for retinal vein occlusion) hat den Effekt von intravitreal appliziertem Triamcinolonacetonid mit dem Spontanverlauf (beim ­Z en­t ralvenenverschluss/ZVV: n=262) oder einer GRID-Laserkoagulation (beim Venenastverschluss/ VAV: n=403) verglichen. Insgesamt wurden bisher 13 Arbeiten aus den Daten der Studie publiziert. Weinberg et al. haben den Einfluss von Kollateralgefäßen auf die Visusentwicklung untersucht. Die Ergebnisse waren eindeutig: die Ausbildung von Kollateralen hatte keinen Einfluss auf die Visusentwicklung. Das betraf sowohl die retinalen, als auch die auf der Papille gelegenen Kollateralen. Beim VAV bildeten sich typischerweise retinale Umgehungskreisläufe aus (48,5 % beim VAV versus 27,9 % beim ZVV), während sich beim ZVV oder HemiZVV mehr Papillenkollaterale (46,2 % beim ZVV oder HemiZVV versus 13,5 % beim VAV) entwickelten. Die Ischämie scheint einen wesentlichen Anreiz für die Erweiterung der Gefäße darzustellen: Je ausgeprägter die retinale Ischämie in der initialen Fluoreszeinangiographie war, desto eher bildeten sich Kollaterale aus. Die Aussage wird dadurch eingeschränkt, dass die Untersuchung der Kollateralgefäße nicht das primäre Ziel der Studie war: Im Verlauf wurden keine weiteren Angiographien durchgeführt, mit deren Hilfe die Gefäße besser zu identifizieren gewesen wären, als auf den ausgewerteten Fundusfotos. Zudem war die mittlere Verschlussanam­nese in

dieser Studie mit 4,3 Monaten relativ lang. Daher ist es durchaus denkbar, dass einige Augen bereits bei Einschluss einen Gleichgewichtszustand zwischen arteriellem Zufluss und venösem Abfluss erreicht hatten. Mit Hilfe dieser Ergebnisse kann die Bedeutung der Kollateralen auf den Visus trotzdem in Frage gestellt werden. Diese Erkenntnis ist von Bedeutung, da es Therapien gibt, deren theoretische Überlegungen gerade auf der Ausbildung von Kollateralen beruhen. Dabei handelt es sich in erster Linie um die chorioidale Laseranastomose nach McAllister, der einen künstlichen laserinduzierten Kurzschluss zwischen retinalem und chorioidalen Gefäßsystem propagiert hat, um die venöse Stauung über die Aderhautgefäße abzuleiten. Mittlerweile wurde in einer prospektiven Studie dieser Effekt als geringfügig eingestuft (McAllister et al.). Zudem übersteigen die laserinduzierten Komplikationen den Nutzen, sodass diese Therapie nicht weiter angewendet werden sollte.

Aber auch die radiäre Optikoneurotomie hat einen möglichen visusverbessernden Effekt mit der Ausbildung von chorioretinalen Anastomosen erklärt. Obwohl bei beiden Eingriffen traumatisch Anastomosen induziert werden und diese damit nicht direkt mit der Kollateralenbildung ohne Operation verglichen werden kann, scheint die Umstrukturierung der Gefäße den erhofften Effekt auch klinisch nicht zu zeigen (Hayre 2002; Hayreh, Zimmermann, Podhajsky 2012).

Kommentar Die vielfach diskutierte Frage der Wirkung von Kollateralen auf die Visusentwicklung kann mit Hilfe der SCORE Studie hinlänglich beantwortet werden: Kollaterale verbessern die Sehschärfe nicht. Ebenso ist davon auszugehen, dass chirurgische Behandlungen, deren Ziel die Bildung von Kollateralen ist, keinen Effekt auf die Sehschärfe haben.

Abb. 8 Kompensierter ischämischer Venenastverschluss der V. temporalis ­superior. Ophthalmoskopisch sind multiple Kollateralgefäße erkennbar [Aus: Ophthalmologe (2003) 100:561-578]

Retinale Venenverschlüsse – Morphologie vor Funktion Originalpublikationen Kang HM, Chung EJ, Kim YM, Koh HJ (2012) Spectral-domain optical coherence tomography (SD-OCT) patterns and response to intravitreal bevacizumab therapy in macular edema associated with branch retinal vein occlusion. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 251:501-508 Domalpally A, Peng Q, Danis R et al (2012) Association of outer retinal layer morphology with visual acuity in patients with retinal vein occlusion: SCORE Study Report 13. Eye 26:919-924

Die Zulassungsstudien von Ranibizumab, Dexamethason, Aflibercept und auch die randomisierte Studie mit Bevacizumab belegen klar, dass morphologi-

sche vor funktionellen Änderungen sichtbar werden. Wie bei der altersabhängigen Makuladegeneration gilt deshalb die Regel: Morphologie vor Funktion. Als weitere prognostische Faktoren, die mit einer abschließend besseren Sehschärfe verbunden sind, gelten: Integrität der Photorezeptoren (inner segment/­outer segment [IS/OS] Linie), Höhe des initialen Makulaödems und intraretinale chronisch-­zystoide Veränderungen. Vor allem die IS/OS Linie, die zwischen dem retinalen Pigmentepithel und der Membrana limitans externa liegt, steht im Fokus der Publikationen. Diese Struktur kann mit dem Spectral-Domain OCT identifiziert werden. Sie ist am besten sichtbar wenn das Ödem

zurückgedrängt wurde (Kang et al., Domalpally et al.). Die Ergebnisse zur initialen zentralen Ischämie hingegen sind nicht so eindeutig. Im Gegensatz zur diabetischen Retinopathie zeigen viele Patienten mit retinalem Venenverschluss und fovealer Beteiligung auch eine begleitende Blutung, die eine zuverlässige Beurteilung der Ischämie des retinalen Kapillarbetts zunächst nicht gestattet. Bei alten Verschlüssen gilt jedoch die Regel: Patienten mit ­ischämischer Makula haben auch eine schlechtere Prognose.

Kommentar Der Visus alleine ist kein ausreichendes Kriterium für die Behandlungsentscheidung. Die Po-

Arterielle Verschlüsse: Internistische und neurologische Untersuchungen unerlässlich Originalpublikationen Chang LK, Spaide RF, Klancnik JM et al. (2011) Longer-Term Outcomes of a Prospective Study of Intravitreal Ranibizumab as a Treatment for Decreased Visual Acuity Secondary to Central Retinal Vein Occlusion. Retina 31:821-828 Johansson EP, Arnerlov C, Wester P (2012) Risk of recurrent stroke before carotid endarterectomy: The ANSYSCAP study. Int J Stroke 8:220-227

Chang et al. haben in einer 3-Jahresanalyse die Daten von 464 RAV Patienten mit 2.784 gematchten Menschen, deren kardiovaskuläre Risikofaktoren berücksichtigt wurden, verglichen.

Innerhalb der 3-Jahres-Nach­ beobachtungszeit hatten 19,6 % der RAV Patienten und 10 % der Kontrollgruppe einen Apoplex. Je länger der Verschluss zurück lag, desto seltener war ein Schlaganfall. Das Hauptrisiko bestand innerhalb der ersten 6 Monate. Das relative Risiko für RAV Patienten betrug in dieser Studie 2,07 (Risiko verdoppelt). Wenn nur die Patienten unter 60 Jahren betrachtet wurden, lag das Risiko sogar bei 3,34. Vergleichbare Daten können aus einer neurologischen Studie abgelesen werden, die den schützenden Effekt einer Karotis-End­a rteriektomie bei vorausgegangenen ischämischen Ereignissen im zerebra-

sologie von Lucentis muss durch Funduskopie, subjektives Visusempfinden des Patienten und vor allem eine OCT-Untersuchung ergänzt werden. Im OCT kann die Beurteilung der IS/OS Linie hilfreich sein, vor allem wird aber das ­zystoide Makulaödem und die Makuladicke beurteilt. Im Zweifel muss eine Fluoreszenzangiographie erfolgen.

len Stromgebiet nachweist (Johansson, Arnerlov, Wester). In der erwähnten Studie wurden 230 Patienten mit ischämischen ­z erebrovaskulären Ereignissen (Amaurosis fugax, RAV, trans­ ischämische Attacke oder milder ischämischer Insult) mit einer Karotisendarteriektomie behandelt. Auch bei dieser Studie kam es unmittelbar nach dem ischämischen Ereignis signifikant häufiger zu erneuten ischämischen Komplikationen im zerebrovaskulären Stromgebiet. Deshalb muss weiter davon ausgegangen werden, dass RAV Patienten dringend internistisch und neurologisch abgeklärt werden sollten.

Kommentar Obwohl die beiden Studien re­ trospektiv Daten erheben, wird das internistische und neurologische Risiko der Patienten mit Verschluss einer retinalen Arterie klar. Die enge Zusammenarbeit mit Internisten und Neurologen ist unerlässlich. Hierbei wird der Augenarzt zum interdisziplinären Vermittler.

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Veranstaltungshinweis

Leipzig, 25.–28.09.2014 DOG-Update – State of the Art 2014 Mainz, 22.–23.11.2013 Ophthalmo Update 2013 3. Ophthalmologie-UpdateSeminar Der Ophthalmologe 10 · 2013 

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