Berichte der Arbeitsgemeinschaften Pathologe 2013 · [Suppl 2] · 34:297–298 DOI 10.1007/s00292-013-1816-8 Online publiziert: 8. November 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

A. Burkhardt Pathologiepraxis Reutlingen

Bericht der Arbeitsgemeinschaft Oralpathologie Höhepunkt der diesjährigen Sitzung der Arbeitsgemeinschaft für Oralpathologie war ein Gastreferat von Professor H. Yamamoto (Nihon Universität, Matsudo, Japan) über „Oral cancer and cancer prevention in Japan“. Der Vortrag beruhte auf einer Analyse der Statistik des japanischen Gesundheitsministeriums, der entsprechenden japanischen Literatur und der Daten der Abteilung für Oralpathologie an der Nihon Universität. Im Jahre 2011 betrug die Gesamtzahl der Todesfälle durch Lippen, Mundhöhlen- und pharyngeale Tumoren 6888 Patienten, davon 4901 Männer und 1987 Frauen. Dies bedeutet ein Verhältnis­ von 2,5:1. Bei einer Gesamtzahl an Toten auf Grund einer Krebserkrankung von 357.305 im Jahre 2011 war somit das Kopf-Hals-Karzinom für 1,9% der Tumortoten verantwortlich. Umgerechnet auf die Mortalität­ pro 100.000 Einwohnern betrug diese 2010 7,9 bei Männern und 3,0 bei Frauen. Beunruhigend ist die Tatsache, dass die Anzahl der Todesfälle durch Kopf-Hals-Karzinome in Japan wie auch international ansteigend ist. Für das Jahr 2020 rechnet man mit 9779 Todesfällen durch Kopf-Hals-Karzinome. Der Anstieg seit dem Jahre 2000 (5939 Patienten) bis zum Jahr 2011 betrug immerhin 14%. Histologisch bestand die große Mehrheit der Mundhöhlenkarzinome aus Plattenepithelkarzinomen (in der Abteilung der Nihon-Universität ca. 80%). Die häufigste Lokalisation des Plattenepithelkarzinoms war die Zunge, gefolgt von Gingiva und Wange. Bei den Patienten waren die 5. und 6. Dekade epidemiologisch­ am häufigsten betroffen.

In Japan wird großer Wert auf eine primäre Prävention des Mundhöhlenkarzinoms gelegt, hierzu gehören die Aufklärung über die Risikofaktoren, insbesondere Tabak und Alkohol. Dabei wird besonders darauf geachtet, in den Arztund Zahnarztpraxen entsprechendes Informationsmaterial, Broschüren und Comicbook-artig gestaltete Aufklärungs­ bücher auszulegen. Die sekundäre Prävention des Mundhöhlenkarzinoms besteht in einer möglichst frühen Diagnose, die in Japan durch ein sowohl opportunistisches als auch gezieltes zytologisches Screening implementiert ist. Hierbei besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der zahnärztlichen Fachgesellschaft, den lokalen Gesundheitsämtern und den Universitätskrankenhäusern. Dieser Beitrag wurde ausführlich diskutiert und insbesondere die Frage, in wie weit auch in Japan HPV-assoziierte Karzinome für die Zunahme des Mundhöhlenkarzinoms verantwortlich sind. Dies wird auch für Japan angenommen, exakte Zahlen liegen hierzu jedoch nicht vor. Die folgenden Beiträge befassten sich mit der Papillomavirusproblematik. R. Krupar und Mitarbeiter konnten anhand ihrer Zahlen nachweisen, dass die HPV-Infektionsraten bei Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich erheblich variieren und vom jeweiligen­ Patienten kollektiv abhängig sind. In ländlichen Gegenden fanden sich deutlich niedrigere HPV-Raten, während bei privatversicherten Patienten eine derartige Assoziation häufiger nachgewiesen werden konnte.

J. Wolf und Mitarbeiter berichteten über eine Synergie des „histon deacetylase inhibitor“ SAHA mit der konventionellen cisplatinbasierten Chemotherapie­ und Radiotherapie bei HPV-positiven und HPV-negativen Zelllinien von KopfHals-Karzinomen. Diese Ergebnisse sollen im Weiteren in der In-vivo-Situation überprüft werden. A. Stenzinger und Mitarbeiter beschäftigten sich mit der Rolle der so genannten­ Stromareaktion in Kopf-Hals-Tumoren­ und konnten Korrelationen unterschiedlicher Entzündungsmuster und der Therapie nachweisen. Dichtere Entzündungsinfiltrate fanden sich in der Regel häufiger bei p16-positiven HPV-assoziierten Tumoren als bei den p16-negativen. Insgesamt war der prädiktive Wert des Entzündungsmusters bei Patienten mit Radiotherapie erheblich different von einer unselektierten Patientenkohorte.­ Insbesondere konnte ein Verlust des prädiktiven Aussagewerts zytotoxischer T-Zellen belegt werden. Dichte T-Zellund B-Zell-Infiltrate waren insgesamt mit einem leicht besseren progressionsfreien Überleben assoziiert, offensichtlich insbesondere durch eine Beeinflussung beider Parameter in Hinblick auf das metastatisch progressionsfreie Überleben. Der Beitrag von P. Richter und Mitarbeitern beschäftigte sich mit der Interaktion von Stromafibroblasten und Plattenepithelkarzinomzellen im Rahmen der so genannten epithelial-mesenchymalen Transformation. Derartige Veränderung des Phänotyps sind assoziiert mit einer Aktivierung des EGFR-Signals und einer erhöhten Zellproliferation und scheinen Der Pathologe · Supplement 2 · 2013 

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Berichte der Arbeitsgemeinschaften mit einem erhöhten Zellüberleben einher zu gehen. Die Autoren postulieren, dass karzinomassoziierte Fibroblasten in der Zukunft ein vielversprechendes neues Ziel für kombinierte Therapiestrategien abgeben könnten. A. Berndt und Mitarbeiter beschäftigten sich mit dem individuellen Ansprechen fortgeschrittener Mundhöhlenkarzinome bei einer kombinierten Chemotherapie mit Docetaxel, Cisplatin­ und 5-Fluorouracil (TPF). Bei ihren Untersuchungen zeigten Tonsillenkarzinome bei dieser Therapie ein besseres Ansprechen als Mundhöhlenkarzinome anderer Lokalisation. Bei den nichttonsillären Karzinomen scheint das Nichtansprechen mit einer Stromaaktivierung und Phänotyptransformation der Krebszellen zusammen zu hängen. M. Bode und Mitarbeiter berichteten über eine SOX2-Amplifikation, die sich häufig bei primären Kopf-Hals-Karzinomen findet. Diese Amplifikation und die Überexpression sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert, die wahrscheinlich auf einer Therapieresistenz der SOX2-exprimierenden Zellen beruht. Die SOX2-amplifizierenden Tumoren sollten in Zukunft bei der Therapie eine besondere Berücksichtigung finden. Neben den Vorträgen konnten auch insgesamt 9 Studien, die sich mit der Oralpathologie beschäftigten, als Poster präsentiert werden. Im Anschluss an die wissenschaftliche Sitzung fand anstatt einer formellen Mitgliederversammlung eine Besprechung unter Interessierten an der Oralpathologie­ in Hinblick auf eine zukünftige formelle Institutionalisierung der Arbeitsgemeinschaft statt. Immerhin fast 20 Interessenten fanden sich ein. Professor Burkhardt erläuterte zunächst, dass sich die Arbeitsgemeinschaft Oralpathologie im Rahmen­ der DGP aus dem 1979 gegründeten interdisziplinären Arbeitskreis Oralpathologie entwickelt hat, in dem neben Pathologen auch Dermatologen, HNO-Kliniker­ und Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen beteiligt waren. Hiervon hat sich vor einigen Jahren der Arbeitskreis Oralpathologie und Oralmedizin (AKOPOM), angegliedert an die Arbeitsgemeinschaft für Kieferchirurgie in der Deutschen Gesellschaft für Zahn- Mund und Kieferheil-

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kunde (DGZMK), abgetrennt. Von Seiten der interessierten Pathologen wurde jetzt der Wunsch geäußert, die Arbeitsgemeinschaft im Rahmen der DGP zu formalisieren und im Sinne einer Arbeitsgemeinschaft für Kopf- und Hals-Pathologie zu erweitern. Eine Mitgliedschaft würde per se keine weitere Verpflichtung und auch keinen zusätzlichen Beitrag nach sich ziehen. Dieser Vorschlag wurde allgemein begrüßt und ein vorbereitendes Treffen für den Herbst des Jahres 2013 von in einem kleineren Kreis von Interessierten ins Auge gefasst, damit anlässlich der Jahrestagung 2014 ein formeller Vorstand gewählt werden kann. Prof. W. Weichert­ (Institut für Pathologie der Universität Heidelberg) hat sich freundlicherweise bereit erklärt, die Organisation zu übernehmen, und auf diesem Weg ergeht an alle interessierten Pathologen der Aufruf, sich hier als Interessent und zukünftiges Mitglied zu melden.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. A. Burkhardt Pathologiepraxis Reutlingen Oberer Wässere 3–7, 72764 Reutlingen [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  A. Burkhardt gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. The supplement this article is part of is not sponsored by the industry.

[Report of the Working Group for Oral Pathology].

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