Klinische Studien kurzgefasst Z Rheumatol 2015 · 74:157–158 DOI 10.1007/s00393-014-1520-y Online publiziert: 20. Dezember 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

Redaktion

B. Hellmich, Kirchheim-Teck I. Kötter, Hamburg K. Krüger, München

Originalpublikation Azar L, Springer J, Langford CA, Hoffman GS (2014) Rituximab with or without a conventional maintenance agent in relapsing granulomatosis with polyangiitis (Wegener’s): a retrospective single-center study. Arthritis Rheum. doi:10.1002/art.38744

Die 18-Monatsdaten der RAVE-Studie zur remissionsinduzierenden Therapie bei mit antineutrophilen zytoplasmatischen Antikörpern (ANCA) assoziierten Vaskulitiden (AAV) sowie Analysen mehrerer monozentrischer Kohorten konnten zeigen, dass eine einmalige Behandlung mit Rituximab (RTX) zu hohen Remissionsraten führt, jedoch nur 27 bis 39% der Patienten nach 18 bzw. 24 Monaten rezidivfrei bleiben, wenn keine weitere immunsuppressive Therapie zur Remissions­erhaltung durchgeführt wird [1, 2]. Erfahrungen aus monozentrischen unkontrollierten Studien zeigen, dass eine regelmäßige repetitive oder durch Biomarker getriggerte Reapplikation von RTX das Risiko senkt. Nicht bekannt war bis ­dato, ob auch die nach einer Induktionstherapie mit Cyclophosphamid übliche konventionelle Remissionserhaltung mit Metho­trexat (MTX), Azathioprin (AZA) oder Mycophenolat-Mofetil (MMF) das Rezidiv­risiko nach einer Induktions­therapie mit RTX senkt.

B. Hellmich Kreiskliniken Esslingen, Klinik Kirchheim, Vaskulitiszentrum Süd Tübingen-Kirchheim, Kirchheim-Teck

Remissionserhaltung mit Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil nach Induktionstherapie mit Rituximab bei Granulomatose mit Polyangiitis

Studiendesign In einer retrospektiven monozentrischen Studie erhielten 89 Patienten mit einem Rezidiv einer Granulomatose mit Poly­ angiitis (GPA) RTX (375 mg/m2 Körper­ oberfläche, 4-mal im Abstand von 1 Wo­ che bei 28 Patienten oder 1000 mg 2-mal im Abstand von 2 Wochen bei 77 Patien­ ten) in Kombination mit Glukokortiko­ iden. Zeitgleich wurde bei 47 der 89 Pa­ tienten eine bereits bestehende Therapie mit MTX (n=11; mediane Dosis 25 mg/ Woche), AZA (n=24; mediane Dosis 125 mg/Tag) oder MMF (n=7; ­mediane Dosis 2 g/Tag) fortgeführt oder wenig später neu begonnen, während 42 Patien­ ten keine remissionserhaltende Therapie erhielten. Im Langzeit-Follow-up ­wurde 65% der Patienten Prednison in einer me­ dianen Dosis von 5 mg pro Tag verab­ reicht.

Ergebnisse Nach einem medianen Zeitraum von 3 Monaten nach Gabe von RTX erreich­ ten 95 der 97 Patienten (97%) eine Re­ mission. Der Anteil der Patienten mit anhaltender Remission lag nach 18 Mo­ nate nach der RTX-Therapie mit 65% in der Gruppe, die mit konventionellen Im­ munsuppressiva behandelt wurden, signi­ fikant höher als in der Gruppe, die keine lang wirksame Substanz erhalten hatten (39%; p=0,04). Die Prednisondosis zum Zeitpunkt des Rezidivs bzw. Ende des

Follow-Ups, die demographischen Fakto­ ren und der ­ANCA-Status unterschieden sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Auch nach Adjustierung für Geschlecht, ANCA-Status, CYC-Therapie und Pred­ nisondosis war das Rezidivrisiko unter einer Therapie mit AZA, MTX oder MMF signifikant reduziert (HR 0,43 [CI 0,22– 0,84]). Schwere Rezidive traten numerisch unter der konventionellen immunsup­ pressiven Therapie etwas weniger häufig auf (n=5 vs. n=10). Der Unterschied war aufgrund der geringen Fallzahl aber nicht signifikant. Unterschiede in der Häufig­ keit von Nebenwirkungen und schweren Infektionen wurden ebenfalls nicht beob­ achtet. Nach 24 Monaten waren 15 der 42 Pa­ tienten ohne konventionelle Remissions­ erhaltung noch rezidivfrei. Allerdings trat bei 7 dieser Patienten im Verlauf nach einem Median von 34 Monaten ein wei­ teres Rezidiv auf. Aufgrund eines Rezidivs erhielten 55 Patienten im Verlauf erneut RTX. Bis auf einen Patienten erreichte alle Patien­ ten nach erneuter RTX-Gabe wieder eine Remission.

Diskussion Nach einer erfolgreichen Remissions­ induktion mit RTX reduziert eine kon­ ventionelle remissionserhaltende Thera­ pie das Rezidivrisiko, ohne dass sich da­ durch das Risiko für Nebenwirkungen er­ höht. Zeitschrift für Rheumatologie 2 · 2015 

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Kommentar Trotz der in zahlreichen Studien und Fall­ serien gezeigten eindruckvollen Wirk­ samkeit von RTX in der Remissions­ induktion bei AAV, ist die Erkrankung nach Gabe eines einzigen Zyklus RTX nicht geheilt. Ein Rezidiv ist daher bei der Mehrzahl der nicht weiter immunsup­ pressiv behandelten Patienten die ­Folge [1, 2, 3]. Erfahrungen aus einigen Zent­ ren zeigen, dass eine regelmäßige Thera­ pie mit RTX im Intervall von 4–6 Mona­ ten oder eine durch Biomarker getriggerte RTX-Gabe (bei B-Zellrepopulation und/ oder ANCA-Nachweis) das Rezidivrisiko deutlich senken können [1, 2, 3, 4]. Bis da­ to liegen nur von einer der zwei prospek­ tiven Studien zur remissionserhaltenden Therapie mit RTX Daten vor, und diese nur in Form von Kongress-Abstracts. Zu­ dem sind wichtige Fragen, wie die opti­ male Dosierung und Applikationshäu­ figkeit, sowie Sicherheitsfragen, wie das erhöhte Risiko zur Entwicklung einer Hypo­gammaglobulinämie einer Langzeit­ therapie mit RTX bei AAV, noch nicht ab­ schließend geklärt. Vor dem Hintergrund der begrenz­ ten Datenlage und derzeit fehlenden Zu­ lassung von RTX zu Remissionserhal­ tung sind die hier vorgestellten Erfahrun­ gen des Vaskulitiszentrums aus Cleve­ land von besonderer Relevanz für den praktischen Alltag. Die Daten bestätigen die in Ermangelung zugelassener Alter­ nativen bereits jetzt häufig gelebte Pra­ xis einer remissionserhaltenden Therapie mit mittelpotenten nichtbiologischen Im­ munsuppressiva im Anschluss an eine In­ duktionstherapie mit RTX. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass die An­ wendung dieser Substanzen im Anschluss an RTX keine unerwarteten Risiken zeigt und auch im Vergleich zu einem abwar­ tenden Verhalten nicht zu mehr Neben­ wirkungen führt. Dass dennoch nach 18 Monaten bei 35% der mit AZA, MTX oder MMF therapierten Patienten ein Re­ zidiv auftrat, ist auf den zweiten Blick we­ nig überraschend, da in der hier beob­ achteten Kohorte von Patienten mit be­ reits stattgehabtem Rezidiv und PR-3Antikörper-Positivität das Rezidivrisiko besonders hoch ist [1]. Diese Patienten erhielten dann auch wieder RTX, sodass

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eine Einsparung von RTX über einen viel­ jährigen Krankheitsverlauf anscheinend nur für einen Teil der Patienten erreicht werden kann. Die Beobachtungszeit der vorliegenden Studie war zu kurz um die­ se Frage zu abschließend zu beantworten. Ein interessanter Nebenaspekt der Stu­ die ist die Tatsache, dass immerhin 18% der GPA-Patienten ANCA-negativ wa­ ren und die RTX-Therapie auch bei die­ sen Patienten wirksam war. Trotz der methodisch begrenzten Aus­ sagekraft einer retrospektiven Untersu­ chung eines einzelnen Zentrums an Pa­ tienten mit zwar erhöhtem Rezidiv­risiko aber insgesamt vergleichsweise geringer Krankheitsschwere (medianer „Birming­ ham Vasculitis Activity Score for Wege­ ner’s granulomatosis“ [BVAS/WG] von 4 bei Beginn RTX), liefern die Daten das derzeit beste Argument für eine remis­ sionserhaltende Therapie mit nichtbiolo­ gischen mittelpotenten Immunsuppres­ siva. Vergleichende Studien zur remis­ sionserhaltenden Therapie mit RTX im Vergleich zu AZA oder MTX über Zeit­ räume von mehreren Jahren sind jedoch erforderlich, um beurteilen zu können, welche Strategie langfristig sinnvoller ist. Wichtige Sachfragen, wie der ­optimale Zeitpunkt des Beginns der remissions­ erhaltenden Therapie nach RTX (gleich, nach 3 Monaten oder später?), sind noch zu klären.

Fazit für die Praxis F Konventionelle Immunsuppressiva wie MTX, AZA oder MMF reduzieren das Rezidivrisiko von Patienten mit GPA nach einer erfolgreichen Remissionsinduktion mit RTX und können daher in dieser Indikation eingesetzt werden, wobei MMF aufgrund der geringeren Wirksamkeit im Vergleich zu AZA in einer kontrollierten Studie [5] bei Patienten mit AAV sowie der fehlenden Zulassung hier als Ausweichsubstanz zu sehen ist. F Viele Detailfragen zur optimalen ­remissionserhaltenden Therapie bei AAV sind derzeit noch offen.

Korrespondenzadresse Prof. Dr. B. Hellmich Kreiskliniken Esslingen, Klinik Kirchheim, Vaskulitiszentrum Süd Tübingen-Kirchheim, Kirchheim-Teck [email protected]; [email protected]

Interessenkonflikt.  B. Hellmich gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur 1. Specks U, Merkel PA, Seo P et al (2013) Efficacy of remission-induction regimens for ANCA-associated vasculitis. N Engl J Med 369:417–427 2. Smith RM, Jones RB, Guerry MJ et al (2012) Rituximab for remission maintenance in relapsing antineutrophil cytoplasmic antibody-associated vasculitis. Arthritis Rheum 64:3760–3769 3. Cartin-Ceba R, Golbin JM, Keogh KA et al (2012) Rituximab for remission induction and maintenance in refractory granulomatosis with polyangiitis (Wegener’s): ten-year experience at a single center. Arthritis Rheum 64(11):3770–3778 4. Pendergraft WF III, Cortazar FB, Wenger J et al (2014) Long-term maintenance therapy using rituximab-induced continuous B-cell depletion in patients with ANCA vasculitis. Clin J Am Soc Nephrol 9(4):736–744 5. Hiemstra TF, Walsh M, Mahr A et al (2010) Mycophenolate mofetil vs azathioprine for remission maintenance in antineutrophil cytoplasmic antibody-associated vasculitis: a randomized controlled trial. JAMA 304(21):2381–2388

[Remission maintenance with methotrexate, azathioprine or mycophenolate-mofetil after induction therapy with rituximab for granulomatosis with polyangiitis].

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