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Die Bezugsrahmentheorie – Eine Grundlage zum Verständnis von kontextuellen Psychotherapiemethoden Relational Frame Theory – A Theoretical Framework for Contextual Behavioral Science

M. Kensche1, U. Schweiger2 1 2

EOS Klinik für Psychotherapie, Münster Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität zu Lübeck

VNR 2760512015147124883

Zusammenfassung

Abstract

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Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1399610 Fortschr Neurol Psychiatr 2015; 83: 290–302 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0720-4299

Therapeuten müssen sich mit verbalen Systemen auseinandersetzen und oft mit verbalem Austausch arbeiten. Deshalb ist eine psychologische Theorie erforderlich, die dem Therapeuten vermittelt, wie er diese Aufgabe bewältigen kann. Die BRT ist eine solche Theorie über menschliche Sprache und Kognition. Sie erklärt, wie Menschen in ihrem verbalen Verhalten Reize miteinander in Beziehung setzen und aufgrund der resultierenden Beziehungen nach ihnen handeln oder auf diese reagieren. Dieses Verhalten wird sehr früh im Verlauf des Spracherwerbs gelernt und fungiert als ein generalisierter Operant. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit des Menschen zur mentalen Simulation. Dadurch kann er zwischen einzelnen Reizen vielfältige Bezugsrahmen konstruieren. Ohne Bezugsrahmen können Menschen nicht funktionieren. Die Fähigkeit zur Herstellung eines Bezugsrahmens ist die Voraussetzung für die Ausbildung von regelgeleitetem Verhalten. Regelgeleitetes Verhalten ökonomisiert komplexe Entscheidungsprozesse, schafft interpersonelle Sicherheit und ermöglicht es, mit Ereignissen umzugehen, bevor diese stattfinden. Dieselben Eigenschaften, die dem Menschen effektives Problemlösen ermöglichen, können auf der anderen Seite auch zur rigiden Befolgung von Regeln und Erlebnisvermeidung beitragen. Sind Bezugsrahmen einmal hergestellt, überwiegt diese Methode vor anderen Quellen der Verhaltensregulierung. Damit kann sie zur Grundlage von Psychopathologie werden. Schlechte kontextuelle Kontrolle erschwert es dem Menschen, dem gegenwärtigen Augenblick seine flexible, konzentrierte und willensgesteuerte Aufmerksamkeit zu widmen und sein Handeln an der unmittelbaren Gegenwart auszurichten. Kontextuelle Psychotherapiemethoden, die auf der BRT aufbauen, setzen genau an diesem Punkt an: Durch gezielte Etablierung

Therapists have to deal with verbal systems and often work with verbal exchange. Therefore, a psychological theory is required, which teaches the therapist how to accomplish this task. The BRT is a theory of human language and cognition that explains how people use their verbal behavior as stimuli in their interrelations and how they act and react, based on the resulting relationships. This behavior is learned very early in the course of language acquisition and functions as a generalized operant. A prerequisite for this is the ability of people to undergo mental simulation. This enables them to construct diverse relational frameworks between individual stimuli. Without relational frameworks, people cannot function. The ability to establish a relational framework is a prerequisite for the formation of rule-governed behavior. Rule-governed behavior economizes complex decision processes, creates interpersonal security and enables dealing with events before they take place. On the other hand, the same properties that enable people to solve problems effectively can also contribute to rigid adherence to rules and experience avoidance. Relational frameworks, once established, outweigh other sources of behavioral regulation. Thus, it can become the basis of psychopathology. Poor contextual control makes it difficult for people to devote flexible, focused and voluntary attention to the present and align their actions with the immediate present. Contextual psychotherapy methods that are based on the BRT start precisely at this point: Targeted establishment of new contingencies in the therapeutic interaction through systematic strengthening of metacognitive mode and through the establishment of new rules that make possible a change in the rule-governed behavior enable undermining of dysfunctional rule-governed behavior and build up desirable

Korrespondenzadresse Dr. Maria Kensche EOS Klinik für Psychotherapie, Alexianer GmbH Münster Hammer Straße 18 48153 Münster [email protected]

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behavior. This allows any therapeutic process to be more effective - regardless of the patient's expressed symptoms.

Lernziele

vielfältigen Behandlungsansätze der 3. Welle der " Abb. 1. kognitiven Verhaltenstherapie gibt ● Gemeinsam ist diesen Methoden, dass sie nicht nur die Veränderung der Auftretenshäufigkeit von Verhalten in den Fokus der Behandlung stellen, sondern mehr dem Kontext und der Funktion von psychologischen Problemen Aufmerksamkeit schenken. Daher kommt bei der Planung von Interventionen dem sozialen Umfeld und den Werten eines Patienten eine sehr viel größere Bedeutung zu. Vermutet wird, dass man sich auf diese Weise auch komplexeren Phänomenen des menschlichen Verhaltens annähern kann, d. h. Phänomenen, die Prinzipien des Konditionierungslernens und dem Konzept der kognitiven Informationsverarbeitung nur schwer zugänglich sind. Statt zu fragen, welche Bewertungsprozesse ein Patient verändern soll und welche störungsspezifischen Informationen er hierfür braucht, geht es vor allem darum, herauszufinden: 1. Welche intrapsychischen und interpersonellen Fertigkeiten soll ein Patient ausbauen? 2. Welche metakognitiven Fähigkeiten braucht ein Patient dafür? 3. Welche emotionalen Erfahrungen sind dafür wichtig?

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Dieser Fortbildungsartikel ▶ gibt einen Überblick über die Bezugsrahmentheorie. ▶ erklärt, wie die Bezugsrahmentheorie funktioniert und warum sie eine wichtige Grundlage der modernen Verhaltenstherapie ist. ▶ erläutert die wesentlichen Elemente der Bezugsrahmentheorie und deren klinische Implikationen.

Einleitung !

Die Bezugsrahmentheorie (kurz: BRT; englisch: Relational Frame Theory, kurz: RFT) ist eine Theorie über menschliche Sprache und Kognition. Die BRT ist das wissenschaftstheoretische Fundament für zahlreiche psychotherapeutische Methoden der sog. 3. Welle der Verhaltenstherapie. Dazu zählen u. a. die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) [1], die Dialektisch-Behaviorale Therapie [2], das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy [3], die Schematherapie [4], die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie [5] und die Metakognitive Therapie [6]. Ein Überblick über die

Rückgriff auf Techniken der Ersten Welle

Rückgriff auf Techniken der Humanistischen Psychologie

Veränderungen zweiter Ordnung

kritischer Einsatz von Veränderung erster Ordnung

Imaginationsübungen metakognitive Prozesse

kognitive Defusion Validierung

Rollenspieltechniken soziales Kompetenztraining

Akzeptanz Werte

Emotionsmanagement

Dritte Welle der Verhaltenstherapie

Verhaltensanalysen

Spiritualtät

operantes Lernen

Achtsamkeit religiöse Techniken

Abb. 1 Überblick über die vielfältigen Behandlungsansätze der 3. Welle der Verhaltenstherapie [7].

Kontextualismus Dialektik philosophische Einflüsse

entwicklungspsychologische Perspektive

Exposition entgegengesetztes Handeln

Beziehung Rückgriff auf Themen der Psychoanalyse

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von neuen Kontingenzen in der therapeutischen Interaktion, durch systematische Stärkung des metakognitiven Modus und durch Etablierung von neuen Regeln, die eine Veränderung in regelgeleitetem Verhalten ermöglichen, wird dysfunktionales regelgeleitetes Verhalten unterminiert und gewünschtes Verhalten aufgebaut. Dadurch kann jeder therapeutische Prozess effektiver gestaltet werden – unabhängig von den vorgetragenen Beschwerden der Patienten.

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Fort- und Weiterbildung dererseits durch antizipierte erwünschte Konsequenzen beeinflusst wird. 3. … haben verhaltenstherapeutische Techniken aus der 1. und der 2. Welle der kognitiven Verhaltenstherapie systematisch weiterentwickelt und dabei Ideen aus anderen Therapieschulen integriert.

Fokussiert wird auch auf die Arbeit mit autonomen, emotionalen Regulationsprozessen [8]. Ziel dabei ist es, kontextangepasste Verhaltensfertigkeiten zu vermitteln. Der wissenschaftstheoretische Hintergrund für dieses Vorgehen ist der „funktionale Kontextualismus“ – ein Begriff, der in den 90er Jahren von Steven Hayes und seinen Mitarbeitern geprägt worden ist [9, 10]. Die theoretischen Einsichten dazu finden sich u. a. gut beschrieben bei dem amerikanischen Philosophen Keith DeRose [11]. Der „Funktionale Kontextualismus“ beschreibt 2 wichtige Prozesse, die bei allen Verfahren der 3. Welle wichtig sind: 1. Ein Verhalten ist immer in Beziehung zu setzen zu dem Kontext, in dem es stattfindet. 2. Um ein Verhalten zu verstehen und zu verändern, ist immer auch seine Funktion zu ergründen. Steven Hayes spricht von den Methoden der 3. Welle auch als kontextuelle Psychotherapiemethoden [10, 12]. In der kontextuellen Therapie geht es darum, mit dem Patienten einen Raum (d. h. Kontext) zu schaffen, unter dem pathologisches Verhalten ab- und gesundes Verhalten aufgebaut werden kann. Die Gestaltung dieses Raums und die therapeutischen Interventionen, die dabei zum Einsatz kommen, sind von Methode zu Methode " Abb. 2 – 4). unterschiedlich (●

Mentale Simulation Steven Hayes geht davon aus, dass man psychische Störungen – zumindest in Teilaspekten – als eine „Nebenwirkung“ der Fähigkeit des Menschen verstehen kann, seine Umwelt sprachlich zu symbolisieren [13]. Statt den Begriff „sprachliche Symbolisierung“ zu verwenden, könnte man auch von „mentaler Simulation“ sprechen. Sprache basiert auf erlernten Beziehungsmustern zwischen sprachlichem Symbol und Realität. Mentale Simulation ist eine Schlüsselfertigkeit für unsere Kultur und eine wichtige Voraussetzung für planerisches Handeln. Mentale Simulation hilft bspw. dabei, Häuser zu bauen, U-Boote zu konstruieren, komplizierte medizinische Operationen durchzuführen oder historische Prozesse zu verstehen. Eine wesentliche Nebenwirkung dabei ist, dass mentale Simulation unseren Kontakt mit Schmerzen und Leid unmittelbar vergrößert. Das kann so weit gehen, dass Menschen an Dingen leiden, die außerhalb ihrer unmittelbaren Erfahrung liegen. Gedanken werden zu Zielen von Vermeidung, indem sie mit aversiven Ereignissen oder nicht erreichbaren angenehmen Ereignissen symbolisch verbunden werden. Leid wird durch mentale Simulation allgegenwärtig. Beispielsweise kann jemand an der Vorstellung leiden, dass im Jenseits etwas Schlimmes mit ihm passieren werde. Dies geschieht auch ohne dass bisher eine lebende Person aus dem Jenseits zurückgekommen wäre und von ihren Erfahrun-

Kontextuelle Psychotherapiemethoden konzentrieren sich darauf, die Funktion von psychologischen Ereignissen im unmittelbaren Erleben zu verändern und nicht die Ereignisse an sich. Kontextuelle Psychotherapiemethoden … 1. … arbeiten häufig an transdiagnostisch bedeutsamen psychopathologischen Prozessen (z. B. fehlenden Fertigkeiten der Emotionsregulation, kognitiven Fusion). 2. … gehen davon aus, dass Verhalten einerseits durch früher erlebte Konsequenzen und an-

Abb. 2 Kontextuelle Ansätze der DBT [7].

Imaginationsübungen metakognitive Prozesse

kognitive Defusion Validierung

Rollenspieltechniken soziales Kompetenztraining

Akzeptanz

Verhaltensanalysen

Werte

Dritte Welle der Verhaltenstherapie

Emotionsmanagement

Spiritualtät

operantes Lernen

Achtsamkeit Kontextualismus Dialektik

entwicklungspsychologische Perspektive

Exposition entgegengesetztes Handeln

Beziehung

DBT

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Abb. 3 Kontextuelle Ansätze des CBASP [7].

Imaginationsübungen metakognitive Prozesse

kognitive Defusion Validierung

293

Rollenspieltechniken soziales Kompetenztraining

Akzeptanz

Verhaltensanalysen

Werte

Dritte Welle der Verhaltenstherapie

Emotionsmanagement

Spiritualtät

operantes Lernen

Achtsamkeit

entwicklungspsychologische Perspektive

Kontextualismus

Exposition entgegengesetztes Handeln

Beziehung

Dialektik

Abb. 4 Kontextuelle Ansätze der ACT [7].

Imaginationsübungen metakognitive Prozesse

kognitive Defusion Validierung

Rollenspieltechniken soziales Kompetenztraining

Akzeptanz

Verhaltensanalysen

Werte

Dritte Welle der Verhaltenstherapie

Emotionsmanagement

Spiritualtät

operantes Lernen

Achtsamkeit

entwicklungspsychologische Perspektive

Kontextualismus Dialektik

Exposition entgegengesetztes Handeln

Beziehung

ACT

gen berichtet hätte. Oder er kann an der Vorstellung leiden, dass er mit einem bestimmten Partner ausgeprägte Gefühle von Glück erlebt hätte, ohne dass dies auf einer konkreten Erfahrung mit dieser Person beruhen würde. Wie mentale Simulation im Einzelnen funktioniert, ist in der BRT anschaulich erklärt. Die Theorie beschreibt genau, wie Worte und Gedanken durch direkte, indirekte, relationale und automatisierte Lernprozesse emotionale Bedeutung erlangen. Dadurch wird es möglich, das verbale Verhalten eines Menschen zu verstehen. Darüber hinaus bietet die BRT innovative Werkzeuge an, um verbales Verhalten zu verändern, wenn es die Lebensführung eines Menschen einschränkt. Sich mit der BRT auseinanderzusetzen ist für jeden Therapeuten hilfreich, wenn er den therapeutischen Prozess effektiver gestalten möchte – unabhängig davon, welche Probleme der Patient berichtet [14].

Wissenschaftliche Einordnung der BRT !

Das erste Buch zur BRT wurde im Jahre 2001 von Steven Hayes, Dermont Barnes-Holmes und Bryan Roche veröffentlicht [15]. Es war das Ergebnis langjähriger Grundlagenforschung, die versuchte, sprachliche und kognitive Prozesse aus einer behavioralen Perspektive heraus zu verstehen. Innerhalb der letzten 13 Jahre hat die BRT in den Verhaltenswissenschaften große Popularität erlangt. Inzwischen gibt es mehr als 150 wissenschaftliche Arbeiten, die sich empirisch mit ihr beschäftigen [16]. Die BRT gilt als natürliche Erweiterung von Konzepten der Verhaltensanalyse [17]. Damit knüpft sie unmittelbar an die Arbeiten über Sprache und Kognition von Burrhus Frederick Skinner an [18]. Die Verhaltensanalyse untersucht im Wesentlichen den Zusammenhang zwischen dem Verhalten eines Organismus und den Umweltvariablen, in denen der Organismus das jeweilige Verhalten gezeigt hat. Fokussiert wird auf die Interaktion zwischen einem Organismus und seinen vergangenen und gegenwärtigen

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CBASP

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umweltbezogenen Kontexten [19]. Die Verhaltensanalyse unterscheidet zwischen offenem und verdecktem Verhalten. Offenes Verhalten ist jedes Verhalten, das von anderen beobachtet werden kann (z. B. Sprache, Mimik oder Gestik). Verdecktes Verhalten ist jedes Verhalten, das nur von der sich verhaltenden Person beobachtet werden kann (z. B. innere Prozesse wie Denken und Fühlen). Nach Skinner gibt es prinzipiell 2 Möglichkeiten, wie die Umwelt Einfluss auf das Verhalten einer Person nehmen kann: 1. Prinzip der klassischen Konditionierung: Ein Verhalten wird beeinflusst von Ereignissen, die diesem Verhalten vorausgegangen sind. In diesem Fall spricht man von offenem respondenten Verhalten Beispiel 1: Gustav wird Zeuge eines Autounfalls. Ab diesem Zeitpunkt zuckt er bei ähnlichen, auch leiseren Geräuschen immer zusammen. 2. Prinzip der operanten Konditionierung: Ein Verhalten wird beeinflusst von Ereignissen, die diesem Verhalten folgen. Je nachdem, welche Reaktion die Umwelt auf ein bestimmtes Verhalten zeigt, steigt oder sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten zukünftig häufiger oder weniger häufig auftritt. Folgen positive Konsequenzen auf das Verhalten (z. B. durch Belohnung) oder werden aversive Zustände durch das Verhalten abgemildert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten zukünftig häufiger auftritt. Folgen negative Konsequenzen auf das Verhalten (z. B. durch Bestrafung) oder bleiben positive Konsequenzen aus, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Verhalten zukünftig auftritt. Beispiel 2: Karl gewinnt bei einem Casino-Besuch eine große Summe Geld, nachdem er auf die Farbe Rot gesetzt hat. Bei zukünftigen Casino-Besuchen ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Karl wieder auf Rot setzen wird. Im Fall von verdecktem Verhalten könnten die Geschichten von Gustav und Paul folgendermaßen aussehen: Beispiel 1: Gustav spürt, dass sein Herz rast, nachdem es geknallt hat. (Es handelt sich dabei um verdecktes respondentes Verhalten, weil es einen Vorgang beschreibt, der nach einem Ereignis auftritt und den nur Gustav bei sich beobachten kann). Beispiel 2: Karl dachte vor dem großen Geldgewinn im Casino: „Rot soll kommen!“ (Dabei handelt es sich um verdecktes operantes Verhalten, denn beschrieben ist ein Prozess, der vor einem Ereignis auftrat und nur von Karl wahrgenommen werden konnte).

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Die BRT basiert auf 2 fundamentalen verhaltensanalytischen Prinzipien: Dem der klassischen und dem der operanten Konditionierung. Klassische Konditionierung beschreibt den Einfluss von Prozessen, die einem bestimmten Verhalten vorausgehen. Operante Konditionierung beschreibt den Einfluss von Prozessen, die einem bestimmten Verhalten folgen. Verhalten

Offen

Verdeckt

Respondent Zusammenzucken nach Knall

Wahrnehmung von Herzrasen nach Knall

Operant

„Rot soll kommen!“ denken

Auf Rot setzen

Kernaussagen der BRT !

Die BRT geht davon aus, dass das verbale Verhalten einer Person (d. h. ihre sprachlichen Äußerungen gegenüber anderen sowie ihre Gedanken und Gefühle) wie jedes Verhalten durch operante und respondente Konditionierung erworben wird. Bei der Entwicklung der menschlichen Sprache und Kognition geht es also im Wesentlichen darum, bestimmte Ereignisse miteinander in Beziehung zu setzen und auf diese Beziehungen zu reagieren [15, 20]. Wofür ist das wichtig? Im Unterschied zu anderen Spezies sind wir Menschen sehr früh in der Lage, zwischen Ereignissen Beziehungen herzustellen, ohne dass sie uns unmittelbar vermittelt worden sind. Menschen denken in Bezügen. Kinder zeigen diese Fähigkeit schon im Alter von 18 Monaten [15]. Die BRT verwendet in diesem Zusammenhang auch den Begriff „abgeleitete Reizbeziehungen“. Beispiel: Erklärt man Albert, dass A = B, dann kann Albert daraus schlussfolgern: „Wenn A = B, dann ist B = A!“ Was ist nun, wenn man Albert 2 Beziehungen erklärt? Die Beziehungen sind A = B und B = C. Was kann Albert daraus ableiten? Er kann folgende Beziehungen herstellen: 1. „Wenn A = B, dann ist B = A! 2. Wenn B = C, dann ist C = B! 3. Wenn A = B und B = C, dann ist A = C. 4. Wenn A = B und B = C, dann ist C = A. Die Beziehung zwischen A und C ist Albert nicht unmittelbar gelehrt worden, er hat sie aus den vorgegebenen Beziehungen zwischen A und B und zwischen B und C " Abb. 5. abgeleitet. Ein weiteres Beispiel zeigt ● Daraus folgt, dass sich aus kleinen Verbindungen komplexe Bedeutungsnetzwerke herstellen lassen. Diesen Prozess bezeichnet man in der BRT als Herstellung eines Bezugsrahmens. Diese Fähigkeit ist bei unserer Spezies einzigartig und prägt nahezu alle Sphären menschlicher Erfahrung. Wichtig ist, dass dieser Prozess immer von seinen Umgebungsbedingungen (d. h. seinem Kontext) beeinflusst wird. Kontextuelle Hinweisreize können dazu führen, dass ein bestimmter Stimulus (bzw. ein bestimmtes Ereignis) in unterschiedlichen Situationen ganz unterschiedliche Funktion bekommt.

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Paul, Albert und Eva veranstalten einen Wettlauf. Wer wird ihn gewinnen? Es gibt 2 Bedingungen: 1) Paul ist langsamer als Albert 2) Eva ist langsamer als Paul. Die gestrichelten Pfeile zeigen, dass aus 2 Beziehungen sich eine Vielzahl von weiteren Beziehungen ableiten lassen... lbert

A

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Beispiel: Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich eine Flasche Bier vor. In einem 1. Vorstellungsbild sehen Sie diese Flasche Bier auf dem Tresen eines Holztisches in einer Skihütte. Was löst dieses Vorstellungsbild bei Ihnen aus? Was denken Sie? Was fühlen Sie? In einem 2. Vorstellungsbild sehen Sie eine Flasche Bier auf einem Berg von leeren Alkoholflaschen. Was löst dieses Vorstellungsbild bei Ihnen aus? Was denken Sie? Was fühlen Sie? Es ist zu vermuten, dass das emotionale Erleben, das Sie bei beiden Vorstellungsbildern entwickelten, sehr unterschiedlich war. Derselbe Stimulus (in diesem Fall die Flasche Bier) hat jeweils sehr unterschiedliche Bedeutungen (Funktionen) erhalten.

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Die Funktion eines Stimulus (bzw. eines Ereignisses) kann nur durch eine umfassende Analyse der umgebenden Situation (bzw. des Kontexts) und der Reaktion des Individuums bestimmt werden. Ein jeweiliger Stimulus kann unterschiedliche Funktionen haben. Beziehungen zwischen verschiedenen Stimuli werden durch kontextuelle Hinweisreize hergestellt.

Die BRT sagt, dass es 3 Möglichkeiten gibt, wie man Stimuli miteinander in Beziehung setzen " Tab. 1 fasst diese Möglichkann [15, 21 – 24]. ● keiten zusammen.

Haben Menschen nur einige Beziehungen zwischen Ereignissen durch unmittelbare Erfahrung gelernt, dann können sie daraus eine Vielzahl von Beziehungen indirekt ableiten. Auf diese Weise kann ein abstrakter Stimulus (z. B. ein Wort oder ein Bild) die Funktion eines natürlichen Stimulus übernehmen und damit genauso handlungsleitend sein.

Aus diesem Grund können sich Menschen mit Ereignissen auseinandersetzen, die außerhalb ihrer unmittelbaren Erfahrung liegen [24]. Diese Fähigkeit ist die entscheidende Voraussetzung für planerisches Denken und Handeln. Die BRT spricht auch davon, dass der Mensch im Unterschied zu anderen Spezies in der Lage ist, sich regelgeleitet zu verhalten. Menschen lernen, Regeln zu folgen, wenn sie ihnen von Personen ihrer Umwelt vorgegeben werden. Menschen lernen auch, für sich selbst Regeln aufzustellen. In dem Formulieren und Befolgen von selbst gesetzten Regeln liegt vieles von dem, was wir alltagspsychologisch als die „Macht des Denkens“ beschreiben [17]. Diese Fähigkeit bringt viele Vorteile mit sich. Bspw. würde eine Katze einen heißen Ofen nicht zweimal berühren, doch sie muss ihn mindestens einmal berühren, um zu verstehen, wozu das führt. Ein Kind braucht einen heißen Ofen eigentlich

Paul

Eva schneller als Abb. 5 Herstellung eines Bezugsrahmens.

1.

Wechselseitige Bezugnahme Beispiel: 1. Ich lerne: Mein Apfel ist schwerer als meine Birne. ICH LEITE AB 2. Wenn mein Apfel schwerer ist als meine Birne, dann muss meine Birne leichter sein als mein Apfel.

2.

Kombinatorische Bezugnahme Beispiel: 1. Ich lerne: Meine Birne ist schwerer als eine Citrusfrucht. ICH LEITE AB 2. Wenn meine Birne schwerer ist als diese Citrusfrucht, dann muss auch mein Apfel schwerer sein als diese Citrusfrucht.

3.

Transformation von Stimulusfunktionen Die Funktion (d. h. Bedeutung) eines Stimulus kann sich kontextabhängig stets verändern. Diesen Veränderungsprozess bezeichnet die BRT als Transformation. Beispiel: 1. Ich möchte die (o. g.) Citrusfrucht (s. o.) dazu einsetzen, um einen Stapel Papier zu beschweren. ICH LEITE AB 2. Der Gebrauch des Apfels wäre hier wahrscheinlich effektiver, da der Apfel schwerer ist als die Citrusfrucht. Tab. 1 Möglichkeiten der Bezugnahme.

nie zu berühren, weil man ihm sagen kann, dass er heiß sein und wehtun kann. Regelgeleitetes Verhalten vereinfacht komplexe Entscheidungsprozesse. Verhaltensketten werden ökonomisiert, da es einer Person erspart bleibt, immer wieder darüber nachzudenken, was sie eigentlich macht. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass regelgeleitetes Verhalten Sicherheit vermittelt. Wenn eine Person weiß, dass andere Menschen den gleichen Regeln folgen wie sie selbst, dann wird das Verhalten anderer Menschen berechenbar. Berechenbarkeit in sozialen Systemen ist evolutionsbiologisch von großem Vorteil [27].

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langsamer als

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Die Vorteile von regelgeleitetem Verhalten sind: ▶ Menschen können mit Ereignissen umgehen, bevor diese stattfinden. ▶ Menschen können unmittelbare Belohnungen beiseiteschieben und in Bezug auf langfristige Konsequenzen handeln. ▶ Komplexe Entscheidungsprozesse werden vereinfacht. ▶ Regelgeleitetes Verhalten gibt Sicherheit in der interpersonellen Interaktion. Nach Hayes lassen sich 3 Formen von regelgeleitetem Verhalten unterscheiden [26]. Einen Über" Tab. 2. blick gibt ● Problematisch wird es dann, wenn Regeln Vorrang bekommen vor der unmittelbaren Erfahrung. Wenn eigene Auffassungen im Hinblick darauf, wie etwas sein sollte, dem Lernen von alternativen Verhaltensweisen im Wege stehen. Wenn dysfunktionales Verhalten fortgeführt wird, weil die eigenen Regeln besagen, dass es funktioniert, auch wenn die unmittelbare Erfahrung das Gegenteil zeigt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben

Tab. 2 Formen regelgeleiteten Verhaltens.

gezeigt, dass verbale Konstruktionen das Verhalten von Menschen häufig auch dann dominieren, wenn sie nicht mit der unmittelbaren Erfahrung übereinstimmen [25]. Ist das „Verlernen von Unfug“ nicht mehr möglich, weil der unmittelbaren Erfahrung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist der Grundstein gelegt für die Entwicklung von Psychopathologie. Ein Beispiel dafür sind Patienten mit Angsterkrankungen, die ihre Wohnung nicht mehr verlassen, weil sie befürchten, dass ihnen außerhalb der Wohnung etwas Schlimmes zustoßen könnte (Regel: „Wenn du die Wohnung verlässt, dann wird dir etwas Schlimmes zustoßen!“). Je mehr sie darüber nachdenken, desto schlechter wird ihre psychische Befindlichkeit. Ein anderes Beispiel sind Patienten mit hypochondrischen Störungen. Sie haben eine große Angst davor, an einer körperlichen Erkrankung zu leiden, ohne dass es dafür Anhaltspunkte gäbe: Je mehr sie in sich hineinhorchen und die Folgen einer Erkrankung durchspielen, desto schlechter wird die psychische Befindlichkeit (Regel: „Wenn du nicht genau aufpasst, dann wirst du an einer schweren körperlichen Erkrankung sterben!“).

1.

PLIANCE = regelgeleitetes Verhalten unter Kontrolle sozial vermittelter Verstärkung Bei PLIANCE folgen Menschen bestimmten Regeln, weil sie dafür sozial verstärkt werden. Voraussetzung ist, dass die Umgebung bestätigt, dass Übereinstimmung zwischen dem Verhalten und den antezedierenden verbalen Reizen besteht: „Du hast getan, was Dir gesagt wurde, deshalb wirst Du belohnt!“ Beispiel: Ein Kind erhält von seinen Eltern die Instruktion: „Wasche deine Hände mit der roten Seife, damit sie sauber werden.“ Das Kind wäscht nun seine Hände mit der roten Seife und erhält daraufhin Lob von seinen Eltern. Kommt das Kind der Aufforderung nach, um die Regel einzuhalten (also nicht, um die Hände sauber zu bekommen!), dann entspricht diese Form des regelgeleitenden Verhaltens PLIANCE. Hier sind vor allem die sozialen Konsequenzen der Regelbefolgung entscheidend!

2.

TRACKING = regelgeleitetes Verhalten unter Kontrolle natürlicher Kontingenzen, die als „Vor-Wissen“ sozial vermittelt werden Diese Form des regelgeleiteten Verhaltens orientiert sich an den natürlichen Konsequenzen, die beim Befolgen dieses Verhaltens (üblicherweise) zu erwarten wären. Diese Regeln sind zuvor aus analogen Situationen abgeleitet worden, ohne dass das Individuum die jeweiligen Konsequenzen im Laufe seines Lebens unmittelbar erfahren hat. Beispiel: Ein Kind wäscht sich seine Hände nicht, weil es seine Eltern sagen, sondern einfach deshalb, weil es seine Hände reinigen möchte. Schon oft ist ihm gesagt worden, dass die Hände durch Waschen mit der roten Seife gut sauber werden (Verhalten und die Folgen waren also zutreffend). Bisher hat das Kind die rote Seife selbst noch nicht ausprobiert. Aufgrund der berichteten Vorerfahrungen wäscht das Kind nun seine Hände mit dieser Seife. Es tritt nun in direkten Kontakt mit den Auswirkungen seines Verhaltens.

CAVE

In der Regel ruft TRACKING flexiblere Verhaltensformen als PLIANCE hervor. Die Betroffenen passen sich eher den Umständen an, als sich nur den sozialen Konsequenzen der Regelbefolgung, ungeachtet direkter Rückwirkung, zu beugen.

3.

AUGMENTING Diese Form des regelgeleiteten Verhaltens orientiert sich an bereits geknüpften Beziehungsnetzwerken und ist damit eine Kombination von PLIANCE und TRACKING. AUGMENTING erweitert die durch PLIANCE oder TRACKING abgeleiteten Konsequenzen um neue verbale Reizkonstruktionen. Dadurch wird das Ausmaß verändert, in dem ein Ereignis als Konsequenz wirkt. Beispiel: Wenn das Wort „toll“ bisher verstärkend wirkt, dann kann das Erlenen der Tatsache, dass Worte wie „klasse“ und „super“ ebenfalls „toll“ bedeuten, auch diese als Verstärkung einführen lassen. Der Verstärkungsprozess kann dadurch generell intensiviert werden. Auf diese Weise lassen sich verbal formulierte Anreize, sich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten, um vielfache Möglichkeiten ausdehnen. Viele alltägliche Handlungen oder Prozesse, die an und für sich neutral sind, erwerben dadurch eine verstärkende Funktion. Beispiel: Das Kind aus Fallbeispiel 1 erhält die Instruktion: „Wasche deine Hände mit der roten Seife, damit sie sauber werden.“ Bei der Ausführung der Handlung folgt das Kind nun einer eigens aufgestellten Regel, die lautet: „Wenn ich die rote Seife benutze, dann bin ich ein schlaues Mädchen (AUGMENTAL). Meine Hände werden sauber (TRACKING), meine Eltern sind zufrieden (PLIANCE) und ich kann fragen, ob ich spielen gehen kann (NEUES VERSTÄRKERMOMENT).

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Problematisch wird es vor allem dann, wenn sich regelgeleitetes Verhalten auf die Kontrolle von Gedanken und Gefühlen konzentriert. Es gibt 2 Prozesse, die in diesem Zusammenhang besonders wichtig sind und daher in Box 1 und 2 näher erklärt werden [25].

Box 1 Kognitive Fusion – Objektmodus ▶ Mentale Repräsentation über die Umwelt wird auf die gleiche Ebene gestellt wie die Umwelt selbst. (→ verbale bzw. kognitive Konstruktionen treten an die Stelle des direkten Kontakts mit den Ereignissen). ▶ Handlungen werden komplett durch verbale Reizfunktionen dominiert (Gedanken-Handlungsfusion): ▶ „… wenn ich einen bestimmten Gedanken habe, dann wird es wahrscheinlicher, dass ich eine bestimmte Handlung ausführe – auch wenn ich das gar nicht will.“ ▶ „… wenn ich einen bestimmten Gedanken habe, dann wird es wahrscheinlicher, dass ein bestimmtes Ereignis auftritt.“

Box 2 Erlebnisvermeidung: ▶ Bemühen, das auf die Kontrolle oder Auslöschung von Affekten, Gedanken, Erinnerungen und körperlichen Empfindungen ausgerichtet ist. ▶ Ziel ist es, die Frequenz oder situative Sensibilität von inneren Erlebnissen zu verändern, selbst wenn dies auf der Verhaltensebene Schaden verursacht. ▶ Bei Menschen, die in der Erlebnisvermeidung gefangen sind, fungieren private Ereignisse in Form von Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen oder körperlichen Empfindungen als Hindernisse für Handlungen, die zu gewünschten Konsequenzen führen könnten.

Kognitive Fusion – Objektmodus !

Von kognitiver Fusion spricht man dann, wenn mentale Simulation auf derselben Ebene behandelt wird wie unmittelbare Wahrnehmungen. In diesem Zustand werden unsere Handlungen vollkommen durch unsere Sprache dominiert. Verbale Regeln und Selbstinstruktionen werden behandelt wie die unmittelbare Realität. Der Mensch befindet sich dann im sog. Objektmodus. Dieser Modus ist für viele Dinge nützlich, bspw. wenn man ein Kochrezept ausprobiert oder einer Wegbeschreibung folgt. Der Gegensatz zum Objektmodus ist der sog. metakognitive Modus. In diesem Zustand werden Gedanken, Emotionen und körperliche Empfindungen als innere Ereignisse wahrgenommen, die sowohl vom eigenen Selbst als auch von der Welt getrennt sind. Erwachsenes Denken zeichnet sich dadurch aus, dass ein flexibler Wechsel zwischen Objektmodus und metakognitivem Modus möglich ist [26]. Unflexibles Festhängen im Objektmodus führt zu zwanghaftem, abergläubischem oder interpersonell unflexiblem Verhalten.

Erlebnisvermeidung !

Erlebnisvermeidung ist ein Vorgang, bei dem man versucht, bestimmte Erlebnisse (Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Köperempfindungen, Verhaltensneigungen) zu vermeiden, z. B. mögliche Partner nicht anspricht, weil man die Erfahrung, zurückgewiesen zu werden, nicht wiederholen möchte, oder strittige Punkte mit dem Partner nicht anspricht, weil man nicht in Wut geraten möchte. Der Ausgang von Erlebnisvermeidung ist häufig paradox. Kurzfristig kann sie zwar durchaus funktionieren, dann aber vergrößert sich das Risiko einer Intensivierung von Problemen. Nicht nur negative, sondern auch positive Emotionen werden vermieden. Es fehlt langfristig an Differenzierung und Flexibilität [26, 27]. Erlebnisvermeidung spielt bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen eine entscheidende Rolle [28].

Therapeutische Möglichkeiten !

Die BRT bietet dem Therapeuten mindestens 3 Möglichkeiten: 1. Änderung des Kontexts 2. Stärkung des metakognitiven Modus 3. Etablierung von neuen Regeln, die die Wahrscheinlichkeit für Veränderungen in regelgeleitetem Verhalten erhöhen

Kontextänderung Die BRT zeigt, dass schon die Analyse der Beziehung zwischen einem Verhalten und seinen Konsequenzen zukünftiges Verhalten beeinflussen kann. Wenn man davon ausgeht, dass jedes Ver-

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Die Nachteile von regelgeleitetem Verhalten sind: ▶ Regelgeleitetes Verhalten kann die flexible Achtsamkeit für Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen verringern. ▶ Die Sensibilität gegenüber direkten Kontingenzen wird geringer. ▶ Verhalten kann von in der Vergangenheit programmierten Gedanken und Verhalten dominiert werden. In der Folge werden Verhaltensweisen, die in früheren Situationen genutzt wurden, ständig wiederholt und dadurch zementiert – selbst wenn sie dysfunktional sind. In schwierigen Situationen steht regelgeleitetes Verhalten Flexibilität im Weg.

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halten durch eine Reihe von kontextuellen Faktoren beeinflusst werden kann und der Therapeut stets Teil des Kontexts des Patienten ist, besteht eine entscheidende therapeutische Interventionsmöglichkeit darin, eben diesen Kontext zu verändern. Zeigt sich bspw. das problematische Verhalten innerhalb der therapeutischen Sitzungen zwischen Patient und Therapeut, besteht die Möglichkeit, dass der Therapeut andere Umstände anbietet als diejenigen, die normalerweise die Handlungen des Patienten beeinflussen. So kann er bspw. auf eine Weise handeln, die den Patienten mit Konsequenzen für sein Verhalten in Kontakt bringt, die sich von denen in seinen frühen Lebensphasen unterscheiden. Dadurch können sich im Lauf der Therapie neue Kontingenzen im Hinblick auf das Problemverhalten etablieren, sodass langfristig problematisches regelgeleitetes Verhalten unterminiert wird. Interventionen, die dieses Prinzip nutzen, sind bspw.: ▶ „Validierungsstrategien“ in der DBT ▶ „Consequation-Strategien“ in der CBASP ▶ „Limited Reparenting“ in der Schematherapie

Stärkung des metakognitiven Modus In der Therapie kann der Patient gezielt lernen, das nicht funktionelle Befolgen von Regeln zu untergraben und in der Beziehung zu verbalen Reizfunktionen flexibler zu werden. Dadurch wird er fähig, eine kritische Beziehung zu seinem inneren Erleben zu entwickeln. Er kann sich von Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen distanzieren, wenn sie in dysfunktionaler Weise Kontrolle über sein Leben übernommen haben. In der ACT bezeichnet man diesen Prozess auch als kognitive Defusion [29]. Defusion bedeutet „Auf Abstand gehen“ zu den eigenen Gedanken, statt direkt an der Veränderung ihrer Form zu arbeiten, Gedanken als Gedanken zu begreifen („to defuse“ bedeutet auch eine Bombe zu entschärfen). Dafür haben ACT-Therapeuten eine Reihe von Techniken entwickelt (Box 3).

Box 3 Kognitive Defusionstechniken 1. Erlebnisübungen unterstützen sowohl bei der Diskrimination problematischen Verhaltens als auch beim Auffinden alternativer Verhaltensweisen. Sie können gezielt dazu verwendet werden, die Dominanz zu umgehen, die indirekte Reizfunktionen einnehmen können, indem sie – basierend auf direkten Reizfunktionen – beim Patienten einen Weg anbieten, alternative Verhaltensweisen aufzufinden. 2. Metaphern und Paradoxe umfassen als verbale Werkzeuge Beziehungsnetzwerke, in denen direkte Reizfunktionen eine entscheidende Rolle spielen. Dabei legen sie dem Patienten indirekt mögliche Handlungsalternativen nahe, die flexibel und offen sind.

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Beispiel: Ein konkretes Beispiel für eine Defusionsübung ist die sog. Milch-Übung. Dabei bittet der Therapeut den Patienten zunächst, sich einige Augenblicke ein großes Glas Milch bildlich und sensorisch vorzustellen. Anschließend wird der Patient instruiert, das Wort Milch 30 – 60 Sekunden ständig zu wiederholen und dabei genau zu beobachten, was passiert. Gewöhnlich geschehen dabei zwei Dinge: Das Wort Milch verliert zeitweilig einen Teil oder den größten Teil seines Sinns oder andere Funktionen des Worts treten stärker hervor (bspw. der Klang oder die mit der Wortbildung verbundene Mundbewegung).

Etablierung von neuen Regeln Der Therapeut kann die Fähigkeit des Patienten zu mentaler Simulation gezielt nutzen, um positive Verhaltensweisen zu etablieren. Sprachliche Formulierungen in diesem Sinne werden auch als Ziele oder Werte bezeichnet. Sie sagen etwas darüber aus, wie ein Mensch leben und wie er die Bereiche, die ihm in seinem Leben wichtig sind, ausfüllen möchte. Ziele und Werte sind also verbale Konstruktionen, die dem Patienten als übergeordnete Verstärker für funktionales Verhalten dienen können. Sie sind entscheidende Motivatoren beim Erlernen von neuen Verhaltensmustern. Sie helfen dem Patienten dabei, sich vom Leiden weg dem engagierten Leben zuzuwenden und aversive innere Zustände zu akzeptieren. Mögliche Fragen, die ein Therapeut zur Klärung von Werten eines Patienten stellen kann, sind bspw.: ▶ „Wofür würden Sie sich in einer Welt, in der Sie die Möglichkeit hätten, Ihr Leben bestimmten Zielen zu widmen, entscheiden?“ ▶ „Worauf wären Sie stolz, wenn Sie am Ende Ihres Lebens nochmal zurückblicken? Was wäre Ihnen dann vor allem wichtig?" ▶ „Wenn Sie diese Symptome nicht mehr hätten, was würden Sie dann tun, was Sie bisher nicht getan haben?” ▶ „Bei welcher Tätigkeit fühlen Sie sich in Ihrem Leben besonders kraftvoll und eins mit sich?"

Ausblick !

Viele psychische Probleme von Patienten hängen mit einer niedrigen mentalen Flexibilität und fehlenden zugehörigen Fertigkeiten zusammen (z. B. schwach ausgeprägtes Problemlöseverhalten; mangelnde Empathie; Schwierigkeiten, das Verhalten auf Werte und Ziele auszurichten). Die BRT kann dabei helfen, die betreffenden Fähigkeiten zu spezifizieren und gezielt zu schulen. Relationale Netzwerke fügen stets nur neue Elemente hinzu, sie können nichts löschen. Es gibt keinen Lernprozess namens „Verlernen“. Vergangene Verhaltensmuster oder Angewohnheiten zu überwinden erfordert neues Lernen, Inhibition und flexible Reaktionen. Kontextuelle Psychothera-

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Fazit für die Praxis !

Therapeuten müssen sich mit verbalen Systemen auseinandersetzen und oft mit verbalem Austausch arbeiten. Deshalb ist eine psychologische Theorie erforderlich, die dem Therapeuten vermittelt, wie er diese Aufgabe bewältigen kann. Die BRT ist eine solche Theorie über menschliche Sprache und Kognition. Sie erklärt, wie Menschen in ihrem verbalen Verhalten Reize miteinander in Beziehung setzen und aufgrund der resultierenden Beziehungen nach ihnen handeln oder auf diese reagieren. Dieses Verhalten wird sehr früh im Verlauf des Spracherwerbs gelernt und fungiert als ein generalisierter Operant. Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit des Menschen zur mentalen Simulation. Dadurch kann er zwischen einzelnen Reizen vielfältige Bezugsrahmen konstruieren. Ohne Bezugsrahmen können Menschen nicht funktionieren. Die Fähigkeit zur Herstellung eines Bezugsrahmens ist die Voraussetzung für die Ausbildung von regelgeleitetem Verhalten. Regelgeleitetes Verhalten ökonomisiert komplexe Entscheidungsprozesse, schafft interpersonelle Sicherheit und ermöglicht es, mit Ereignissen umzugehen, bevor diese stattfinden. Dieselben Eigenschaften, die dem Menschen effektives Problemlösen ermöglichen, können auf der anderen Seite auch zur rigiden Befolgung von Regeln und zur Erlebnisvermeidung beitragen. Sind Bezugsrahmen einmal hergestellt, überwiegt diese Methode vor anderen Quellen der Verhaltensregulierung. Damit kann sie zur Grundlage von Psychopathologie werden. Schlechte kontextuelle Kontrolle erschwert es dem Menschen, dem gegenwärtigen Augenblick seine flexible, konzentrierte und willensgesteuerte Aufmerksamkeit zu widmen und sein Handeln an der unmittelbaren Gegenwart auszurichten. Kontextuelle Psychotherapiemethoden, die auf der BRT aufbauen, setzen genau an diesem Punkt an: Durch gezielte Etablierung von neuen Kontingenzen in der therapeutischen Interaktion, durch systematische Stärkung des metakognitiven Modus und durch

Etablierung von neuen Regeln, die eine Veränderung in regelgeleitetem Verhalten ermöglichen, wird dysfunktionales regelgeleitetes Verhalten unterminiert und gewünschtes Verhalten aufgebaut. Dadurch kann jeder therapeutischer Prozess effektiver gestaltet werden – unabhängig von den vorgetragenen Beschwerden der Patienten. Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur 01 Hayes SC, Luoma JB, Bond FW et al. Acceptance and commitment therapy: model, process and outcomes. Behaviour Research an Therapy 2006; 44: 1 – 26 02 Linehan MM, Armstrong HE, Suarez A et al. Cognitivebehavioral treatment of chronically parasuicidal borderline patients. New York: Guilford Press: Archive of General Psychiatry; 1993 03 McCullough JP. Treatment of chronic depression: Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy. Guilford Press: New York; 2000 04 Young JE. Cognitive Therapy for Persnoality Disorders: A Schema-focused Approach. Sarasota: Professional Resource Press; 1990 05 Segal ZV, William JG, Teasdale JD. Mindfulness-Based Kognitive Therapy for Depression A New Approach to Preventing Relapse. New York: Guilford Press; 2001 06 Wells A. A cognitive model of generalized anxiety disorder. Behavior modification 1995; 38: 319 – 345 07 Kahl KG, Winter L, Schweiger U et al. Die Dritte Welle der Verhaltenstherapie. Fortschr Neurol Psychiatr 2011; 79: 330 – 339 08 Kahl KG, Winter L, Schweiger U. The third wave of cognitive behavioral therapies: what is new and what is effective? Curr Opin Psychiatry 2012; 25: 522 – 528 09 Gifford EV, Hayes SC. Functional contextualism: A pragmatic philosophy for behavioral science. In: O`Donohue W, Kitchener R. Handbook of behaviorism. San Diego, CA: Academic Press; 1998: 285 – 327 10 Hayes SC, Villatte M, Levin M et al. Open, aware, and active: contextual approaches as an emerging trend in the behavioral and cognitive therapies. Annu Rev Clin Psychol 2011; 7: 141 – 168 11 DeRose K. The Case for Contextualism. Oxford University Press; 2009 12 Hayes SC, Barnes-Holmes D, Wilson KG. Contextual Behavioral Science: Creating a science more adequate to the challenge of the human condition. JCBS 2012; 1: 1 – 16 13 Hayes SC. Acceptance and Commitment Therapy and the New Behavior Therapies: Mindfulness, Acceptance, and Realtionship. In: Hayes SC, Folette VM, Linehan MM. Minduflness and Acceptance.Expanding the Cognitive-Behavioral Tradition. New York: Guilford Press; 2011: 1 – 30 14 Gross AC, Fox EJ. Relational frame theory: An overview of the controversy. Anal Verbal Behav 2009; 25: 87 – 98 15 Hayes SC, Barnes-Holmes D, Roche B. Relational Frame Theory: A Post-Skinnerian Account of Human Language and Cognition. Berlin, Heidelberg: Springer; 2001 16 Dymond S, May RJ, Munnelly A et al. Evaluating the evidence base for relational frame theory: a citation analysis. Behav Anal 2010; 33: 97 – 117 17 Roche B, Barnes-Holmes Y, Barnes-Holmes D et al. Relational frame theory: A new paradigm for the analysis of social behavior. Behav Anal 2002; 25: 75 – 91

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piemethoden setzen genau an diesen Punkt an: Im Kern aller dieser Methoden liegt die Idee, dass Menschen lernen können, unterschiedliche Perspektiven in Bezug auf ihr inneres Erleben einzunehmen. Bei kontextuellen Psychotherapiemethoden geht es vor allem darum, Menschen dabei zu helfen, in ihren Reaktionen auf ein unangenehmes inneres Erleben flexibler zu werden. Ist eine emotionale Erfahrung einmal eingebrannt, kann dies nicht mehr rückgängig gemacht werden. Der Inhalt einer Erfahrung kann nicht mehr verändert werden. Das, was jedoch verändert werden kann, ist der Umgang mit dieser Erfahrung in der Gegenwart. Je flexibler ein Mensch diesen Umgang gestalten kann, desto widerstandsfähiger wird er gegenüber Belastungen.

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18 Skinner BF. What is the experimental analysis of behavior? J Exp Anal Behav 1966; 9: 213 – 218 19 Madden GJ. APA handbook of behavior analysis. Washington, DC: American Psychological Association; 2012 20 Fryling MJ. Constructs and events in verbal behavior. Anal Verbal Behav 2013; 29: 157 – 165 21 Fryling MJ. Relational responding as a psychological event. Int J Psychol Psychiatr 2012; 12: 85 – 96 22 Törneke N. Learning RFT: An introduction to relational frame theory and its clinical application. Oakland, CA: New Harbinger; 2010, Übersetzung von Törnike N. Bezugsrahmentheorie: Eine Einführung. Paderborn: Junfermann; 2012 23 Barnes-Holmes Y, Hayes SC, Barnes-Holmes D et al. Relational frame theory: a post-Skinnerian account of human language and cognition. Adv Child Dev Behav 2001; 28: 101 – 138 24 Dymond S, Rehfeldt RA. Understanding complex behavior: The transformation of stimulus functions. Behav Anal 2000; 23: 239 – 254

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25 Hayes SC, Brownstein AJ, Zettle RD et al. Rule-governed behavior and sensitivity to changing consequences of responding. J Exp Anal Behav 1986; 45: 237 – 256 26 Piaget J, Barbel Inhelder. The growth of logical thinking from childhood to adolescence. London: Routledge & Kegan Paul; 1958 27 Zettle RD, Hayes SC. Rule-governed behavior: A Potential theoretical framework for cognitive-behavioral therapy. In: Kendall PC (Hrsg). Advances in cognitive behavioral research and therapy. 1. Academic Press: Waltham, Massachusetts; 1983: 73 – 118 28 Chawla N, Ostafin B. Experiential avoidance as a functional dimensional approach to psychopathology: an empirical review. Clin Psychol 2007; 63: 871 – 890 29 Snyder K, Lambert J, Twohig MP. Defusion: a behavioranalytic strategy for addressing private events. Behav Anal Pract 2011; 4: 4 – 13

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CME-Fragen Die Bezugsrahmentheorie – Eine Grundlage zum Verständnis von kontextuellen Psychotherapiemethoden A B

C D E

… arbeiten transdiagnostisch. … gehen davon aus, dass Verhalten einerseits durch früher erlebte Konsequenzen und andererseits durch wünschenswerte Konsequenzen beeinflusst wird. … haben verhaltenstherapeutische Techniken der 1. und 2. Welle der kognitiven Verhaltenstherapie weiterentwickelt. … werden auch als Verfahren der 3. Welle der kognitiven Verhaltenstherapie bezeichnet. … arbeiten ausschließlich mit dem Prinzip des Konditionierungslernens.

0 Welche der folgenden Aussagen über Augmenting ist nicht 4 zutreffend? █ A

B C D

E

2 █ 0

A B

C

D E

Welche der folgenden Aussagen über die Bezugsrahmentheorie trifft nicht zu? Die Bezugsrahmentheorie erklärt Sprache und Kognition aus einer lerntheoretischen Perspektive. Im Kern der Bezugsrahmentheorie liegt die Idee, dass Organismen lernen können, relational auf verschiedene Reizereignisse willkürlich zu antworten. Die bestimmte Art, Dinge in Beziehung zu setzen, wird primär nicht durch die nicht willkürlichen Beziehungen zwischen den Reizen geleitet, sondern durch andere kontextuelle Hinweisreize. Die Herstellung von Bezugsrahmen ist ein fundamentaler Prozess der menschlichen Sprache. Abgeleitete Reizbeziehungen finden sich im späten Erwachsenenalter.

0 Welche der folgenden Aussagen lässt sich nicht aus der 5 Bezugsrahmentheorie ableiten? █ A B C D E

3 █ A B

C D

E

Welche der folgenden Aussagen über relationales Reagieren ist zutreffend? Relationales Reagieren führt zur Ausbildung von regelgeleitetem Verhalten. Die Herstellung eines Bezugsrahmens ermöglicht eine Antwort auf ein Ereignis (Reiz) unter gleichzeitiger Bezugnahme auf ein anderes Ereignis (Reiz), wenn beide Ereignisse (Reize) zuvor direkt miteinander in Beziehung gebracht wurden. Die Herstellung eines Bezugsrahmens wird durch kontextuelle Faktoren nicht beeinflusst. Ein Kind beginnt ausschließlich dann Beziehungen abzuleiten, wenn eine Verstärkung von Seiten der Eltern oder anderen Teilen der Umwelt erfolgt. Wenn Menschen nur einige Reizbeziehungen durch indirekte Erfahrung beigebracht werden, dann können sie eine exponentielle Anzahl von Reizbeziehungen direkt ableiten.

Sprachprozesse können Erfahrung dominieren. Sprache kann Erfahrung verändern. Sprache erweitert die potenziellen Ziele von Vermeidung. Sprachprozesse werden vom Kontext bestimmt. Sprachprozesse werden vom Inhalt bestimmt.

0 Welche der folgenden Aussagen über regelgeleitetes 6 Verhalten ist richtig? █ A B

0

Augmentals sind Regeln, die eine Veränderung des Ausmaßes, in dem unterschiedliche Ereignisse verstärkend oder bestrafend wirken, nach sich ziehen. Augmenting ist eine Kombination von Pliance und Tracking. Augmentals sind auf das unmittelbare Spezifizieren einer Konsequenz beschränkt. Wenn ein Antezedens eine augmentierende Funktion hatte, nennt man das daraus resultierende Verhalten Augmenting. Viele alltägliche Handlungen oder Prozesse, die an und für sich neutral sind, erwerben durch Augmenting eine verstärkende Funktion.

C

D E

Regelgeleitetes Verhalten beschreibt Verhalten, das durch direkte Kontingenzen entsteht. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass der größte Prozentsatz unseres Verhaltens auf direkter Erfahrung basiert. Das Verhalten eines Menschen kann operant durch Dinge verstärkt werden, die außerhalb seiner unmittelbaren Erfahrung liegen. Regelgeleitetes Verhalten ist ein Begriff aus der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Regelgeleitetes Verhalten ist ein Synonym für operante Konditionierung.

0 Welche der folgenden Aussagen über Erlebnisvermeidung 7 ist nicht zutreffend? █ A B C

D

E

Erlebnisvermeidung ist kurzfristig wirksam. Langfristig verstärkt Erlebnisvermeidung das jeweilige Problemerleben. Nach der Bezugsrahmentheorie ist der entscheidende Prozess von Erlebnisvermeidung, dass private Ereignisse durch Bezugsrahmung appetitive Reizfunktionen erwerben. Wenn Menschen in Erlebnisvermeidung gefangen sind, fungieren private Ereignisse in Form von Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen oder körperlichen Empfindungen als Hindernisse für Handlungen, die zu gewünschten Konsequenzen führen könnten. Wissenschaftliche Daten zeigen, dass Erlebnisvermeidung ein zentraler Prozess im Zusammenhang mit Psychopathologie sein kann.

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0 Welche der folgenden Aussagen ist nicht zutreffend? 1 Kontextuelle Psychotherapiemethoden … █

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A

B C D E

Verbales Verhalten besteht laut der RFT darin, Reize in Beziehung zu setzen und aufgrund der resultierenden Beziehungen nach Reizen zu handeln oder auf diese zu reagieren. Verbales Verhalten wird sehr früh im Verlauf des Spracherwerbs gelernt. Verbales Verhalten wird primär durch die nicht willkürlichen Beziehungen zwischen den Reizen geleitet. Verbales Verhalten fungiert als generalisierter Operant. Verbales Verhalten wird durch kontextuelle Hinweisreize entscheidend beeinflusst.

0 Welche Aussage über kognitive Defusion ist nicht 9 zutreffend? █ A

B C D E

Erlebnisübungen können gezielt dazu verwendet werden, die Dominanz zu umgehen, die indirekte Reizfunktionen einnehmen können. Metaphern legen dem Patienten indirekt mögliche Handlungsalternativen nahe. Die wörtliche Qualität von Gedanken wird verstärkt. Kognitive Defusion soll den Klienten helfen, Denken und Erleben als fortlaufenden Verhaltensprozess zu verfolgen. Statt direkt an der Veränderung der Form der Gedanken oder Emotionen zu arbeiten, fokussiert der Therapeut auf den Kontext, der die Gedanken und Gefühle zu nicht erwünschtem direkt beobachtbarem Verhalten in Beziehung setzt.

0 Welche Schlussfolgerungen kann der Psychotherapeut aus 10 Erkenntnissen der Bezugsrahmentheorie ziehen? █ A B C

D

E

In der Psychotherapie ist es vor allem wichtig, den Aktionsmodus des Patienten zu stärken. Bereits die Analyse der Beziehung zwischen Verhalten und Konsequenzen kann zukünftiges Verhalten beeinflussen. Im Lauf der Therapie soll der Patient vor allem lernen, verbal konstruierte Konsequenzen zu beschreiben, die für ihn global invalide sind. In der Therapie sollten automatische Reaktionen und Erlebnisse des Patienten immer positiv verstärkt werden, da sie eine wichtige Ursache für das jeweilige Problemverhalten des Patienten sind. Ein wesentliches Ziel von Psychotherapie besteht darin, dass der Patient mehr Kontrolle über seine Gefühle bekommt.

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0 Welche der folgenden Aussagen über verbales Verhalten 8 ist nicht zutreffend? █

[Relational frame theory - a theoretical framework for contextual behavioral science].

Therapists have to deal with verbal systems and often work with verbal exchange. Therefore, a psychological theory is required, which teaches the ther...
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