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Rezidivierender Thekazell-Tumor U. Karck. F Komm oss , K. Henn e. M. Rung e. A. Pfleid erer

Zusammenfassung Thekome sind primär gutartige Ovarialtumoren . Die Existenz von malignen Thekomen ist in der Weltliteratur umstritten. Es wird ein Pall eines rezidivierenden Th ekoms mit klinisch malignem Verlaufund den histologischen Zeichen eine r malignen Entdifferenzierung bes chrieben. Es werden die besonderen diagnostisch en und th erapeutischen Kons equenzen dies es selt enen Krankheitsbildes erlä ute rt. insb esondere die Notwendigkeit eine r differenziert radikalen op erati ven Intervention.

Recurrent Thecoma Th ecomas are con sidered to be beni gn tumours. Wh ether th ere are malign ant thecornas, is a subject of controve rsy in literature. Thi s contribution describes a ca se of recurrent thecoma with a cIinically malignant course a nd his tological signs of malignant dedifferentiation . Th e particular diagnostic and th erapeutic consequ en ces of this rare dis ea se are discussed with emphasis on th e need for radical surgical int ervention. ovarian

Beri chte üb er maligne Verl äufe . Einige Autore n lehnen den Begriff ..malignes Th ekorn '' prinzipiell ab (8). Wir möchten mit der folgenden Kasuistik ze ige n. daß es trotz der Dia gnose Th ekom zu klinisch malignen Verläufen kommen kann. und auf die daraus resultierenden th erapeutischen Konsequ enzen hinweisen .

Kasuistik Die 42j ährige Pati en tin stellte sich im Juni 1982 in ei ne m auswärtige n Kran kenhau s mit eine m Tum or im Bereich der link en Adnexe vor. 1981 wa r wegen eines Ute rus myom at osu s und Descen su s uteri eine vag inale Hysterekt omi e durch geführt wo rde n. dab ei wu rde n die Ovarien a ls makr osk opi sch un au ffällig beschrieb en . Bei der folgenden La parotom ie wurde ein 10 cm große r meh rknolliger. solide r. vom Ovar a usge he nder Tumor von der lin ken Becke nwand a bge trage n. Das makrosk op isch un au ffällige rechte Ovar wurde ebe nfa lls entfernt. Der a ufgesch n itte ne Tumor hatte eine glas ig. sträh nige Oberfl äche. die teilweise ge lb im poni ert e. Histologisch fa nd sich ein fibr osierendes Th ek om . Der post op erati ve Verla uf wurde kompliziert durch das Auft rete n eine r Ure te r-Vagi nalfist el link s . die eine Urete rreim pla nt ation erfor de rlich machte .

1. Rezidiv

Einlei tung Das Th ekom wurde zu erst 1932 von Loeffer und Pries el beschrieben und ge hö rt in die Gruppe der Stromazelltumoren des Ovars. Th ekome mach en ca. 2 % aller Ovarialtumoren aus. Man find et sie bevorzugt bei postm enopausalen Frauen a ls unil at erale Tumoren vor. Histologisch sind si e gek ennzeichnet durch lipidhaltige Zellen. plump abgerundet . mit weni gen Mitosen . Oft er ke nnt man spindelfcirmig e Fibroblasten mit Zeich en der Kollage nsynthe se (3. 6. 7). Der Nach weis von lut einisierten Zellen und eine r Östrogen synthes e ist fast path ogn omonlsch , ab er nur in 50 % der Fäll e zu führen (7). Thekazell-Tum oren we rde n in der Litera tur a ls gutartig beschrieben . die Existe nz von mali gn en Th ekomen ist umstritten (1. 4. 5. 8). Es gibt nur we n ige

Geburtsh . u. Frau enh eilk . 51 (1991) 577-579 © Georg Th iem e Verlag Stuttgart . New York

Im Mai 19 83 kam die Patientin erstma ls in die Universitätsfrau enklinik Freiburg. nachdem wegen eine r Umfan gszunahme des link en Bein es ein CT des Abdomen s durchgeführt wurde und sich ein neu er Tumor im linken Unterbauch fand. Alle a nde re n präoperativen Unte rsuc hunge n waren unauffällig, Östrogen- und Androgen serumspi egel wa re n normal. Bei der Lap arotomi e fand sich auf der linken Becke nwand ein breitb asig verwac hse ne r Tumor. 10 x 7 cm groß . der nach sch wieri ger Präp arati on im Gesunden entfernt werden konnte. Da s übrige Abdo me n war tumorfrei und ohne Peritoneal veränderung. Histol ogisch sah man wiede r plumpe. lipidpositi ve Zellen. verge se llschaftet mit fibroblastenartigen Zellen ; wenig Mitos en . Damit ergab sich die Diagnose : rezidivierender Th ekazelltumor. Der postoperative Verl auf komplizierte sich durch eine Obersch enkel- und Becken vene nth rombose link s . eine Marcumartherapi e wurde eingeleitet.

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Universitätsfrauen klinik Freiburg

Geburts h. u. Frauenheilk. 51 (1991)

U. Korck, F. Kommoss, K. flenn e. M. Runge. A. Pfleiderer

Bei den regelmäßigen Kont ro lluntersu chungen ließ sich auf der link en Beckenwand immer eine 2 x 2 x 1 cm große Raumforderung tasten, die als Narbe ged eutet wurde. Im Mai 19 84 wurde bei der beschwerdefreien Patientin in eine m Kontroll-CT ein strangartiger, 8 x 4 x 3 cm gro ße r Tumor rechts der Aorta, vom Nierenstiel bis zur Bifurkation reich end, dokumentiert. Bei sich ausbildende m Caput medusae der Bau chdecken wurde dies als thrombosierte Vena cava , in der Differentialdiagnose als ein die Ven a cava komprimier endes Lymphom gede utet. Auf eine weitere Abklä rung wurde bei der beschwerdefr eien Pati entin verzichtet. 2. Rezidiv

Im November 1985 wurde die Pa tientin vor ste llig, da sie eine n perman en ten unan gen eh men Dru ck auf die Blase verspürte. In CT und Ultrascha ll zeig te sich eine neuaufgetretene, 7 cm große Raumforderung rechts de r Blase, die übrigen Befunde waren unverändert. Bei der da raufhi n du rchgeführt en Viert laparotomie fand sich rech ts neben der Blase ein glatt beg renzter Tumor, der stumpf aus seinem Tumorbett herausg elöst werden konnte. Auf der link en Beckenwand zeigt e sic h Narb engewebe , ein Tumor ließ sich nicht na chweis en . Die Vena ca va wurde als th rombosiert herausgetastet, das übrige Abdo me n war bis auf multiple Adhäsionen unauffällig. b _ . -._IollIU.... Abb. 1 a: Histologischer Schnittvom ersten paravesikalen Tumorrezidiv: Gesamteindruckeinesbenignen Thekoms. Neben spindeiförmigen Fibroblasten zahlreiche lipidspeichernde thekazellähnliche Tumorzellen in harmonischer Anordnung: kaum nukleare Atypien, Mitosen nicht nachweisbar (Hämatoxylin/ Eosin. x50 ). b: Histologischer Schnitt vom dritten Tumorrezidiv. Sarkoma rtigesBild mit deutlichen morphologischen Malignitätsmerkmalen: Makro- und Dyskariosen, Hyperchromasie, Mitosen(H/E, x 200).

Die Histologi e erga b wied er eine n Th ekaze ll-Turnor, diesmal wegen der a usge prägte n Fibrozyten anteile als Th ekazellfibrom bezeichnet (Abb. la). Es fand en sich kein e Mitosen , die Lipidfä rbung war positiv. Die drei Monate sp ät er durchgeführten Kontrolluntersuchungen (US, CTl zeigt en unverändert die Raumford erung auf der linken Beckenwand und pa raaorta!. Die Patientin war bes chw erdefrei bis Oktober 1987, als im US wied er ein Tumo r (71 x 48 x 60 m m) obe rhalb des Vaginalstumpfes dokumentiert wurde. 3. Rezidiv

Im Mai 1988 wurde im US ein Rezidivtumor paraaortal besc hrieben (200 x 80 x 50 mm) . Die Patientin hatte ab Juli 1988 starke Verdrängungssymptome. Im CT zeigt e sich ein retroperitonea ler Tumor, von der Leb er bis in das klein e Becken reich end , dort in die Fossa obturatoria einwachsend (Abb . 2). Die Cavographie ze igte eine komplette Obstruktion der Vena cava mit exzessivem Kollateralkreislauf. Die fünft e Laparotomi e bestätigte dies en Situs. Der Tumor ließ sich bis a uf Reste im Ber eich der Iliacagab ellinks und des Leb erhilus vollständig entferne n.

Abb.2 Rekonstruktion der sagittalen Schnitte vom Leberunterrand bis ins kleine Becken: Großer Tumor in Form zweier aus dem kleinen Becken aufsteigender Tumorstränge, die sich in Höhe der Aortenbifurkation vereinigen. Subhepatisch zystische Anteile mit Flüssigkeit. Kein Hinweis für Infiltration.

Die Histolo gie erga b eine n lipidpositive n Th ekazell-Tumor, diesmal ließ en sich ab er zum erste nma l Gra nulosazell-Eleme nte na chweis en . Zus ätzlich waren zum Teil auch mäßig mitosenreich e, sarkomatöse Abs chnitte vor handen (Abb. Ibl.

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Rezid ivierender Thekazell-Tumor

4. Rezidiv

Im Mär z 1989 fand sich in US und CTerne ut ein zystische r Tumor im klein en Becken, hufeisenförmig aus den Fossae obturatoriae entspringend und bis zur Aortenbifurkation reichend. Bei entsprec he nde r Symptomatik entsc hloß man sich zu eine r Che mothe ra pie nach dem Einho rnschema, da ein zu erwartendes Rezidiv im Ber eich des zur ückgelasse ne n Tumorrest es am Leberhilus eine Bestrahlung wenig sinn voll ma cht e. Nach dr ei Zyklen zeigt e sich eine Tumorprogression und die Th er api e wurde abgebr oche n. Die Patientin wurde mit Medroxyprogest er onazetat 160 mg/d nach Haus e entlasse n. Im Mai 1990 ist sie ohn e größe re Schm erzen , allerdings in reduzi ertem Allgeme inzusta nd und hat Beschw erden durch eine große intraabdomin ale Tumormasse. Diskussion Der geschilderte Fall zeigt, daß ein primär als ben igne anzusehender Tumor wie das Th ekom im Laufe des Krankheitsgescheh ens se mimalignes Wachstum zeigen kann . Inter essanterweis e wa re n tr otz der großen Tumorm assen CEA und CA-125 stets norm al. Inwieweit der nach dem 3. Rezidiv dokumenti ert e Abfall des Serumös trogens mit der Tumorentfernung zusammenhä ngt ist zweifelhaft. Wahrscheinlicher sind ph ysiologische Schw ankungen der adren alen Stero idsynth ese als Erklärung. Bei den histolog ischen Untersuchungen zeigte n sich bei den einz elnen Rezidiven diskrete morphologische Veränderungen, insb esonder e was den Gehalt an Fibroblasten und lipidpositi ven Zellen an geht, dies führte beim 2. Rezidiv zur Diagno se Th ekazellfibr om , eine eben falls als primär benigne angese hene Tumor ent ität (4). Die beim 3. Rezidiv erstma ls na chgewiesen en Granulosaze lleleme nte und sa rkoma töse n Anteile (trotz großer Schn ittzahl und Nachuntersuchungen bei den andere n Präp araten nie na chw eisbar) läßt sich in Einklang brin gen mit dem Modell der Tumor entstehung aus der undiffer enzierten Stromazelle des Ovars (Typ 4) mit na chfolgend er Differ enzierung in ande re Zelltypen (6, 9). Im vorliegend en Fall handelt es sich dem na ch um ein rezidivier end es Thekom , mit Tend enz zur Entdiffer enzierung, das trotz des Fehlens von Organmetastasen und einer Peritonealk arzinose eine enorme Morbidität mit abse hbare m letal en Ausgang verursacht. Es stellt sich dah er die Frage nach eine r adä qua ten Ther api e solcher rezidivier end er Tumor en . Eine Che mothe rapie kann bei Str omazell-Tumor en des Ovars Erfolg haben (5) und ist ins besonde re dann indiziert,

wenn ein schn elles Wachstum vorliegt und Alternativen, wie eine Best ra hlung, bei ungünstiger Tumorlokalisat ion entfallen. Empfehlensw ert ist auch eine endokrine Therapie mit Antiöstroge ne n und Gestage nen in Abhä ngigkeit vom Rezeptorstatus und histologischen Typus . Vom theoretis chen Ansatz her inter essant, abe r bei de r geringen Inziden z der Erkra nkung noch nicht hinr eichend erp ro bt, ist der Einsa tz von GnRH-Ana loga. Auf der a nderen Seite wird deutli ch , daß von erfa hrener Hand wiederho lte Rezidive zumind est unter palliativen Gesichtspunkten erfolgre ich operativ angegangen werden können. Inwieweit eine lokale Injektion mit biologischen Resp onse-Modifiern (Inte rfero ne, Tumor-Nekros eFaktor) bei diesen stark fibroblast enh aItigen Tumor en als ther ap eutischer Versuch riskier t werd en kann , ist unkl ar. Theoretis ch ist eine Wachstumsfakt or-ähnliche Wirkung nicht ausz usc hließe n. Dam it bleiben als gesicherte The ra piemodalitäten bei rezid ivier end en Thekaze lltumoren die gezielt rad ikale Operation und horm onelle Th erapie, gefolgt von Radi ati o und Chemothe ra pie. Zusätzlich sollte auch bei einer solchen Diagnose für die ersten dr ei Jahre eine regelmäßi ge Nachsorge stattfinden, um ein mögliche rweise klinisch lan ge stu mmes Rezidiv noch in einem günstigen Sta dium zu erfassen. Literatu r Antolic, Z. N., J . Kovacic, S. Rainer : Theca an d Granulosa Cell Tumors and Endometrial Adenoca rcinoma . Gynec. Oncol. 10 (1978), 27 3-278. 2 Björkholm, E., C. Silverswärd: Theca-c ell tumo rs . C1inical features and prog nosis. Acta Radiol. Oncol. 19 (1980) , 241-244. 3 Evans, A. T., T. A. Gaffey, G. D. Malkasian, J . E Annegge rs : Clinicopathologic Review of 118 Gra nulosa and 82 Theca Cell Tumors . Obst et. and Gynec. 55, No. 2 (1980) , 231-238. 4 Larson, J . A.: Estrog ens and endometria l carci noma . Obstet. Gyneco l. 3 (1955), 55 1-572. 5 Schwa rtz, P. E., J. P. Smith: Treatm ent of ova ria n stro ma l tumors. Am. J . Obstet. Gynecol. 125 (197 6), 40 2- 40 8. (, Spinelli, A. , P. Morf, C. Genton : Die Gra nulosa -Thek az elltumo re n. Geburtsh. u. Fra ue nheilk. 39 (1979), 882 -887 . 7 Stage , A. H., W. D. Grafton: Theco mas a nd Gra nulosa -Theca Cell Tumors ofthe Ovary. Obst et. an d Gynec. 50 , No. 1 (1977) ,21-27. 8 Waxman, M., J . C. Vuletin, R. Urcuyo, C. G. Belling : Ovarian LowGrad e Stromal Sarcoma With Thecomatous Features . Cancer 44 (1979),2206-2217. 9 Young, R. H., R. E. Scully: Sex Cord-Stroma l, Steroid Cell, a nd Other Ovari an Tumor s with Endocrine, Parae ndoc rine, and Para neoplast ic Manifestations . In: Blaust ein 's Pathology of th e Fema le Genita l Trac t, 3rd edition, ed. Kurman R. J . (1987), 607-658 . 1

Dr. med. U. Karck Univ.-Fra uenklinik Frei burg Hugstett er Str. 55 7800 Freibu rg

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Der Tumor wa r Östroge n- und Progester onrezeptor-p ositiv (DCC-Methode). Präoper ativ ergab sich eine Östrogenk onzentration im Seru m von 22 pg/ml , postope rativ wa r kein Östr ogen nachweisbar.

Geburtsh. u. Frauenh eilk . 5 1 (l 991) 579

[Recurrent theca cell tumor].

Thecomas are considered to be benign ovarian tumours. Whether there are malignant thecomas, is a subject of controversy in literature. This contributi...
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