Research in

Experimental Medicine

Res. Exp. Med. (Berl.) 174, 2.39--244 (1979)

@ Springer-Verlag1979

Rekonstruktive Mikrochirurgie mit dem CO2-Laser R. Grogpietzsch, B. O. Schulz, W. Endell, E Klink und L. v. Klitzing Abteilung ffir Gyn~ikologieund Geburtshilfe I und II der Medizinischen Hochschule Lfibeck (Prof. Dr. F. Oberheuser), Ratzeburger Allee 160, D-2400 Lt~beck,Bundesrepublik Deutschland

Reconstructive Microsurgery in Use of COz-Laser Summary. CO2-Laser is presented for application in reconstructive operations. At cornua uteri and urine bladders of rabbits excisions were undertaken. The free wound edges were approximated and coagulated by laser irradiation. After these operations 70% (uterus) respectively 90% (urine bladder) of the organs remained fully functionable.

Key words: CO2-Laser - Reconstructive operation - Cornua uteri and urin bladders of rabbits

Zusammenfassung. Der CO2-Laser wird zur Anwendung bei rekonstruktiven Operationen vorgestellt. An cornua uteri und Harnblasen yon Kaninchen wurden Exzisionen vorgenommen. Die freien Wundrfinder wurden adaptiert und laserkoaguliert. Nach diesen Eingriffen blieben 70% (Uterus) bzw. 90% (Harnblase) der Organe voll funktionsf~ihig.

Schliisselw6rter: CO2-Laser - rekonstruktive Operation - cornua uteri und Harnblase von Kaninchen

Die Lasertechnik wurde 1958 von Schawlow in die Physik eingeftihrt [17]. In der Medizin wird sie im wesentlichen als destruktive Operationsmethode zur Durchtrennung von Gewebe als sogenanntes ,,Laserskalpell" [9, 13, 16, 1, 2] und zum Koagulieren von blutendem Gewebe eingesetzt [11, 4, 5, 10, 7, 8]. In der vorliegenden Arbeit hingegen wird eine neue Anwendungsform der Lasertechnik beschrieben, bei der Laserstrahlen zum rekonstruktiven Operieren angewendet werden. Die Wirkungen der Laserstrahlen atif die Gewebe und die Funktionsffihigkeit der zusammengefiihrten Organteile wurden an Versuchstieren geprtift. Sonderdruckanfragen an: Dr. R. GrofSpietzsch (Adresse siehe oben)

0300-9130/79/0174/0239/$1.20

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R. GroBpietzsch et al.

Material und Methode 1. Tierversuche Weibliche Kaninchen werden bewegungsarm in Metallk~ifigen gehalten und mit Wasser und Pellets der Firma Altromin ad libidum ern~ihrt. Die Operationen erfolgen in Barbituratvollnarkose (Pentobarbital 40 mg/kg KG i.v.). Zur Kreislaufstabilisierung wird eine Ringer-LaktatL6sung dauerinfundiert. Die BauchhOhle wird durch schichtweise Schnittffihrung in der Medianlinie blutarm ge6ffnet und die cornua uteri bzw. die Harnblase hervorluxiert.

a) Uterus. Im distalen Bereich der vorgelagerten r6hrenf6rmigen cornua uteri wird der zu exzidierende Uterusabschnitt dargestellt. Zun~ichst wird dieser Bezirk durch einen Laserkoagulationsring weitgehend yon der Durchblutung ausgeschlossen, unter besonderer Beachtung der GeffiBe in der peritonealen Umschlagsfalte. Innerhalb des entstandenen Koagulationsrings wird der so markierte Uterusteil vollstgndig mit einem Skalpell exzidiert. Die entstehenden glatten Schnittr~nder erlauben eine prgzise End-zu-End-Anastomosierung. Dabei werden die adaptierten Schnittfl~ichen in rechtwinklige Position zum Laserstrahl gebracht und an ihrer gul3eren Beriihrungszone durch Koagulation miteinander verbunden. Diese Verschmelzungszone wird ringfOrmig um das gesamte Organteil gefiahrt. Weitere intraoperativ auftretende Blutungen werden ebenfalls durch Laserkoagulation versorgt. Nach vorsichtiger Reposition der behandelten Organe in den Bauchraum wird dieser schichtweise verschlossen. Es wird weder ein kfinstlicher Ascites mit Kortisonzusatz hergestellt noch eine Antibiotikaprophylaxe durchgefiahrt. Zur Exzision der Uterusabschnitte wird das Skalpell gewghlt, weft die mit ihm erreichbaren glatten Schnittr~inder eine pr~izise Adaptation erlauben. Derartig glatte Wundr~inder k6nnen mit einem Laserschnitt nicht erreicht werden.

b) Harnblase. Mit der gleichen Technik werden die Tiere zur Blasenrekonstruktion operiert: Barbituratnarkose, Kreislaufstabilisierung und Laparotomie. Die Harnblase wird nach Er6ffnung der Bauchh6hle manuell entleert und vorgelagert. Die beabsichtigte Inzisionszone wird dutch einen Laserkoagulationsring markiert und somit von der Durchblutung weitgehend ausgeschlossen. Die Blase wird in einer L~inge von etwa 3 cm aufgeschnitten. Die Schnittr~inder werden adaptiert und, wie oben beschrieben, mit Laserkoagulation verschlossen. Auf Einlegen eines Blasenkatheters wird verzichtet. Die gesamte Operationsdauer betr~igt bei beiden Operationsmodellen jeweils etwa 20 Minuten.

2. CO2-Laser Alle Versuche werden mit einem CO2-Laser (Coherent Radiation Typ 400), der im infraroten Bereich bei 10600nm emittiert, durchgeftihrt. Die Fokussierung im Operationsgebiet wird mit einem fiber die gleiche Optik wie den Operationslaser eingespiegelten Hilfslaser (Neonlaser geringerer Leistung) erreicht. Der Brennfleck ist als Ring abgebildet. Das Operationsgebiet wird durch ein Zeiss-Kolposkop betrachtet. Die Zieleinstellung erfolgt fiber einen Mikromanipulator, der den Laserstrahl in einem Aktionsfeld yon 25 mm Durchmesser bewegt. Die fotobiologische Wirkung des CO2-Laserstrahles auf das Gewebe ist abh~tngig vonder applizierten Energiedichte, die Ausdruck in folgenden physikalischen Mel3gr6Ben findet: elektrische Leistung (8--10Watt) Expositionszeit (0,2 sec) Fokussierung (l,8 ram) Die Optimalbedingungen wurden in Vorversuchen definiert und sind oben in Klammern angegeben [14, 15, 6].

Rekonstruktive Mikrochirurgie mit dem CO2-Laser

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Ergebnisse 1. Uterusrekonstruktion Bei 10 K a n i n c h e n wurde ein distaler U t e r u s a b s c h n i t t mit dem Skalpell exzidiert. Die v e r b l e i b e n d e n Uterusteile w u r d e n allein durch L a s e r k o a g u l a t i o n reanasto-

Abb. 1 a unfl b. Reanastomosierte cornua uteri vom Kaninchen. Aufnahme direkt postpartal, a guBerer Aspekt: Die Anastomosenbezirke sind dutch Klemmen kenntlich gemacht, b nach Aufschneiden der Uterush6rner stellt sich eine intakte Schleimhaut dar

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R. Grol3pietzsch et al.

Abb.2a und b. Rekonstruierte Harnblasen 4 Wochen nach VerschluB der aufgeschnittenen Blasen durch Laserbestrahlung. a ~iugerer Aspekt. b nach Aufschneiden der Blasen stellt sich ein ringf6rmiges ~3dem um eine zentrale, pigmentierte Einziehung dar

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mosiert. 14 Tage post operationem wurden als biologische Testmethode fiir die Haltbarkeit und Rekanalisation der cornua uteri die Tiere belegt. 7 Tiere wurden tr~chtig und die Feten spontan und reif geboren. Postpartal erfolgte unverziJglich die Relaparotomie zur Inspektion der Narbenverh~iltnisse an den Uterush6rnern. Die sorgfiiltige Palpation der Uterush6rner ergab im Bereich der Anastomosen geringfiigige Indurationen. Makroskopisch waren die entsprechenden Operationsnarben oft schwer erkennbar, teilweise fanden sich leichte Einziehungen und Pigmentierungen der Serosa (Abb. 1a). Nach Er6ffnung der Uterush6rner durch L~ingsschnitt im Bereich der Anastomose konnten keine Schleimhautdefekte gesehen werden (Abb. 1b). St6rungen der L6sungsmechanismen der Plazenta waren nicht nachweisbar. 2. Harnblasenrekonstruktion

Bei 10 Tieren wurden die aufgeschnittenen Blasen ebenfalls allein durch Laserkoagulation verschlossen. Ein Tier verstarb infolge einer diffusen Peritonitis bei dehiszenter Harnblase. Bei den verbleibenden 9 Tieren wurde ohne Einlegen eines Katheters keine Blasenentleerungsst6rung beobachtet. Diese Tiere entwickelten weder Fisteln noch ergaben sich Hinweise fiir eine Peritonitis. Bei der Relaparotomie 4 Wochen post operationem waren die Blasen makroskopisch reizlos; die Verschmelzungszonen imponierten als leicht erhabene Strange. Makroskopisch waren vereinzelt Kohlepigmente sichtbar (Abb. 2a). An den aufgeschnittenen Blasen zeigten sich ringf6rmige 0deme mit zentralen, pigmentierten Einziehungen (Abb. 2b). Die histologische Aufarbeitung der Gewebe (H.E., van Gieson) unterstrich die residuenarme Ausheilung nach Laserrekonstruktion: Narbengewebe in der Serosa bis in die ~ui3eren Schichten der Muskularis, vereinzelte Ablagerungen von Kohlepigmenten, z.T. in Fremdk6rpergranulome eingebettet, keine rundzelligen Demarkationszonen. Die Kontinuitgt im Bereich der Schleimhaut war wieder hergestellt. Diskussion

Der COg-Laser wird bis heute haupts/ichlich zum Schneiden von Gewebe und zur Blutstillung eingesetzt [9, 13, 16, 1, 2, 11, 4, 5, 10, 7, 8]. Dabei werden in der Regel hohe Energiedichten verwandt [1, 3, 18]. Die dargestellten tierexperimentellen Versuche veranlassen uns, ein neues Anwendungsprinzip fiir die Lasertechnik anzuregen. Wie besonders mit dem erfolgreichen biologischen Test - - der u.a. auch Hepp [12] beim konservativen mikrochirurgischen Vorgehen als Erfolgskontrolle dient - - am Kaninchen gezeigt, erlaubt der CO2-Laser auch ein rekonstruktives Operieren. Dabei bietet er gegeniiber den herk6mmlichen Operationsmethoden folgende Vorteile: 1. Blutarmes Operieren. 2. Gewebeschonendes Operieren. Die Organe k6nnen per Hand adaptiert werden, eine Schienung ist, wie sonst z.B. beim mikrochirurgischen Arbeiten an der Tube [12], nicht erforderlich. 3. Kurze Operationszeit.

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R. GroBpietzsch et al.

D a d u r c h v e r m i n d e r t e s Infektions- und N a r k o s e r i s i k o [13]; z.B. Swolin [19] ftihrt T u b e n r e a n a s t o m o s e n in durchschnittlich 31/2 Stunden durch. 4. G e r i n g e s Verwachsungsrisiko. Bedingt d u r c h die t r o c k e n e N e k r o s e [13]. 5. Keine zus~itzliche T r a u m a t i s i e r u n g der F u n k t i o n s s c h i c h t . Die SchweiBnaht betrifft n u r wenige oberfl/ichliche Zellschichten ( A b b . l b). M i t dieser r e k o n s t r u k t i v e n M e t h o d e k a n n die L a s e r t e c h n i k ihren A n w e n d u n g s b e r e i c h in der M e d i z i n erheblich ausdehnen, z.B. a u f die plastische Chirurgie, die N e u r o c h i r u r g i e o d e r die Gef~iBchirurgie.

Literatur 1. Adduci, J. E.: Gynecologic surgery using the CO2-Laser. International Surgery 63, 72--74 (1978) 2. Bellina, J. H., Polanyi, T.: Management of vaginal adenosis and related cervicovaginal disorders in DES-exposed progeny by means of carbon dioxide laser surgery. J. Reprod. Med. 16, 295--296 (1976) 3. Fiedler, J., Hoefer, R., Polanyi, T.: Laser surgery in exsanguinating liver injury. Surgical Forum XXIII (1972) 4. Gonzalez, R., Edlich, R., Bredemeyer, H.: Rapid control of massive haemorrhage by laser irradiation. Surg. Gynecol. Obstet. 112, 198--200 (1970) 5. Goodale, R., Okuda, A., Gonzalez, R.: Rapid endoscope control of bleeding gastro erosions by laser irradiation. Arch. Surg. 101, 211--214 (1970) 6. GroBpietzsch, R., Husstedt, W., Klitzing, L. v., Endell, W., Klink, F.: Biophysikalische Aspekte bei der Anwendung eines CO2-Lasers bei Refertilisierungsoperationen. Vortrag Deutsche Gesellschaft fiir Medizinische Physik, 9. Wissenschaftl. Tagung, Stuttgart 1978 7: Hall, R.: The healing of tissue incised by a carbon dioxide laser. Br. J. Surg. 58,222--225 (1971) 8. Hall, R.: Haemostatic incision of the liver: Carbon dioxide laser compared with surgical diathermy. Br. J. Surg. 58, 538--540 (1971) 9. Hall, R., Beach, A. D., Baker, E.: Incision of tissue by carbon dioxide laser. Nature 232, 131--132 (1971) 10. Hall, R., Hill, D., Beach, A. D.: A carbon dioxide surgical laser. Ann. R. Coll. Surg. Engl. 48, 181--188 (1971) 11. Heller, S., Polanyi, T., Bredemeyer, H.: Experimental studies with the carbon dioxide laser. Med. Biol. Eng. 8, 549 (1970) 12. Hepp, H., Inthraphuvasak, I.: Mikrochirurgische Tubenanastomose - - Erste experimentelle und klinische Erfahrungen. VIII. Akadem. Tagung deutschsprechender Hochschullehrer in der Gyn~kologie und Geburtshilfe, Vortrag 187, 96 (1977) 13. Kaplan, I., Ger, R.: The carbon dioxide laser in clinical surgery. Israel J. Med. SCI 9, 79-83 (1973) 14. Klink, F., GroBpietzsch, R., Klitzing, L: v., Endell, W., Husstedt, W.: Animal in vivo studies and in vitro experiments at human tubes for end-to-end anastomotic operation by CO2-1aser technique. Fertil. Steril. 4, 100--104 (1978) 15. Klitzing, L. v., GroBpietzsch, R., Klink, F., Endell, W., Husstedt, W., Oberheuser, F.: Zur operativen Refertilisierung dutch Laser-Technik. Fortschr. Med. 7, 357--359 (1978) 16. Levine, N., Get, R., Stiller, S., Levenson, S.: Use of a carbon-dioxide laser for the debridemerit of third degree burns. Ann. Surg. 179, 246--252 (1974) 17. Schawlow, A. L., Townes, C. H.: Infrared and optical masers. Phys. Rev. 112, 1940--1949 (1958) 18. Strong, M., Jaho, G.: Laser surgery in the larynx. Ann. Otol. Rhinol. Laryngol. 81,791-793 (1972) 19. Swolin, K.: Electromicrosurgery and salpingostomy: Long term results. Fertil. Steril. 121, 418--419 (1974) Eingegangen am 21.August 1978 / Angenommen am 4. Oktober 1978

[Reconstructive microsurgery in use of CO2-laser (author's transl)].

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