RAS-Analysen beim metastasierten kolorektalen Karzinom RAS testing in metastatic colorectal cancer Z Gastroenterol 2014; 52: 1095–1096 M. M. Kirstein, A. Vogel Douillard JY, Oliner KS, Siena S, Tabernero J, Burkes R, Barugel M, Humblet Y, Bodoky G, Cunningham D, Jassem J, Rivera F, Kocákova I, Ruff P, Błasińska-Morawiec M, Šmakal M, Canon JL, Rother M, Williams R, Rong A, Wiezorek J, Sidhu R, Patterson SD. Panitumumab-FOLFOX4 treatment and RAS mutations in colorectal cancer. N Eng J Med 2013; 12: 369 (11): 1023 – 34

Hintergrund Mutationsanalysen des Kirsten Rat Sarcoma (KRAS) Exon zwei sind seit Langem in der Anti-Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR)-gerichteten Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms implementiert. Selektiert werden Patienten mit Tumoren ohne Mutation im KRAS Exon zwei (KRAS (WT) Wildtyp), die im Gegensatz zu Tumoren mit Mutationen von einer Behandlung mit den gegen EGFR gerichteten monoklonalen Antikörpern Cetuximab und Panitumumab entweder einzeln oder in Kombination mit Chemotherapie profitieren (Bokemeyer C et al. Ann Oncol 2011; 22: 1535 – 1546; Van Cutsem E et al. J Clin Oncol 2011; 29: 2011 – 2019; Karapetis CS et al. N Eng J Med 2008; 359: 1757 – 65; Douillard JY et al. Ann Oncol 2014; Epub ahead of print; Amado RG et al. J Clin Oncol 2008; 26(10):1626 – 34; Peeters M et al. Ann Oncol 2014; 25(1):107 – 16; Seymour MT et al. Lancet Oncol 2013; 14: 149 – 59). Zunehmend hat sich der prädiktive Nutzen einer erweiterten Mutationstestung über das KRAS Exon zwei hinaus durch zusätzliche Testung in den Exonen drei und vier sowie für die Neuroblastoma Rat Sarcoma (NRAS) Exone zwei bis vier bestätigt.

den als RAS-mutiert zusammengefasst, Patienten ohne eine Mutation entsprechend als RAS WT. In der PRIME-Studie wurde FOLFOX mit oder ohne Panitumumab als Erstlinientherapie in 1183 Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom untersucht (Douillard JY et al. J Clin Oncol 2010; 28(31): 4697 – 705). Dort fand sich bei Patienten mit KRAS WT durch Panitumumab eine signifikante Verbesserung des primären Endpunkts progressionsfreies Überleben (9,6 vs. 8 Monate; HR 0,8; p = 0,02), wohingegen das mediane Gesamtüberleben (23,9 vs. 19,7 Monate; HR 0,83; p = 0,072) und die Ansprechrate (55 vs. 48 %; OR 1,35; p = 0,068) in der initialen Publikation nicht signifikant verbessert waren. In der kürzlich publizierten finalen Analyse waren die Unterschiede für beide Endpunkte, Gesamtüberleben und Ansprechen, signifikant positiv (23,8 vs. 19,4 Monate; HR 0,83; p = 0,03 und 57 vs. 48 %; OR 1,47; p = 0,02) (Douillard JY et al. Ann Oncol 2014; 26: 1346 – 1355). In einer retrospektiven Analyse erfolgte eine erweiterte Mutationsanalyse von 1060 Tumoren. Interessanterweise fanden sich in 108 Patienten mit KRAS Exon zwei WT noch Mutationen in Exon drei und vier und in NRAS, sodass im Gegensatz zu 60 % KRAS WT nur noch 48 % der Patienten RAS WT in der Gesamt" Abb. 1). In der RASpopulation waren (● WT-Gruppe wurde der Vorteil durch die Hinzunahme von Panitumumab sowohl im progressionsfreien (10,1 vs. 7,9 Monate; HR 0,72; p = 0,004) als auch im Gesamtüberleben (26,0 vs. 20,2 Monate; HR 0,78; p = 0,043) weiter verbessert. Demgegenüber war bei Patienten mit RAS-Mutation das progressionsfreie und mediane Überleben durch Panitumumab signifikant verschlechtert (7,3 vs. 8,7 Monate; HR 1,31; p = 0,008 und 15,5 vs. 18,7 Monate; HR 1,21; p = 0,04). Zudem fanden sich RASMutationen von prognostisch ungünstigem Wert, was sich in der kombiniert mit Panitumumab und FOLFOX behandelten Gruppe noch ausgeprägter widerspiegelte. BRAF-Mutationen zeigten sich als negativprognostischer Faktor unabhängig vom Therapieregime.

Zusammenfassung Douillard JY et al. analysierten anhand des Kollektivs der Phase-III-PRIME-Studie retrospektiv die Effektivität von Panitumumab entsprechend dem Mutationsstatus von KRAS Exon zwei bis vier, NRAS Exon zwei bis vier und BRAF. Patienten mit einer Mutation in KRAS oder NRAS wur-

Kommentar Mit der Mutationsanalyse zur PRIME-Studie konnte gezeigt werden, dass eine erweiterte Mutationstestung der RAS-Gene (KRAS Exon zwei bis vier und NRAS Exon zwei bis vier) maßgebend ist für eine optimierte Prädiktion in der anti-EGFR-ge-

richteten Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms. Ermöglicht wird damit eine noch bessere Selektion von Patienten, denen eine Behandlung mit EGFR-Antikörpern nützt. Entsprechend wurde die Zulassung von Cetuximab und Panitumumab 2013 von der EMA geändert, sodass die erweiterten RAS-Mutationstestungen vor Anti-EGFR-Gabe obligat sind und die Substanzen nur für RAS-WTPatienten zu verwenden sind. In den USA steht die Änderung der Zulassung bisher aus. Unterstützt werden die Ergebnisse der RAS-Analysen von Douillard et al. inzwischen durch zahlreiche retrospektive Analysen verschiedener Phase-II- und -IIIStudien. In der Phase-III-CRYSTAL-Studie führte Cetuximab in Kombination mit FOLFIRI in den KRAS-WT-Patienten zu einer signifikanten Verbesserung von progressionsfreiem und Gesamtüberleben und der Ansprechrate (Van Cutsem E et al. J Clin Oncol 2011; 29: 2011 – 2019). In der retrospektiven RAS-Analyse wurde in RAS-WT-Patienten durch Hinzunahme von Cetuximab das Gesamtüberleben sogar auf 28,4 Monate gesteigert im Vergleich zu 23,5 Monaten von KRAS-WT-Patienten (ASCO 2014, J Clin Oncol 32, 2014 (suppl 3; abstr LBA443)). In der Phase-2Opus-Studie hingegen wurde Cetuximab in Kombination mit FOLFOX als Erstlinie in Patienten mit EGFR-exprimierenden Tumoren evaluiert (Bokemeyer C et al. Ann Oncol 2011; 22: 1535 – 1546). In den retrospektiv analysierten Patienten mit KRAS WT führte Cetuximab zu einer signifikanten Verbesserung des Ansprechens und progressionsfreien Überlebens ohne signifikanten Unterschied im Gesamtüberleben. Kürzlich wurden retrospektiv 87 Patienten als RAS WT identifiziert. In dieser mittlerweile sehr kleinen Patientenpopulation konnte allerdings die Hazard Ratio (HR) für das Gesamtüberleben durch Cetuximab nicht verbessert werden (ASCO 2014, J Clin Oncol 32, 2014 (suppl 3; abstr LBA444)). Peeters et al. untersuchten in der 20050181-Studie die Effektivität von Panitumumab in Kombination mit FOLFIRI als Zweitlinientherapie prospektiv in Patienten mit KRAS-WT-Tumoren (Peeters M et al. Ann Oncol 2014; 25: 107 – 116). Durch die Hinzunahme von Panitumumab wurden das progressionsfreie Überleben und die Ansprechrate signifikant verbessert. In der auch hier erfolgten, retrospektiven RAS-Mutationsanalyse wurde die HR für das Gesamtüberleben in den RASWT-Patienten verbessert, blieb allerdings

Kirstein MM, Vogel A. RAS-Analysen beim metastasierten … Z Gastroenterol 2014; 52: 1095–1096 · DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1384878

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Kommentiertes Referat

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PRIME: 17% zusätzliche Mutationen neben KRASExon-2-Mutationen

KRAS

NRAS

BRAF

EXON 1

EXON 1

EXON 11

EXON 2

EXON 4

12 13

61

117 146

40%

4%

6%

EXON 2

EXON 3

EXON 4

12 13

61

117 146

3%

4%

0%

EXON 15 600

NT

EXON 3

8%

*Additional mutations detected using bidirectional Sanger sequencing and WAVE-based Surveyor Scan Kits

Douillard, et al. JCO 2014

Abb. 1

knapp unter dem Signifikanzniveau bei hoher Cross-over-Rate von Panitumumab (ASCO 2014, J Clin Oncol 32, 2014 (suppl 3; abstr LBA387)). In der Phase-III-PICCOLO-Studie wurde Irinotecan mit oder ohne Panitumumab in einer KRAS-WTPopulation nach FOLFOX-Versagen untersucht (Seymour MT et al. Lancet Oncol 2013; 14: 749 – 759). Panitumumab verbesserte das progressionsfreie, nicht aber das Gesamtüberleben oder das Therapieansprechen. Ähnliche Ergebnisse fanden sich in Patienten, die erweitert WT waren, hier für RAS, BRAF und PIK3CA. Das Gesamtüberleben blieb ebenfalls unverändert. Für den molekularpathologischen Nachweis der RAS-Mutation wird in Deutschland asserviertes Tumormaterial genutzt. Der Nachweis der RAS-Mutation erfolgt in der Regel mittels Sequenzierung nach Sanger und Pyrosequenzierung. Daneben gibt es noch andere Testmethoden, die ebenfalls zum Nachweis der RAS-Mutation geeignet sind. Im Rahmen der OPUS- und Crystal-Studie wurde die erweiterete RASAnalyse mit der hoch sensitiven BeamingTechnik durchgeführt. Aufgrund der hohen

Detektionssensitivität von 0,01 % mutierter DNA konnte eine höhere Mutationfrequenz als mit der Pyro- oder Sangersequenzierung festgestellt werden. Hier muss in Zukunft untersucht werden, welche Sensitivitätsschwelle als Prädiktionsmarker für eine gegen EGFR gerichtete Therapie sinnvoll ist. Interessanterweise wurde auch in der Anti-Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF)-gerichteten Therapie mit Bevacizumab und Regorafenib eine bessere Wirksamkeit bei Patienten mit RAS-WTTumoren beobachtet (Diaz-Rubio E et al. PloS One2012; 7: e47 345; Petrelli F et al. Medical Oncol 2013; 30: 650; Grothey A et al; Lancet 2013; 381: 303 – 312). Betreffend BRAF-Mutationen bleibt die prädiktive Rolle für die gegen EGFR gerichtete Therapie im metastasierten kolorektalen Karzinom kontrovers. Bisher wurden im Rahmen der großen Studien in nur 6 – 9 % der Tumorproben BRAF-Mutationen detektiert, sodass so weit einzig die Evidenz einer negativen Prognose für Patienten mit solch einer Mutation besteht. Mit 19 Monaten wurde das beste mediane Überleben für die Patienten-

gruppe mit BRAF-Mutationen bislang in der TRIBE-Studie mit einer Kombination von FOLFOXIRI und Bevacizumab berichtet (ASCO 2014, J Clin Oncol 32:5 s, 2014 (suppl; abstr 3519)). Zusammenfassend bleibt eine verbesserte Wirksamkeit von Anti-EGFR-Antikörpern bei RAS-WT- im Vergleich zu KRAS-WTPatienten unstrittig. Allerdings findet sich auch bei RAS-WT-Patienten in einigen Studien eine nur suboptimale Effektivität der Anti-EGFR-Antikörper auf das Gesamtüberleben, sodass in Zukunft möglicherweise eine noch differenziertere molekulare Testung erfolgen wird. Entsprechend der aktuellen Datenlage und Zulassung sollte eine gegen EGFR gerichtete Therapie nur bei RAS-WT-Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom erfolgen. Intressenkonflikt: Die Autoren erhielten vortragshonorare von Amgen, Roche und Bayer. Sie gehörten zum Beratungsgremium von Roche, Bayer, Amgen und Lilly. Prof. Dr. Arndt Vogel Medizinische Hochschule Hannover, Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Tel.: ++ 49/05 11/5 32 95 90 Fax.: ++ 49/05 11/5 32 83 92 [email protected]

Kommentierte Referate können von jedem interessierten Kollegen verfasst werden. Sie sollten zuvor beim Koordinator angemeldet werden. Die formale Gestaltung orientiert sich an den publizierten Referaten (Kurzzitate im Text!). Einreichung nicht über die Online-Manuskripteinreichung des Thieme Verlags, sondern via E-mail an den Koordinator der Kommentierten Referate. Prof. Dr. Stefan Müller-Lissner Park-Klinik Weißensee Schönstraße 80, 13086 Berlin Tel. + 49 30 96 28 36 00, Fax 36 05, [email protected]

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