Leitthema Radiologe DOI 10.1007/s00117-016-0083-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

R. Adamus1 · R. Loose1 · M. Wucherer2 · M. Uder3 · M. Galster1 1

Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg, Deutschland 2 Institut für Medizinische Physik, Klinikum Nürnberg Nord, Nürnberg, Deutschland 3 Institut für Radiologie, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Deutschland

Strahlenschutz in der interventionellen Radiologie Interventionelle Verfahren (radiologisch und kardiologisch) bergen die Gefahr einer beruflichen Überexposition des Personals und von Hautschäden bei Patienten. Der Hauptgrund für die signifikant höheren beruflichen Expositionen ist die längere Durchleuchtungszeit, die bei schwierigen Interventionen im Bereich von 1 h und mehr liegen kann. Für Interventionen sind Systeme mit Untertischröhren wegen der geringeren Streustrahlung an Kopf und Augen des Untersuchers vorgeschrieben. Ohne die zusätzliche Verwendung geeigneter Strahlenschutzmaßnahmen werden bei Interventionen in kurzer Zeit festgelegte Grenzwerte für die Personendosis überschritten.

Hintergrund Bei angiographischen Interventionen ist das medizinische Personal, besonders der primäre Untersucher, ionisierender Strahlung ausgesetzt und dies oft arbeitstäglich über viele Berufsjahre. Die Hauptquelle dieser Strahlung ist die vom Patienten ausgehende Streustrahlung. Interventionelle radiologische Verfahren sind klinisch etabliert und verzeichnen seit Jahren steigende Untersuchungszahlen [1, 9]. Hinzu kommt, dass das Spektrum an interventionellen Eingriffen in verschiedenen Organbereichen ständig erweitert wird. So etablieren sich im Bereich der Tumortherapie der Leber zunehmend Eingriffe wie die selektive interne Radiotherapie (SIRT) oder die Chemosaturation. Im Bereich der Prosta-

ta wird die Adenomembolisation bis hin zur venösen Embolisation angeboten. Das Spektrum der Neurointerventionen („coiling“, Aspirationsthrombektomie bei einem Schlaganfall) nimmt zu und mit fenestrierten Aortenprothesen wird ein weiteres Verfahren im Aortenbereich („thoracic endovascular aortic repair“ [TEVAR], „endovascular aortic repair“ [EVAR]) vorgehalten, das sehr durchleuchtungs- und dosisintensiv ist.

Praktische Anwendung von Strahlenschutzoptionen Zu Zeiten der oben erwähnten zunehmenden Interventionszahlen und -möglichkeiten sollte Strahlenschutz für jeden Interventionsradiologen ein wichtiges alltägliches Thema sein. Die Erfahrung unserer Aktivitäten im Strahlenschutz und in der Diskussion mit Kolleginnen und Kollegenzeigtallerdings, dass es häufig an der konsequenten und praktischen Umsetzung im Eingriffsraum mangelt. Im Folgenden wird praktisch an die Umsetzung einfacher Strahlenschutzmaßnahmen und weiterer Optionen herangeführt.

Geräteoptionen Grundsätzlich verfügen alle DSA-Anlagen (digitale Subtraktionsangiographie) der neueren Generationen über eine gepulste Durchleuchtung. Heute ist somit bei keinem Eingriff eine kontinuierliche Durchleuchtung zu empfehlen. Die Geräte verfügen über die Option, in der Regel am Eingriffstisch die Durchleuchtungspulse zu regulieren (z. B. 7,5

statt 10 Pulse/s) mit dann erheblicher (25 %) Reduktion der Strahlenexposition (. Abb. 1a). Wenn, um ein Interventionsergebnis zu dokumentieren, die Bildqualität des „last image hold“ (LIH) aus der gepulsten Fluoroskopie als Ersatz zu DSA-Bildserien ausreichend ist, können die Patientendosis und damit auch die Exposition des Personals erheblich reduziert werden. Bei der Sklerotherapie von Varikozelen bei jungen Männern wurde so eine Dosisreduktion von 80 % erreicht [8]. Auch die Bildrate pro DSA-Serie kann ständig angepasst werden. So sollte, wann immer möglich, von einer „frame rate“ von z. B. 2 Bildern/s beim Arbeiten in Organbereichen (z. B. Leber) auf ein Bild/s beim Arbeiten im Oberschenkelbereich reduziert werden (. Abb. 1a). Weitere Optionen sind einfahrbare Kupferfilter, um die Bildqualität zu verbessern, und Wiederholungsaufnahmen auch beim Eingriff zu vermeiden. Moderne Geräte verfügen über die Option, durch Markierungen des Durchleuchtungsfeldes auf dem Monitor (z. B. sogenannte „Careposition“, virtuelle Blenden) ohne Fluoroskopie Patientenpositionierungen durchzuführen (. Abb. 2b). Viele Anlagen speichern automatisch die z. B. letzten 300 Durchleuchtungs(DL)-Bilder („loop“), die ohne neu zu durchleuchten wieder abgerufen werden können. Letztlich sind die „roadmap“ und auch die Overlayfunktion schon lange etabliert und helfen, Wiederholungsaufnahmen zu verhindern. Jede Halbierung der Fläche des Durchleuchtungsfeldes durch die nächst größere Zoomstufe verdoppelt die DoDer Radiologe

Leitthema

Abb. 1 8 a Umschaltoptionen für Bildraten, b virtuelle Blende (Positionierung ohne Durchleuchtung), c technische Möglichkeiten der Dosisoptimierung

Abb. 2 9 a Tischseitige Abschirmoptionen. Roter Pfeil Steustrahlung, grüner Pfeil deckenmontiertes Bleiglas. b Kopfseitige Abschirmung für transjuguläre Zugänge

sisleistung. Folglich empfiehlt es sich, wenn möglich auf niedriger Zoomstufe zu arbeiten. Mit den konsequent umgesetzten Optionen kann bereits eine erhebliche Reduktion der Strahlenexposition erreicht werden (. Abb. 1c).

Strahlenschutz am Untersuchungstisch Grundsätzlich sind Bleischutzlamellen am Untersuchungstisch zu verwenden (. Abb. 2a, b). Zur Reduktion der patientenseitigen Streustrahlung empfehlen sich Bleiaufsatzlamellen (. Abb. 1a), wobei darauf zu Der Radiologe

achten ist, dass bei steriler Abdeckung die dann nicht sichtbare Bebleiung richtig positioniert ist (Streustrahlenlücke, . Abb. 2a). Bei transjugulären Eingriffen sind mittlerweile kopfseitige Bleibeschürzungen erhältlich und schützen die sonst in dieser Position völlig ungeschützten Beine des Interventionalisten (. Abb. 1c und 3a). Obligatorisch muss als Übertischschutz ein deckenmontiertes Bleiglas mit einem Bleigleichwert von mindestens 0,5 mm eingesetzt werden (. Abb. 2a).

Strahlenschutz durch eigenes Verhalten Grundsätzlich sollte der Patient möglichst röhrenfern und flachdetektor- oder bildverstärkernah positioniert werden, um die Dosisleistung und Streustrahlung zu reduzieren. Nach Möglichkeit sollten DSA-Serien mit Injektorspritze und mit Abstand zur Strahlenquelle durchgeführt werden. Da dies bei den meisten Interventionen (z. B. transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt [TIPS], Embolisationen, perkutane transhepatische Cholangiodrainagen [PTCDs] und andere) nicht möglich ist, sollte man sich

Zusammenfassung · Abstract der Tatsache bewusst sein, dass zum einen ca.10 % der Strahleneintrittsdosis patientenseitig zur Bilderzeugung verlässt und hier die das Personal belastende Streustrahlung auftritt. Folglich empfiehlt es sich, wann immer möglich, die Röhrenangulationen so einzustellen, dass der Interventionalist dem Flachdetektor oder Bildverstärker näher steht als der Röhre. Die Strahlenexposition ist röhrenseitig um den Faktor 10 höher (. Abb. 3b, c). Eingriffe mit Mikrokathetersystemen sind zwar technisch anspruchsvoller, ermöglichen aber durch das hierdurch längere koaxiale Kathetersystem dem Operateur, eher am Fußende des Tisches zu stehen und damit größeren Abstand zur Röhre zu halten. Die Länge des Kathetersystems sollte also ausgenutzt werden. Bei Eingriffen wie der PTCD empfehlen sich, da die Kontrastmittel(KM)Injektionen sehr körpernah stattfinden, Schlauchverlängerungssysteme zu benutzen, um die Hände aus dem Streustrahlenbereich zu halten. Arbeiten mit eingeblendetem „field of view“ (FOV) sollte selbstverständlich sein, um die Dosisleistung gering zu halten und die jeweilige feldnahe Hand (z. B. komplizierte antegrade Femoralispunktion) aus dem Primärstrahlenbündel zu halten.

Strahlenschutz am eigenen Körper Das Tragen von Bleischürzen oder von Schürzen mit Bleiersatzstoffen („Lightschürzen“) ist obligat, ebenso das Tragen eines entsprechenden Schilddrüsenschutzes. Empfehlenswert (International Commission for Radiation Protection, ICRP) ist ein Vorraum zum Eingriffsraum, um auch während des DL-Betriebs ohne Strahlenexposition (z. B. Springer, Anästhesist) Be- und Entkleidung zu ermöglichen. Zu bevorzugen sind geschlossene Rundumschürzen in Kostüm(Rock und Top) oder in Mantelform. Empfohlen ist ein Bleigleichwert von 0,35 (ICRP), wobei bei Überlappung frontal entsprechend höhere Bleigleichwerte erreicht werden. Bei Nutzung der Schürzen durch weibliches Personal ist darauf zu ach-

Radiologe DOI 10.1007/s00117-016-0083-0 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Adamus · R. Loose · M. Wucherer · M. Uder · M. Galster

Strahlenschutz in der interventionellen Radiologie Zusammenfassung Die Anwendung ionisierender Strahlung in der Medizin scheint sowohl für Patienten als auch für beruflich exponierte Personen sicher zu sein. Die interventionellen Entwicklungen der letzten Jahre mit sehr durchleuchtungsund dosisintensiven Eingriffen erfordern allerdings eine Intensivierung des Strahlenschutzes. Es empfiehlt sich, die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Neben den Geräteoptionen muss der Strahlenschutz am Eingriffstisch durch Bleilamellenaufstecker und montiertes Bleiglas intensiv betrieben werden. Besonderen Fokus muss auf den Schutz der Augen zur

Kataraktvermeidung gelegt werden. Da dessen Ausbildung nach neuen Erkenntnissen möglicherweise nicht mehr deterministisch zu sehen ist, hat die Internationale Strahlenschutzkommission (IRCP) den Grenzwert von 150 auf 20 Mikrosievert (mSv)/Jahr erniedrigt. Messungen belegen, dass unter Einhaltung aller Strahlenschutzmaßnahmen plus Bleiglasbrille dieser einzuhalten ist. Schlüsselwörter Strahlenschutz · Dosisintensive Interventionen · Strahlenabschirmung · Linsendosis · Katarakt

Radiation protection in interventional radiology Abstract The application of ionizing radiation in medicine seems to be a safe procedure for patients as well as for occupational exposition to personnel. The developments in interventional radiology with fluoroscopy and doseintensive interventions require intensified radiation protection. It is recommended that all available tools should be used for this purpose. Besides the options for instruments, x-ray protection at the intervention table must be intensively practiced with lead aprons and mounted lead glass. A special focus on eye protection to prevent cataracts is also recommended. The development of

ten, dass die seitlichen Armausschnitte nicht zu groß sind, um die Mammae vor signifikanter Streustrahlung zu schützen. Bei körpernahen Manipulationen mit den Händen (PTCD, insbesondere linker Leberlappen) können Bleischutzhandschuhe getragen werden. Eigene Messungen (Institut für medizinische Physik, Klinikum Nürnberg Nord) zeigen allerdings, dass die im Gegensatz zur teilweise von den Herstellern angegebenen 60 %igen Reduktion der Strahlenexposition aus dem Primärstrahlengang nur für die Streustrahlung zutreffen.

cataracts might no longer be deterministic, as confirmed by new data; therefore, the International Commission on Radiological Protection (ICRP) has lowered the threshold dose value for eyes from 150 mSv/year to 20 mSv/year. Measurements show that the new values can be achieved by applying all X-ray protection measures plus leadcontaining eyeglasses. Keywords X-ray protection · Dose intensive interventions · Radiation shielding · Eye lense dose · Cataract

Dosimetrie Eine größere Zahl von Publikationen über Patienten- und Personaldosimetrie sind in der Vergangenheit erschienen. ICRP [6, 7] und United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR [10]) haben diese Veröffentlichungen zusammengefasst. Vano et al. [13] berichteten bereits 2006, dass wohl etliche der publizierten Dosiswerte des Personals zu einer Unterschätzung des realen Berufsrisikos führen, weil viele Personendosimeter nicht vorschriftsmäßig getragen werden. Aus dieser Problematik heraus sollen im Folgenden noch einmal die wichtigsten Empfehlungen gegeben werden. Der Radiologe

Leitthema

Abb. 3 9 a Isodosenverteilung ohne und mit Untertischabschirmung. Patientenseitige Streustrahlung [17]. b IsodosenverteilungimBereichRöhre und Bildverstärker/Flachdetektor (FD [17]). c Das Dosisverhältnis der Streustrahlung Röhren- zu FD-seitig beträgt etwa 1:10. Roter Pfeil Primärstrahl. mSv Mikrosievert

Der Radiologe

An Personen, die sich im Kontrollbereich aufhalten, muss in der Regel die Körperdosis ermittelt werden. Die Körperdosis wird durch Messung der Personendosis ermittelt. Als Personendosis gilt dabei die an einer für die Strahlenexposition repräsentativen Stelle mit einem amtlichen Dosimeter gemessene Äquivalentdosis [16]. Auch die ICRP empfiehlt die Dosimetrie in Interventionslaboren [7]. In der Regel werden Filmdosimeter (Filmplaketten) für die Kontrolle der effektiven Dosis genutzt (. Tab. 1). Die Personendosimeter müssen bei einer Tätigkeit im Kontrollbereich an einer repräsentativen Stelle der Körperoberfläche unterhalb der Schutzkleidung getragen werden. Bei dosisintensiven radiologischen Maßnahmen, wie interventionellen Verfahren, empfehlen die deutsche und internationale Strahlenschutzkommission, dass ein zweites Dosimeter außerhalb der Schürze getragen werden soll, um die Dosis von ungeschützten Körperregionen besser abschätzen zu können [16]. Empfehlenswert zu diesen Zwecken sind digitale, jederzeit ablesbare Dosimeter. Zusätzlich kann ein Dosimeter auf Höhe des Schilddrüsenschutzes getragen werden [7], womit eine augenäquivalente Dosis gemessen werden kann. Ist vorauszusehen, dass im Kalenderjahr z. B. eine Organdosis an den Händen größer als 150 Mikrosievert (mSv) erreichtwird, muss einRingdosimetergetragen werden. Abhängig von den Strahlenarten müssen die Dosimeter geeignet sein, auch Oberflächendosen (β-Strahlung bei SIRT oder Radiosynoviorthese) messen zu können. Grundsätzlich sollte das Ringdosimeter an der nichtdominanten Hand (beim Rechtshänder links) getragen werden.

Strahlenschutz der Augen Neue Erkenntnisse bzgl. einer strahlungsbedingten Induktion von Trübungen der Augenlinse bis hin zur Kataraktentstehung an Atombombenopfern, Tschernobyl-Liquidatoren, und Patienten nach Ganzkörperbestrahlung haben ergeben, dass die Schwellendosis für Linsentrübungen bereits bei Exposition mit nur 0,8 Gy liegt. Mit nur 0,8 Gy rückt die Augenlinse des Untersuchers

Abb. 4 9 a Empfohlener Bleiglasbrillentyp mit seitlichem Strahlenschutz. Blauer Pfeil seitlicher Strahlenschutz. b Auf ein Schädelphantom von seitlich links unten auftreffende Streustrahlung (blauer Pfeil)

Abb. 5 8 a Mittlere Augenlinsendosis (in Mikrosievert, mSv) abhängig von der Intervention und den benutztenStrahlenabschirmmöglichkeiten.bMöglicheAnzahl derInterventionen,umdenGrenzwert von 20 mSv/Jahr zu erreichen, abhängig von den benutzten Srahlenabschirmmöglichkeiten. TIPSS transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt

als Risikoorgan stärker in den Fokus der Diskussion [2, 15]. Hinzu kommt, dass die Dosisbelastung nicht geschützter Organe und Gewebe, also auch der Augen, den meisten interventionell Tätigen nicht bewusst ist [13]. Ohne Verwendung geeigneter Strahlenschutzmaßnahmen ist von Linsendosen über 2 mSv während einer einzelnen Prozedur berichtet worden und es können Dosisleistungen von 10 mSv/h während der Durchleuchtung oder 50 mSv/h bei Aufnahmeserien überschritten werden [12, 14]. Dem Tragen von Bleiglasbrillen kommt somit eine besondere Bedeutung zu. Brillenträger (Myope) sollten eine auf Ihre Dioptrienzahl angepasste Bleiglasbrille verwenden. Besonders ist darauf hinzuweisen, dass ein seitlicher Schutz an der Brille angebracht sein muss (. Abb. 4a, b), da bei den meisten Eingriffen der Interventionalist der Röhre schräg mit der linken Körperseite zugewandt steht. Bei angiographischen Interventionen am Körperstamm wird das Untersucherauge durch Streustrahlung mit seitlicher, kaudokranialer Einfallsrichtung exponiert. Bei einer derartigen Bestrahlung eines Kopfphantome (75–90° von links lateral, 20–30° kaudokranial) ist die Strahlungsreduktion für das strahlungsnahe linke Auge meist besser als für das rechte Auge (. Abb. 4b; [3]). Bezüglich der Effizienz der Bleiglasbrillen und -visiere ergaben sich in der Arbeit von Galster et al. [3] bei Bestrahlung mit Kopfphantom in a.-p.-Projektion für alle untersuchten Modelle vergleichDer Radiologe

Leitthema Tab. 1

Grenzwerte der effektiven Dosis

Beruflich strahlenexponierte Personen

Gültige Grenzwerte

Veraltete Grenzwerte

> 18 Jahre

20 mSv/Jahr

50 mSv/Jahr

< 18 Jahre

1 mSv/Jahr

5 mSv/Jahr

< 18 Jahre alt mit Zustimmung der Behörde

6 mSv/Jahr



Gebärfähige Frauen

2 mSv/Monat

5 mSv/Monat

Ungeborenes Kind

1 mSv ab Mitteilung der Schwangerschaft



Röntgenverordnung (RöV) vom 8.1.1987, zuletzt geändert am 4.10.2011 (BGBl I, S. 2000). mSv Mikrosievert

bare Ergebnisse mit einer Reduktion der Dosis gegenüber der Messung ohne Brille um 85,9–88 % für beide Augen. Im exakt seitlichen Strahlengang konnten Dosisreduktionen zwischen 70,3 und 89,3 % für beide Augen dokumentiert werden. Eine Brille, welche eine Lücke zwischen dem Front- und Seitschutz aufwies, erreichte eine Dosisreduktion von lediglich ca. 17 % für beide Augen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass der effektivste Schutz durch die Kombination von Untertischbleilamellen, Patientenaufsatz mit deckenmontiertem Bleiglas und individueller Bleischutzbrille zustande kommt (. Abb. 5a, b).

Konsequenzen Vano et al. [11] fanden bei 50 % der interventionellen Kardiologen und 41 % der Schwestern und medizinisch-technischen Assistenten Linsentrübungen im Vergleich zu weniger als 10 % bei einer Kontrollgruppe. Geschätzte kumulative Augendosen hatten eine Spannbreite von 0,1– 18,9 Sv. Die meisten Linsentrübungen traten nach jahrelangem Arbeiten ohne Augenschutz auf. Im Gegensatz zur früheren Annahme, es gebe eine Schwellendosis bzgl. der Induktion von Linsentrübungen von mindestens 0,5–2 Gy bei akuterund 5–6 GybeiLangzeitexposition [5], kommen neuere Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Dosisschwelle auch bei fraktionierter Exposition über einen längeren Zeitraum bei maximal 0,8 Gy liegt [2, 15]. Da die Konfidenzintervalle jeweils den 0-Gy-Wert miteinschließen, existiert eventuell auch keine Schwellendosis.

Der Radiologe

Die ICRP empfiehlt, den Grenzwert der Augenlinsendosis für beruflich strahlenexponierte Personen von 150 auf 20 mSv/Jahr gemittelt über 5 Jahre zu reduzieren, wobei 50 mSv in keinem Jahr überschritten werden sollten (. Tab. 2; [4, 5]). Die ICRP geht von einer Dosisschwelle von 0,5 Gy aus. Bei nicht optimierter Arbeitsweise ist eine Überschreitung dieser deutlich niedrigeren Grenzwerte zu befürchten. Da es wohl keinen Interventionsradiologen gibt, der seinen Eingriff ohne körpereigene Bleischürze durchführt, empfiehlt es sich nach der aktuellen Datenlage also, schon allein wegen der Augendosis alle zusätzlich erwähnten Möglichkeiten täglich umzusetzen. Die Cardiovascular and Interventional Radiology Society Europe (CIRSE) hat wegen der Aktualität des Themas das Projekt „get protected – prevent cataract“ gestartet (http://www.cirse. org/files/files/Congress%20Newspaper/ 2014/cirse2014_congressNews_sun_ web.pdf).

Tab. 2 Grenzwerte der Organdosen Organ Grenzwert (mSv/ Jahr) Augenlinse

150

Haut, Hände, Unterarme, Füße, Knöchel

500

Keimdrüsen, Gebärmutter, rotes Knochenmark

50

Schilddrüse, Knochenoberfläche

300

Dickdarm, Lunge, Magen, Blase, Brust, Leber, Speiseröhre und andere Gewebe

150

Röntgenverordnung (RöV) vom 8.1.1987, zuletzt geändert am 04.10.2011 (BGBl I, S. 2000). mSv Mikrosievert

4 Normal- wie auch fehlsichtige In-

terventionsradiologen und Assistenzpersonal sollten eine geeignete Bleiglasbrille zur Vermeidung eines Katarakts tragen.

Korrespondenzadresse PD Dr. R. Adamus Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Klinikum Nürnberg Nord Prof. Ernst Nathan Str. 1, 90419 Nürnberg, Deutschland [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Fazit für die Praxis

Interessenkonflikt. R. Adamus, R. Loose, M. Wucherer, M. Uder und M. Galster geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

4 Moderne DSA-Anlagen bieten ein

Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführte Studien an Menschen oder Tieren.

großes Spektrum an technischen Optionen, um Strahlendosen zu reduzieren. 4 Bleibeschürzungen am Eingriffstisch, bei transjugulären Zugangswegen auch kopfseitiger Rundumschutz und deckenmontierte Beiglasscheibe sollten obligatorisch sein. 4 Eine konsequente Dosimetrie des Personals, beim Interventionalisten auch mit Ringdosimetrie, ist erforderlich, um realistische Dosisbelastungen zu messen.

Literatur 1. Bhargavan M (2008) Trends in the utilization of medical procedures that use ionizing radiation. Health Phys 95:612–627 2. Chodick G, Bekiroglu N, Hauptmann M et al (2008) Risk of cataract after exposure to low doses of ionizing radiation: a 20-year prospective cohort study among US radiologic technologists. Am J Epidemiol 168:620–631 3. Galster M, Guhl C, Uder M, Adamus R (2013) Exposition der Augenlinse des Untersuchers und Effizienz der Strahlenschutzmittel bei fluorosko-

4. 5. 6.

7. 8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

pischen Interventionen. Rofo 185(5):474–481. doi:10.1055/s-0032-1330728. ICRP (2011) ICRP Publication 118. Statement on tissue reactions ICRP (2007) ICRP Publication 103. Recommendations of the ICRP. Ann ICRP 37:2–4 ICRP (2000) Avoidance of Radiation Injuries from Medical Interventional Procedures. ICRP Publication 85. Ann ICRP 30(2):148 ICRP (1991) Publication 60. Pergamon Press, Oxford, UK Loose R, Niehaus K, Wucherer M, Hildebrandt R, Oldendorf M, Adamus R (2003) Reduktion der Strahlenbelastung in der fluoroskopisch gesteuerten interventionellen Therapie von Varikozelen. Abstraktband.84 Deutscher Röntgenkongress, Wiesbaden. Mettler FA Jr, Bhargavan M, Faulkner K et al (2009) Radiologic and nuclear medicine studies in the United States and worldwide: frequency, radiation dose, and comparison with other radiation sources – 1950–2007. Radiology 253:520–531 UNSGAR (2000) Sources and effects of ionising radiation. United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation Report to the General Assembly with Scientific Annexes, United Nations. UNSCEAR, New York Vano E, Kleiman NJ, Duran A, Romano-Miller M, Rehani MM (2013) Radiation-associated lens opacities in catheterization personnel: results of a survey and direct assessments. J Vasc Interv Radiol 24(2):197–104. doi:10.1016/j.jvir.2012.10.016. Vañó E, González L, Fernandez JM et al (2006) Influence of patient thickness and operation modes on occupational and patient radiation doses in interventional cardiology. Radiat Prot Dosimetry 118:325–330 Vano E, Gonzalez L, Fernandez JM, Alfonso F, Macaya C (2006) Occupational radiation doses in interventional cardiology: a 15-year follow-up. Br J Radiol 79(941):383–388 Vañó E, González L, Guibelalde E et al (1998) Radiationexposuretomedicalstaffininterventionaland cardiac radiology. Br J Radiol 71:954–960 Worgul BV, Kundiyev YI, Sergiyenko NM et al (2007) Cataracts among Chernobyl clean-up workers: implications regarding permissible eye exposures. Radiat Res 167:233–243 Wucher M, Loose R (2005) Occupational exposure to radiation. Radiologe 45(3):291–303. doi:10.1007/s00117-005-1185-2 Wucherer M, Loose R (2005) Berufliche Strahlenexposition. Radiologe 45:291–303. doi:10.1007/s00117-005-1185-2

Der Radiologe

[Radiation protection in interventional radiology].

The application of ionizing radiation in medicine seems to be a safe procedure for patients as well as for occupational exposition to personnel. The d...
1MB Sizes 0 Downloads 12 Views