Kurzkasuistiken Hautarzt 2014 · 65:388–389 DOI 10.1007/s00105-014-2794-3 Online publiziert: 12. April 2014 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

J. Baratli1 · F. Hölzle2 · M. Megahed1 1 Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen 2 Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen

Granuloma pyogenicum der Mundschleimhaut

Anamnese In unserer Poliklinik stellte sich ein 55-jähriger Patient vor, der seit ca. 2 Wochen unter einer schmerzhaften, neu aufgetretenen Papel am Zungenseitenrand rechts leide. Die Papel sei größenprogredient und in eine polypoide Wucherung übergegangen. Bei dem Patienten ergaben sich keine Hinweise für das Vorliegen etwaiger schwerwiegender internistischer Erkrankungen.

Diagnostik Hautbefund.  Am Zungenseitenrand rechts zeigte sich eine 0,6×0,7 cm große, weiche, exophytisch wachsende weißliche Papel mit zentraler Ulzeration (. Abb. 1). Histologie.  Ulzerierter exophytisch wachsender polypoider Tumor, der aus vermehrten erweiterten Blutgefäßen und einem entzündlichen Infiltrat aus Lymphozyten, Histiozyten und Neutrophi-

Abb. 1 8 Granuloma pyogenicum der Mundschleimhaut

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len besteht. Kein Anhalt für Malignität (. Abb. 2).

Diagnose Granuloma pyogenicum der Mundschleimhaut

Therapie und Verlauf Es erfolgte eine Exzision der Veränderung unter Lokalanästhesie in der hiesigen Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos und unauffällig.

Diskussion Bei dem Granuloma pyogenicum (GP; syn. Granuloma teleangiectaticum) handelt es sich um eine meist nach Traumen bzw. lokalen Irritationen oder spontan entstehende gutartige, exophytisch wachsende Gefäßproliferation.

Abb. 2 7 Histopathologischer Befund

Das GP wurde erstmalig 1879 durch die Franzosen Poncet und Dor [6] beschrieben, die den Tumor Botryomycosis hominis nannten. Später führte Hartzell [4] den Begriff Granuloma pyogenicum ein. Der Name ist irreführend, da es sich weder um eine eiterbildende Infektion, noch um eine granulomatöse Erkrankung handelt. In Forschungsergebnissen konnte gezeigt werden, dass die Angiogenese-stimulierenden Faktoren, die durch Makrophagen freigesetzt werden, wie z. B „vascular endothelial growth factor“ (VEGF) oder Angiopoietin-2 (Ang-2), eine Rolle in der Pathogenese spielen [1]. Das GP wird häufig bei jüngeren Patienten gesehen oder bei Frauen in der Schwangerschaft. Ein Auftreten ist aber in jedem Lebensalter möglich [5, 7]. Im Mundbereich findet sich das GP in 75% der Fälle im Gingivabereich, dabei häufiger bukkal als lingual [2, 3, 5, 7]. Extragingival findet man das GP in 4%

Zusammenfassung · Abstract der Fälle an der Zunge und zu 3% an der Unterlippe [7, 8]. In der Histopathologie zeigt sich typischerweise das Bild eines exophytisch wachsenden Tumors, der aus lobulär angeordneten vermehrten und erweiterten Blutgefäßen besteht. Zudem kann man ein entzündliches Infiltrat aus Histiozyten und Neutrophilen finden. Klinisch variiert die Größe des GP von wenigen Millimetern bis zu ca. 2,5 cm im Durchmesser. Selten wird es größer. Das Wachstum ist meist asymptomatisch und schmerzlos [5]. Oft kann es nach Berührungen zu Blutungen der Granulome kommen [3]. Als Differenzialdiagnosen sind u. a. metastasierte Tumoren, Plattenepithelkarzinome und Kaposi-Sarkome zu nennen [5, 7]. Therapie der Wahl ist die Exzision des GP. Abtragungen mittels Laser (ND:YAG, CO2) werden in der Literatur ebenfalls erfolgreich beschrieben [5, 7]. In 16% der Fälle werden nach Exzisionen Rezidive gesehen, sodass Nachexzisionen notwendig werden [5].

Korrespondenzadresse J. Baratli Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum der RWTH Aachen Pauwelsstr. 30, 52074 Aachen [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

7. Regu P, Sharma A, Manoharan GV (2013) Pyogenic granuloma of the tongue – a rare clinical finding. Int J Dent Case Rep 3:57–61 8. Saravana GHL (2009) Oral pyogenic granuloma: a review of 137 cases. Br J Oral Maxillofac Surg 47:318–319

Hautarzt 2014 · 65:388–389 DOI 10.1007/s00105-014-2794-3 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 J. Baratli · F. Hölzle · M. Megahed

Granuloma pyogenicum der Mundschleimhaut Zusammenfassung Das Granuloma pyogenicum (syn. Granuloma teleangiectaticum) ist eine meist nach Traumen bzw. lokalen Irritationen oder spontan entstehende gutartige, exophytisch wachsende Gefäßproliferation. Im Mundbereich tritt das Granuloma pyogenicum in 75% der Fälle im Gingivabereich auf. Therapie der Wahl ist die Exzision des Granuloma pyogenicum. Rezidive nach Exzision werden beschrieben. In unserem Fallbeispiel zeigte sich nach Exzision ein komplikationsloser und unauffälliger Verlauf. Schlüsselwörter Traumen · Gingiva · Therapie · Exzision · Rezidiv

Pyogenic granuloma of the oral mucosa Abstract Pyogenic granuloma is regarded as a vascular proliferation that may result from trauma or local irritation. The most common intraoral site is the gingiva, affected in 75% of cases. Therapy of pyogenic granuloma consists of surgical excision. Recurrence after excision may occur. In our patient, there were no postoperative complications. Keywords Trauma · Gingiva · Therapy · Excision · Recurrence

Interessenkonflikt.  J. Baratli, F. Hölzle und M. Megahed geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.     Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

Literatur 1. Ali K, Chatha MR, Rashid N, Raja M (2006) Pyogenic granuloma – review. Pak Oral Dent J 26:59–61 2. Amirchaghmaghi M, Falaki F, Mohtasham N, Mozafari PM (2008) Extragingival pyogenic granuloma: a case report. Cases J 1:371 3. Bork K, Burgdorf W, Hoede N, Young SK (2008) Mundschleimhaut- und Lippenkrankheiten, 3. Aufl. Schattauer, Stuttgart, S 261–262 4. Hartzell B (1904) Granuloma pyogenicum (botryomycosis of French authors). J Cutan Dis 22:520– 523 5. Jafarzadeh H, Sanatkhani M, Mohtasham N (2006) Oral pyogenic granuloma: a review. J Oral Sci 48:167–175 6. Poncet A, Dor L (1897) Botryomycose humaine. Rev Chir Orthop 18:996

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[Pyogenic granuloma of the oral mucosa].

Pyogenic granuloma is regarded as a vascular proliferation that may result from trauma or local irritation. The most common intraoral site is the ging...
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