Übersichten Schmerz 2015 · 29:349–361 DOI 10.1007/s00482-015-0007-3 Online publiziert: 30. Mai 2015 © Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg-all rights reserved 2015

P. Mattenklodt1 · C. Leonhardt2

Die Therapie chronischer Schmerzen bei älteren Menschen stellt Patient und Be­ handler vor besondere Herausforderun­ gen, die in der spezifischen körperlichen, psychischen und sozialen Situation älte­ rer Menschen begründet sind. Aufgrund der erhöhten Vulnerabilität und der re­ duzierten Kompensationsmöglichkeiten führen chronische Schmerzen bei älte­ ren Menschen eher als bei jüngeren zu er­ heblichen Einbußen der Funktionsfähig­ keiten und gefährden die Selbstständig­ keit und die Teilnahme am gesellschaftli­ chen Leben. Nach Basler et al. [8] zeich­ net sich der geriatrische Schmerzpatient geradezu dadurch aus, dass in Diagnostik und Therapie ein starker somatopsychi­ scher und psychosozialer Handlungsbe­ darf besteht, um die unerwünschten Fol­ gen der Schmerzkrankheit zu vermeiden. Psychosoziale Aspekte sind daher unbe­ dingt in der Diagnostik und Therapie äl­ terer Menschen mit chronischen Schmer­ zen zu berücksichtigen.

55Schmerzbewältigung, Schmerzakzep­ tanz und Ressourcen 55Funktionsfähigkeit, psychologisches Wohlbefinden und Lebensqualität

Psychologische Schmerzdiagnostik bei Älteren In Anlehnung an eine interdisziplinä­ re Expertengruppe [32] und nur wenige Hinweise aus anderen Leitlinien [1, 66] er­ scheint uns die Erhebung folgender psy­ chosozialer Aspekte für ein umfassendes Schmerzassessment, z. B. in einem multi­ modalen Setting, sinnvoll und soll daher hier als Gliederung dienen: 55Kognitive Fähigkeiten und schmerz­ spezifische Einstellungen 55Depression und Sturzangst 55Interpersonale Prozesse und soziale Aktivitäten

1 Schmerzzentrum, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland 2 Marburg, Deutschland

Psychologische Diagnostik und Psychotherapie bei chronischen Schmerzen im Alter

Im Folgenden soll auf empfehlenswerte deutschsprachige Verfahren in diesen Be­ reichen eingegangen werden, die explizit für Ältere entwickelt oder an dieser Al­ tersgruppe validiert wurden. Es wird be­ schrieben, welche psychosoziale Diagnos­ tik bei deutlich eingeschränkter kogniti­ ver Funktion sinnvoll erscheint und wel­ che Empfehlung wir für den primärver­ sorgenden Bereich geben. Auf die Problematik der Schmerzmes­ sung bei Demenz sowie eine vergleichen­ de Darstellung verschiedener Schmerzbe­ obachtungsverfahren soll an dieser Stel‑ le nicht eingegangen werden, da es den Rahmen der explizit psychologischen Di­ agnostik sprengen würde. Wir verweisen auf die weiteren Beiträge in dieser Aus­ gabe von Der Schmerz sowie auf mehrere Übersichtsarbeiten, die sich dem Thema Schmerzdiagnostik bei Demenz gewid­ met haben (z. B. [31, 44]).

Diagnostik der kognitiven Funktion und spezifischer Einstellungen Die Diagnostik kognitiver Funktionen bezieht sich zum einen auf die kognitiven Kompetenzen, deren Einschätzung so­ wohl für den Einsatz angemessener diag­ nostischer Verfahren als auch für die The­ rapieplanung von Bedeutung ist. Zum an­ deren bezieht sich die Diagnostik auch auf kognitive Inhalte, z. B. auf wiederkehren­ de Gedanken, die zu einer Intensivierung des Schmerzerlebens führen können. Hierbei handelt es sich insbesondere um

das Katastrophisieren und das automati­ sierte Denken zur Vermeidung körperli­ cher Aktivität. Bei Vorliegen dieser kog­ nitiven Tendenzen ist ein erhöhtes Risi­ ko der Schmerzchronifizierung gegeben. In der geriatrischen Medizin gilt die Mini Mental State Examination (MMSE) nach Folstein [25] als Goldstandard für das Screening auf kognitive Defizite. In 30 Items werden Orientiertheit, Gedächt­ nis, Aufmerksamkeit, Benennen, Lesen und Schreiben sowie visuell-konstruktive Fähigkeiten bewertet. Eine kognitive Be­ einträchtigung wird angenommen, wenn  2,5 für deutli­ che Hinweise, dass von bedeutsamen Ak­ tivitätsängsten bzw. bedeutsamem Ver­ meidungsverhalten bei Bewegungen aus­ gegangen werden muss und sich eine ge­ nauere Diagnostik mithilfe des Instru­ ments AMIKA (s. unten) lohnt, um diffe­ renziert zu ermitteln, welche Bewegungen angstbesetzt sind. (Psychometrisch abgesi­ cherte Cut-off-Werte gibt es derzeit noch nicht.) Es liegt hiermit ein ökonomisches und altersangepasstes Instrument vor,

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dass Angst-Vermeidungs-Überzeugungen (s. Fear-avoidance-Modell nach Vlaeyen u. Linton [69]) systematisch erfasst und sich zur Therapieevaluation eignet. „Ältere Menschen in körperlicher Aktion“ (AMIKA) ist ein altersspezifisches fotobasiertes Instrument, das zur The­ rapieplanung bei deutlichen Angst-Ver­ meidungs-Überzeugungen oder Bewe­ gungsvermeidungen eingesetzt werden kann [62]. Es besteht aus einem Satz von 50 Fotografien mit älteren Menschen, die häufig durchgeführte tägliche Tätigkeiten zeigen, z. B. Staubsaugen, Treppensteigen oder das Anziehen von Socken. Die Bild­ basierung des Instruments und die ein­ fache Instruktion sind auch für geriatri­ sche Patienten geeignet. AMIKA lässt sich zur Ermittlung von Bewegungs- wie auch Sturzängsten nutzen. Primär wurde das Instrument für die Planung einer exposi­ tionsbasierten aktivierenden Therapie bei chronischen Rückenschmerzen Älterer entwickelt und in diesem Kontext auch bereits eingesetzt. Die psychometrischen Eigenschaften sind gut [10, 62].

Depression und Sturzangst Die Erfassung affektiver Auffälligkeiten im höheren Lebensalter wird dadurch er­ schwert, dass sich physische und psychi­ sche Symptome überlappen können – Schmerz kann gerade im Alter Ausdruck von Depression sein. Gleichzeitig erhöht chronischer Schmerz das Risiko einer De­ pression [60]. Deswegen sollte bei chronischen Schmerzen immer auch an das mögliche Vorliegen einer Depression gedacht und der Einsatz eines altersspezifischen vali­ dierten Screeningverfahrens wie der Ger­ iatrischen Depressionsskala erwogen wer­ den. Die Geriatrische Depressionsskala (GDS) besteht in ihrer deutschen Kurz­ form aus 15 Items, in der Langform aus 30 Fragen, die in einem einfachen Ja/neinAntwortformat auch als Interviewform durchführbar ist [27]. Bei der 15-ItemKurzform der GDS konnte nach Gauggel u. Birkner [27] bei einem kritischen Wert von 6 die beste Sensitivität (84,0 %) und Spezifität (88,9 %) erzielt werden. Insge‑ samt ist die GDS gut psychometrisch un­ tersucht und wird international verwen­

det. Gatterer [26] weist darauf hin, dass bei Menschen mit stärker ausgepräg­ ter Demenz (MMSE  28), und zeigt über die Ein­ zelitems konkret auf, welche Aktivitäten besonders angstbesetzt sind und therapeu­ tisch bearbeitet werden müssen. Die Skala kann gut für die Veränderungsmessung bei Interventionen genutzt werden [33].

Interpersonale Prozesse und soziale Aktivitäten Berücksichtigt werden muss bei der Be­ urteilung der sozialen Kontakte älterer Menschen, dass Ältere oft nicht mehr in Partnerschaften oder Ehen leben und stattdessen andere Beziehungen bedeut­ sam sein können (z. B. andere Angehöri­ ge oder Pflegekräfte). Die Multidimensional Pain Inventory (MPI; [40]) wurde be­ reits bei Älteren genutzt [12] und liegt in deutscher Sprache vor [24]. Hiermit kön­ nen Verhaltensweisen von Bezugsperso­ nen mithilfe dreier Skalen untersucht wer­ den (bestrafende, zuwendende und ablen­ kende Reaktionen). Die Reliabilität dieser Subskalen ist gut, deutsche Untersuchun­ gen an älteren Menschen mithilfe dieser Skala sind uns jedoch nicht bekannt. Die Soziale Aktivität SelbstbeurteilungsSkala (SASS) diente ursprünglich der Dia­

Zusammenfassung · Abstract gnostik sozialer Funktionsfähigkeit bei depressiven Störungen („Social Adapta­ tion Self-Evaluation Scale“ [13]). Sie be­ steht aus 20 kurzen Fragen, die auf einer 4-stufigen Likert-Skala zu beantworten sind. Inhaltlich beziehen sich die Items auf die Lebensbereiche Familie, Arbeit, Freundes- und Bekanntenkreis, Frei­ zeitaktivitäten, Rollenzufriedenheit und Kompetenzen hinsichtlich der Steuerung sozialer Interaktionen. Diese Bereiche er­ scheinen nicht nur bei depressiven Men­ schen bedeutsam, sondern sind auch bei chronischen Schmerzerkrankungen älte­ rer Menschen häufig betroffen und wich­ tige Erfolgsparameter für eine gute Thera­ pie. Die interne Konsistenz des Messinst­ ruments liegt bei α = 0,90, die Split-halfReliabilität bei r = 0,85. Die Skala wurde bereits bei älteren Menschen eingesetzt [57] und liegt in deutscher Sprache vor [21]. Sie scheint nach unserer Erfahrung den Bereich „soziale Beziehungen“ bei noch selbstständig lebenden Älteren gut zu erfassen. Soziale Aspekte multimodaler Programme, z. B. die Wirkung des Grup­ pensettings, oder auch entsprechende ge­ zielte Programmbausteine könnten mit­ hilfe dieser Skala evaluiert werden. Der am geriatrischen Zentrum der Universität Heidelberg entwickelte Sozial­ fragebogen zur Erfassung der sozialen Situation (SoS) für hochbetagte Menschen dient der Erfassung der sozialen Kontakte, der sozialen Unterstützung, der Aktivitä­ ten im Alltag, der Wohnsituation und der ökonomischen Verhältnisse [58]. Beispiel‑ items sind: „Haben Sie Personen (auch professionelle Helfer), auf die Sie sich ver‑ lassen und die Ihnen zu Hause regelmäßig helfen können?“ – „Wie oft verlassen Sie Ihre Wohnung?“ – „Regeln Sie Ihre Finan‑ zen selbst?“. Maximal 24 Punkte können für ein kompetentes Sozialverhalten er­ zielt werden. Bei  24 h) Interrater-Reliabilität: r = 0,99; hohe Sensitivität (97 %) und Spezifität (93 %)

Sehr verbreitet

Sensitiver/geeigneter als MMSE bei leichter kognitiver Störung bzw. akademisch vorgebildeten Älteren Im Internet verfügbar: http:// www.kcgeriatrie.de/instrumente/ tfdd.pdf; Achtung: keine altersbezogene Normierung, sehr kleine Stichproben bei Gütekriterien

Erfasst Bewegungsängste/Vermeidungsverhalten; fotobasiertes Instrument zur Planung einer expositionsbasierten körperlich aktivierenden Therapie Bei kritischem Wert von 6 beste Sensitivität (84,0 %) und Spezifität (88,9 %); nicht bei stärkerer kognitiver Einschränkung und zur Schweregradbeurteilung einer Depression Erfasst, wie groß die Angst zu stürzen bei bestimmten Handlungen ist; gut für Interventionsplanung und Veränderungsmessung einsetzbar Bisher wenig verbreitet

Zur Erfassung sozialer Beziehungen bei noch selbstständig lebenden Älteren und zur Evaluierung sozialer Programmbausteine in multimodalen Programmen Nützlich für die Erfassung der sozialen Situation Hochaltriger:  65-jährigen Patienten

Nein

Ja

Cronbach-αder Gesamtskala = 0,93

Gute Verständlichkeit der Items

Nein

Ja

Gute interne Konsistenz: Cronbach-α= 0,90; Retest-Reliabilität: mindestens r = 0,75

Pain Disability Index (PDI); [20])

Nein

Ja

Gute interne Konsistenzen: Cronbach-αzwischen 0,83 und 0,90

Short Form Health Survey (SF-12; z. B. [72])

Nein (Zielgruppenalter von 14 bis 99 Jahren)

Ja

Interne Konsistenzen: Cronbachαzwischen 0,57 und 0,94

World-Health-Organization-Quality-of-Life-Kurzfragebogen (WHOQOLBREF; [2])

Nein

Ja

Interne Konsistenzen der Subskalen des WHOQOL-BREF zwischen r = 0,57 und r = 0,88

Strukturiertes Schmerzinterview für geriatrische Patienten [8]

Ja

Ja

(Mehrdimensionales Testverfahren; übergreifende Gütekriterien nicht möglich)

Klinisch relevante Veränderung bei 12 %; Vorsicht bei Komorbiditätseinfluss; gute Itemverständlichkeit Frei verfügbar im Internet: http:// www.drk-schmerz-zentrum. de.drktg.de/mz/pdf/downloads/ PDI.PDF; problematische Akzeptanz: eine Frage zur Beeinträchtigung des Sexuallebens Für Ältere Nutzung in Interviewform günstiger, da wechselndes Antwortformat; Referenznormwerte vorhanden; Teil des Bundes-Gesundheitssurveys des Robert-Koch-Instituts Auch Vergleichswerte für Menschen bis über 85 Jahre vorhanden; zusätzlich neu entwickelt: WHOQOL-OLD-Ergänzungsmodul [73] MMSE-Score ≥ 10 notwendig für Durchführung des Interviews; verfügbar unter http://www.dgss. org/fileadmin/pdf/Schmerzinterview_Geriatrie.pdf

notwendigen psychosozialen Diagnos­ tik im Primärversorgungsbereich bietet . Infobox 1.

Schmerzpsychotherapie bei Älteren Ältere Menschen haben ein höheres Ri­ siko für degenerative Erkrankungen und Multimorbidität, weswegen in der Re­ gel eine Verbesserung der Lebensquali­ tät gegenüber dem Ziel einer Schmerz­ freiheit im Vordergrund steht [7]. Gleich­ zeitig sind die Möglichkeiten der medi­ kamentösen Therapie im Alter aufgrund der häufig gegebenen Polymedikation und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit unerwünschter Medikamentenwirkun­ gen eingeschränkt [15]. Psychologische

Verfahren sollten deswegen in der The­ rapie älterer Menschen mit chronischen Schmerzen ein integraler Bestandteil des Therapiekonzepts sein [1]. Im Folgenden wird dargestellt, welche Verfahren hierfür zur Verfügung stehen.

Patientenedukation Die Bedeutung der Patientenedukation kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: Zahlreiche Studien belegen, dass sich selbst durch die alleinige Durch­ führung eines Edukationsprogramms das Schmerzmanagement älterer Patien­ ten signifikant verbessern lässt [1]. Dies gilt insbesondere, wenn die vermittelten Selbsthilfestrategien praktisch geübt wer­ den. Inhalte der Edukationsprogramme

sind in der Regel die Schmerzentstehung und Schmerzmessung, der Gebrauch von Schmerzmedikamenten sowie nichtphar­ makologische Methoden der Schmerzthe­ rapie. Bei vielen älteren Patienten ist auch die Schulung von Bezugspersonen sinn­ voll. Sie kann die Selbstwirksamkeit und die Bewältigungsfertigkeiten zusätzlich erhöhen. Wichtig ist, dass die Edukation an die Bedürfnisse und kognitiven Fähig­ keiten des Patienten angepasst wird. Ge­ eignete, gut lesbare schriftliche Zusam­ menfassungen und die positive Verstär­ kung der Selbsthilfebemühungen erhö­ hen die Erfolgsaussichten [1].

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Übersichten Infobox 1  Minimale notwendige psychosoziale Diagnostik im Primärversorgungsbereich Beim Hausarzt oder niedergelassenen Facharzt wird es vielfach nicht möglich sein, umfangreiche Fragebogen einzusetzen. Empfehlenswert ist bei funktionell einschränkenden Schmerzen der Einsatz des „strukturierten Schmerzinterviews für geriatrische Patienten“, zumindest bei der Erstvorstellung [8]. Nach Schulung ist die Durchführung durch eine medizinische Fachangestellte in etwa 15 min möglich. Sollte auch dies nicht machbar erscheinen, empfehlen wir aus psychologischer Sicht ein Minimum an anamnestischen Fragen, um (neben Fragen zur Schmerzintensität und -lokalisation) Stimmung, psychosoziale Funktion und schmerz- oder aktivitätsbezogene Ängste bei älteren Schmerzpatienten zu erheben. Folgende Aspekte sollten enthalten sein: Depressionsscreening [4]: 55„Haben Sie sich im letzten Monat oft niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos gefühlt?“ 55„Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Interesse und Lust an Dingen, die Sie sonst gerne tun?“ Soziale Situation: 55„Versorgen Sie sich selbstständig?“ 55„Haben Sie Personen, auf die Sie sich verlassen und die Ihnen zu Hause regelmäßig helfen können?“ 55„Fühlen Sie sich manchmal einsam?“ Schmerzbewältigung: 55„Können Sie selbst etwas tun, um Ihre Schmerzen zu verringern?“ Umfang der Alltagsbewältigung: 55„Können Sie sich selbst anziehen?“ 55„Können Sie Ihren Haushalt selbstständig versorgen?“ Schmerzangst/Vermeidungsverhalten: 55„Halten Sie bestimmte körperliche Aktivitäten in Ihrem Zustand für gefährlich?“ (Wenn ja: welche?) 55„Vermeiden Sie Aktivitäten, die Schmerzen hervorrufen könnten?“ Sturzangst: 55„Haben Sie Sorge, bei bestimmten Aktivitäten zu stürzen?“

Kognitiv-behaviorale Schmerzbewältigungsstrategien Das Erlernen kognitiver und behavioraler Strategien zum Umgang mit chronischen Schmerzen ist ein grundlegendes Thera­ pieelement [70]. Während behaviorale

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Strategien auf die Veränderung kurz- oder langfristig maladaptiver Verhaltensweisen und die Vermittlung schmerzreduzieren­ der Strategien abzielen (z. B. Balancierung von Ruhe und Aktivität, Aufbau angeneh­ mer Aktivitäten und sozialer Kontakte, Einsatz von Entspannungsverfahren), er­ möglichen kognitive Verfahren die Ablen­ kung vom Schmerz und die Veränderung gedanklicher Muster, die Schmerz und Leiden verstärken. In der Regel werden diese Verfahren im Rahmen eines kogni­ tiv-verhaltenstherapeutischen Schmerz­ bewältigungstrainings kombiniert einge­ setzt. Ein solches Training kann individu­ ell oder in Gruppen durchgeführt werden. Der Therapieerfolg lässt sich verbessern, wenn Familienangehörige einbezogen werden [39]. Während die Wirksamkeit der kognitiv-behavioralen Therapie auch bei älteren Menschen mit chronischen Schmerzen vielfach belegt ist [46], lassen sich keine empirisch begründeten Aussa­ gen zu den für einen Therapierfolg erfor­ derlichen Inhalten dieser Therapie treffen [71]. Aufgrund der besonderen Lebenssi­ tuation Älterer kommt unserer Erfahrung nach den Themen Schmerzakzeptanz, Ba­ lancierung von Ruhe und Aktivität, sozia­ le Integration und Umgang mit dem Äl­ terwerden spezielle Bedeutung zu.

Entspannungsverfahren Entspannungstechniken gehören seit vie­ len Jahren zu den Basiselementen der psy­ chologischen Schmerztherapie und gelten als empirisch gut abgesichert. Meist sind sie einer von mehreren Bausteinen. Am häufigsten kommt die progressive Mus­ kelrelaxation (PMR) nach Jacobson zum Einsatz. Abgesehen von der Kopfschmerz­ therapie gibt es jedoch überraschend we­ nig Evidenz für ihre isolierte Wirksam­ keit. Bei Rückenschmerzen beispielsweise werden Entspannungsverfahren meist im Rahmen multimodaler Behandlungspro­ gramme untersucht, bei denen der diffe­ renzielle Effekt der einzelnen Therapieele­ mente unklar bleibt [71]. Morone et al. [53] fanden bei der Li­ teratursuche für ihr Review zu Mind-bo­ dy-Interventionen bei älteren Menschen mit chronischen Schmerzen lediglich 2 Studien, die gezielt Menschen > 64 Jah­ re untersuchten, und 18  weitere Unter­

suchungen, die ältere Schmerzpatien­ ten miteinbezogen. Diese Studien spre­ chen für die Wirksamkeit des kombinier­ ten Einsatzes von PMR und Imaginatio­ nen („guided imagery“) bei älteren Arth­ rosepatienten bezüglich der Schmerzre­ duktion und verbesserten Mobilität. Auf­ fällig ist die hohe Adhärenz der Patien­ ten bei der häuslichen Anwendung dieser Verfahren [5]. Dies bestätigen auch eigene Erfahrun­ gen im Rahmen einer multimodalen Se­ niorenschmerzgruppe [48]: Entspan­ nungsverfahren hatten die höchste Be­ liebtheit aller Therapieelemente und wur­ den von der großen Mehrheit der Patien­ ten in das alltägliche Schmerzmanage­ ment übernommen. Dabei ist vermut­ lich hilfreich, dass Entspannungsverfah­ ren sich im Alltag gut auf standardisier­ te Art anwenden und als Routine in den Alltag integrieren lassen, ohne jeweils fle­ xible Anpassungen zu erfordern. So kön­ nen Entspannungsverfahren als „ärztlich verordnete“ Unterbrechung von körperli­ cher Aktivität auch die Etablierung regel­ mäßiger Pausen („pacing“) im Alltag er­ leichtern. Die Durchführung in einer möglichst angenehmen Körperposition, z. B. liegend in einem bequemen Sessel, unterstützt das Erlernen. Die standardisierte Anwendung als Erholungspause in einer möglichst entlastenden Körperhaltung im häusli­ chen Bereich steht bei älteren Patienten unserer Erfahrung nach gegenüber einem Transfer in eine im Alltag vielseitiger ein­ setzbare, z. B. sitzende, Position im Vor­ dergrund. Eine Übungs-CD, möglichst identisch zu der in der Therapie durch­ geführten Übung und aufgenommen mit der Stimme des Therapeuten, wird von vielen Patienten gern genutzt. Ansonsten gelten bei Älteren die glei­ chen Empfehlungen zur Durchführung wie bei anderen Schmerzpatienten [45].

Yoga, Tai-Chi und Qi-Gong Neben den klassischen Entspannungsver­ fahren kommen zunehmend auch bewe­ gungsgestützte Entspannungsverfahren wie Tai-Chi, Qi-Gong und Yoga in der Schmerztherapie älterer Menschen zur Anwendung. Zwar konnten Rogers et al. [65] zeigen, dass Tai-Chi und Qi-Gong

Tab. 2  Übersicht über psychologische Verfahren bei chronischen Schmerzen im höheren

Lebensalter und ihre Wirksamkeit Psychologisches Verfahren Patientenedukation

Evidenz ✓

Kognitiv-behaviorale Schmerzbewältigungsstrategien Entspannungsverfahren



Tai-Chi, Qi-Gong

?

Yoga

?

Achtsamkeit

(✓)

Multimodale Therapie



Akzeptanzbasierte Verfahren

(✓)

Einbezug von Religiosität

?

(✓)

Anmerkungen Auch als alleinige Maßnahme geeignet, das Schmerzmanagement Älterer zu verbessern; wichtig: praktisches Üben; Einbezug von Bezugspersonen erwägen Wirksamkeit vielfach belegt, für Therapieerfolg erforderliche Inhalte und Intensität noch unklar Basiselement der psychologischen Schmerztherapie, trotz geringer Evidenz für isolierte Wirksamkeit (außer bei Kopfschmerz); kombinierter Einsatz von progressiver Muskelrelaxation (PMR) und Imaginationen bei älteren Arthrosepatienten wirksam; bei Patienten beliebt, hohe Adhärenz Für ältere Patienten geeignet, sicher und mit zahlreichen gesundheitlichen Verbesserungen verbunden; bisher keine Wirkung auf Schmerzen bei Älteren nachgewiesen; erscheint theoretisch für ältere Schmerzpatienten sehr geeignet Wirksamkeit in Bezug auf Schmerz und Beeinträchtigung allgemein nachgewiesen; bislang allerdings keine Studien mit älteren Schmerzpatienten; erscheint theoretisch für ältere Schmerzpatienten sehr geeignet Verbessert bei älteren Schmerzpatienten die Schmerzakzeptanz, offenbar jedoch nicht die Schmerzintensität und Depressivität Hohe Intensität (≥ 120 h) und Durchführung durch erfahrenes Personal verbessern möglicherweise den Therapieerfolg; intermittierendes Vorgehen ist im tagesklinischen Setting erwägenswert Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen allgemein gut belegt, jedoch noch kaum Daten zur Anwendung speziell bei älteren Schmerzpatienten Wichtige Ressource gerade für ältere Schmerzpatienten, die auch oft als wirksam erlebt wird; positive gesundheitliche Auswirkungen von Religiosität belegt; systematischer Einbezug in die Therapie chronischer Schmerzen ist jedoch bisher nicht untersucht

✓ Evidenz für ältere Schmerzpatienten nachgewiesen (mindestens eine randomisierte, kontrollierte Studie; (✓) eingeschränkte Evidenz bei älteren Schmerzpatienten; ? unzureichende Datenlage.

bei älteren Menschen zu zahlreichen ge­ sundheitlichen Verbesserungen führen (Verbesserung der körperlichen Funk­ tion, Senkung des Sturzrisikos und Blut­ drucks). Auch belegen zahlreiche Studien mit hoher methodischer Qualität für ver­ schiedene Krankheitsbilder die gute Eig­ nung und Sicherheit von Tai-Chi und QiGong für ältere Menschen [53]. Eine posi­ tive Wirkung bei älteren Schmerzpatien­ ten konnte bisher überraschenderweise jedoch nicht nachgewiesen werden [34]. Möglicherweise hängt dies damit zusam­ men, dass die bisher in Studien gewähl­ ten Outcome-Parameter (Schmerzstärke, körperliche Leistungsfähigkeit, Lebens­ qualität gemessen mit dem SF-36) nicht

geeignet sind, die für ältere Menschen re­ levanten Veränderungen (Angst vor Ver­ lust der Unabhängigkeit, Selbstwirksam­ keit, Freude an alltäglichen Aktivitäten) abzubilden [34]. Für Yoga finden Büssing et al. [16] in ihrer Metaanalyse zwar mitt­ lere Effektstärken in Bezug auf Schmerz und schmerzbedingte Beeinträchtigun­ gen. Studien mit älteren Schmerzpatien­ ten liegen aber nicht vor. Aus theoreti­ scher Sicht erscheinen diese Verfahren mit ihren sanften, fließenden Bewegun­ gen, der mentalen Konzentration und dem bewussten Atmen jedoch speziell für ältere Patienten mit chronischen Schmer­ zen sehr passend.

Achtsamkeit/„mindfulness-based stress reduction“ Eine der jüngeren Entwicklungen in der Schmerzpsychotherapie ist der Einsatz von Achtsamkeitsmeditationen, bei denen der Fokus nicht auf dem Kampf gegen den Schmerz, sondern auf einer verbesserten Schmerzakzeptanz liegt. Patienten üben, ihre Aufmerksamkeit vollständig auf die Wahrnehmung des Augenblicks zu rich­ ten. Die Wahrnehmungen (Atem, Ge­ danken, Gefühle, Körperwahrnehmun­ gen, Geräusche, visuelle Eindrücke u. a.) werden dabei mit einer wohlwollenden, nicht bewertenden Haltung betrach­ tet. Im Training der „mindfulness-based stress reduction“ (MBSR) werden Acht­ samkeitsmeditationen sowie Yoga-Übun­ gen im Rahmen eines strukturierten und manualisierten Gruppentrainings vermit­ telt und geübt. Das Training besteht aus 8  wöchentlichen Sitzungen von jeweils 2,5 h Dauer, einem „Tag der Achtsamkeit“ sowie individuellem täglichem Üben von 45 min an mindestens 6 Tagen der Wo­ che [37]. Veehof et al. [68] fanden in ihrer Meta­ analyse von 22 Studien mit chronischen Schmerzpatienten einen schwachen Ef­ fekt eines MBSR-Trainings bezüglich der Schmerzstärke (Effektstärke 0,37) und Depressivität (Effektstärke 0,32). Die bei­ den randomisierten, kontrollierten Stu­ dien speziell mit älteren Schmerzpatien­ ten mit chronischen Rückenschmerzen, die die Wirksamkeit eines MBSR-Trai­ nings mit einer aktiven Kontrollgrup­ pe [55] bzw. einer Warteliste [54] vergli­ chen, fanden jedoch keine Überlegenheit des Verfahrens in Bezug auf Schmerz, schmerzbedingte Beeinträchtigungen und Wohlbefinden. Die Schmerzakzeptanz, auf deren Verbesserung die MBSR stär­ ker abzielt als auf eine Schmerzreduktion, verbesserte sich gegenüber einer Wartelis­ te jedoch signifikant [54]. In beiden Stu­ dien wurde auf die in der MBSR norma­ lerweise enthaltene Yoga-Komponente und den Achtsamkeitstag verzichtet, was den Erfolg beeinträchtigt haben könn­ te. Möglicherweise ist in dieser Patien­ tengruppe (Durchschnittsalter 78 Jahre, durchschnittliche Schmerzdauer 9,4 Jah­ re) der 8-wöchige Trainingszeitraum auch zu kurz, um gesundheitsrelevante Verbes­ Der Schmerz 4 · 2015 

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Übersichten Infobox 2  Anpassung der Therapie an die spezifischen Bedürfnisse älterer Menschen Grundsätzlich dürfte der Therapieerfolg psychologischer Therapieverfahren wesentlich davon abhängen, dass die therapeutischen Strategien an die Bedürfnisse älterer Patienten angepasst werden [7, 48, 70]: 55Sensorische und kognitive Defizite erfassen 55Einfache, verständliche Instruktionen verwenden (tiefe Stimme statt hoher Lautstärke) 55Angenehme, angstfreie Lernatmosphäre schaffen, Störungen vermeiden 55Zusätzlich schriftliche Informationen geben (ausreichend große Schrift, kontrastreich) 55Intensiven Kontakt zwischen Behandler und Patient ermöglichen (deutliche Sprechweise, geringer räumlicher Abstand, längerfristiger und kontinuierlicher Kontakt zum Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung) 55Kürzere, aber häufigere Sitzungen, geringeres Tempo und mehr Wiederholungen einplanen 55Konzentration auf das Wesentliche und für den Patienten Relevante 55Patienten die besprochenen Inhalte zusammenfassen lassen 55Konkrete, praktische Unterstützung bei Therapiedurchführung anbieten 55Soziale Interaktion innerhalb der Patientengruppe stärken (Spiele, Singen, Austausch in Kleingruppen) 55Bezugspersonen einbeziehen 55Besonderen Fokus auf die Verbesserung der sozialen Integration legen 55Körperliche Aktivität in sehr kleinen Abstufungen steigern, körperliche Leistungsfähigkeit engmaschig beobachten 55Psychologische Therapie wenn möglich in eine interdisziplinäre (medikamentöse und physiotherapeutische) Behandlung einbinden

serungen zu erzielen. Aufgrund der Beto­ nung der Schmerzakzeptanz gegenüber einer Schmerzreduktion erscheinen diese Verfahren jedoch gerade für die Gruppe der älteren Schmerzpatienten interessant. Die weitere Forschung wird zeigen, inwie­ fern diese Verfahren tatsächlich eine wirk­ same Unterstützung darstellen.

Interdisziplinäre multimodale Therapieprogramme Als interdisziplinäre multimoda­ le Schmerztherapie wird die gleichzeiti­

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ge, inhaltlich, zeitlich und in der Vorge­ hensweise abgestimmte umfassende Be­ handlung von Patienten mit chronischen Schmerzen bezeichnet, in die verschiede­ ne somatische, körperlich übende, psy­ chologisch übende und psychotherapeu­ tische Verfahren nach vorgegebenem Be­ handlungsplan mit identischem, unter den Therapeuten abgesprochenem The­ rapieziel eingebunden sind und gleichbe­ rechtigt nebeneinanderstehen [3]. In der Behandlung chronischer Rückenschmer­ zen haben sich derartige Konzepte in zahlreichen Studien als anhaltend wirk­ sam erwiesen (u. a. [30]). Studienteilneh­ mer waren dabei allerdings meist Patien­ ten im mittleren Lebensalter. Mittlerweile liegen jedoch mehrere kontrollierte klinische Studien mit älte­ ren Patienten mit chronischen Schmer­ zen vor [7, 17, 48, 52]. Auch wenn die Aus­ sagekraft dieser Studien teilweise aus me­ thodischen Gründen begrenzt ist, hat sich doch gezeigt, dass ältere Patienten durch­ aus motiviert und fähig sind, von einer ak­ tiven psychologisch-fundierten Therapie zu profitieren. Dabei ist möglicherwei­ se eine bestimmte Intensität der Behand­ lung erforderlich: Während (nicht rando­ misierte) Studien mit > 120 h eines ver­ haltenstherapiebasierten Schmerzthera­ pieprogramms signifikante Verbesserun­ gen der Schmerzintensität, Depressivi­ tät, schmerzbedingten Beeinträchtigung und körperlichen Leistungsfähigkeit zeig­ ten [17, 48], erbrachte ein Therapiepro­ gramm mit sieben 90-minütigen Sitzun­ gen kognitiver Verhaltenstherapie eben­ so wenig einen Effekt [22] wie eine Kom­ bination aus Physiotherapie und motivie­ render Gesprächsführung [9]. Das The­ rapie-Outcome scheint zudem besser zu sein, wenn die Therapie von erfahrenem und qualifiziertem Personal durchge­ führt wird und interdisziplinär aufgebaut ist [56]. Dies ist prinzipiell in einem in­ terdisziplinären Schmerzzentrum genau­ so denkbar wie in einer geriatrischen Ein­ richtung, da in beiden Fällen die erforder­ lichen Berufsgruppen (Arzt, Psychologe, Physiotherapeut) in der Regel vorhanden und eine interdisziplinäre Teamarbeits­ weise geübte Praxis sein sollte. Während bei jüngeren Schmerzpatien­ ten eine blockweise Durchführung der Therapie in 4- bis 5-wöchigen Curricula

(5 Tage pro Woche) üblich ist [3], hat bei Älteren, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, zumindest im tagesklinischen Set­ ting ein intermittierendes Vorgehen (2 Ta­ ge pro Woche) Vorteile [48]. Dieses Set­ ting reduziert die Gesamtbelastung durch Therapie und Alltagspflichten (Haushalt, Garten u.  a.), erleichtert die Aufrecht­ erhaltung eventuell vorhandener sozia­ ler Aktivitäten während der Behandlung und ermöglicht Alltagserprobungen neu erlernter Verhaltensweisen bereits wäh­ rend der Therapie.

Akzeptanzbasierte Therapieprogramme Der Fokus der kognitiv-verhaltensthe­ rapeutischen Therapieprogramme liegt hauptsächlich darauf, mehr Kontrolle über die belastende Schmerzsymptoma­ tik, negative Gedanken und andere unan­ genehme Erfahrungen zu erlangen. Gera­ de Schmerzpatienten sind jedoch oft da­ mit konfrontiert, dass sich diese unange­ nehmen Erfahrungen nicht vollständig vermeiden lassen. Der fortgesetzte Ver­ such, Schmerzen zu vermeiden, kann zu einer immer stärkeren Einschränkung des Lebens auf den Schmerz und damit zu noch mehr Leiden führen. Vor diesem Hintergrund zielen Verfahren wie die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) darauf ab, durch eine vermehrte Akzeptanz der Schmerzen weniger Ener­ gie in einem aussichtslosen Kampf gegen den Schmerz zu verlieren und sich statt­ dessen wieder verstärkt den wertvollen und sinngebenden Seiten des eigenen Le­ bens zuzuwenden [51]. Da gerade ältere Menschen in besonderer Weise mit der Unvermeidbarkeit unangenehmer Erfah­ rungen und Veränderungen konfrontiert sind, könnte dieser Therapieansatz für sie besonders geeignet sein. Während die Effektivität akzeptanz­ basierter Therapien bei chronischen Schmerzen allgemein mittlerweile gut belegt ist [68], gibt es bisher keine Stu­ die, die die Anwendung dieser Therapien speziell bei älteren Menschen mit chroni­ schen Schmerzen untersucht. McCracken u. Jones [50] konnten jedoch bei einer nachträglichen Subgruppenanalyse von 40 über 60-jährigen Menschen mit chro­ nischen Schmerzen zeigen, dass eine 3-

bis 4-wöchige stationäre interdisziplinä­ re Schmerztherapie nach den Prinzipien der ACT zu einer signifikanten Verbesse­ rung der körperlichen und psychosozia­ len Beeinträchtigungen sowie der Depres­ sivität führte. Diese Effekte verbesserten sich teilweise sogar über die folgenden 3 Monate und korrelierten mit einer Erhö­ hung der psychischen Flexibilität. Interes­ santerweise kam es – anders als meist bei klassischen kognitiv-behavioralen The­ rapieprogrammen – zu einer deutlichen Schmerzreduktion, obwohl dies kein Ziel der ACT-basierten Therapie war. Auf­ grund der insbesondere im Follow-up ge­ ringen Fallzahl (n = 22) und der Beschrän­ kung auf „junge Alte“ (Durchschnittsalter 64 Jahre) sind die Ergebnisse dieser Vor­ studie zurückhaltend zu interpretieren (. Tab. 2).

Religiosität Beim Umgang mit chronischen Schmer­ zen stellen auch religiöse Praktiken und Einstellungen für viele ältere Patienten eine wichtige Ressource dar. In einer Be­ fragung von 240 Menschen mit chroni­ schen Schmerzen (Alter: 65–90 Jahre) gab jeder fünfte Patient an, im Verlauf des ver­ gangenen Monats auf religiöse Praktiken zur Schmerzbewältigung zurückgegriffen zu haben. 46 % dieser Betroffenen bewer­ teten dies als „ziemlich wirksame“ oder „extrem wirksame“ Bewältigungsstrate­ gie [6]. Dies steht im Einklang mit einer stetig wachsenden Zahl an Untersuchun­ gen, die positive gesundheitliche Auswir­ kungen von Religiosität und Spiritualität belegen [41]. Religiöse Praktiken (z. B. Be­ ten um Gesundheit) scheinen gerade bei älteren Menschen besonders verbreitet zu sein. Auch das weibliche Geschlecht und der Bildungsstand sind neben dem Alter wichtige Einflussfaktoren [49]. Nur ein geringer Anteil der Menschen, die im Umgang mit ihren Schmerzen auf ihren Glauben zurückgreifen, spricht da­ rüber jedoch mit dem Arzt [49]. Mögli­ cherweise werden spirituelle Themen ge­ rade in einer säkularisierten Gesellschaft als etwas sehr Privates erlebt. Dies dürf­ te dazu beitragen, dass religiöse Über­ zeugungen in der Therapie chronischer Schmerzen selten berücksichtigt werden. Dabei beeinflussen die religiösen bzw.

spirituellen Einstellungen und Verhal­ tensweisen einer Person wesentlich ihren Umgang mit chronischen Schmerzen: Re­ ligiosität bzw. Spiritualität geht bei chro­ nischen Schmerzpatienten oft mit einer positiveren Bewertung der Schmerzer­ krankung einher (z.  B. „Krankheit als Chance“), während die Bewertung der Schmerzkrankheit als „unwiederbring­ licher Verlust“ bei nichtreligiösen Men­ schen am stärksten ausgeprägt war [16]. Andererseits sind negative religiöse Über­ zeugungen, z. B. dass Schmerz eine Stra­ fe Gottes ist, mit einer höheren Schmerz­ sensitivität verbunden [64]. Dies spricht dafür, in der Therapie chronischer Schmerzen gerade bei älte­ ren Menschen von einem biopsychoso­ zial-spirituellen Schmerzmodell auszuge­ hen. Dazu kann den religiösen und spiri­ tuellen Erfahrungen und Überzeugungen der Patienten bezüglich ihrer Schmerzen Raum gegeben werden. Funktionale und dysfunktionale religiöse Überzeugungen ebenso wie religiös begründete Umgangs­ weisen mit Schmerzen, wie beten, in die Kirche gehen und in der Bibel oder ande­ ren religiösen Schriften lesen, sollten aktiv exploriert und therapeutisch genutzt bzw. bearbeitet werden. Wie die Therapie an die spezifischen Bedürfnisse älterer Menschen angepasst werden kann, ist in . Infobox 2 zusam­ mengefasst.

Fazit für die Praxis Psychologische Diagnostik und Schmerzpsychotherapie sollten bei chronischen Schmerzerkrankungen älterer Menschen integrale Bestandteile des Schmerzmanagements sein. Eine genaue Schmerzursachenfindung sowie kausale Therapieansätze sind häufig aufgrund der vorhandenen Multimorbidität im höheren Lebensalter nicht möglich. Umso bedeutsamer sind psychosoziale Bedingungsfaktoren wie auch die entsprechenden Folgen einer chronischen Schmerzerkrankung, um beim älteren Schmerzpatienten erhebliche Einbußen der Funktionsfähigkeit sowie den Verlust der Selbstständigkeit zu verhindern. Für die Diagnostik liegen auch im deutschen Sprachraum validierte Messinstrumente mit guten psychometrischen

Kennwerten vor. Die Anwendung von selbst auszufüllenden Fragebogen stößt jedoch bei geriatrischen Patienten an Grenzen und muss häufig durch eine In­ terviewform ersetzt werden. Die Auswertung und Interpretation psychosozialer Aspekte muss die besondere Lebenssituation und die Perspektiven Älterer berücksichtigen. Altersspezifische Aspekte bei chronischen Schmerzerkrankungen sollten in den Bereichen von kognitiven Fähigkeiten und Angst-VermeidungsEinstellungen, Depressivität, Sturzangst und sozialen Beziehungen berücksichtigt werden. Als Ergebnisparameter müssen Schmerzakzeptanz, Funktionsfähigkeit und Lebensqualität als bedeutsamer angesehen werden als alleinige schmerzspezifische Aspekte (Reduktion der Schmerzintensität). Therapeutisch sollte bei chronischen Schmerzen im Alter ein multimodales Vorgehen bevorzugt werden. Multimodale Therapien sind am erfolgreichsten bei Durchführung durch ein multiprofessionelles Team und dort, wo eine interdisziplinäre Teamarbeitsweise die geübte Praxis ist. Schmerzakzeptanz, Balancierung von Ruhe und Aktivität, soziale Integration und der Umgang mit dem Älterwerden sind wichtige Themen für die Schmerzpsychotherapie. Die Erlernung eines Entspannungsverfahrens mit CD-Unterstützung könnte auch für ältere Menschen in der Primärversorgung ein hilfreicher psychologischer Therapiebaustein sein. Bei älteren Menschen sollte von einem biopsychosozial-spirituellen Schmerzmodell ausgegangen werden. Religiöse Einstellungen wie auch Copingstrategien sollten zukünftig häufiger in der Forschung zur Schmerzbewältigung im Alter untersucht werden. Ebenso sollten akzeptanzbasierte Verfahren als psychologische Therapiemöglichkeit stärkere Beachtung erfahren, da gerade ältere Menschen meist mit der Unvermeidbarkeit körperlicher, psychischer und sozialer Veränderungen konfrontiert sind.

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Übersichten Korrespondenzadresse Dipl.-Psych. P. Mattenklodt Schmerzzentrum Universitätsklinikum Erlangen Krankenhausstr. 12 91054 Erlangen peter.mattenklodt@ uk-erlangen.de

Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt.  P. Mattenklodt und C. Leonhardt geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren.

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[Psychological assessment and psychotherapy for chronic pain in the elderly].

Systematic reviews of psychosocial assessment and effectiveness of psychotherapy for chronic pain syndromes in older patients are rare. However, it is...
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